VwGH 2012/13/0049

VwGH2012/13/004930.5.2012

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Heinzl und die Hofräte Dr. Fuchs und Dr. Nowakowski als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Farcas, über den Antrag der L in S, vertreten durch Mag. Thomas Beck, Rechtsanwalt in 7000 Eisenstadt, Franz Liszt-Gasse 1, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Mängelbehebungsfrist in dem mit hg. Beschluss vom 14. Juli 2011 abgeschlossenen Verfahren zur Bewilligung der Verfahrenshilfe in einer Beschwerdeangelegenheit (hg. Zlen. VH 2011/13/0010 bis 0011-5), den Beschluss gefasst:

Normen

VwGG §46 Abs1;
VwGG §46 Abs3;
VwGG §46 Abs4;
VwGG §46 Abs6;
VwGG §61 Abs1;
ZPO §63 Abs1;
ZPO §66;
VwGG §46 Abs1;
VwGG §46 Abs3;
VwGG §46 Abs4;
VwGG §46 Abs6;
VwGG §61 Abs1;
ZPO §63 Abs1;
ZPO §66;

 

Spruch:

Dem Antrag wird nicht stattgegeben.

Begründung

Mit einem am 29. April 2011 beim Verwaltungsgerichtshof eingelangten Schriftsatz beantragte die Antragstellerin die Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Erhebung einer Beschwerde gegen Bescheide des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom 14. März 2011, RV/0521-W/11, betreffend Einkommensteuer 2008, und vom 4. April 2011, RV/3447-W/10, betreffend Nachsicht.

Mit Verfügung vom 25. Mai 2011, VH 2011/13/0010 bis 0011-3, wurde der Antragstellerin gemäß § 63 Abs. 1 und § 66 ZPO iVm § 61 Abs. 1 VwGG aufgetragen, binnen zwei Wochen ein Vermögensbekenntnis vorzulegen.

Da dieser Mängelbehebungsauftrag vom 25. Mai 2011 nicht erfüllt wurde, wies der Verwaltungsgerichtshof den Verfahrenshilfeantrag mit Beschluss vom 14. Juli 2011, Zlen. VH 2011/13/0010 bis 0011-5, mit der Begründung zurück, dass das Vermögensbekenntnis zur Erlangung der Verfahrenshilfe innerhalb der gesetzten Frist nicht vorgelegt worden sei. Dieser Beschluss war an die Wohnadresse der Antragstellerin in S. adressiert und wurde am 21. Juli 2011 laut der Übernahmebestätigung auf dem Rückschein von einem "Mitbewohner" (Zusatz offenbar "Vater") übernommen.

Nach einem vorangegangenen Schriftverkehr mit dem Verwaltungsgerichtshof (erstmals aktenkundig mit einem E-Mail vom 12. September 2011) ersuchte die Antragstellerin mit Schreiben vom 12. Dezember 2011 um Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, wobei sie dazu unter einem um Bewilligung der Verfahrenshilfe ersuchte. Das Ersuchen beruhe "auf der versehentlichen Zustellung an die falsche Adresse".

Im vom nunmehrigen (als Verfahrenshelfer bestellten) Rechtsvertreter ausgeführten Wiedereinsetzungsantrag wird im Wesentlichen vorgebracht, der Verwaltungsgerichtshof habe mit Beschluss vom 14. Juli 2011, Zlen. VH 2011/13/0010 - 0011-5, den Antrag der Antragstellerin auf Verfahrenshilfe zurückgewiesen, weil das Vermögensbekenntnis zur Erlangung der Verfahrenshilfe innerhalb der gesetzten Frist nicht vorgelegt worden sei. Da die Verfügung des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. Mai 2011, mit der die Frist zur Vorlage des Vermögensbekenntnisses zur Erlangung der Verfahrenshilfe gesetzt worden sei, "nicht zugestellt" worden sei, sei auch die betreffende Frist "nicht ausgelöst" worden. Es werde vorgebracht, dass sich die Antragstellerin "jedenfalls nach Zustellung des Beschlusses vom 14.07.2011 innerhalb von zwei Wochen" an den Verwaltungsgerichtshof gewendet habe. Der Verwaltungsgerichtshof habe der Antragstellerin nicht mitgeteilt, dass sie einen Wiedereinsetzungsantrag erheben könne, obwohl es offensichtlich gewesen sei, dass die Antragstellerin beabsichtigt habe, "die Vorlage nachzuholen". Das nicht zugestellte "Schreiben des VwGH" sei offenbar an eine unzutreffende Adresse gerichtet gewesen, die in den Entscheidungen des unabhängigen Finanzsenates ausgewiesen gewesen sei. Der Verwaltungsgerichtshof hätte jedenfalls durch die Mitteilungen der Antragstellerin erkennen müssen, dass diese gegen den Beschluss vom 14. Juli 2011 vorgehen möchte und wäre sohin verpflichtet gewesen, diese auf die Möglichkeit der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinzuweisen. Erst im Dezember 2011 habe die Antragstellerin erfahren, dass ihr "dieses Rechtsmittel zustehe und stellte in offener Frist den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und war sohin der Antrag der Antragstellerin vom 12.12.2011 rechtzeitig".

Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn eine Partei durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

Gemäß § 46 Abs. 3 VwGG ist der Antrag in den Fällen des Abs. 1 beim Verwaltungsgerichtshof binnen zwei Wochen nach Aufhören des Hindernisses zu stellen. Die versäumte Handlung ist gleichzeitig nachzuholen. Zur Rechtzeitigkeit der Antragstellung hat die Partei im Rahmen ihrer Mitwirkungspflicht nicht nur initiativ alle Umstände darzutun, aus denen eine Beweisführung über die Einhaltung der Antragsfrist ermöglicht wird, sondern auch den Nachweis, dass der Antrag rechtzeitig gestellt wurde, gleichzeitig mit der Antragstellung zumindest zu bescheinigen (vgl. z.B. den hg. Beschluss vom 18. Dezember 2003, 2003/08/0256, mwN).

Im gegenständlichen Wiedereinsetzungsfall begann die zweiwöchige Frist zur Stellung des Wiedereinsetzungsantrages mit der auch im Wiedereinsetzungsantrag nicht bestrittenen Zustellung des mit der Nichtbefolgung des Verbesserungsauftrages zur Vorlage des Vermögensbekenntnisses begründeten Zurückweisungsbeschlusses vom 14. Juli 2011. Diese erfolgte am 21. Juli 2011. Ausgehend von diesem Zustelldatum erweist sich der mit Schreiben vom 12. Dezember 2011 gestellte Wiedereinsetzungsantrag jedenfalls als verspätet. Mit dem unbestimmten Vorbringen im Wiedereinsetzungsantrag, die Antragstellerin habe sich "jedenfalls nach Zustellung des Beschlusses vom 14.07.2011 innerhalb von zwei Wochen" an den Verwaltungsgerichtshof gewendet, wird in keiner Weise eine rechtzeitige Antragstellung bescheinigt, zumal ein bezughabender Schriftverkehr nicht vor dem 12. September 2011 aktenkundig ist. Soweit die Antragstellerin darauf hinweist, dass sie erst im Dezember 2011 erfahren habe, dass ihr "dieses Rechtsmittel zustehe" und deshalb die Antragstellung vom 12. Dezember 2011 rechtzeitig erfolgt sei, macht sie der Sache nach Gründe für die Versäumung der Wiedereinsetzungsfrist geltend, wobei sie dazu auf den gesetzlichen Ausschluss der Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Frist zur Stellung des Wiedereinsetzungsantrages im § 46 Abs. 6 VwGG zu verweisen ist.

Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand konnte damit schon wegen fehlender Rechtzeitigkeit keine Folge gegeben werden, wobei in Hinblick auf den Wortlaut des § 46 Abs. 4 VwGG durch Beschluss des Senates zu entscheiden war (vgl. z.B. den hg. Beschluss vom 28. Februar 2011, 2011/17/0022).

Im Übrigen steht auch das Vorbringen im Wiedereinsetzungsantrag, die Verfügung des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. Mai 2011 sei der Antragstellerin nicht zugestellt worden, mit der hg. Aktenlage nicht im Einklang, weil die Verfügung zwar an eine unrichtige Adresse gerichtet war, in Erfüllung eines Nachsendeauftrages aber ebenfalls an die Wohnadresse in S. gesandt und dort laut der Übernahmebestätigung auf dem Rückschein am 31. Mai 2011 in gleicher Weise

wie der Beschluss vom 14. Juli 2011 von einem "Mitbewohner" (Zusatz offensichtlich "Vater") übernommen worden war.

Wien, am 30. Mai 2012

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