VwGH 2008/11/0145

VwGH2008/11/014517.7.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Gall und Dr. Schick als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Trefil, über die Beschwerde des EN in N, vertreten durch Thum Weinreich Schwarz Rechtsanwälte OG in 3100 St. Pölten, Josefstraße 13, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Inneres vom 17. Juli 2008, Zl. 287.898/2-III/7/08 betreffend befristete Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung des Zivildienstes, zu Recht erkannt:

Normen

ZDG 1986 §13 Abs1 Z2;
ZDG 1986 §13 Abs1 Z2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer ist schuldig, dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der (im Jahr 1986 geborene) Beschwerdeführer wurde bei der Stellung vom 7. Dezember 2004 erstmals für tauglich befunden und ist seit April 2005 zivildienstpflichtig (Bescheid vom 15. April 2005). Über seinen Antrag vom 19. September 2007 war er mit Bescheid der Zivildienstserviceagentur vom 28. September 2007 bis 30. Juni 2008 gemäß § 13 Abs. 1 Z. 2 ZDG von der Verpflichtung zur Leistung des ordentlichen Zivildienstes mit der wesentlichen Begründung befreit worden, er habe wirtschaftliche Interessen geltend gemacht, mit der Befreiung werde ihm die Möglichkeit eingeräumt, in der festgesetzten Frist seine wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse in Ansehung der Führung seines Unternehmens zu ordnen und auf einen absehbaren Zeitraum hin zu planen. Der Befreiungszeitraum könne als ausreichend angesehen werden, im Sinne der Harmonisierungsverpflichtung Zivildienstpflichtiger eigenverantwortlich mit Kreditgebern das Einvernehmen betreffend eine Stundung bzw. Herabsetzung von vereinbarten Kreditraten für die Dauer der Leistung des ordentlichen Zivildienstes zu treffen. Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft.

Mit Schreiben vom 17. März 2008 beantragte der Beschwerdeführer erneut die Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung des Zivildienstes und führte Folgendes aus:

"Antrag befristete Befreiung

...

Hiermit bitte ich um Aufschiebung meines Zivildienstes bis auf weiteres aufgrund folgender Tatsachen, die ich Ihnen gerne näher schildere.

Ihnen liegen bereits Unterlagen auf, wo ich glücklicherweise schon einmal eine befristete Befreiung Ihrerseits erhalten habe.

Unter anderem aufgrund dieser noch immer vorliegenden Umstände (Firmenverbindlichkeiten, dzt. sieben Beschäftigte, etc.) und der nun neu dazukommenden Weiterbildung, bitte ich um äußerstes Verständnis für meine Lage.

Ich wurde nun von 25 möglichen Studenten des Jahrganges 2008 in der 'IMC Fachhochschule Krems' mit Beginn 01.09.2008 ausgewählt, dieses zu besuchen.

Auch alleine deshalb ist es mir sehr wichtig, den ordentlichen Zivildienst, den ich ablegen muss, vorerst wie oben erwähnt aufzuschieben.

Es wird mir sicherlich nach der Festigung meiner Unternehmertätigkeit und der Vollendung meiner 'Bachelor-Ausbildung' möglich sein, der Verpflichtung meines Dienstes nachzukommen. ..."

Er legte ferner Unterlagen zu seinen genannten Tätigkeiten vor, insbesondere ein Schreiben der FH Krems vom 22. Feber 2008, wonach ihm die Reservierung eines Studienplatzes für den Bachelor Studiengang "Unternehmensführung und E-Business Management berufsbegleitend" mitgeteilt und ein Ausbildungsvertrag zur Unterfertigung übermittelt wurde, sowie ein "Businessplan" einer näher genannten Versicherungsgesellschaft, worin unter anderem eine "Durchführungsplanung" ab Jänner 2008 enthalten ist.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag gemäß § 13 Abs. 1 Z. 2 Zivildienstgesetz 1986 - ZDG ab. In der Begründung dieses Bescheides führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, es habe jeder Zivildienstpflichtige in Kenntnis der noch vor ihm liegenden Dienstleistungsverpflichtung die Planung und Gestaltung seiner persönlichen und wirtschaftlichen Belange im Interesse einer Harmonisierung mit der Verpflichtung zur Zivildienstleistung so einzurichten, dass für den Fall der Zuweisung vorhersehbare Schwierigkeiten vermieden werden.

