VwGH 2011/09/0197

VwGH2011/09/019726.6.2012

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und die Hofräte Dr. Rosenmayr, Dr. Bachler, Dr. Strohmayer und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Senft, über die Beschwerde des Dr. HR in G, vertreten durch Mag. Dr. Stefan Rieder, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Giselakai 43/1, gegen den Bescheid der Disziplinaroberkommission beim Bundeskanzleramt vom 22. September 2011, Zl. 73/7-DOK/11, betreffend Verhängung der Suspendierung nach dem BDG (weitere Parteien: Bundeskanzler, Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz), zu Recht erkannt:

Normen

Auswertung in Arbeit!
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Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht als stellvertretender Abteilungsleiter der Abteilung Y sowie stellvertretender Leiter der Landesstelle X des Bundessozialamtes in einem öffentlichrechtlichen Dienstverhältnis zum Bund.

Die Dienstbehörde erstattete mit Schreiben vom 24. Juni 2011 gegen den Beschwerdeführer Disziplinaranzeige wegen des Verdachtes der Begehung von Dienstpflichtverletzungen gemäß §§ 43, 43a, 44 BDG 1979 sowie § 8 iVm § 9 des Bundes-Gleichbehandlungsgesetzes (B-GlBG). Der Beschwerdeführer sei mit Bescheid des Bundessozialamtes vom 21. Juni 2011 gemäß § 112 Abs. 1 BDG "zur Vermeidung einer Eskalation allfälliger weiterer landesstelleninterner Konflikte und mit Rücksicht auf die aus seiner Verwendung resultierende Außenwirkung" vorläufig vom Dienst suspendiert worden. Beigelegt waren u.a. Schreiben und Niederschriften von mehreren (ehemaligen und aktiven) weiblichen Bediensteten der Landesstelle X des Bundessozialamtes, des Leiters dieser Landesstelle, die Verantwortung des Beschwerdeführers und der Bescheid über die vorläufige Suspendierung des Beschwerdeführers.

Mit Bescheid der Disziplinarbehörde erster Instanz vom 26. Juli 2011 wurde gemäß § 112 BDG 1979 die Suspendierung des Beschwerdeführers aus den Gründen des § 8 iVm § 9 B-GlBG (sexuelle Belästigung) und des § 43a BDG 1979 (Mobbingverbot) ausgesprochen. In der Begründung wurde der Inhalt der Beilagen der Disziplinaranzeige inhaltlich wiedergegeben.

Die Behörde erster Instanz führte insbesondere aus (Anonymisierungen durch den Verwaltungsgerichtshof):

"Die gegen (den Beschwerdeführer) ausgesprochene Suspendierung konnte insbesondere auf Grund der Niederschriften über die Gespräche mit Frau HI am 17. Februar 2011 (vgl. die oben unter Punkt 1. Angeführte Beilage ./B), Frau GÜ am 7. Juni 2011

(vgl. die oben unter Punkt 1. Angeführte Beilage ./D) und Frau MA

(vgl. die oben unter Punkt 1. Angeführte Beilage ./E) sowie auf Grund der schriftlichen Stellungnahmen von Frau HI vom 11. Jänner 2011 (vgl. die oben unter Punkt 1. Angeführte Beilage ./A) und Mag. RK (vgl. die oben unter Punkt 1. Angeführte Beilage ./G) ausgesprochen werden."

HI gab bei ihrer Befragung u.a. an:

