VwGH 2011/09/0150

VwGH2011/09/015022.3.2012

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und die Hofräte Dr. Rosenmayr, Dr. Bachler, Dr. Strohmayer und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Senft, über die Beschwerde des Disziplinaranwalts bei der Disziplinaroberkommission Dr. AK, Bundesministerium für Inneres in 1014 Wien, gegen den Bescheid der Disziplinaroberkommission beim Bundeskanzleramt vom 26. Juli 2011, Zl. 84/8-DOK/10, betreffend Disziplinarstrafe nach dem BDG 1979 (weitere Parteien: Bundesministerin für Inneres, Bundeskanzler; mitbeteiligte Partei: TN in B, vertreten durch Mag. Nikolaus Rast, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Schottengasse 10), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §58 Abs2;
AVG §60;
BDG 1979 §125a Abs3 Z4;
BDG 1979 §125a Abs3;
BDG 1979 §126 Abs1;
BDG 1979 §43 Abs2;
BDG 1979 §92 Abs1 Z1;
BDG 1979 §92 Abs1 Z2;
BDG 1979 §92 Abs1 Z3;
BDG 1979 §92 Abs1 Z4;
BDG 1979 §93;
BDG 1979 §95 Abs3;
MRK Art6 Abs1;
StGB §207a Abs3;
StGB §43;
StGB §46;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
BDG 1979 §125a Abs3 Z4;
BDG 1979 §125a Abs3;
BDG 1979 §126 Abs1;
BDG 1979 §43 Abs2;
BDG 1979 §92 Abs1 Z1;
BDG 1979 §92 Abs1 Z2;
BDG 1979 §92 Abs1 Z3;
BDG 1979 §92 Abs1 Z4;
BDG 1979 §93;
BDG 1979 §95 Abs3;
MRK Art6 Abs1;
StGB §207a Abs3;
StGB §43;
StGB §46;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Antrag auf Aufwandersatz wird abgewiesen.

Begründung

Mit Disziplinarerkenntnis der Behörde erster Instanz wurde der Mitbeteiligte schuldig erkannt, er habe im Zeitraum 5. April 2005 bis 3. April 2008 in seiner Freizeit an seiner Unterkunft in B wiederholt auf Internetseiten mit kinderpornographischem Material zugegriffen bzw. sich dort Bilder verschafft. Er habe solche Bilder in großen Mengen am Bildschirm betrachtet und diese wissentlich/willentlich auf einen Datenträger herunter geladen, um im Besitz von kinderpornographischen Darstellungen mit mündigen minderjährigen und mit unmündigen Personen zu sein (auf den gesicherten und ausgewerteten Bildern seien wirklichkeitsnahe Abbildungen mit geschlechtlichen Handlungen von unmündigen und mündig minderjährigen Personen an sich selbst oder einer anderen Person erkennbar).

Er habe dadurch eine Dienstpflichtverletzung gemäß § 43 Abs. 2 BDG 1979 begangen.

Es wurde gemäß § 92 Abs. 1 Z. 4 BDG 1979 die Disziplinarstrafe der Entlassung verhängt.

Der Mitbeteiligte sei mit Urteil des LG Wr. Neustadt vom 30. Oktober 2009 wegen § 207a Abs. 3, 1. bis 4. Fall unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt worden. (Anmerkung:

Im Urteil findet sich die Tatzeit von "Beginn 2001 bis 3. April 2008, unterteilt nach der jeweils für den betreffenden Teil der Tatzeit geltenden Fassung des § 207a Abs. 3 StGB.)

Der Mitbeteiligte habe eine besonders schwerwiegende Dienstpflichtverletzung begangen und vorsätzlich gehandelt. Ein Geständnis liege nicht vor. Die Erschwerungsgründe überwögen die Milderungsgründe. Von einer positiven Zukunftsprognose könne nicht ausgegangen werden.

Die dagegen erhobene Berufung des Mitbeteiligten richtete sich formell zwar gegen den gesamten Bescheid der Behörde erster Instanz, inhaltlich wurde sie aber von der belangten Behörde als nur gegen die Art und die Höhe der verhängten Strafe gerichtet angesehen.

Die belangte Behörde gab der Berufung Folge und verhängte an Stelle der Entlassung die Disziplinarstrafe der Geldstrafe im Ausmaß von fünf Monatsbezügen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde des Disziplinaranwaltes.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

In der Begründung führte die belangte Behörde zunächst aus, dass der Schuldspruch in Rechtskraft erwachsen sei, weil nur die Art und die Höhe der von der Behörde erster Instanz verhängten Disziplinarstrafe bekämpft worden sei.

