Normen
AVG §45 Abs2;
AVG §52;
GebrauchsabgabeG Wr 1966 §2 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
AVG §45 Abs2;
AVG §52;
GebrauchsabgabeG Wr 1966 §2 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Die Bundeshauptstadt Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Ansuchen vom 6. Juli 2009 beantragte der Beschwerdeführer unter Vorlage von Planunterlagen und Fotomontagen die Bewilligung zur Aufstellung eines transportablen Verkaufsstandes (Größe: 2,95 m x 4 m, Höhe: 2,79 m) und einer Warenausräumung (Größe: 1,20 m x 0,65 m - Kühlvitrine) auf dem öffentlichen Gut in Wien 1., Ecke Kärntnerstraße / Bösendorferstraße.
Mit Schreiben (Email) vom 9. September 2009 teilte die Magistratsabteilung (MA) 28, Straßenverwaltung und Straßenbau, mit, dass sie gegen die geplante Errichtung des transportablen Verkaufsstandes bei Berücksichtigung näher bezeichneter Auflagen keinen Einwand erhebe.
Am 28. August 2009 gab der Amtssachverständige der MA 19 aus architektonischer Sicht eine fachkundige Stellungnahme ab. Nach einer (allgemein gehaltenen) "Einleitung" heißt es:
"Befund:
Die City ist das historische und kulturelle Zentrum Wiens sowie das administrativ-politische Zentrum Österreichs und einer der wichtigsten touristischen Anziehungspunkte. Historische Grünflächen (Stadtpark, Burggarten, Volksgarten, Rathauspark) und hochwertiger Baumbestand (z.B. Ringstraße) und Fußgängerzonen prägen das Gesamtbild der Innenstadt. Diese angeführten Qualitäten sind für die Erholung der Bewohner und der Besucher und für die positive Erlebbarkeit der Wiener Innenstadt von besonderer Bedeutung.
Der gesamte 1. Wiener Gemeindebezirk wurde im Jahr 2001 in die Weltkulturerbeliste der UNESCO aufgenommen.
Außerdem gehört die City zu jenen im STEP 05 (= Stadtentwicklungsplan) deklarierten dreizehn Zielgebieten der Stadtentwicklung. Zu den geplanten Maßnahmen der Stadtentwicklung in der City zählen u.a. neben der weiteren Verkehrsberuhigung im Stadtzentrum der bewusste Ausbau der 'Flanierqualität' (Barrierefreiheit, Gehsteigbreiten, etc.) auf der Ringstraße und am Kai sowie die Vermeidung von Kommerzialisierung des öffentlichen Freiraums.
Der gesamte 1. Bezirk ist als Schutzzone nach § 7 der Wiener Bauordnung ausgewiesen. Schutzzonen sind geschlossene Gebiete, die wegen ihres örtlichen Stadtbildes erhaltungswürdig sind. Dem gesamten betroffenen Straßenraum kommt auf Grund seiner Geschichte und der künstlerischen sowie kulturellen Inhalte besondere Bedeutung zu.
Die Kärntnerstraße ist im Bereich des projektierten Standorts platzartig aufgeweitet und bildet stadträumlich eine prominente Eingangssituation in die City. Der projektierte Standort des Straßenverkaufsstands befindet sich in der Kärntner Straße vor ONr. 61, an der Ecke zur Bösendorferstraße, vor einem neoklassizistischen Bankgebäude, das als Schutzobjekt klassifiziert ist.
