VwGH 2012/21/0211

VwGH2012/21/021113.12.2012

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher und Dr. Pfiel als Richter sowie die Hofrätin Dr. Julcher als Richterin, im Beisein der Schriftführerin Mag. Dobner, über die Beschwerde der S in N, vertreten durch Dr. Heinrich Schellhorn, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Wolf-Dietrich-Straße 19, gegen den Bescheid der Österreichischen Botschaft Nairobi vom 18. Juli 2012, betreffend Versagung eines Visums, zu Recht erkannt:

Normen

AsylG 2005 §34 Abs1;
AsylG 2005 §35 Abs1;
AsylG 2005 §35 Abs4;
FrPolG 2005 §21;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
AsylG 2005 §34 Abs1;
AsylG 2005 §35 Abs1;
AsylG 2005 §35 Abs4;
FrPolG 2005 §21;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 18. Juli 2012 wies die Österreichische Botschaft Nairobi (die belangte Behörde) den von der Beschwerdeführerin, einer Staatsangehörigen von Somalia, am 30. März 2012 eingebrachten "Antrag auf Erteilung eines Visums" unter Verwendung eines formularmäßigen Vordrucks ab. Dabei wurde durch Ankreuzen der dafür vorgesehenen Felder zum Ausdruck gebracht, dass die Gründe des § 21 Abs. 5 Z 2 FPG (Fehlen ausreichender Mittel für den Unterhalt und die Wiederausreise) und des § 21 Abs. 5 Z 3 FPG (Gefahr der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft durch den Aufenthalt der Beschwerdeführerin in Österreich) der Visumserteilung entgegen stünden und der Versagungsgrund nach § 21 Abs. 7 Z 5 FPG (Versuch der Täuschung über die wahre Identität, Staatsangehörigkeit oder Echtheit von Dokumenten im Visumsverfahren) verwirklicht sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:

In der Beschwerde wird vorgebracht, die Beschwerdeführerin sei die Ehefrau des N. G., eines somalischen Staatsagehörigen, dem mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 20. Dezember 2010 der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden sei. Im Hinblick darauf habe die Beschwerdeführerin am 30. März 2012 bei der österreichischen Botschaft Nairobi gemäß § 35 Abs. 1 AsylG 2005 einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels zum Zweck der Stellung eines Antrages auf Gewährung desselben Schutz iSd § 34 Abs. 1 AsylG 2005 in Österreich eingebracht. Gemäß § 35 Abs. 4 AsylG 2005 habe die Botschaft dem Fremden ohne weiteres ein Visum zur Einreise zu erteilen, wenn das Bundesasylamt mitgeteilt hat, dass die Gewährung des Status des Asylberechtigen oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich sei. Die Erteilung eines solchen Visums dürfe sohin nicht davon abhängig gemacht werden, ob die Beschwerdeführerin über ausreichende Unterhaltsmittel verfüge und ob der Aufenthalt der Beschwerdeführerin zu einer finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen könne. Ausschließlich entscheidend sei die Frage, ob die Stattgebung eines von der Beschwerdeführerin zu stellenden Antrags auf internationalen Schutz wahrscheinlich sei. Im Übrigen bleibe die belangte Behörde jede Begründung für den der Beschwerdeführerin unterstellten Täuschungsversuch hinsichtlich der Identität, Staatsangehörigkeit und Echtheit von Dokumenten, der in der Beschwerde auch ausdrücklich bestritten wird, schuldig.

In der Gegenschrift bringt die belangte Behörde vor, das Bundesasylamt habe ihr nach Prüfung der "asylrechtlichen Komponente" mit Schreiben vom 18. Juli 2012 mitgeteilt, dass im Fall der Beschwerdeführerin die Gewährung des Status einer Asylberechtigten nicht wahrscheinlich sei. Es habe daher im Sinne des § 35 Abs. 4 AsylG 2005 für die belangte Behörde keine Verpflichtung zur Ausstellung eines Visums zur Einreise bestanden. Es sei für die belangte Behörde aber noch zu prüfen gewesen, ob die Voraussetzungen zur Visumerteilung nach den Bestimmungen des FPG vorlägen. "Aufgrund der vorliegenden Sachlage" sei die belangte Behörde "unter Anwendung der Kriterien des § 21 FPG" zu dem "berechtigten Schluss" gekommen, dass der Visumsantrag abzuweisen gewesen sei, wobei die belangte Behörde dazu nur ganz allgemein auf den Verwaltungsakt verwies.

Den zuletzt wiedergegebenen Ausführungen ist zu erwidern, dass die Beschwerdeführerin offenbar nur einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 35 Abs. 1 AsylG 2005 stellen wollte, um in Österreich einen Antrag auf Gewährung desselben Schutzes, wie er ihrem Ehemann zuerkannt worden war (Status des Asylberechtigten), einbringen zu können. Dass die Beschwerdeführerin auch einen allgemeinen Visumsantrag (etwa zum Besuch ihres Ehemanns) gestellt hätte, ist den vorgelegten Akten nicht zu entnehmen und wird auch in der Gegenschrift nicht vorgebracht. Dort wird auch nicht näher dargetan, aus welchen Gründen die belangte Behörde unterstellte, der streng zweckgebunde Antrag der Beschwerdeführerin nach § 35 Abs. 1 AsylG 2005 sei auch als solcher auf Erteilung eines "allgemeinen" Visums anzusehen, dessen Voraussetzungen an den Bestimmungen des FPG zu messen seien. Im Übrigen ist nicht nachvollziehbar, warum die belangte Behörde diesfalls nicht von der Anwendbarkeit des Visakodex (Verordnung (EG) Nr. 810/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009) ausgegangen ist.

Als allein tragender Grund für die Abweisung des von der Beschwerdeführerin gestellten Antrags auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 35 Abs. 1 AsylG 2005 wäre in Betracht gekommen, dass nach der Mitteilung des Bundesasylamtes die Erfolgsaussichten eines Antrags der Beschwerdeführerin auf Gewährung desselben Schutzes (wie ihrem Ehemann) als nicht wahrscheinlich einzustufen seien (vgl. dazu ausführlich das hg. Erkenntnis vom 19. Juni 2008, Zl. 2007/21/0423; siehe daran anschließend zur auch hier aktuellen Rechtslage nach dem FrÄG 2009 auch das Erkenntnis vom 17. November 2011, Zl. 2010/21/0128, mwN). Diese Mitteilung wurde der Beschwerdeführerin aber weder vor der Entscheidung zur Kenntnis gebracht, noch wurde darauf im angefochtenen Bescheid in irgendeiner Weise Bezug genommen (vgl. demgegenüber den dem schon genannten Erkenntnis vom 19. Juni 2008 zugrundeliegenden Fall). Es liegen daher eine Verletzung des rechtlichen Gehörs und - wie die Beschwerde zutreffend geltend macht - eine mangelhafte Begründung des bekämpften Bescheides vor.

Angesichts dessen war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am 13. Dezember 2012

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