Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Die im Streitjahr in Österreich ansässige Mitbeteiligte hat in der Einkommensteuererklärung für das Jahr 2005 eine außergewöhnlichen Belastung für die auswärtige Schulausbildung ihrer im Jahr 1988 geborenen Tochter geltend gemacht. Die Tochter besuchte in Brno (Tschechien) das klassische und spanische Gymnasium und nahm an Stelle der 7. Klasse ihres Gymnasiums im Rahmen eines - vom 15.8.2005 bis 26.5.2006 dauernden - Schüleraustauschprogramms für ein Schuljahr am regulären Unterricht der Houston High School in Germantown, Tennessee, in den USA teil. Der Auslandsschulbesuch wurde für die Ablegung der
7. Schulstufe voll angerechnet, sodass die Tochter ohne Verlust eines Schuljahres unmittelbar nach dem Auslandsschuljahr in die
8. Schulstufe aufsteigen und diese mit der Reifeprüfung abschließen konnte.
Das Finanzamt berücksichtigte die geltend gemachte außergewöhnliche Belastung im Einkommensteuerbescheid für 2005 nicht.
In der dagegen erhobenen Berufung brachte die Mitbeteiligte u. a. vor, dass ihre Tochter im Rahmen ihrer Ausbildung in den USA einen speziellen Studienlehrgang absolviert habe, der ihr die Möglichkeit geboten habe, nach der Matura ein Studium in den USA zu beginnen. Diese spezielle Ausbildung und den durch die Prüfung geschaffenen Vorteil für die Aufnahme an einer amerikanischen Universität hätte sie durch den Besuch der AHS in Tschechien oder Österreich nicht erlangt.
Mit Berufungsvorentscheidung wies das Finanzamt die Berufung als unbegründet ab, weil der einjährige High School Besuch der Tochter im Rahmen eines Schüleraustauschprogramms keine relevanten unterschiedlichen Lehrinhalte und Lehrziele als die ununterbrochene Fortsetzung des AHS-Besuches vermittelt habe.
Gegen diese Berufungsvorentscheidung stellte die Mitbeteiligte einen Vorlageantrag und führte ergänzend aus, dass der Zweck des Auslandsschuljahres der Tochter in den USA neben der Ausübung der Fremdsprache als Arbeitssprache auch die Vorbereitung auf das geplante weitere Studium an einer amerikanischen Universität für das Fach "Internationale Beziehungen" gewesen sei, wobei amerikanische Geschichte ein wichtiger Studieninhalt sei.
Die belangte Behörde erhob daraufhin im Wege einer Anfrage an das Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur, dass über die Zulassung zu einem Studium an einer amerikanischen Universität letztlich die zuständigen Organe der jeweiligen Hochschule auf Grund einer "Einschätzung" des Bewerbers entscheiden würden. Gerade bei renommierten Universitäten und nachgefragten internationalen Studiengängen werde mit einem einjährigen Besuch einer High School ein nicht unwesentlicher Zugangsvorteil geschaffen. Der Bewerber könne auf Grundlage amerikanischer Leistungsbeurteilungen leichter eingeschätzt werden und bringe eine stärkere Identifikation mit dem "American Way of Life" zum Ausdruck.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung dem Grunde nach Folge und anerkannte einen Pauschbetrag von 550 Euro für die Monate der auswärtigen Berufsausbildung im Jahre 2005.
Begründend führte sie aus, § 34 Abs. 8 EStG 1988 treffe eine Regelung für jene Mehraufwendungen (Fahrtkosten, Unterbringungskosten, Verpflegungsmehraufwand) im Rahmen der Unterhaltspflicht, die auf Grund der Auswärtigkeit der Berufsausbildung erwachsen. Aufwendungen für eine Berufsausbildung eines Kindes außerhalb des Wohnortes würden dann als außergewöhnliche Belastung gelten, wenn im Einzugsbereich des Wohnortes keine ihrer Art nach gleichwertige (gleichartige) Ausbildungsmöglichkeit bestehe.
