Normen
AVG §68 Abs4 Z4;
NAG 2005 §2 Abs1 Z11;
NAG 2005 §24;
NAG 2005 §3 Abs5 Z1;
VwGG §34 Abs1;
AVG §68 Abs4 Z4;
NAG 2005 §2 Abs1 Z11;
NAG 2005 §24;
NAG 2005 §3 Abs5 Z1;
VwGG §34 Abs1;
Spruch:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem - allein hier der Anfechtung unterliegenden - Spruchpunkt 2. des angefochtenen Bescheides erklärte die belangte Behörde den in Form einer Aufenthaltstitelkarte ergangenen Bescheid des Landeshauptmanns von Wien, womit dem Beschwerdeführer, einem algerischen Staatsangehörigen, ein Aufenthaltstitel "Familienangehöriger" erteilt wurde, gemäß § 3 Abs. 5 Z 1 iVm § 11 Abs. 1 Z 1 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) sowie § 68 Abs. 4 Z 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG) von Amts wegen in Ausübung des Aufsichtsrechts als nichtig.
In ihrer Begründung führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer sei am 27. November 2002 unrechtmäßig in das Bundesgebiet eingereist. Am 2. Dezember 2002 habe er einen Asylantrag gestellt. Einen am 23. Jänner 2003 gestellten weiteren Asylantrag habe der Beschwerdeführer am 24. Jänner 2003 wieder zurückgezogen. Der erste Asylantrag sei in erster Instanz - rechtskräftig mit 7. August 2004 - abgewiesen worden.
Im ersten Asylverfahren habe der Beschwerdeführer einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gestellt. Diesem sei aber kein Erfolg beschieden gewesen. Eine gegen ihn erlassene Ausweisung sei letztlich ab 24. Dezember 2008 durchsetzbar gewesen.
Mit Bescheid vom 10. März 2008 habe die Bundespolizeidirektion Wien gegen den Beschwerdeführer ein Aufenthaltsverbot mit zehnjähriger Gültigkeitsdauer erlassen. Dieses sei seit 9. September 2008 rechtskräftig und noch bis 10. März 2018 gültig.
Am 13. Mai 2010 habe der Beschwerdeführer die österreichische Staatsbürgerin G geheiratet. Daraufhin habe er im Weg der Österreichischen Botschaft Algier auf diese Ehe gestützt die Erteilung eines Aufenthaltstitels "Familienangehöriger" beantragt. Ein solcher Aufenthaltstitel (gemäß § 47 Abs. 2 NAG) sei ihm mit Gültigkeit von 30. August 2010 bis 4. Jänner 2011 erteilt worden. Die Zustellung des Aufenthaltstitels an den Beschwerdeführer sei am 20. September 2010 erfolgt.
Erst danach, nämlich am 24. September 2010, habe die Behörde erster Instanz durch die Mitteilung der Bundespolizeidirektion Wien vom 22. September 2010 erfahren, dass gegen den Beschwerdeführer unter einer seiner "zahlreichen Aliasidentitäten" ein gültiges Aufenthaltsverbot bestehe.
Gemäß § 3 Abs. 5 Z 1 NAG könne der Bundesminister für Inneres die Erteilung eines Aufenthaltstitels in Ausübung seines Aufsichtsrechts nach § 68 Abs. 4 Z 4 AVG mit Bescheid als nichtig erklären, wenn die Erteilung trotz Vorliegens eines Erteilungshindernisses gemäß § 11 Abs. 1 Z 1 NAG erfolgt sei. Im Zeitpunkt der Erteilung des Aufenthaltstitels habe gegen den Beschwerdeführer ein Aufenthaltsverbot bestanden, welches auch noch für die gesamte Geltungsdauer seines Aufenthaltstitels gültig gewesen sei.
Nach § 11 Abs. 1 Z 1 NAG dürften Aufenthaltstitel einem Fremden aber nicht erteilt werden, wenn gegen ihn ein aufrechtes Aufenthaltsverbot bestehe.
Somit sei der dem Beschwerdeführer erteilte Aufenthaltstitel in Ausübung des Aufsichtsrechtes für nichtig zu erklären.
Die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde erweist sich als unzulässig.
Einer Nichtigerklärung gemäß § 68 Abs. 4 Z 4 AVG ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes lediglich die Wirkung ex nunc, nicht aber ex tunc, beizumessen (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 1. Juli 1997, Zl. 95/08/0320, und vom 26. Mai 2008, Zl. 2006/06/0306, weiters Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2, § 68 AVG, Anm. 26 sowie die in E 211 und E 212 zitierte Rechtsprechung des VwGH und des OGH; vgl. zu einer ausdrücklich Anderes anordnenden Bestimmung § 13 Abs. 5 DVG). Dies bedeutet, dass die Erklärung eines formell und materiell rechtskräftigen Bescheides als nichtig gemäß § 68 Abs. 4 AVG nur bewirkt, dass der Bescheid für die Zukunft nicht mehr besteht, aber für die Vergangenheit die rechtlichen Wirkungen unberührt bleiben, die der Bescheid während der Zeit seines Bestehens mit sich gebracht hat (vgl. die in Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6, zu § 68 Abs. 4 AVG, E 17b und E 17d zitierte hg. Judikatur).
Ausgehend davon und im Hinblick darauf, dass der dem Beschwerdeführer erteilte - bis 4. Jänner 2011 gültig gewesene - Aufenthaltstitel im Zeitpunkt der Nichtigerklärung (die Zustellung des angefochtenen Bescheides erfolgte am 21. September 2011) bereits abgelaufen war, geht der angefochtene Bescheid ins Leere. Der Beschwerdeführer konnte somit dadurch auch nicht in den in der Beschwerde geltend gemachten Rechten - im Recht auf Aufenthalt in Österreich und im Recht gemäß Art. 8 EMRK - verletzt sein, zumal nicht ersichtlich ist, dass der mittlerweile abgelaufene Aufenthaltstitel - bezogen auf den Zeitpunkt der Nichtigerklärung -
noch rechtliche Bedeutung für die Zukunft haben könnte. Es würde nämlich wegen der bloßen ex nunc Wirkung der Nichtigerklärung der früher während seiner Geltung auf diesen Aufenthaltstitel gestützte Aufenthalt nicht unrechtmäßig werden. Auch würde aus demselben Grund ein vor Nichtigerklärung nach § 24 NAG rechtzeitig gestellter Antrag auf Verlängerung des Aufenthaltstitels nicht seine Qualifikation als Verlängerungsantrag im Sinn des § 2 Abs. 1 Z 11 iVm § 24 NAG verlieren. Andererseits würde aber auch die Aufhebung des angefochtenen Bescheides nicht dazu führen, dass dem Beschwerdeführer wieder ein auf den ihm früher erteilten Aufenthaltstitel gestütztes Aufenthaltsrecht zukäme, weil die Gültigkeit dieses Aufenthaltstitels bereits abgelaufen ist.
Sohin ist die Beschwerde mit dem Mangel der Berechtigung zu ihrer Erhebung behaftet (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 14. Juni 2012, Zl. 2011/21/0230, mwN). Sie war aus diesem Grund in nichtöffentlicher Sitzung - in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat - gemäß § 34 Abs. 1 und Abs. 3 VwGG zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.
Wien, am 26. Juni 2012
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