"Es sei im Dienstbetrieb der Abteilung Y der Landesstelle X immer wieder zu verbalen Entgleisungen durch (den Beschwerdeführer) über jene MitarbeiterInnen gekommen, gegenüber denen (der Beschwerdeführer) Approbierender war. Über meist nicht anwesende MitarbeiterInnen sei es zu Äußerungen wie 'Die/der ist ja zu deppert, kapiert's nicht' oder 'die ist blad und blöd' usw. gekommen. Betreffend sexuelle Belästigung sei es durch ihn meist zu verbalen Äußerungen wie z.B.: 'Ingrid, jetzt sind wir allein, was machen wir jetzt?' oder 'Es wäre schön, gemeinsam auf Kur zu fahren' gekommen. Als Frau HI einmal einen Blumentopf auf dem Fußboden zurecht rückte und dabei ihr Gesäß höher hielt, sei (der Beschwerdeführer) gerade in den Raum gekommen und habe gemeint 'Ingrid bleib' so!'. Wenn Kolleginnen Rücke tragen, ließe (der Beschwerdeführer) erkennen, soviel Bein als möglich mit dem Blick zu erhaschen zu wollen, weshalb Kolleginnen auch kaum mehr Röcke trügen. Frau HI gab zudem an, dass ihres Wissens auch die Kolleginnen ID, MA und GÜ ähnlich betroffen seien wie sie es gewesen sei. Kenntnis habe sie über eine Attacke gegenüber Kollegin GÜ und zwar dass (der Beschwerdeführer) diese an ihrem Schal gepackt und zu sich gezogen habe. Seit der Bestellung von Frau DSA SO zur Leiterin der Abteilung Y (demnach seit dem Jahr 2008) habe (der Beschwerdeführer) ihr und den genannten Mitarbeiterinnen jegliche fachliche Unterstützung verweigert und sie immer an die Abteilungsleiterin mit Bemerkungen verwiesen, die immer beleidigt und schadenfroh gewirkt hätten. Aus Angst vor noch schlimmeren Schikanen und Wutausbrüchen seien die Kolleginnen und sie nicht bereit gewesen, ihre Situation weiter zu 'veröffentlichen' um Abhilfe zu schaffen."

Der Leiter der Landesstelle X führte in seiner Stellungnahme aus, er halte die Darstellungen der Frau HI für glaubhaft.

GÜ sagte u.a. aus:

"Wenn man mit Herrn (Beschwerdeführer) allein sei, könne man sich darauf verlassen, dass unangebrachte sexuelle Anspielungen von ihm gemacht würden. Im Dezember 2010 habe sie zu Dr. (Beschwerdeführer) gehen müssen, um von ihm in seiner Funktion als stellvertretendem Landesstellenleiter Unterschriften einzuholen. Dabei habe er sie an ihrem umgelegten Schal zu sich heruntergezogen und gesagt: 'knie dich her!' Sie habe kurz Panik gehabt und ihn aufgefordert, dies zu lassen. Herr Dr. (Beschwerdeführer) schien die Situation jedoch nur witzig zu finden und habe sich nicht entschuldigt … Es sei ihr auch grundsätzlich aufgefallen, dass Herr Dr. (Beschwerdeführer) herabwürdigende Äußerungen ausschließlich gegen weibliche Personen macht …"

MA gab u.a. an:

"… Herr Dr. (Beschwerdeführer) habe es des Öfteren ausdrücklich abgelehnt, sie in Bezug auf den genannten Arbeitsbereich zu schulen oder anzuleiten. Was heute gut gemacht sei, könne morgen schon wieder schlecht sein … Über Abteilungsleiterin S habe Herr Dr. (Beschwerdeführer) einmal gesagt 'Wie könne jemand Leiterin werden, der nicht einmal deutsch kann'. Es habe auch konkrete dienstliche Vorgänge gegeben, bei denen Herr Dr. (Beschwerdeführer) die Abteilungsleiterin im Dunkeln tappen lassen wollte. Das Verhalten von Dr. (Beschwerdeführer) sei sehr belastend, vor allem auch was seine Äußerungen über Abteilungsleiterin S betrifft …"

Die Behörde erster Instanz führte weiters aus:

"Die … (dem Beschwerdeführer) zur Last gelegten Verhaltensweisen haben im Falle von deren Bestätigung im durchzuführenden Disziplinarverfahren in der Abteilung Y der Landesstelle X des Bundessozialamtes offenbar ein Klima der Angst und Arbeitsbedingungen geschaffen, die die menschliche Würde der Betroffenen verletzen. Der Vorwurf der sexuellen Belästigung, die sofern sie sich im einzuleitenden Disziplinarverfahren bestätigt, gegenüber mehreren Kolleginnen über einen längeren Zeitraum hinweg vo(m Beschwerdeführer) praktiziert worden sein soll, wiegt für die Disziplinarbehörde besonders schwer. Insbesondere war von Seiten der Disziplinarbehörde in ihrer Entscheidung auch die Kumulation von Verstößen gegen das Mobbingverbot einerseits und sexueller Belästigung andererseits zu berücksichtigen, der für die betroffenen Kolleginnen vo(m Beschwerdeführer) besonders demütigend und entwürdigend empfunden werden muss.