Auf Grund der europarechtlichen und innerstaatlichen Maßnahmen zur Förderung der Internationalisierung der Ausbildung gelange die belangte Behörde zur Auffassung, dass durch Austauschprogramme für Schüler ebenso wie für Studenten besonders qualifizierte Fremdsprachenkompetenz durch den laufenden Konnex mit den jeweiligen Lebenssachverhalten sowie wichtige interkulturelle Bildung erworben würden, wie sie in dieser konzentrierten Form bei einer ausschließlich inländischen Schul- oder Hochschulausbildung kaum erreicht werden könnten.
Die Austauschprogramme für Schüler und Studierende seien von einer solchen Dauer (idR 6 bis 12 Monate), die für diese Bildungsinhalte erforderlich sei. Da die Fremdsprachenperfektion und interkulturelle Bildung als Ausbildungsinhalte nach rund einem Jahr als abgeschlossen zu betrachten seien, bestehe darin auch ein wesentlicher Sachverhaltsunterschied zu einem vollständigen mehrjährigen Auslandsstudium oder Auslandsschulabschluss, wo die fachlichen Studien- und Schulinhalte den Beurteilungsgegenstand bildeten. Bei einem Austauschprogramm komme es auf unterschiedliche Kernfächer - wie im Fall eines vollständigen Auslandsstudiums oder vollständigen Auslandsschulbesuches - dagegen nicht an. Die in der bisherigen Entscheidungspraxis der belangten Behörde sowie vom Bundesministerium für Finanzen in den Lohnsteuerrichtlinien 2002 Rz 876 letzter Absatz zu Studentenaustauschprogrammen bzw. Studentenpraktika vertretene Rechtsansicht, wonach die Fremdsprachenkompetenz sowie die interkulturelle Bildung wesentliche Lehrinhalte darstellten, die durch eine Inlandsausbildung so nicht erlangt werden könnten, treffe im selben Umfang auf Schüleraustauschprogramme zu.
Da die Fremdsprachenperfektion sowie die interkulturelle Bildung bereits als wesentliche unterschiedliche Lehrinhalte eines Schüleraustauschprogramms erachtet werden könnten, komme der Lösung der Frage, ob die unterschiedlichen Unterrichtsfächer der High School - hier für die Dauer eines Jahres - sowie verbesserte Aufnahmechancen an einer amerikanischen Hochschule eine ihrer Art nach nicht gleichwertig angebotene Ausbildung im Einzugsbereich des Wohnortes darstellten, insoweit keine entscheidungserhebliche Bedeutung mehr zu.
Dem pauschal erhobenen Einwand, dass im Einzugsbereich des Wohnortes (insbesondere in Wien) auch Gymnasien bestünden, die einen Ausbildungsschwerpunkt in "Interkulturellem Arbeiten und Lernen sowie Fremdsprachenperfektion" hätten, komme nach Ansicht der belangten Behörde keine Berechtigung zu. Zum einen seien bei Beginn des Gymnasiumsbesuches der Tochter diese internationalen Ausbildungsinhalte an den inländischen Schulen nicht in diesem Umfang gegeben gewesen. Zum anderen sei ein tschechisches Gymnasium gewählt worden, damit die Tochter den Unterricht in ihrer tschechischen Muttersprache erhalte. Ein Schulwechsel (vom tschechischen Gymnasium) an eine AHS in Wien, um das gesetzte Bildungsziel eines internationalen Studiums an einer Hochschule zu erreichen, erscheine weder zielführend noch in einem angemessenen Verhältnis zu der schulrechtlich vorgesehenen Möglichkeit eines Auslandsschuljahres in den USA. Zudem könne durch den Wechsel an eine Schule im Einzugsbereich des Wohnortes mit einem stärkeren fremdsprachlichen und interkulturellen Ausbildungsinhalt keine dem Austauschprogramm vergleichbare zielgerichtete und konzentrierte Wissensvermittlung der von der Tochter angestrebten Lehrinhalte erfolgen.
