Normen
BDG 1979 §125a Abs3 Z5;
BDG 1979 §125a Abs3;
BDG 1979 §126 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
BDG 1979 §125a Abs3 Z5;
BDG 1979 §125a Abs3;
BDG 1979 §126 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Begründung
Der 1951 geborene Mitbeteiligte steht seit 1. April 1973 als Beamter der Post und Telegraphenverwaltung (PTV) in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund und wurde seit 31. Dezember 1998 (Wirksamkeit der Abspaltung des Unternehmensbereiches Post aus der Post und Telekom Austria AG und dessen Übertragung auf die Österreichische Post AG als Gesamtrechtsnachfolgerin) bei der Österreichischen Post AG im Bereich der Zustellbasis 6830 Rankweil im Landzustelldienst eingesetzt.
Mit Disziplinarerkenntnis der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Finanzen vom 1. März 2005 wurde der Mitbeteiligte - soweit dies im vorliegenden Beschwerdeverfahren von Relevanz ist - schuldig erkannt,
1. am 16. März 2004 in der Zustellbasis 6830 Rankweil die RECO-Sendung an Frau S H, ..., aus dem Fach des Zustellbezirkes 10 an sich genommen und am 17. März 2004 aus dem Postverkehr genommen, geöffnet und dann weggeworfen zu haben,
2. am 8. März 2004 eigenmächtig eine Briefsendung aus dem Postverkehr gezogen und der Gendarmerie, Herrn Bezirksinspektor R
E übergeben zu haben,
3. im Monat März 2004 einen RSa-Brief an Herrn A B, wohnhaft in M, Pweg, widerrechtlich geöffnet, den Inhalt des Briefes kopiert und Mitteilungen aus dem Inhalt an die Leiterin des Postamtes M, Frau S Sch, weitergegeben zu haben,
4. von Jänner bis März 2004 vier oder fünf Mal Infomails mit persönlicher Anschrift aus dem Postverkehr genommen und vernichtet zu haben (darüber hinaus wurde der Mitbeteiligte vom Verdacht, er habe am 16. März 2004 versucht, eine Briefsendung für die Therapiestation L, welche sich nicht in seinem Zustellbezirk befindet, bei seiner Privatpost einzuordnen, freigesprochen).
Durch die in Spruchpunkt II.1. - 4. genannten Dienstpflichtverletzungen habe der Mitbeteiligte seine Dienstpflichten nach § 43 Abs. 1 und 2 BDG schuldhaft verletzt und Dienstpflichtverletzungen im Sinne des § 91 BDG 1979 begangen. Die Disziplinarkommission sprach über den Mitbeteiligten wegen dieser Dienstpflichtverletzung die Disziplinarstrafe der Entlassung aus.
Wegen der in Punkt II.3. des erstinstanzlichen Disziplinarerkenntnisses umschriebenen Tathandlung, wurde der Mitbeteiligte mit Urteil des Bezirksgerichtes Feldkirch vom 28. September 2004 des Vergehens der Verletzung des Briefgeheimnisses und Unterdrückung von Briefen gemäß § 118 Abs. 1 StGB für schuldig erkannt und zu einer bedingt nachgesehenen Geldstrafe in der Höhe von 40 Tagessätzen a EUR 2,-- (im Uneinbringlichkeitsfall zu einer Ersatzfreiheitsstrafe von 20 Tagen) verurteilt. Dieses Urteil erwuchs in Rechtskraft.
Gegen das Disziplinarerkenntnis erster Instanz erhob der Mitbeteiligte Berufung.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung des Mitbeteiligten insoweit Folge, als er auch von dem Tatvorwurf nach Punkt II.4. des bekämpften erstinstanzlichen Disziplinarerkenntnisses gemäß § 126 Abs. 2 BDG 1979 freigesprochen und die verhängte Disziplinarstrafe der Entlassung in eine solche der Geldstrafe gemäß § 92 Abs. 1 Z. 3 BDG 1979 in der Höhe von fünf Monatsbezügen (EUR 9.058,70) umgewandelt wurde.