Unterstrichen wird diese Einschätzung durch die niederschriftlich am 07.06.2011 aufgenommenen Aussagen der Zeuginnen GÜ und MA, die sich zu weiteren Aussagen zum Verhalten vo(m Beschwerdeführer), nur 'in einem geschützten Rahmen' bereit erklärten, da sie Reaktionen von Seiten des Genannten befürchteten, wenn er von ihren Angaben erfahren sollte. Aus diesem Umstand ergibt sich auch, dass die ausgesprochene Suspendierung ein Erfordernis für die Durchführung von Ermittlungen im eingeleiteten Disziplinarverfahren darstellt, da durch die Suspendierung jener 'geschützte Rahmen' geschaffen wird, der eine zielgerichtete Durchführung des mit Bescheid vom 26.07.2011 eingeleiteten Disziplinarverfahrens erst ermöglicht. Im vorliegenden Fall ergibt sich somit aus der konkreten Situation eine schwere Belastung des Betriebsklimas, die das dienstliche Interesse an einer Suspendierung begründet (vgl. VwGH 92/09/0238 vom 19.05.1993).

Eine schwere Störung des Betriebsklimas ist nach Lehre und Judikatur als Gefährdung wesentlicher Interessen des Dienstbetriebes anzusehen. Das Betriebsklima ist etwa im Falle zahlreicher Beleidigungen, Herabsetzungen und sonstiger Ehrverletzungen als schwer gestört anzusehen.

Nach Ansicht der Disziplinarbehörde sind die im Einzelnen … dargelegten Verhaltensweisen im Falle ihres Zutreffens geeignet, eine schwere Störung des Betriebsklimas und damit eine Gefährdung wesentlicher Interessen des Dienstes hervorzurufen."

Auf Grund detaillierter Beweiswürdigung kam die Behörde erster Instanz zum Ergebnis, durch die Aussagen von Frau GÜ und Frau MA iVm den Aussagen des Leiters der Landesstelle X und von Frau HI vom 17. Februar 2011 erscheine der Verdacht der Begehung von Dienstpflichtverletzungen hinreichend belegt.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung. Die belangte Behörde wies diese ab und bestätigte den Bescheid der Behörde erster Instanz.

In der Begründung führte die belangte Behörde nach wörtlicher Wiedergabe des Bescheides der Behörde erster Instanz, der gesetzlichen Bestimmungen und einer Zusammenfassung der Rechtsprechung zur Voraussetzung für die Suspendierung Folgendes aus:

" a.) zur Schwere der allfälligen Dienstpflichtverletzungen: Wie die dargestellte Judikatur des VwGH darlegt, ist nicht Voraussetzung einer Suspendierung, dass die dem Beschuldigten im Verdachtsbereich angelastete(n) Dienstpflichtverletzung(en) gravierender Natur ist/sind. Auch bei geringeren Verdachtsgründen kann aus der konkreten Situation das dienstliche Interesse an der Suspendierung begründet sein, u.a. bei einer schweren Belastung des Betriebsklimas. Weniger schwerwiegende Dienstpflichtverletzungen rechtfertigen eine Suspendierung ebenfalls, wenn sie geeignet sind, das Ansehen des Amtes und/oder dienstliche Interessen zu gefährden. Das Vorliegen einer Wiederholungsgefahr ist zwar nicht Voraussetzung für eine Suspendierung, kann aber ebenso wie Verdunkelungsgefahr dazu führen, dass die Rückkehr des suspendierten Beamten an seine Dienststelle während des Disziplinarverfahrens zu untersagen ist.