Dies ist nicht als rechtswidrig zu erkennen.

In der Straffrage führte die belangte Behörde richtigerweise aus, im Hinblick auf den gegenständlichen Tatzeitraum sei die Fassung des § 93 BDG 1979 vor Inkrafttreten der Dienstrechts-Novelle 2008, BGBl. I Nr. 147, anzuwenden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. April 2011, Zl. 2009/09/0132).

Sie setzte fort:

"Was die im Rahmen der Strafbemessung in erster Linie zu beurteilende Schwere der gegenständlichen Dienstpflichtverletzungen betrifft, ist der von der Erstinstanz vertretenen, vom (Beschwerdeführer) auch konzedierten Rechtsansicht zu folgen, dass die hier in Rede stehenden außerdienstlichen Verfehlungen des beschuldigten Beamten angesichts des hohen Stellenwertes des verletzten Rechtsgutes des Schutzes der sexuellen Integrität von unmündigen Personen und mündigen Minderjährigen ganz besonders schwer wiegen.

Gemäß § 95 Abs. 2 BDG sind die Disziplinarbehörden an die dem rechtskräftigen Strafurteil zu Grunde gelegten Tatsachenfeststellungen auch hinsichtlich der subjektiven Tatseite gebunden, sodass dem Berufungsvorbringen, von der Erstinstanz sei der Grad seines Verschuldens außer Acht gelassen worden, weil bei ihm nämlich zumindest Unachtsamkeit vorgelegen bzw. eine Unbesonnenheits- oder Gelegenheitstat verwirklicht worden sei, keine zugunsten des (Beschwerdeführers) ins Gewicht fallende rechtliche Bedeutung zukommt, ging das Strafgericht doch eindeutig von vorsätzlicher wiederholter Tatbegehung aus.

Weiters ist in diesem Zusammenhang auszuführen, dass einerseits die Disziplinarbehörden - entgegen der in der Berufung vertretenen Auffassung - an die gerichtlichen Erwägungen zur Strafbemessung nicht gebunden sind und dass andererseits der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis VS 14.11.2007, 2005/09/0115, von dem bis dahin in ständiger Rechtsprechung judizierten 'Untragbarkeitsgrundsatz' abgegangen ist.

Als Erschwerungsgründe waren die oftmals wiederholte Tatbegehung während des langen Tatzeitraumes von drei Jahren und die außerordentlich große Menge des heruntergeladenen einschlägigen Bildmaterials heranzuziehen.

Dem (Beschwerdeführer) ist darin beizupflichten, dass die Heranziehung der Schuldform des Vorsatzes als zusätzlicher Erschwerungsgrund hier unzulässig ist, weil dieser bereits im Tatbild enthalten ist.

Als zugunsten des (Beschwerdeführers) ins Gewicht fallende Milderungsgründe sind im vorliegenden Fall hingegen seine bisherige straf- und disziplinarrechtliche Unbescholtenheit und sein langjähriges tadelloses Vorleben zu berücksichtigen sowie der Umstand, dass er seit 25 Jahren seinen Dienst unbeanstandet und ordentlich verrichtete, wobei er auch bei der EBT (Einsatzgruppe zur Bekämpfung des Terrorismus) tätig war, dass er zudem Belobigungen und Geldbelohnungen erhalten hat und dass die gegenständlichen außer Dienst begangenen Verfehlungen schon längere Zeit zurückliegen und keine Umstände aktenkundig sind, dass sich der Beamte seither nicht wohlverhalten hätte.

Der in der Berufung weiters angeführte Milderungsgrund des § 34 Abs. 1 Z 9 StGB kommt im vorliegenden Fall im Hinblick auf die Bindungswirkung des rechtskräftigen Strafurteils hinsichtlich der subjektiven Tatseite nicht zum Tragen.

Was den weiters geltend gemachten Milderungsgrund eines reumütigen Geständnisses betrifft, ist die Disziplinaroberkommission - mit der Erstinstanz - der Ansicht, dass dieser aufgrund des - trotz Existenz eines entgegenstehenden rechtskräftigen Strafurteils - weiterhin beharrlichen Leugnens des (Beschwerdeführers), die einschlägigen Bilder vorsätzlich heruntergeladen, angesehen und abgespeichert zu haben, nicht vorliegt.