Die belangte Behörde gab zunächst die Begründung des erstinstanzlichen Disziplinarerkenntnisses wieder und wies zu Punkt II. 4. darauf hin, dass der Mitbeteiligte jeweils strikt verneint habe, Infomails, also Werbesendungen mit persönlicher Anschrift an sich genommen, zerrissen und weggeworfen zu haben. Dies sei weder "auf der Zustellrichtung" noch bei Retoursendungen erfolgt. Nach der Aussage der Zeugin Sch. in der Verhandlung habe der Mitbeteiligte bei der Zustellung der Postsendungen an die Empfänger und bei Rückleitung der Postsendung an die Absender sehr eigenmächtig und widerrechtlich gehandelt. Die diesbezüglichen Schilderungen der Zeugin hätten auf den erstinstanzlichen Senat authentisch und glaubwürdig gewirkt. Sie habe bildhaft zu schildern vermocht, zu welcher Tageszeit er vorgegangen sei, welche begleitenden Bemerkungen er von sich gegeben und welche Sendungsart er zerrissen und in den Müllsack geworfen habe. Der Mitbeteiligte habe Briefe weggeworfen und zerrissen und dabei vor sich hingeredet, "der Empfänger ist ja eh schon verzogen", oder "weg", oder "der wohnt jetzt bei einer Freundin", oder "der wohnt jetzt wo anders", oder er habe entschieden, dass der Empfänger das nicht brauche. Die Zeugin habe eindeutig und glaubwürdig bestätigt, dass der Mitbeteiligte von Jänner bis März 2004 vier oder fünf Mal Infomails mit persönlicher Anschrift aus dem Postverkehr genommen und vernichtet hätte. Es habe sich jeweils um adressiertes Werbematerial gehandelt. Er habe diese Sendungen jeweils einmal oder zweimal durchgerissen und in den Müllsack geschmissen. Dies habe die Zeugin mit eigenen Augen beobachtet. Im Übrigen wiederholte die belangte Behörde die zur Begründung der ausgesprochenen Entlassung gemachten Ausführungen der Behörde erster Instanz unter Bezugnahme auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur "Untragbarkeit", wonach die Entlassung auch bezwecke, dass sich der Dienstgeber von einem Beamten, der sich infolge seines Fehlverhaltens untragbar gemacht habe, unter Auflösung des Beamtendienstverhältnisses trennen könne.
Nach eingehender Wiedergabe der Berufung des Mitbeteiligten kam die belangte Behörde - soweit es im Beschwerdeverfahren noch von Relevanz ist - zu dem Ergebnis, der Schuldspruch zum Tatvorwurf unter Spruchpunkt II.4. des erstinstanzlichen Disziplinarerkenntnisses gründe sich ausschließlich auf die Aussage der Zeugin Sch., wonach der Mitbeteiligte mehrmals namentlich adressierte Infomails aus dem Verkehr gezogen, vernichtet bzw. weggeworfen hätte. Der - im Übrigen voll geständige - Mitbeteiligte habe diese Tatvorwürfe ausdrücklich bestritten. Die belangte Behörde billige der Aussage der genannten Zeugin nicht dieselbe Glaubwürdigkeit zu, die ihr seitens der erstinstanzlichen Disziplinarbehörde zugebilligt worden sei. Immerhin habe diese Zeugin in einem Leserbrief an die Zeitung "Die Neue" unter falschem Namen schon zuvor dem Mitbeteiligten unterstellt, er hätte wiederholt Postsendungen geöffnet und deren Inhalt gelesen. Diese Behauptungen hätten sich in weiterer Folge als haltlos und unwahr erwiesen, da sie selbst ausschließlich die Öffnung des im Spruchpunkt II.3. genannten Briefes bestätigt habe. Auch sei aufgrund des unbestrittenen Bruches zwischen der Zeugin und dem Mitbeteiligten nicht davon auszugehen gewesen, dass diese ihm, über den sie schon zuvor unwahre Behauptungen in die Welt gesetzt habe, unvoreingenommen gegenüber stehe. Die Aussagen dieser Zeugin seien daher nicht geeignet, mit der nötigen Sicherheit den Beweis für ein schuldhaftes Fehlverhalten des Mitbeteiligten zu erbringen. Der Mitbeteiligte sei daher nach dem auch im Disziplinarverfahren geltenden Grundsatz "in dubio pro reo" vom Tatvorwurf hinsichtlich des Spruchpunktes II.4. des erstinstanzlichen Disziplinarerkenntnisses freizusprechen gewesen.