Die erstinstanzliche Disziplinarkommission stützt ihren Suspendierungsbescheid auf ausreichend konkrete, auf Grund der weitreichenden Übereinstimmungen in den Aussagen der drei Zeuginnen über bloße Vermutungen bzw. Gerüchte hinausgehende Verdachtslagen - auf die diesbezüglichen Ausführungen im erstinstanzlichen Bescheid wird verwiesen - betreffend eine Mehrzahl dargelegter Vorfälle, die den Verdacht von Verstößen gegen die §§ 43, 43a, 44 BDG sowie §§ 8, 9 B-GlBG möglich erscheinen lassen. Damit wird ein potentiell dienstrechtswidriges Verhalten geltend gemacht, welchem zwar (noch) keine überaus gravierende Schwere zukommt, welches jedoch eine erhebliche Belastung des Betriebsklimas mit sich bringt und im Falle des Zutreffens der Vorwürfe geeignet ist, sowohl das Ansehen des Amtes als auch dienstliche Interessen zu gefährden. Denn sowohl das Ansehen des Amtes als auch wesentliche dienstliche Interessen erfordern, dass es im Dienstbetrieb zu keiner Schädigung des Betriebsklimas kommt und der Dienstfriede gewahrt bleibt. Die wesentlichen Interessen des Dienstes sind im Fall, dass ein Vorgesetzter im Verdacht steht, auf möglicherweise systematische Art und Weise ausschließlich Mitarbeiterinnen verbal zu diskriminieren, zweifellos gefährdet, weshalb die von § 112 Abs. 1 BDG für eine Suspendierung geforderten Voraussetzungen (Art und Schwere der Dienstpflichtverletzung, Gefährdung des Ansehens des Amtes sowie Gefährdung dienstlicher Interessen) gegeben sind. Entgegen der Auffassung des (Beschwerdeführers) ('verfahrensfremdes Schreiben der Zeugin HI') spielt es dabei keine Rolle, auf welchem Weg der Dienstgeber von den erhobenen Vorwürfen Kenntnis erlangt hat, sowie dass eine der drei Zeuginnen bereits in den Ruhestand übergetreten ist.

Mit dem Vorbringens seitens dreier Mitarbeiterinnen, der (Beschwerdeführer) - dessen fachliche Qualifikation von niemandem bestritten wird - habe gegen die oben genannten Bestimmungen verstoßen, macht die erstinstanzliche Disziplinarkommission nach Auffassung der DOK eine suspendierungsbegründende Verdachtslage geltend. In Übereinstimmung mit der erstinstanzlichen Disziplinarkommission ist auch der erkennende Senat der DOK der Auffassung, dass infolge des im Verdachtsbereich liegenden, möglicherweise lange andauernden Fehlverhaltens der (Beschwerdeführer) eine Gefährdung des Ansehens des Amtes sowie wesentlicher dienstlicher Interessen eingetreten ist (VwGH 14.9.1988, 88/09/0046). Wenn der (Beschwerdeführer) eine tiefergehende Auseinandersetzung mit seinen Gegenausführungen vermisst, ist darauf zu verweisen, dass der (Beschwerdeführer) im Disziplinarverfahren ausreichend Gelegenheit haben wird, zu den gegen ihn erhobenen Verdachtslagen Stellung zu beziehen. Ebenso bleibt es dem Disziplinarverfahren vorbehalten, alle in Frage kommenden Zeuginnen und Zeugen einzuvernehmen, weshalb die vom (Beschwerdeführer) gerügte bisher nicht erfolgte Einvernahme dreier namentlich genannter Zeuginnen das Suspendierungsverfahren nicht mit Rechtswidrigkeit zu belasten vermag.