Gutachten:
Im vorliegenden Fall kommt es - auch unter Berücksichtigung der bereits bestehenden Möblierungselemente - zu einer unerwünschten Überfrachtung bzw. optischen Verdichtung des öffentlichen Raumes am vorliegenden Standort. Dadurch kommt es im Hinblick auf die Gestaltung zu Widersprüchen mit wesentlichen Zielsetzungen der Stadt Wien. Die im STEP geforderte Hebung der 'Flanierqualität' (Barrierefreiheit, Gehsteigbreiten) und der Vermeidung zusätzlicher Kommerzialisierung des öffentlichen Freiraums wird nicht erfüllt. Die zusätzliche Einrichtung eines Straßenstandes vermindert die Qualität im Hinblick auf die besondere Bedeutung des UNESCO-Weltkulturerbes. Durch die Erzeugung eines Angstraumes wird den Prinzipien des Gender Mainstreaming widersprochen. Die zusätzliche Einrichtung eines transportablen Straßenverkaufsstands beeinträchtigt das Erscheinungsbild der Schutzzone 'Innere Stadt' im Allgemeinen.
Die Aufstellung des Verkaufsstands führt aus den oben genannten Gründen aus Sicht der Stadtgestaltung zu einer Störung des örtlichen Stadtbilds.
Schluss:
Demnach ist aus Sicht der Stadtgestaltung die Errichtung des
betreffenden Verkaufsstands abzulehnen."
Im Rahmen der am 7. Oktober 2009 abgehaltenen Ortsaugenscheinverhandlung nahm der Vertreter der MA 46 das Projekt zur Kenntnis, wies aber gleichzeitig darauf hin, dass in dem beantragten Bereich ein Bauvorhaben der Wiener Linien GmbH geplant sei. Sollte es zur Realisierung kommen, sei der Stand zu entfernen. Der Vertreter des Verkehrsamtes erhob keinen Einwand. Die Vertreterin der Bezirksvorstehung für den 1. Bezirk erschien nach Verhandlungsende und sprach sich gegen die Bewilligung des Verkaufsstandes aus.
Dem Gutachten der MA 19 hielt der Beschwerdeführer am 7. Oktober 2009 dessen inhaltliche Unrichtigkeit entgegen und verwies auf eine Stellungnahme vom 5. Oktober 2009 (eine Art Privatgutachten mit Lichtbildern, auch hinsichtlich einer Reihe anderer Kioske im umliegenden Bereich, wobei es nicht unterfertigt ist und auch nicht ersichtlich ist, wer es verfasst hat).
In einem Schreiben vom 3. Februar 2010 teilte der Beschwerdeführer der erstinstanzlichen Behörde mit, er habe von DI. H. M. (Wiener Linien) die Auskunft erhalten, dass an dem beantragten Standort des Verkaufsstandes doch kein Schacht errichtet werde und sohin der diesbezüglich in der mündlichen Verhandlung vorgebrachte Einwand hinfällig sei.
Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, MA 59, vom 25. Februar 2010, wurde der Antrag des Beschwerdeführers abgewiesen.
Begründend stützte sich die Behörde auf das Gutachten der MA 19 und führte aus, dass der Amtssachverständige nachvollziehbar ausgearbeitet habe, aus welchen Gründen bei der Aufstellung eines Verkaufsstandes an diesem Standort mit einer Beeinträchtigung des Stadtbildes gerechnet werden müsse. Eine Nahversorgung sei auf Grund zweier Kaffeehäuser, einer Trafik und einer Filiale einer großen Lebensmittelkette in unmittelbarer Umgebung des beantragten Standortes absolut gegeben. Zudem sei das in der gutachtlichen Stellungnahme genannte, neoklassizistische Bankgebäude als Schutzobjekt gemäß § 7 der Bauordnung für Wien zu klassifizieren und es könne daher dem beantragten transportablen Verkaufsstand, der sich vor diesem Gebäude befinde, aus stadtgestalterischer Sicht keine Bewilligung erteilt werden.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung verwies der Beschwerdeführer auf das Schreiben vom 3. Februar 2010 betreffend die Auskunft seitens der Wiener Linien und darauf, dass infolgedessen von einer Zustimmung der MA 46 auszugehen sei. Bezüglich der Einwendungen der Bezirksvorstehung brachte der Beschwerdeführer vor, dass diese erst nach Verhandlungsende abgegeben worden und daher nicht zu berücksichtigen seien. Weiters verwies der Beschwerdeführer auf eine der Berufung beigeschlossene Stellungnahme vom 28. März 2010 (ähnlich jener vom 5. Oktober 2009) hinsichtlich des Gutachtens der MA 19.