Zur Strafbemessung führte die belangte Behörde aus, es sei der erstinstanzlichen Disziplinarbehörde zwar beizupflichten, dass das dem Mitbeteiligten angelastete Fehlverhalten im Hinblick auf den hohen Stellenwert, der dem korrekten Umgang seitens der Mitarbeiter der Österreichischen Post AG mit ihnen anvertrauten Postsendungen und insbesondere der Wahrung des Briefgeheimnisses zukomme, keineswegs zu bagatellisieren und als Verstoß im Kernbereich seiner Dienstpflichten anzusehen sei. Als im Sinne des § 93 BDG für die Strafbemessung ausschlaggebende schwerste Dienstpflichtverletzung sei von der erstinstanzlichen Disziplinarbehörde zutreffend das dem Mitbeteiligten zu Spruchpunkt II.3. des erstinstanzlichen Disziplinarerkenntnisses angelastete Fehlverhalten, nämlich die Verletzung des Briefgeheimnisses zu Lasten des Andreas Breuß, gewertet worden, da dem Bruch des Briefgeheimnisses ein besonders hoher Unrechtsgehalt zukomme. Diese sowie die weiteren in den Spruchpunkten II.1. und 2. des erstinstanzlichen Disziplinarerkenntnisses angelasteten und jeweils als Erschwerungsgründe berücksichtigten Dienstpflichtverletzungen seien aber dennoch nicht geeignet, die Untragbarkeit des Mitbeteiligten zur weiteren Dienstverrichtung zu begründen. Durch das Fehlverhalten des Mitbeteiligten sei durchaus ein gravierender Vertrauensbruch bewirkt worden, es könne aber nicht davon ausgegangen werden, dass er insgesamt das Bild eines mit rechtlichen Werten überhaupt nicht mehr verbundenen Beamten biete und er zu einer weiteren Dienstverrichtung untragbar geworden sei. Das Vertrauen des Dienstgebers, aber auch der Allgemeinheit in die Dienstführung des Mitbeteiligten sei durch sein Fehlverhalten zwar schwer erschüttert, aber nicht endgültig zerstört worden. Dem Fehlverhalten des Mitbeteiligten werde daher mit der Verhängung der Disziplinarstrafe der Geldstrafe gemäß § 92 Abs. 1 Z. 3 BDG schuld- und tatangemessen entsprochen. Bei der Strafbemessung seien erschwerend die wiederholten, das gleiche Rechtsgut betreffenden Dienstpflichtverletzungen, als mildernd hingegen das Geständnis, seine langjährige gute Dienstverrichtung und seine disziplinäre Unbescholtenheit zu berücksichtigen gewesen. Ungeachtet des Überwiegens der Strafmilderungsgründe über die Erschwerungsgründe und unter Berücksichtigung der finanziellen Verhältnisse des Mitbeteiligten habe in Anbetracht der objektiven Schwere der ihm vorgeworfenen Verfehlungen mit der Verhängung der höchsten Geldstrafe das Auslangen gefunden werden können. Damit werde sowohl spezial- als auch generalpräventiven Erwägungen Rechnung getragen, um den Mitbeteiligten von weiteren Verfehlungen abzuhalten und andere Bedienstete durch die Wahl eines angemessenen Strafrahmens von der Begehung gleichartiger Dienstpflichtverletzungen abzuhalten.
Gegen diesen Bescheid, soweit der Mitbeteiligte von der ihm in Pkt. II.4 des erstinstanzlichen Disziplinarerkenntnisses vorgeworfenen Dienstpflichtverletzung freigesprochen wurde, sowie hinsichtlich der Strafbemessung insoweit, als nicht die Disziplinarstrafe der Entlassung verhängt wurde, richtet sich die vorliegende Beschwerde der Disziplinaranwältin, mit welcher die Rechtswidrigkeit des Inhaltes, "in eventu" die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in welcher sie die Abweisung der Beschwerde beantragte.
