Normen
ZDG 1986 §12 Abs1 Z2;
ZDG 1986 §13 Abs1 Z2;
ZDG 1986 §12 Abs1 Z2;
ZDG 1986 §13 Abs1 Z2;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 6. August 1999 wurde die Pflicht zur Ableistung des Zivildienstes des 1980 geborenen Beschwerdeführers festgestellt.
Aus dem Inhalt der vorgelegten Verwaltungsakten ergibt sich, dass der Beschwerdeführer mit Bescheid der Zivildienstserviceagentur vom 3. Dezember 2008 zur Leistung des ordentlichen Zivildienstes an einer näher genannten Stelle für den Zeitraum vom 1. Februar 2009 bis 31. Oktober 2009 zugewiesen wurde. In weiterer Folge stellte der Beschwerdeführer mit schriftlicher Eingabe vom 11. Dezember 2008 einen Antrag auf "Befreiung vom ordentlichen Zivildienst". Begründet wurde dies vom Beschwerdeführer damit, dass er als Einzelunternehmer mit zwei Teilzeitbeschäftigten einen Restaurantbetrieb führe. Die derzeitigen Schulden betrügen rund EUR 200.000,--, er habe den Betrieb Anfang 2005 aufgrund des Pensionsantrittes seiner Eltern übernommen. Die wöchentliche Arbeitszeit des Beschwerdeführers betrage 60 Stunden, für eine Ersatzkraft wären für neun Monate rund EUR 34.000,--Gehalt aufzubringen. Ohne eine solche Ersatzkraft müsse der Betrieb bei weiter anfallenden Kosten zugesperrt werden, was den Verlust des Kundenstocks zu Folge hätte.
Mit Bescheid der Zivildienstserviceagentur vom 28. Jänner 2009 wurde der Beschwerdeführer von der Verpflichtung zur Leistung des ordentlichen Zivildienstes gemäß § 13 Abs. 1 Z 2 Zivildienstgesetz (ZDG) bis 31. Dezember 2009 befreit. In ihrer Begründung führte die Zivildienstserviceagentur aus, dieser Zeitraum könne als ausreichend betrachtet werden, um im Sinne der Harmonisierungspflicht Zivildienstpflichtiger "eigenverantwortlich mit Kreditgebern das Einvernehmen betreffend Stundung bzw. Herabsetzung von vereinbarten Kreditraten für die Dauer der Leistung des ordentlichen Zivildienstes zu treffen". Ebenso sei der Zeitraum ausreichend dafür, geeignete Vorkehrungen für eine Vertretung zur Führung des Unternehmens zu treffen. Im Sinne der Harmonisierungspflicht müsse jeder Zivildienstpflichtige in Kenntnis der noch vor ihm liegenden Dienstleistung seine persönlichen und wirtschaftlichen Lebensumstände so einrichten, dass vorhersehbare Schwierigkeiten bei der Leistung des Zivildienstes vermieden werden.
Mit Bescheid der Zivildienstserviceagentur vom 2. Oktober 2009 wurde der Beschwerdeführer zur Leistung des ordentlichen Zivildienstes einer näher genannten Stelle für den Zeitraum vom 1. Februar 2010 bis 31. Oktober 2010 zugewiesen. Die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung wurde von der belangten Behörde mit Bescheid vom 16. November 2009 unter näherer Begründung abgewiesen.
Mit schriftlicher Eingabe vom 2. Dezember 2009 beantragte der Beschwerdeführer erneut die "Befreiung vom ordentlichen Zivildienst", im Wesentlichen mit einer dem vorangegangenen Antrag entsprechenden Begründung. Zusätzlich brachte der Beschwerdeführer vor, er habe Verhandlungen mit der kreditgebenden Bank geführt, diese sei jedoch nicht bereit, Erleichterungen hinsichtlich der Rückzahlung zu gewähren. Der drohende finanzielle Ruin des Beschwerdeführers für den Fall der Ableistung des Zivildienstes würde ihn psychisch und physisch sehr belasten, weshalb er ersuche, seinem "Antrag auf (endgültige) Befreiung stattzugeben".