Mit Zustellung des Feststellungsbescheides vom 15. April 2005, somit auch bei Aufnahme seiner Unternehmertätigkeit im Jahr 2006, sei dem Beschwerdeführer bekannt gewesen, dass er zivildienstpflichtig sei und mit einer Zuweisung zu rechnen habe. Es wäre ihm freigestanden, seine Lebensumstände so zu gestalten, um die nachteiligen Auswirkungen auf seine Tätigkeit in dem in Rede stehenden Unternehmen so gering wie möglich zu halten. Zudem sei der Beschwerdeführer mit Bescheid vom 28. September 2007 von der Verpflichtung zur Leistung des Zivildienstes bis 30. Juni 2008 befreit worden, um für seine wirtschaftlichen Angelegenheiten vorzusorgen. Es sei ihm mitgeteilt worden, dass er danach zum frühest möglichen Zeitpunkt mit einer Zuweisung zu rechnen habe. Ungeachtet dessen sei er weitere wirtschaftliche Verpflichtungen eingegangen. Dies zeige nach Ansicht der belangten Behörde eine Verletzung der bestehenden Harmonisierungspflicht. Da die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten Umstände die Folge der Verletzung dieser Verpflichtung seien, seien sie nicht als rücksichtswürdig im Sinne des § 13 Abs. 1 ZDG anzusehen. Dem Argument, der Antritt des Zivildienstes würde dazu führen, dass er Dienstnehmer entlassen müsste, sei entgegenzuhalten, dass eventuell vorliegende gesamtwirtschaftliche Interessen nicht über seinen Antrag, sondern nur von Amts wegen zu berücksichtigen seien. Im Übrigen, soweit er auf die Kündigung eines Mietvertrages hinweise, sei auf die dem Beschwerdeführer aufgrund der Bestimmungen des ZDG zustehenden Ansprüche auf Pauschalvergütung, Reisekostenvergütung, Kranken- und Unfallversicherung, Familienunterhalt und Wohnkostenbeihilfe während der Ableistung des ordentlichen Zivildienstes hinzuweisen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde zwar auch einen Antrag auf Aufschub erwähnt. Sache des Berufungsverfahrens war jedoch entsprechend dem von ihm gestellten Antrag auf "befristete Befreiung" und dem Spruch des erstinstanzlichen Bescheides lediglich die Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung des ordentlichen Zivildienstes. Eine Grundlage dafür, den vom Beschwerdeführer gestellten Antrag in einen Antrag auf Aufschub des Zivildienstes umzudeuten, bestand nicht.

Gemäß § 13 Abs. 1 Z. 2 ZDG hat der Bundesminister für Inneres den Zivildienstpflichtigen auf seinen Antrag von der Verpflichtung zur Leistung des ordentlichen Zivildienstes zu befreien, wenn und solange es besonders rücksichtswürdige wirtschaftliche oder familiäre Interessen erfordern.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 27. März 2008, Zl. 2008/11/0011, mit weiteren Nachweisen) sind die Zivildienstpflichtigen - wie die Wehrpflichtigen - gehalten, ihre wirtschaftlichen Dispositionen so zu treffen, dass für den Fall der Zuweisung - bzw. Einberufung - zur Ableistung des Dienstes voraussehbare Schwierigkeiten vermieden und nicht durch die Aufnahme einer wirtschaftlichen Tätigkeit solche Schwierigkeiten erst geschaffen werden. Unterlässt es der Betreffende, seine wirtschaftlichen Angelegenheiten mit der von ihm zu erwartenden Dienstleistungsverpflichtung zu harmonisieren, so können die daraus abgeleiteten wirtschaftlichen Interessen nicht als besonders rücksichtswürdig im Sinne der die Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung des Dienstes regelnden Bestimmungen angesehen werden. Sind wirtschaftliche Schwierigkeiten die Folge der Verletzung dieser so genannten "Harmonisierungspflicht", können sie als Grundlage für die Befreiung nicht herangezogen werden (vgl. zudem jüngst etwa das hg. Erkenntnis vom 14. Mai 2009, Zl. 2008/11/0089, mit weiterem Hinweis).

Der Beschwerdeführer hat im Hinblick auf die Tätigkeit in dem in Rede stehenden seit 2006 bestehenden Unternehmen den Antrag auf Befreiung vom 17. März 2008 gestellt, in welchem er darauf verwies, dass die Gründe, die für die Befreiung mit Bescheid vom 28. September 2007 maßgebend gewesen seien "(Firmenverbindlichkeiten, dzt. sieben Beschäftigte, etc.)", noch immer vorliegen würden, und er zudem ab 1. September 2008 einen Lehrgang besuchen wolle. Er hatte in seinem damaligen Befreiungsantrag auf die von ihm aufgenommenen Kreditverbindlichkeiten verwiesen und geltend gemacht, er beschäftige in seiner Versicherungsagentur vier Mitarbeiter. Auf dieser Grundlage bewilligte ihm die Erstbehörde eine Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung des Zivildienstes bis 30. Juni 2008, um dafür vorzusorgen, anschließend ohne nachteilige Auswirkungen den Zivildienst leisten zu können. Der Beschwerdeführer machte nicht geltend, dass die verfügte Zeit etwa zu kurz wäre, um seine Angelegenheiten im Hinblick auf die bevorstehende Ableistung des Zivildienstes zu ordnen, sondern der genannte Bescheid erwuchs in Rechtskraft.