Der Mitbeteiligte hat sich am Beschwerdeverfahren nicht beteiligt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 43 Abs. 1 BDG 1979 ist der Beamte verpflichtet, seine dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu, gewissenhaft und unparteiisch mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln aus eigenem zu besorgen. Nach Abs. 2 leg. cit. hat der Beamte in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt.
Gemäß § 91 BDG 1979 ist der Beamte, der schuldhaft seine Dienstpflichten verletzt, nach dem 8. Abschnitt ("Disziplinarrecht") zur Verantwortung zu ziehen.
Gemäß § 92 Abs. 1 BDG 1979 sind Disziplinarstrafen
- 1. der Verweis,
- 2. die Geldbuße bis zur Höhe eines halben Monatsbezuges unter Ausschluss der Kinderzulage,
3. die Geldstrafe bis zur Höhe von fünf Monatsbezügen unter Ausschluss der Kinderzulage,
4. die Entlassung.
§ 93 Abs. 1 BDG 1979 bestimmt, dass das Maß für die Höhe der Strafe die Schwere der Dienstpflichtverletzung ist. Dabei ist jedoch darauf Rücksicht zu nehmen, inwieweit die beabsichtigte Strafhöhe erforderlich ist, um den Beamten von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten. Die nach dem Strafgesetzbuch für die Strafbemessung maßgebenden Gründe sind dem Sinne nach zu berücksichtigen; weiters ist auf die persönlichen Verhältnisse und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Beamten Bedacht zu nehmen. Nach Abs. 2 dieser Bestimmung ist, wenn der Beamte durch eine Tat oder durch mehrere selbständige Taten mehrere Dienstpflichtverletzungen begangen hat und über diese Dienstpflichtverletzungen gleichzeitig erkannt wird, nur eine Strafe zu verhängen, die nach der schwersten Dienstpflichtverletzung zu bemessen ist, wobei die weiteren Dienstpflichtverletzungen als Erschwerungsgrund zu werten sind.
Nach § 95 Abs. 1 BDG 1979 ist von der Verfolgung abzusehen, wenn der Beamte wegen einer gerichtlich oder verwaltungsbehördlich strafbaren Handlung rechtskräftig verurteilt wurde und sich die Dienstpflichtverletzung in der Verwirklichung des strafbaren Tatbestandes erschöpft und anzunehmen ist, dass die Verhängung einer Disziplinarstrafe nicht erforderlich ist, um den Beamten von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten. Nach Abs. 2 dieser Bestimmung ist die Disziplinarbehörde an die dem Spruch eines rechtskräftigen Urteils zugrunde gelegte Tatsachenfeststellung eines Strafgerichtes (Straferkenntnis eines unabhängigen Verwaltungssenates) gebunden. Sie darf auch nicht eine Tatsache als erwiesen annehmen, die das Gericht (der unabhängige Verwaltungssenat) als nicht erweisbar angenommen hat. Nach Abs. 3 dieser Bestimmung ist, wenn von der Verfolgung nicht abgesehen wird und sich eine strafgerichtliche oder verwaltungsbehördliche Verurteilung auf denselben Sachverhalt bezieht, eine Strafe nur auszusprechen, wenn und soweit dies zusätzlich erforderlich ist, um den Beamten von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten.
(Unterstreichungen durch den Verwaltungsgerichtshof).
Die beschwerdeführende Disziplinaranwältin bekämpft zunächst die Beweiswürdigung der belangten Behörde in Bezug auf die den Mitbeteiligten belastende Aussage der Zeugin Sch., soweit es sich um das von dem - ansonsten voll geständigen - Mitbeteiligten bestrittene Faktum Pkt. II.4. des erstinstanzlichen Disziplinarerkenntnisses (betreffend den Vorwurf, von Jänner bis März 2004 vier oder fünf Mal Infomails mit persönlicher Anschrift aus dem Postverkehr genommen und vernichtet zu haben) handelt.