Diesen Antrag wies die Zivildienstserviceagentur mit Bescheid vom 20. Jänner 2010 ab. Darin verwies sie begründend erneut auf die Harmonisierungspflicht sowie auf die zuvor bereits erteilte Befreiung von der Leistung des ordentlichen Zivildienstes, welche dem Beschwerdeführer zur Vorbereitung und Durchführung der notwendigen Maßnahmen hinsichtlich der bevorstehenden Ableistung zur Verfügung gestellt worden war. Diese Zeit habe der Beschwerdeführer nicht für entsprechende Dispositionen genutzt, sein erneutes Vorbringen sei daher nicht als besonders rücksichtswürdiges wirtschaftliches Interesse im Sinne des § 13 Abs. 1 Z 2 ZDG zu werten.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung wiederholte der Beschwerdeführer im Wesentlichen sein bisheriges Vorbringen und legte ohne weitere Erläuterungen ein ärztliches Attest eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 27. Jänner 2010 vor, wonach er "seit Jahren latent an depressiven und Angststörungen (Verlust-, Existenzängste)" leide. Er befinde sich auf Grund der Einberufung zum Zivildienst "in einer für ihn äußerst schwierigen Lage (v.a. existenziell), die eine Exacerbation seiner psychischen Situation hervorrief und es ihm gesundheitlich unmöglich macht, den geforderten Zivildienst am 1.2.10 anzutreten". Er sei dringlich angehalten, psychotherapeutische Hilfestellung anzunehmen, außerdem sei eine Psychopharmakamedikation indiziert.
Laut einem Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 27. April 2010 wurde der Beschwerdeführer in weiterer Folge am 15. März 2010 bei besagter Bezirkshauptmannschaft ärztlich untersucht und ihm eine Zuweisung an einen Facharzt für Psychiatrie übermittelt, die er jedoch nicht in Anspruch genommen hatte.
Mit Bescheid der belangten Behörde vom 2. Juni 2010 wurde die Berufung des Beschwerdeführers abgewiesen. Begründend verwies die belangten Behörde erneut auf die Harmonisierungspflicht; der gegenständliche Restaurantbetrieb sei vom Beschwerdeführer im Jahr 2005, also nach Eintritt seiner Zivildienstpflicht im Jahr 1999, übernommen worden. Der Beschwerdeführer habe daher mit einer Einberufung zum Zivildienst zu rechnen gehabt und es gegebenenfalls unterlassen müssen, den Betrieb seiner Eltern zu übernehmen, wenn dadurch die Gefahr hervorgerufen worden sei, dass "es bei der Ableistung des ordentlichen Zivildienstes zu Schwierigkeiten kommt". Der Beschwerdeführer habe die "erschwerte Situation" selbst geschaffen und damit die Harmonisierungspflicht verletzt. Der Aufforderung zur Beibringung eines fachärztlichen Gutachtens zur Überprüfung seines psychischen Zustandes sei der Beschwerdeführer nicht nachtgekommen und habe insofern seine Mitwirkungspflicht als Antragsteller verletzt. Im Übrigen sei die Abklärung seiner körperlichen Eignung zur Ableistung des ordentlichen Zivildienstes "nicht Gegenstand dieses Verfahrens".
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde nach Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
1. Die gegenständlich maßgeblichen Rechtsvorschriften des Zivildienstgesetzes (ZDG) in der für den Beschwerdefall maßgeblichen Fassung BGBl. I Nr. 5/2009 lauten auszugsweise:
"Abschnitt III
Ordentlicher Zivildienst
…
§ 8. (1) Der Zivildienstpflichtige ist von der Zivildienstserviceagentur einer gemäß § 4 anerkannten Einrichtung zur Leistung des ordentlichen Zivildienstes durch Bescheid zuzuweisen.
…
§ 12. (1) Von einer Zuweisung sind ausgeschlossen:
…
2. Zivildienstpflichtige, die, erforderlichenfalls nach der Feststellung des gemäß § 19 Abs. 2 zuständigen Amtsarztes geistig oder körperlich zu jedem Zivildienst dauernd oder vorübergehend unfähig sind und bei denen die Herstellung der Dienstfähigkeit in absehbarer Zeit nicht zu erwarten ist, für die Dauer der Dienstunfähigkeit.
…
§ 13. (1) Die Zivildienstserviceagentur hat den Zivildienstpflichtigen - gleichgültig ob er bereits Zivildienst leistet oder noch nicht - von der Verpflichtung zur Leistung des ordentlichen Zivildienstes zu befreien
…
2. auf Antrag des Zivildienstpflichtigen, wenn und solange es besonders rücksichtswürdige wirtschaftliche oder familiäre Interessen erfordern."
2. Die Beschwerde ist unbegründet.
2.1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind Zivildienstpflichtige - ebenso wie Wehrpflichtige - gehalten, ihre wirtschaftlichen Dispositionen so zu treffen, dass für den Fall der Zuweisung - bzw. Einberufung - zur Ableistung des Dienstes voraussehbare Schwierigkeiten vermieden und nicht durch die Aufnahme einer wirtschaftlichen Tätigkeit solche Schwierigkeiten erst geschaffen werden. Unterlässt es der Betreffende, seine wirtschaftlichen Angelegenheiten mit der von ihm zu erwartenden Dienstleistungsverpflichtung zu harmonisieren, so können die daraus abgeleiteten wirtschaftlichen Interessen nicht als besonders rücksichtswürdig im Sinne der die Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung des Dienstes regelnden Bestimmungen angesehen werden. Sind wirtschaftliche Schwierigkeiten die Folge der Verletzung dieser so genannten "Harmonisierungspflicht", können sie als Grundlage für die Befreiung nicht herangezogen werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. Juli 2009, Zl. 2008/11/0145, mwN).