Auf Grund seines nunmehrigen Antrags - und der von ihm vorgelegten Unterlagen - ist jedoch ersichtlich, dass der Beschwerdeführer die ihm durch die gewährte Befreiung eingeräumte Zeit nicht dazu genützt hat, seine Verbindlichkeiten abzudecken und seine Geschäftstätigkeit so einzurichten, dass eine Ableistung des Zivildienstes ohne wesentliche Einschränkung möglich ist, sondern er hat seine Geschäftstätigkeit weiter ausgebaut und auch noch weitere Arbeitnehmer aufgenommen. Denn während er in seinem ersten Antrag auf Befreiung angab, er habe vier Beschäftige, führt er nunmehr aus, er habe sieben Arbeitnehmer. Ferner hat der Beschwerdeführer in keiner Weise dargetan, dass er Maßnahmen getroffen habe, die von ihm seinem ersten Antrag auf Befreiung zugrundegelegten finanziellen Verbindlichkeiten abzudecken oder doch zumindest so - etwa durch Aufschub der Zahlungsverpflichtungen - zu gestalten, dass die Ableistung des Zivildienstes möglich ist. Er hat nämlich im Verwaltungsverfahren - insbesondere auch in seiner Berufung - nur allgemein, unter Verweis auf den Versuch "diverser Möglichkeiten" und einen "Firmenzusammenschluss", behauptet, er habe eine Harmonisierung seiner wirtschaftlichen Angelegenheiten in Angriff genommen, jedoch ohne dies durch sachverhaltsbezogenes, durch Beweise untermauertes Vorbringen zu konkretisieren.

Wenn der Beschwerdeführer rügt, die belangte Behörde habe Feststellungen unterlassen, dass "finanzielle Mittel in einem Ausmaß bereitstehen, die geeignet sind, die Bedürfnisse des Beschwerdeführers und seiner Familie zu decken", ist ihm zu entgegnen, dass er hinreichend Gelegenheit hatte, im Verwaltungsverfahren seine finanziellen Verhältnisse umfassend darzustellen und zu begründen, warum es ihm in der Zeit bis 30. Juni 2008 nicht möglich gewesen wäre, seine Verbindlichkeiten in den Griff zu bekommen und die - wie er behauptete - weiterhin bestehenden Schwierigkeiten ihre Grundlage nicht in dem Umstand haben, dass er seine Geschäftstätigkeit ausgeweitet hat. Dies hat er jedoch unterlassen. Er zeigt auch in der Beschwerde nicht auf, aus welchen konkreten Beweismitteln, die die Behörde aufzunehmen unterlassen habe, für ihn Günstigeres zu gewinnen gewesen wäre. Auch die von ihm per Anfang September 2008 beabsichtigte Absolvierung eines Management-Lehrgangs lässt für seinen Standpunkt nichts gewinnen, verletzt doch der Beschwerdeführer mit der Aufnahme dieser zusätzlichen berufsbegleitenden Ausbildung gleichfalls die eingangs genannte Obliegenheit. Der Beschwerdeführer zeigt daher, indem er rügt, dass die belangte Behörde keine Feststellungen zu den "Umständen dieses Studiums" getroffen habe, keinen relevanten Verfahrensmangel auf.

Wie schon die Behörde zutreffend erkannte, betrifft die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte Erhaltung von Arbeitsplätzen nicht die eigenen - wirtschaftlichen - Interessen des Beschwerdeführers, sondern gesamtwirtschaftliche, öffentliche Interessen. Auf deren Berücksichtigung hat der Beschwerdeführer jedoch keinen Rechtsanspruch, er wurde daher diesbezüglich nicht in seinen subjektiven Rechten verletzt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 29. April 2003, Zl. 2003/11/0049).

Es kann somit aus den genannten Erwägungen nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn die belangte Behörde die behaupteten wirtschaftlichen Interessen des Beschwerdeführers als für eine Befreiung nicht rücksichtswürdig im Sinne des ZDG angesehen hat.

Soweit der Beschwerdeführer in der Beschwerde am Rande auch die erforderliche Deckung der Bedürfnisse seiner Familie anspricht, ist ihm entgegenzuhalten, dass familiäre Interessen gemäß § 13 Abs. 1 Z. 2 ZDG voraussetzen, dass Familienangehörige des Zivildienstpflichtigen in ihren eigenen Belangen der Unterstützung durch den Zivildienstpflichtigen bedürfen, die ihnen dieser aber wegen der Leistung des Zivildienstes nicht gewähren könnte (vgl. dazu erneut das bereits erwähnte hg. Erkenntnis vom 14. Mai 2009, Zl. 2008/11/0089, mwN). Umstände, die rücksichtswürdige familiäre Interessen in diesem Sinne begründen könnten, wurden vom Beschwerdeführer nicht dargetan und liegen auch nach der Aktenlage nicht vor, abgesehen davon, dass der Beschwerdeführer auch in der Beschwerde nicht begründet darlegt, dass eine Existenzbedrohung seiner Familienangehörigen im Fall seiner Zivildienstleistung gegeben wäre.

Aus den dargelegten Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 17. Juli 2009

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