Recht zu geben ist dem (Beschwerdeführer) allerdings dahingehend, dass die derzeit vorliegenden Verdachtsmomente zweifellos nicht geeignet sind, die Disziplinarstrafe der Entlassung zu begründen. Dass dieser Strafrahmen im konkreten Fall zur Anwendung gelangen kann, ist jedoch nicht Voraussetzung für den Ausspruch bzw. die Bestätigung einer Suspendierung, denn auch Verdachtslagen betreffend weniger schwerwiegende Dienstpflichtverletzungen sind - wie oben gezeigt wurde - geeignet, den Ausspruch des Suspendierung zu tragen. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass zwei Zeuginnen (Frau GÜ sowie Frau MA) angekündigt haben, in einem geschützten Rahmen, welcher mittels Suspendierung des (Beschwerdeführers) nunmehr bereitgestellt wird, weitere Aussagen zum potentiell dienstrechtswidrigen Verhalten des (Beschwerdeführers) zu machen. Es wäre daher im Hinblick auf den derzeitigen Stand der Erhebungen in Verbindung mit den von den genannten Zeuginnen befürchteten 'Repressalien' dem weiteren Erhebungsverfahren überaus abträglich, wenn der (Beschwerdeführer) an seiner Dienststelle weiterhin Dienst versehen und dabei möglicherweise das Ermittlungsverfahren behindern könnte. Infolge der möglicherweise länger anhaltenden Dauer des dem (Beschwerdeführer) vorgeworfenen Fehlverhaltens kann überdies Wiederholungsgefahr nicht ausgeschlossen werden.

b.) zur Frage der Verhältnismäßigkeit der Suspendierung: Ebenso wenig lässt sich vorliegendenfalls aus Verhältnismäßigkeitsgesichtpunkten für den (Beschwerdeführer) etwas gewinnen, denn es ist ein Beamter, dem im Verdachtsbereich derartiges Fehlverhalten vorgeworfen wird, den Mitarbeiterinnen bis zum Abschluss des Disziplinarverfahrens nicht zumutbar, wobei angesichts der Mehrzahl an Vorwürfen über einen möglicherweise längerdauernden Zeitraum - wie bereits oben ausgeführt - Wiederholungsgefahr nicht ausgeschlossen werden kann. Dies sowie die von den Zeuginnen geltend gemachte erhebliche Belastung des Betriebsklimas und die einer Suspendierung zugrunde liegenden schutzwürdigen dienstlichen Interessen berücksichtigend, lässt sich auch aus Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten für den (Beschwerdeführer) nichts gewinnen, denn dessen Interesse, wieder Dienst versehen zu können, tritt bei dieser Interessenabwägung hinter die vorgenannten dienstlichen Interessen sowie die Ermittlungsinteressen zurück. Bei Abwägung des Interesses des (Beschwerdeführers), wieder Dienst versehen zu können, mit den dienstlichen Interessen, nämlich der Belastung des Betriebsklimas bei seiner Rückkehr an seine Dienststelle und dem Schutz des Ansehens des Amtes, ist daher auch der erkennende Senat der DOK zu dem Ergebnis gekommen, dass die letztgenannten Interessen das Interesse des (Beschwerdeführers) an seiner weiteren Dienstausübung überwiegen. Somit tritt das Interesse de(s Beschwerdeführers), wieder Dienst versehen zu können, hinter das Dienstgeberinteresse an seiner Suspendierung zurück. Die ausgesprochene Suspendierung ist verhältnismäßig und auch unter diesen Gesichtspunkten zu bestätigen.

c.) zur Frage der Verjährung: Die Rechtsmeinung des (Beschwerdeführers), es sei bereits Verjährung betreffend die von Frau HI erhobenen Vorwürfe eingetreten, wird vom erkennenden Senat der DOK nicht geteilt. Die DOK stimmt mit der Erstinstanz dahingehend überein, dass die von Frau HI in ihrem Schreiben vom 11. Jänner 2011 gemachten Angaben keine konkreten Handlungen vo(m Beschwerdeführer) geschildert haben, sodass mangels Kenntnis wesentlicher Sachverhaltselemente der möglichen Dienstpflichtverletzungen die Frist des § 94 Abs. 1 Z 1 BDG zu diesem Zeitpunkt noch nicht zu laufen begonnen hat. Doch selbst die Zugrundelegung der anderslautenden Rechtsmeinung des (Beschwerdeführers) würde zu keiner Aufhebung der Suspendierung führen können, denn es verbleiben die Aussagen der weiteren zwei Zeuginnen betreffend das potentiell dienstrechtswidrige Verhalten des (Beschwerdeführers), worauf bezogen jedenfalls noch keine Verjährung eingetreten ist. Diese Verdachtslagen sind auch für sich genommen noch ausreichend, die ausgesprochene Suspendierung zu tragen. Von diesen Anschuldigungen potentiell dienstrechtswidrigen Verhaltens hatte die Dienstbehörde zum bzw. ab dem Zeitpunkt des Einlangens des Schreibens von Frau HI jedenfalls noch keine Kenntnis, sodass diesbezüglich Verjährung jedenfalls noch nicht eingetreten sein kann."