2.2. Auf der Grundlage seines Vorbringens hatte die erstinstanzliche Behörde den Beschwerdeführer mit Bescheid vom 28. Jänner 2009 von der Verpflichtung zur Leistung des ordentlichen Zivildienstes bis 31. Dezember 2009 befreit, damit er dafür vorzusorgen konnte, anschließend ohne nachteilige Auswirkungen den ordentlichen Zivildienst ableisten zu können. Der Beschwerdeführer bekämpfte diesen Bescheid nicht und machte insbesondere nicht geltend, dass die verfügte Zeit etwa zu kurz wäre, um seine Angelegenheiten im Hinblick auf die bevorstehende Ableistung des ordentlichen Zivildienstes zu ordnen.
2.3. Auf Grund seines nunmehrigen Antrags und der vorgelegten Unterlagen ist jedoch ersichtlich, dass der Beschwerdeführer die ihm durch die gewährte Befreiung eingeräumte Zeit nicht dazu genützt hat, seine Verbindlichkeiten abzudecken und seine Geschäftstätigkeit so einzurichten, dass eine Ableistung des ordentlichen Zivildienstes ohne wesentliche Einschränkung möglich ist. Das Vorbringen des Beschwerdeführers zum zweiten Antrag auf Befreiung deckt sich im Wesentlichen mit jenem des ersten Antrags. Außer dem Vorbringen, "mehrere Verhandlungen mit der kreditgewährenden Bank" geführt zu haben, behauptet der Beschwerdeführer nicht einmal Bemühungen im Sinne der ihn treffenden Harmonisierungspflicht, d.h. die gewährte Befreiung im Ausmaß von 11 Monaten zur Vorbereitung der Ableistung des ordentlichen Zivildienstes genutzt zu haben.
2.4. Wenn der Beschwerdeführer meint, er habe bei der Übernahme des Restaurantbetriebes seiner Eltern nicht wissen können, "wie sich die finanzielle Situation in Zukunft entwickelt", ist ihm entgegen zu halten, dass die in Rede stehenden Kreditverbindlichkeiten laut der vom Beschwerdeführer selbst vorgelegten Auskunft der kreditgebenden Bank bereits "durch die Eltern (des Beschwerdeführers) für die Errichtung und den Betrieb des Lokales … am 27.3.1998" aufgenommen worden sind. Bei der Übernahme des Betriebes im Jahr 2005 hatte der Beschwerdeführer somit einerseits aufgrund seiner schon 1999 festgestellten Zivildienstpflicht bereits mit einer künftigen Ableistung zu rechnen, andererseits waren ihm auch die mit der Übernahme verbundenen Kreditverbindlichkeiten bekannt. Der Beschwerdeführer hatte also ab der Übernahme des Betriebs bis zum gegenständlichen Antrittstermin einen Zeitraum von insgesamt etwa fünf Jahren zur Verfügung gehabt, um seiner Harmonisierungspflicht nachzukommen.
3. Zur Frage der physischen und psychischen Eignung des Beschwerdeführers zur Ableistung des ordentlichen Zivildienstes ist - unabhängig von der Frage, inwieweit ein kommentarlos vorgelegtes ärztliches Attest ein substantiiertes Vorbringen darstellt und inwieweit den Beschwerdeführer diesbezüglich eine Mitwirkungspflicht an der Ermittlung des entscheidungswesentlichen Sachverhalts trifft - der belangten Behörde beizupflichten, dass diese Frage nicht Gegenstand des Verfahrens über eine Befreiung aus besonders rücksichtswürdigen wirtschaftlichen oder familiären Interessen gemäß § 13 Abs. 1 Z 2 ZDG ist. Diese Frage wäre nach § 12 Abs. 1 Z 2 ZDG allenfalls im Verfahren über die Zuweisung zum ordentlichen Zivildienst zu klären gewesen.
4. Es kann somit aus den genannten Erwägungen nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn die belangte Behörde die behaupteten wirtschaftlichen Interessen des Beschwerdeführers als für eine Befreiung nicht besonders rücksichtswürdig im Sinne des ZDG angesehen hat.
5. Aus diesen Gründen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
6. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am 24. Juli 2013
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