Ob es über die Angelegenheit Berichte in den Medien gab oder nicht bzw. ob der Vorfall in der Öffentlichkeit bekannt wurde oder nicht, ist im Rahmen der Strafbemessung rechtlich unbeachtlich, weil dieser Umstand der Einflusssphäre des beschuldigten Beamten entzogen war.

Was die Beurteilung der spezialpräventiven Erforderlichkeit der Verhängung der Disziplinarstrafe der Entlassung betrifft, wurde seitens des erkennenden Senates berücksichtigt, dass der beschuldigte Beamte in Ausübung seines Dienstes an seiner Dienststelle nicht mit der Aufklärung von Delikten der hier inkriminierten Art befasst ist, sondern dass er exekutivdienstliche Routinetätigkeiten zu erledigen hat. Weiters wird ihm seitens seines Vorgesetzten Besserungsfähigkeit attestiert.

Dem Aspekt generalpräventiver Erfordernisse ist - wie bereits ausgeführt - auf dem Boden der hier zur Anwendung gelangenden Rechtslage vor der Dienstrechts-Novelle 2008 keine entscheidende Bedeutung beizumessen.

Unter Berücksichtigung der genannten Komponenten für die Strafbemessung und im Hinblick auf die disziplinarrechtliche und strafrechtliche Unbescholtenheit des Beamten gelangte die Disziplinaroberkommission auf dem Boden der im Erkenntnis eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 14.11.2005, 2007/09/0115, dargelegten Grundsätze für die Strafbemessung zur Rechtsauffassung, dass hier gerade noch mit der Verhängung der Disziplinarstrafe der Geldstrafe gemäß § 92 Abs. 1 Z 3 BDG über den (Beschwerdeführer) das Auslangen gefunden werden kann.

Auch im Hinblick auf die angespannte finanzielle Lage des Beamten konnte diese Sanktion angesichts der außerordentlichen Schwere (des Unrechtsgehalts) der in Rede stehenden, mehrfach wiederholten Dienstpflichtverletzungen und des langen Tatezeitraumes von drei Jahren jedoch nur im Höchstausmaß von fünf Monatsbezügen bemessen werden."

Der Beschwerdeführer wendet sich vor allem gegen die Begründung zur Spezialprävention. Die positive Prognose der belangten Behörde stütze sich auf die von ihr 1. angenommene Tätigkeit der mitbeteiligten Partei im Dienst als auch 2. seine angenommene Besserungsfähigkeit. Die belangte Behörde sei in diesem Zusammenhang nicht auf das Verhalten der mitbeteiligten Partei, insbesondere das Fehlen eines reumütigen Geständnisses eingegangen. Auf Grund der Beweislage sei von der spezialpräventiven Notwendigkeit der Verhängung der Entlassung auszugehen.

Die spezialpräventive Erforderlichkeit einer (der disziplinarrechtlichen Tatschuld angemessenen) Entlassung wird nicht erst dann anzunehmen sein, wenn sich die Aussichten auf ein künftiges Unterbleiben von Dienstpflichtverletzungen - bei Beschränkung auf die nach § 92 Abs. 1 Z. 1 bis 3 BDG 1979 zu Gebote stehenden Möglichkeiten - in einer vagen Hoffnung erschöpfen würden, und wird umgekehrt nicht nur bei besonderer Gewähr dafür zu verneinen sein. Abzustellen ist auf den dazwischen liegenden Maßstab einer begründeten Wahrscheinlichkeit (vgl. sinngemäß Jerabek, Wiener Kommentar zum Strafgesetzbuch2, Rz 17 zu § 43 und Rz 15 zu § 46 (2003)). An die nur teilweise - nämlich in Bezug auf weitere gerichtlich strafbare Handlungen - auf die gleiche Gefahr bezogene Prognose des Strafgerichts ist die Disziplinarbehörde dabei, anders als hinsichtlich der Tatsachenfeststellungen des Strafgerichts, nicht gebunden. Eine Gewährung der bedingten Strafnachsicht durch das Strafgericht, deren Gewicht auch von der Ausführlichkeit und dem näheren Inhalt ihrer Begründung abhängen wird, kann nur als Indiz gegen die Annahme einer Wiederholungsgefahr sprechen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. November 2007, Zl. 2005/09/0115). Es kommt daher auf die Wertung des gesamten Verhaltens des Mitbeteiligten an.