Zudem stellte die belangte Behörde fest, dass die Tochter der Mitbeteiligten "entsprechend ihrer bisherigen international angelegten Erziehung und Ausbildung das Berufsziel (verfolge,) sich durch ein Auslandsschuljahr in den USA für das Studium der Internationalen Beziehungen an einer amerikanischen Universität zu qualifizieren".
Dagegen richtet sich die vorliegende Amtsbeschwerde nach § 292 BAO.
Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Aktenvorlage und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde (die Mitbeteiligte hat sich am verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht beteiligt) erwogen:
Berufsausbildungskosten eines Kindes können als Teil der Unterhaltsleistung grundsätzlich keine besondere Berücksichtigung als außergewöhnliche Belastung finden. Eine Ausnahme sieht § 34 Abs. 8 EStG 1988 für Fälle der auswärtigen Berufsausbildung eines Kindes unter der Voraussetzung vor, dass im Einzugsbereich des Wohnortes keine entsprechende Ausbildungsmöglichkeit besteht. Diese außergewöhnliche Belastung wird durch Abzug eines Pauschbetrages von 110 Euro pro Monat der Berufsausbildung berücksichtigt.
§ 34 Abs. 8 EStG 1988 trifft somit eine Regelung für jene Mehraufwendungen, die durch die auswärtige Berufsausbildung eines Kindes erwachsen. Die Pauschalierung des Mehraufwandes der Höhe nach durch das EStG 1988 enthebt nicht von der Prüfung der Frage, ob eine auswärtige Berufsausbildung dem Grunde nach geboten ist. Dies ist dann nicht der Fall, wenn am Wohnort des Steuerpflichtigen oder in dessen Einzugsbereich - unter Berücksichtigung der Talente des Kindes - eine entsprechende Ausbildungsmöglichkeit besteht. Bei Auslegung der Voraussetzung der "entsprechenden Ausbildungsmöglichkeit" iSd § 34 Abs. 8 EStG 1988 ist auf einen gleichartigen Ausbildungsabschluss und auf die Vergleichbarkeit der Ausbildung ihrer Art nach abzustellen (vgl. zuletzt die hg. Erkenntnisse vom 22. November 2012, 2010/15/0069, und vom 25. April 2013, 2010/15/0099).
Die Judikatur verlangt im gegebenen Zusammenhang in den Fällen, in denen eine öffentliche Schule am Wohnort des Steuerpflichtigen (oder in dessen Einzugsbereich) besteht, besondere Gründe, die einen auswärtigen Schulbesuch als geboten erscheinen lassen. Solche besonderen Umstände wurden etwa im Erkenntnis vom 11. Mai 1993, 91/14/0085, betreffend die Aufwendungen für den Besuch einer Schihandelsschule aufgrund der spezifischen schifahrerischen Begleitausbildung und der besonderen Begabung des Kindes angenommen.
Im Zentrum der Beschwerde des Finanzamtes steht die Einwendung, dass es im Einzugsbereich des Wohnortes bereits eine entsprechende Ausbildungsmöglichkeit in Gestalt des von der Tochter der Mitbeteiligten besuchten Gymnasiums gebe und das Auslandsjahr auch keinen Einfluss auf den von ihr angestrebten Ausbildungsabschluss, nämlich die Reifeprüfung an ihrem bisherigen Gymnasium, habe. Mit diesem Beschwerdevorbringen berücksichtigt das Finanzamt jedoch nicht hinreichend die - unangefochten gebliebene - Feststellung der belangten Behörde, wonach die Ausbildung in den USA konkret zu dem Zweck unternommen worden ist, sich für ein bestimmtes Studium an einer amerikanischen Universität zu qualifizieren.
Von einer Gleichartigkeit der Berufsausbildung war damit schon deshalb nicht mehr auszugehen, weshalb sich die Amtsbeschwerde als unberechtigt erweist.
Da die Beschwerde sohin die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht aufzuzeigen vermochte, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am 22. Mai 2013
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)