VwGH 2011/02/0244

VwGH2011/02/024423.3.2012

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gall und die Hofräte Dr. Beck und Dr. Köller als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Becker, über die Beschwerde des C H in R, vertreten durch Dr. Johann Postlmayr, Rechtsanwalt in 5230 Mattighofen, Stadtplatz 6, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 17. Mai 2011, Zl. VwSen-165652/9/Sch/Eg, betreffend Übertretung der StVO 1960, zu Recht erkannt:

Normen

StVO 1960 §5 Abs2 Z1;
StVO 1960 §5 Abs2;
StVO 1960 §99 Abs1 litb;
StVO 1960 §5 Abs2 Z1;
StVO 1960 §5 Abs2;
StVO 1960 §99 Abs1 litb;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer schuldig erachtet, er habe sich am 13. August 2010 um 14:50 Uhr in B nach Aufforderung eines besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organs der Straßenaufsicht geweigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, obwohl er im Verdacht gestanden sei, zum angeführten Zeitpunkt am angeführten Ort das dem Kennzeichen nach näher bestimmte Fahrzeug in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt zu haben. Er habe dadurch § 5 Abs. 2 zweiter Satz Z 1 StVO 1960 übertreten, wofür über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 1.600,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 15 Tage) verhängt wurde.

In der Begründung stellte die belangte Behörde den Gang und die wesentliche Teile der vor ihr abgehaltenen mündlichen Verhandlung dar und ging erkennbar davon aus, dass der Beschwerdeführer vom Zeugen Revierinspektor S aufgefordert worden sei, sein verkehrsbehindernd abgestelltes Fahrzeug zu entfernen. Der Beschwerdeführer habe gemeint, er lasse sich von Stadtsheriffs keine Anordnungen gefallen. Der Beamte habe beim Beschwerdeführer gerötete Augen festgestellt und ihn aufgefordert, eine Atemluftuntersuchung auf Alkoholgehalt mittels Alkomat durchführen zu lassen. Diese mehrmals gemachte Aufforderung habe der Beschwerdeführer jeweils dezidiert verweigert. Daraufhin sei vom Meldungsleger die Amtshandlung in Bezug auf die Alkomatuntersuchung für beendet erklärt und dem Beschwerdeführer mitgeteilt worden, dass nunmehr eine Verweigerung vorliege. Dem Beschwerdeführer sei auch der Führerschein abgenommen worden. Der Beschwerdeführer habe sich dann bereit gefunden, im Streifenwagen zu der nur in geringer Entfernung gelegenen Polizeidienststelle mitzukommen, wo der Beschwerdeführer eine Abnahmebestätigung für den Führerschein hätte bekommen sollen. Auf der Polizeidienststelle habe sich dann der Beschwerdeführer bereit erklärt, eine Alkomatuntersuchung durchzuführen, nachdem er telefonisch offensichtlich eine rechtsfreundliche Beratung eingeholt gehabt habe. Zu diesem Zeitpunkt sei ihm schon der Führerschein abgenommen gewesen. Der Meldungsleger sei nicht mehr bereit gewesen, eine Untersuchung durchzuführen. Zirka drei Stunden nach dem Vorfall habe der Beschwerdeführer eine Blutabnahme durchführen lassen, die einen Alkoholwert von 0,0 Promille ergeben habe.

Die belangte Behörde ging davon aus, dass ausreichend Symptome für die Vermutung einer Alkoholbeeinträchtigung vorgelegen seien, was insbesondere in den geröteten Augen des Beschwerdeführers und seinem höchst seltsamen Verhalten bei der Amtshandlung begründet sei. Die Aufforderung zur Atemluftuntersuchung auf Alkoholgehalt sei mehrmals unmissverständlich ausgesprochen und die Amtshandlung nach der Verweigerung der Atemluftuntersuchung für beendet erklärt worden.

Die Angaben des Beschwerdeführers zur Erklärung seines Verhaltens seien nicht überzeugend gewesen. Die Erklärung, er sei zur Alkomatuntersuchung wegen des damit verbundenen Entfernens von seinem Fahrzeug deshalb nicht bereit gewesen, da er befürchtet habe, dann wegen Beihilfe zum Diebstahl belangt zu werden, sei ein weit hergeholtes Argument. Der Beschwerdeführer hätte auch die Möglichkeit gehabt, das Fahrzeug zu versperren.

Zur Strafhöhe führte die belangte Behörde aus, ohnehin nur die Mindeststrafe von EUR 1.600,-- verhängt zu haben. Es bestehe ein beträchtliches öffentliches Interesse daran, umgehend feststellen zu können, ob sich ein Fahrzeuglenker in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befinde. Dieses Interesse zur Beweisführung gegenüber möglichen Alkolenkern habe den Gesetzgeber bewogen, die Mindeststrafe für entsprechende Übertretungen mit EUR 1.600,-- festzulegen. Verwaltungsstrafrechtlich sei ohne Bedeutung, wenn bei einem Fahrzeuglenker auf Grund einer später durchgeführten Blutalkoholuntersuchung ein Wert von 0,0 Promille herauskomme. Eine Herabsetzung der Geldstrafe im konkreten Fall gemäß § 20 VStG komme nicht in Betracht, weil von einem beträchtlichen Überwiegen allfälliger Milderungsgründe nicht die Rede sein könne. Dem Beschwerdeführer komme kein Milderungsgrund, auch nicht jener der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit, zugute.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß 5 Abs. 2 Z 1 StVO 1960 sind Organe des amtsärztlichen Dienstes oder besonders geschulte und von der Behörde hierzu ermächtigte Organe der Straßenaufsicht berechtigt, jederzeit die Atemluft von Personen, die ein Fahrzeug lenken, in Betrieb nehmen oder zu lenken oder in Betrieb zu nehmen versuchen, auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Sie sind außerdem berechtigt, die Atemluft von Personen, die verdächtig sind, in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand ein Fahrzeug gelenkt zu haben zu untersuchen. Wer zu einer Untersuchung der Atemluft aufgefordert wird, hat sich dieser zu unterziehen.