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde, verzichtete jedoch auf die Erstattung einer Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1) Der Beschwerdeführer wendet ein, es läge eine Befangenheit der Senatsmitglieder der belangten Behörde Dr. GA und Mag. SC vor, weil diese "in jener Abteilung" seien, "welcher Herr KO vorsteht", welcher die Disziplinaranzeige verfasst habe.

Aus der alleinigen Tatsache, dass ein stellvertretender Sektionsleiter und Gruppenleiter einer Zentralstelle in Befolgung seiner Dienstpflichten bei Vorliegen des Verdachtes der Begehung von Dienstpflichtverletzungen eine Disziplinaranzeige erstattet und zwei nachrangige Mitarbeiter als Mitglieder der Disziplinaroberkommission bestellt sind, ist keine Befangenheit im Sinne des § 7 Abs. 1 Z. 3 AVG (die anderen in § 7 AVG genannten Gründe kommen ohnehin nicht in Frage) ableitbar.

2) Weiters bringt der Beschwerdeführer vor, das Mitglied der Behörde erster Instanz Herr SE sei

a) zum Zeitpunkt der Mitwirkung an der Entscheidung vom 26. Juli 2011 bereits "aus dem Dienststand ausgeschieden" gewesen.

Dieses Vorbringen wird erstmals in der Beschwerde erstattet, nicht jedoch im Verfahren vor der belangten Behörde, obwohl hiezu etwa in der Berufung Gelegenheit bestanden hätte. Der belangten Behörde wurde daher zu diesem Vorbringen Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt. Sie führte in der Stellungnahme vom 11. Mai 2012 aus, dass Hr. SE "seit 11. November 2003 bis dato gemäß § 25 B-PVG unter Fortzahlung der laufenden Bezüge vom Dienst freigestellt" sei.

Der Beschwerdeführer replizierte, SE sei "nicht mehr dienstfreigestellt" gewesen, weil er eine Funktion bei der Gewerkschaft ausübe, somit ruhe gemäß § 21 Abs. 1 B-PVG seine Mitgliedschaft zum Zentralausschuss. Dieses Vorbringen beruht auf völliger Verkennung der Rechtslage. Der in dem vom Beschwerdeführer zur Begründung seiner Ansicht herangezogene § 21 B-PVG genannte Begriff "Dienststelle" bezieht sich klarerweise auf den zu Grunde liegenden beruflichen Wirkungskreis, nicht aber auf eine Funktion in der Personalvertretung oder der Gewerkschaft. Zudem gibt es keinen "ex lege"-Wegfall einer Dienstfreistellung. Überdiese führt sich das Argument des Beschwerdeführers selbst ad absurdum, denn wäre die Dienstfreistellung weggefallen, gehörte Hr. SE dann logischerweise wieder dem aktiven Dienststand an.

Es kann sohin keine Rede davon sein, dass Hr. SE im Sinne des § 100 Abs. 4 BDG 1979 aus dem Dienststand ausgeschieden gewesen sei.

b) befangen gewesen, weil er "ein intimes Verhältnis zur Zeugin GÜ" gehabt habe. Zu diesem Punkt hatte der Beschwerdeführer zwar in der Berufung vorgebracht, dass GÜ "nach eigenen Angaben ein Verhältnis mit dem Senatsmitglied SE hatte", dies jedoch zur Untermauerung seiner dort gewählten Verteidigungsstrategie, dass die belastenden Zeuginnen einen "lockeren Umgang in sexuellen Belangen" gepflogen hätten.