Der Beschwerdeführer bringt zu der von der belangten Behörde angenommenen Tätigkeit der mitbeteiligten Partei vor, es handle sich beim Mitbeteiligten um einen "Kriminalbeamten" (in der Folge: Krb), die ihm zum Vorwurf gemachte Tat betreffe einen Kernbereich des Dienstverhältnisses eines Krb, weil ein solcher derartige Straftaten zu verfolgen habe. Die Feststellung der belangten Behörde, der Mitbeteiligte habe exekutiv-dienstliche Routinetätigkeiten zu erledigen, widerspreche der Aktenlage bis zum Disziplinarerkenntnis der Behörde erster Instanz. Würden sich die Feststellungen der belangten Behörde aus einer später erlangten Erkenntnis ergeben, läge eine Verletzung des Parteiengehörs vor. Erfolgte eine neuartige Beweiswürdigung, so hätte es der Durchführung einer Berufungsverhandlung bedurft.

Die belangte Behörde hat von der Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung in Anbetracht der ausschließlich als gegen die Strafbemessung gerichtet gewerteten Berufung des Mitbeteiligten gemäß § 125a Abs. 3 Z. 4 BDG 1979 Abstand genommen. Im Sinne dieser Bestimmung kann die Disziplinaroberkommission von der Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung absehen, wenn nur gegen die Strafbemessung Berufung erhoben wurde, also in der Regel davon ausgegangen werden kann, dass der der Verurteilung zugrundeliegende Sachverhalt geklärt ist. Ohne Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung ist es daher der Disziplinaroberkommission verwehrt, den von der Behörde erster Instanz festgestellten Sachverhalt zu ergänzen oder umzuwürdigen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. Jänner 2012, Zl. 2009/09/0187). Diese Überlegung ist grundsätzlich auch dann anzustellen, wenn das Rechtsmittel nur die Strafbemessung betrifft.

Wenngleich der weitere in der Konstellation des zuletzt genannten Erkenntnisses hinzutretende Gesichtspunkt, dass bei einer ausschließlich gegen die Strafhöhe gerichteten Berufung des Disziplinaranwaltes der Disziplinarbeschuldigte nicht durch das Verbot der reformatio in peius geschützt ist, im gegenständlichen Fall nicht gegeben ist, ist es auch im Falle einer ausschließlich gegen die Strafbemessung gerichteten Berufung des Disziplinarbeschuldigten dann erforderlich, eine mündliche Berufungsverhandlung durchzuführen, wenn die Disziplinaroberkommission den von der Behörde erster Instanz für die Strafbemessung maßgeblichen, festgestellten Sachverhalt ergänzen oder umwürdigen will.

Hat der Disziplinarbeschuldigte in der Berufung die Beweiswürdigung der Disziplinarbehörde erster Instanz substantiiert gerügt (wovon die belangte Behörde augenscheinlich ausgeht), dann darf die zweitinstanzliche Disziplinarbehörde die Frage, ob der von ihr angenommene, damit in Widerspruch stehende Sachverhalt als "klar" zu werten sei, zufolge § 126 Abs. 1 BDG 1979 nicht nach der Aktenlage, sondern ausschließlich aufgrund von Ergebnissen beurteilen, die in einer von ihr (unmittelbar) durchgeführten mündlichen Verhandlung vorgekommen sind. Dies gilt - mangels einer diesbezüglichen Einschränkung im Gesetz - auch dann, wenn die belangte Behörde die Beweisergebnisse zugunsten des Disziplinarbeschuldigten anders würdigt. Die belangte Behörde hätte daher aufgrund des im Disziplinarverfahren geltenden Unmittelbarkeitsgrundsatzes eine mündliche Verhandlung durchführen müssen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 24. Jänner 2008, Zl. 2005/09/0167), auch wenn die vom Mitbeteiligten erhobene Berufung sich nur gegen die Strafbemessung richtete.

Im Sinne dieser Überlegungen durfte die belangte Behörde die von der Behörde erster Instanz verhängte Entlassung nicht ohne eine mündliche Verhandlung durchzuführen in eine Geldstrafe umwandeln, weil dies auf geänderter Beweiswürdigung beruhte. Die Disziplinaroberkommission ist jedenfalls in der Feststellung der für die Wertung der Spezialprävention notwendigen Grundlagen von einem anderen Sachverhalt ausgegangen, als die Aktenlage aufgrund der Ergebnisse des Beweisverfahrens vor der Disziplinarbehörde erster Instanz ergeben würde, so dass die Voraussetzungen des § 125a Abs. 3 BDG 1979 für ein Absehen von der Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung allesamt nicht vorlagen.