Es entspricht der ständigen Rechtsprechung zu § 5 Abs. 2 zweiter Satz StVO 1960, dass der bloße Verdacht, der Aufgeforderte habe ein Fahrzeug in alkoholisiertem Zustand gelenkt, ausreicht (vgl. etwa das Erkenntnis vom 21. Oktober 2005, Zl. 2004/02/0086, mwN). Der Verdacht muss sich demnach einerseits auf die Alkoholisierung und andererseits auf das Lenken eines Fahrzeuges in alkoholisiertem Zustand beziehen.

Für die Annahme des hier maßgeblichen Verdachtes einer Alkoholisierung ist bereits das Vorliegen eines einzigen Alkoholisierungsmerkmales ausreichend (vgl. das Erkenntnis vom 28. April 2004, Zl. 2003/03/0252). Etwa gerötete Bindehäute und aufbrausendes, unbeherrschtes Verhalten begründen jedenfalls den Verdacht einer Alkoholisierung (vgl. das Erkenntnis vom 18. November 2011, Zl. 2008/02/0339).

Vor dem dargestellten rechtlichen Hintergrund konnte der einschreitende Beamte im Beschwerdefall vom Verdacht einer Alkoholisierung des Beschwerdeführers, der gerötete Augen hatte und ein unbeherrschtes Verhalten zeigte, ausgehen. In Anbetracht des Umstandes, dass der Beschwerdeführer den Verdacht des Lenkens nicht bestreitet, erfolgte die Aufforderung zu einer Untersuchung der Atemluft daher rechtmäßig.

Führt der Beschwerdeführer zur festgestellten Verweigerung in der Beschwerde aus, er sei schon der ersten Aufforderung des Meldungslegers, zum Alkotest zum Dienstwagen zu kommen, gefolgt, entfernt er sich vom festgestellten Sachverhalt, weshalb auf die darauf gegründeten rechtlichen Überlegungen zur Frage der Beendigung der Amtshandlung nicht einzugehen ist.

Sieht der Beschwerdeführer im Rahmen seiner Beweisrüge in diesem Punkt eine unschlüssige Beweiswürdigung der belangten Behörde deshalb, weil diese nicht seinen Angaben gefolgt ist, ist er darauf zu verweisen, dass der Verwaltungsgerichtshof nicht berechtigt ist, eine sonst alle Umstände berücksichtigende Beweiswürdigung der belangten Behörde auf ihre Richtigkeit hin zu beurteilen, d.h. sie mit der Begründung zu verwerfen, dass auch ein anderer Ablauf der Ereignisse bzw. ein anderer Sachverhalt schlüssig begründbar wäre (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 25. Juni 2008, Zl. 2007/02/0360, mwN).

Es kommt auch - anders als der Beschwerdeführer in der Beschwerde meint - für die Zulässigkeit einer Aufforderung zu einer Untersuchung der Atemluft nicht darauf an, ob sich ein Atemalkoholmessgerät zum Zeitpunkt der Aufforderung vor Ort befindet oder erst ein Polizeifahrzeug mit Alkomat zum Anhalteort beordert werden muss, um die Messung durchzuführen. Es ist demnach keine Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Aufforderung gemäß § 5 Abs. 2 StVO, dass sich zum Zeitpunkt der Aufforderung ein Alkomat vor Ort befindet (vgl. das Erkenntnis vom 27. Februar 2009, Zl. 2008/02/0400).

Daher war auch der objektive Tatbestand des § 5 Abs. 2 StVO 1960 bereits mit der Weigerung des Beschwerdeführers vor Ort, sich dem Test zu unterziehen, vollendet. Darauf, dass er den Beamten im Polizeigebäude (dann doch) erklärte, er sei (nunmehr) zur Ablegung des Alkotests bereit, kommt es nicht an (vgl. das Erkenntnis vom 20. März 2009, Zl. 2008/02/0142).

Auch ist die belangte Behörde bei der Strafbemessung im Hinblick auf das oben dargestellte Verhalten des Beschwerdeführers zurecht vom Fehlen eines beträchtlichen Überwiegens der Milderungsgründe über die Erschwerungsgründe (§ 20 VStG) sowie einem nicht geringfügigen Verschulden des Beschwerdeführers (§ 21 Abs. 1 VStG) ausgegangen. Worin dabei ein minderer Grad des Verschuldens gelegen sein soll, kann auch die Beschwerde nicht darlegen. Jedenfalls kommt es für die Erfüllung des hier in Rede stehenden Tatbestandes nicht darauf an, dass nachträglich hervorkommt, dass tatsächlich keine Alkoholisierung vorlag. Die Strafhöhe bedarf auf Grund der Verhängung der Mindeststrafe keiner näheren Begründung.

Insgesamt erweist sich die Beschwerde daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2005, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 23. März 2012

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