Konkrete Angaben, etwa wann und wie lange dieses "Verhältnis" bestanden habe, bei welcher Gelegenheit GÜ dieses erwähnt habe, bleibt der Beschwerdeführer aber schuldig. In den in den vorgelegten Akten befindlichen Angaben von GÜ ist eine derartige Erwähnung nicht zu ersehen. Mit diesem Vorbringen gelingt es dem Beschwerdeführer nicht, eine Befangenheit im Sinne des § 7 Abs. 1 Z. 1 (iVm § 36a Abs. 1 Z. 5) oder Z. 3 AVG (die anderen in § 7 AVG genannten Gründe kommen nicht in Frage) darzutun.

3) Der Beschwerdeführer wendet ein, dass keine Suspendierung erfolgen dürfe, wenn offenkundige Einstellungsgründe wie z.B. Verjährung vorlägen; er wendet in Bezug auf die Ausführungen von HI Verjährung im Sinne des § 94 Abs. 1 Z. 1 BDG 1979 ein.

Eine Verjährung der durch HI erhobenen Vorwürfe ist aber insofern nicht zu ersehen, als sie im Schreiben vom 11. Jänner 2011 allgemeine Verhaltensweisen in der Dienststelle u. a. des Beschwerdeführers schildert, das erst durch ihre späteren Aussagen vom 17. Februar 2011 und die Aussagen der Zeuginnen GÜ und MA in einer konkrete Sachverhaltsmerkmale von Dienstpflichtverletzungen des Beschwerdeführers enthaltenden Weise näher dargelegt wurde.

Es ist der belangten Behörde zu folgen, dass das Schreiben der HI vom 11. Jänner 2011 den Lauf der Verjährungsfrist mangels individueller gegen den Beschwerdeführer erhobener, inhaltlich bestimmter und zeitmäßig umgrenzbarer Vorwürfe nicht auszulösen im Stande war.

4) Zu den Voraussetzungen für eine Suspendierung genügt es, gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG etwa auf das hg. Erkenntnis vom 30. Mai 2011, Zl. 2010/09/0231, zu verweisen.

Es muss das dem Beamten im Suspendierungsbescheid zur Last gelegte Verhalten, das als Dienstpflichtverletzung erachtet wurde, nur in groben Umrissen beschrieben werden. Die einzelnen Fakten müssen nicht bestimmt, d.h. in den für eine Subsumtion relevanten Einzelheiten beschrieben werden. Zu Recht bringt der Beschwerdeführer vor, dass die Behörde aber nicht davon entbunden wäre, die (jeweiligen) Zeitpunkte oder Zeiträume der Begehung der im Verdachtsbereich angelasteten Dienstpflichtverletzungen (jedenfalls, solange sie abgeschlossene Tathandlungen betreffen), insbesondere im Hinblick auf allfällige Verjährung, in der Begründung des angefochtenen Bescheides anzuführen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. Juni 2003, Zl. 2002/09/0197).

Entgegen dem Vorbringen des Beschwerdeführers sind aber derartige Zeiträume in der Begründung enthalten. Frau GÜ schildert zwei konkrete Vorfälle aus dem "Oktober 2010" und dem "Dezember 2010", Frau MA bezieht sich auf ein Ereignis "vor etwa zweieinhalb Monaten" (vor ihrer Aussage vom 7. Juni 2011), weitere Verhaltensweisen werden als weiterhin bestehend geschildert, sodass sie keine abgeschlossene Tathandlungen betreffen. Auch durch die Bezugnahme auf konkrete Aktenvorgänge ist ein Zeitrahmen rekonstruierbar.

Die Behörden haben durch Bezugnahme auf die als glaubwürdig erachteten Aussagen jedenfalls diese Tatzeiträume zu Grunde gelegt.