Die belangte Behörde wird bei der Würdigung der Beweisergebnisse zu berücksichtigen haben: Schon aus der Disziplinaranzeige vom 3. Juli 2008 geht hervor, dass der Mitbeteiligte "seit 01. Juni 2007 in der Kriminaldienstgruppe verwendet" wird. Unter anderem auch in der Berufung wird angeführt, der Mitbeteiligte sei "sogar bei der EBT (Einsatzgruppe zur Bekämpfung des Terrorismus)" verwendet worden. Bei diesen Tätigkeiten handelt es sich um qualifizierte Tätigkeiten zur Vorbeugung, Bekämpfung und Aufklärung von Straftaten nach dem StGB, keinesfalls aber um "exekutiv-dienstliche Routinetätigkeiten". Auf Grund welcher Ermittlungsergebnisse die belangte Behörde zu ihrer Ansicht gelangt, ist nicht nachvollziehbar.

Zur "Besserungsfähigkeit" rügt der Beschwerdeführer zu Recht, dass sich dieser Teil der Gefährlichkeitsprognose der belangten Behörde bloß auf einen Satz in der Disziplinaranzeige stütze, der weder durch einen anderen Vorgesetzten noch im weiteren Verfahrensverlauf bestätigt worden sei. Zudem sage "Besserungsfähigkeit" nichts darüber aus, ob sich der Mitbeteiligte in Zukunft tatsächlich wohl verhalten werde.

Der erwähnte Satz in der Disziplinaranzeige lautet: "Bei(m Mitbeteiligten) wird Besserungsfähigkeit angenommen." Aus einer derartigen Randbemerkung darf jedenfalls nicht allein für sich und unter Außerachtlassung jedweder weitergehenden Betrachtung der Persönlichkeit der mitbeteiligten Partei, entgegen der Beurteilung der Behörde erster Instanz und ohne Durchführung von Ermittlungen hiezu geschlossen werden, der Mitbeteiligte werde sich künftig wohl verhalten.

Insbesondere hat die belangte Behörde ihre eigene (diesbezüglich mit den Ausführungen der Behörde erster Instanz im Einklang stehende) Feststellung außer Acht gelassen, dass "aufgrund des - trotz Existenz eines entgegenstehenden rechtskräftigen Strafurteils - weiterhin beharrlichen Leugnens" der mitbeteiligten Partei, "die einschlägigen Bilder vorsätzlich heruntergeladen, angesehen und abgespeichert zu haben", kein reumütiges Geständnis vorliege. Zu Recht weist der Beschwerdeführer darauf hin, dass eine vollständige Schuldeinsicht eine gewichtige Voraussetzung für die Annahme künftigen Wohlverhaltens ist.

Die belangte Behörde hat auch den besonders langen Tatzeitraum (dem Disziplinarschuldspruch liegt ein Zeitraum von ca. drei Jahren zu Grunde) und die aus dem Akteninhalt belegten näheren Umstände der Tatbegehung, so auch, dass der Mitbeteiligte mehrere hundert Bilder im Sinne des § 207a Abs. 3 StGB aus dem Internet heruntergeladen und angesehen (ca. 450 Bilder, siehe Verwaltungsakt der Behörde erster Instanz S. 31 ff) sowie weitere 318 derartige Bilder auf einer externen Festplatte gespeichert hat (aaO, S. 31), sohin auch von einer besonderen Häufigkeit des strafbaren Verhaltens auszugehen ist, zwar als Erschwerungsgrund gewertet, dies aber bei der Prognose des zukünftigen Verhaltens nicht berücksichtigt.

Die "angespannte finanzielle Lage" der mitbeteiligten Partei hat im Zusammenhang mit den gegenständlichen Dienstpflichtverletzungen (anders als etwa bei "Finanzvergehen") bei der Beurteilung, ob eine Entlassung geboten ist oder nicht, keine Bedeutung.

Insgesamt ist daher dem Beschwerdeführer zu folgen, dass sich die belangte Behörde mit den gegen ein künftiges Wohlverhalten sprechenden Gesichtspunkten nicht auseinandergesetzt hat und die von ihr für ein derartiges Wohlverhalten herangezogenen Gesichtspunkte teils auf einer dem Akteninhalt widersprechenden Beweiswürdigung und teils auf einem mangelhaften Verfahren beruhen.

Der angefochtene Bescheid erweist sich daher mit - prävalierender - Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Die Abweisung des Antrages auf Aufwandersatz gründet sich auf § 47 Abs. 5 VwGG (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Februar 2002, Zl. 97/08/0442).

Wien, am 22. März 2012

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