Die Beschwerdeführerin ist damit im Ergebnis im Recht:
Während die Behörde erster Instanz nach Einvernahme der Zeugin Sch. dieser deshalb geglaubt hat, weil ihre Schilderungen aus eigener Wahrnehmung "authentisch und glaubwürdig", sowie hinsichtlich der Tatmodalitäten geradezu "bildhaft" gewirkt hätten, begnügte sich die belangte Behörde mit dem Hinweis, dieser Zeugin "nicht dieselbe Glaubwürdigkeit" zuzubilligen, habe sie doch dem Mitbeteiligten in einem anonymen Leserbrief an eine Zeitung unterstellt, er habe wiederholt Postsendungen geöffnet und deren Inhalt gelesen, wovon sie aber nur einen Fall habe bestätigen können. Darüber hinaus sei aufgrund des "Bruches" zwischen der Zeugin und dem Mitbeteiligten nicht davon auszugehen gewesen, dass diese dem Beschwerdeführer unvoreingenommen gegenüberstehe.
Die Erwägungen der belangten Behörde stehen zunächst zu jenen der Behörde erster Instanz soweit nicht in Widerspruch, als die Behörde erster Instanz von einem glaubwürdigen persönlichen Eindruck der Zeugin ausgegangen ist. Es ist aber unschlüssig, der Zeugin just deshalb die Glaubwürdigkeit abzusprechen, weil sie an den (möglichen) Übertreibungen in einem Leserbrief bei ihrer Einvernahme vor der Disziplinarkommission nicht festgehalten, sondern ihre wider den Erstmitbeteiligten vorgebrachten Behauptungen nur teilweise bestätigt hat.
Vor allem aber durfte die belangte Behörde einen Freispruch aufgrund geänderter Beweiswürdigung nicht ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung vornehmen, zumal die Disziplinaroberkommission von einem anderen Sachverhalt ausgegangen ist, als die Aktenlage aufgrund der Ergebnisse des Beweisverfahrens vor der Disziplinarbehörde erster Instanz ergeben würde, so dass offensichtlich keine der Voraussetzungen des § 125a Abs. 3 BDG, insbesondere nicht jene der Z. 5 vorlagen (vgl. zu diesen etwa das Erkenntnis vom 29. November 2000, Zl. 2000/09/0079). Hat der Disziplinarbeschuldigte in der Berufung die Beweiswürdigung der Disziplinarbehörde erster Instanz substantiiert gerügt (wovon die belangte Behörde augenscheinlich ausgeht), dann darf die zweitinstanzliche Disziplinarbehörde die Frage, ob der von ihr angenommene, damit in Widerspruch stehende Sachverhalt als "klar" zu werten sei, zufolge § 126 Abs. 1 BDG 1979 nicht nach der Aktenlage, sondern ausschließlich aufgrund von Ergebnissen beurteilen, die in einer von ihr (unmittelbar) durchgeführten mündlichen Verhandlung vorgekommen sind (vgl. das Erkenntnis vom 16. Mai 2001, Zl. 99/09/0187 und jenes vom 15. September 2004, Zl. 2003/09/0017). Dies gilt - mangels einer diesbezüglichen Einschränkung im Gesetz - auch dann, wenn die belangte Behörde die Beweisergebnisse zugunsten des Disziplinarbeschuldigten anders würdigt. Die belangte Behörde hätte daher aufgrund des im Disziplinarverfahrens geltenden Unmittelbarkeitsgrundsatzes die Zeugin, an deren Glaubwürdigkeit zu zweifeln sie Anlass sah, zuvor im Rahmen einer mündlichen Verhandlung hören müssen.
Der angefochtene Bescheid war schon daher im bekämpften Umfang, nämlich hinsichtlich des Freispruchs zu Faktum II.4. und infolgedessen auch im Strafausspruch, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 3 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben.
Angesichts dessen ist es entbehrlich, auch auf das gegen die Strafbemessung gerichtete Beschwerdevorbringen der Disziplinaranwältin einzugehen.
Wien, am 24. Jänner 2008
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