Gerade bei Tatbeständen wie den gegenständlichen "Mobbing" und "sexuelle Belästigung" handelt es sich vielfach nicht um abgeschlossene Einzeltaten, sondern um die Wiederholung von im Einzelnen nicht als Dienstpflichtverletzung zu wertenden Worten oder Taten, die erst in der Summe mehrfacher Einzeläußerungen und - handlungen einen Verstoß gegen § 43a BDG und § 8 iVm § 9-B-GlBG ergeben. In einem derartigen Fall ist im Sinne der obzitierten Rechtsprechung zwar die Bestimmbarkeit des Zeitpunktes der letzten Tathandlung notwendig, nicht aber die Anführung jeder einzelnen Tathandlung für sich.

5) Dass "Mobbing" im Sinne des § 43a BDG und "sexuelle Belästigung" von mehreren (hier: rangniederen, weiblichen) Bediensteten geeignet ist, das Betriebsklima derart schwer zu belasten, indem ein Klima der Angst und Arbeitsbedingungen geschaffen werden, die die menschliche Würde verletzen, sodass es notwendig wird, den Täter aus dieser Dienststelle zu entfernen, wird vom Beschwerdeführer grundsätzlich nicht in Abrede gestellt.

Der Beschwerdeführer sieht keine "Gefährdung des Betriebsklimas", weil Frau HI bereits in Pension sei, Frau GÜ nicht in der Abteilung des Beschwerdeführers sei, und "wenn sie ihre Kontakte mit Frau MA … auf ein gesundes Maß zurückschraubt mit der erwartbaren Konsequenz, dass dadurch die Leistungen der Frau MA eine Verbesserung erfahren, wird ein Kontakt nur zufällig - wenn überhaupt - erfolgen. Damit übersieht der Beschwerdeführer, dass es im gegenständlichen Fall nicht um sein Verhalten gegenüber einzelnen (weiblichen) Bediensteten geht, sondern um das von mehreren Zeuginnen geschilderte Verhalten des Beschwerdeführers gegenüber weiblichen Bediensteten allgemein. Gerade die dargestellte Forderung des Beschwerdeführers an GÜ und die - von ihm als entlastend hervorgehobene - auf Grund der Konfliktsituation des Beschwerdeführers mit Frau MA von der Dienststellenleiterin vorgenommene Zwischenschaltung eines anderen Bediensteten zur Verringerung der direkten Kontakte zwischen Beschwerdeführer und MA zeigen die Belastung des Betriebsklimas auf.

6) In der Frage der Verhältnismäßigkeit ist die belangte Behörde im Recht, als durchaus im Fall der Belassung des Beschwerdeführers an seiner Dienststelle mit dem jederzeitigen Wiederaufleben der Spannungen sowie einer neuerlichen Verschlechterung des Betriebsklimas zu rechnen wäre, weshalb den Mitarbeiterinnen die Zusammenarbeit mit dem Beschwerdeführer bis zum Abschluss des Disziplinarverfahrens nicht zumutbar sei. Hiebei handelt es sich um eine aus dem Verhalten des Beschwerdeführers in der Vergangenheit und dessen Weiterwirken auf davon betroffene Dienstnehmerinnen abgeleitete Prognoseentscheidung. Einer solchen wohnt naturgemäß eine gewisse Unsicherheit inne; sie kann - anders als Feststellungen über vergangene Ereignisse - nicht objektiv bewiesen werden. Der Plausibilität der diesbezüglichen Annahmen der belangten Behörde ist jedenfalls nicht entgegenzutreten.

7) Der Beschwerdeführer wendet noch ein, es sei ihm nicht erkennbar gewesen, dass sein Verhalten unerwünscht sei. Sein Verhalten sei zuvor nicht beanstandet worden. Damit lässt der Beschwerdeführer die zu § 8 B-GlBG ergangenen Aussagen der Zeuginnen HI und GÜ außer Acht (z.B. HI:"Solche Äußerungen wurden von mir mit den Worten 'jetzt ist Schluss' oder ' aus' zurückgewiesen"; GÜ: "… fuhr ihn an, er solle das gefälligst lassen"). Im Hinblick auf ein Verhalten entgegen § 43a BDG 1979 bedarf es keiner von Betroffenen ausgedrückten Ablehnung.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 26. Juni 2012

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