Die belangte Behörde ergänzte daraufhin das Ermittlungsverfahren und holte eine weitere gutachtliche Stellungnahme des Amtssachverständigen der MA 19 ein. Dieser führte im ergänzenden Gutachten vom 22. April 2010 aus:
"Zu den vorliegenden Berufungsvorbringen und den Stellungnahmen vom 5.10.2009 und 28.3.2010 wird aus architektonischer Sicht folgende Stellungnahme abgegeben:
Die allgemeinen Feststellungen des Antragstellers zum örtlichen Stadtbild in dem betroffenen Bereich, den Funktionen von Straßenständen und temporärer Architektur, den Bedürfnissen der Bevölkerung etc. sind grundsätzlich richtig. Die Betrachtungen hinsichtlich der Beeinträchtigung und Störung, Überfrachtung, Überblickbarkeit, optischer Freiräume und der visuellen Wirkung des Straßenstandes am geplanten Standort sind stark individuell geprägt.
Aus der Sicht der Stadtgestaltung wird am betroffenen Standort das örtliche Stadtbild gestört,
- weil durch das Hinzufügen eines weiteren Elements das künstlich ausgewogene Verhältnis von Freiflächen und möblierten Bereichen vermehrt gestört, ein 'optisches Ausruhen', das Empfinden visueller Freiräume erschwert sowie der Eindruck von Unruhe durch Formenvielfalt und das Empfinden von Angeräumtheit verstärkt wird und weiters die Überblickbarkeit und Großzügigkeit vermindert wird,
- weil durch die geplante Aufstellung eines Straßenverkaufsstandes die Wegeführung und die wesentliche Blickachse Kärntner Straße / Karlsplatz verunklärt werden,
- weil durch die geplante Aufstellung eines Straßenverkaufsstandes und die damit einhergehende Kommerzialisierung des öffentlichen Raumes die Überblickbarkeit des kulturhistorisch bedeutenden Stadtraumes (Weltkulturerbe, Schutzzone, im Besonderen Blick auf das Gebäude der Staatsoper) und die vorhandenen visuellen Freiräume (Flanierqualität) wesentlich vermindert werden,
- weil durch das Hinzufügen eines weiteren Elements in einen architektonisch bereits ausreichend möblierten Straßenraum nicht nur die Funktionen des betroffenen Gehsteigabschnittes (Zugang zur U-Bahn, Schanigarten, Werbeelement 'Litfaßsäule') sondern auch wesentliche Blickverbindungen, sh. oben beeinträchtigt werden und damit 'Angsträume' und visuelle Enge entstehen.
Die Inhalte der Stellungnahme M 19/009516/2009 vom 28.08.2009 bleiben weiterhin aufrecht."
In einem hiezu eingelangten Schreiben verwies der Beschwerdeführer auf die beiliegende Gegenstellungnahme vom 20. Juni 2010.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde die Berufung des Beschwerdeführers als unbegründet abgewiesen und der erstinstanzliche Bescheid bestätigt. In der Begründung wurde ausgeführt, dass die Gutachten der MA 19 klar und nachvollziehbar darstellten, aus welchen Gründen die Errichtung des Verkaufsstandes am verfahrensgegenständlichen Standort, der auf Grund seiner speziellen Lage am Rande der Innenstadt einen architektonisch besonderes sensiblen Bereich darstelle, den Interessen der Stadtgestaltung zuwiderlaufe. Die Stellungnahmen des Beschwerdeführers brächten seine Privatmeinung über die aus seinem Blickwinkel wünschenswerte Gestaltung dieses Bereichs zum Ausdruck. Insbesondere sei dem Argument des Beschwerdeführers, die Mistkübel und der Altkleidersammelcontainer störten das Stadtbild wesentlich stärker als sein Verkaufsstand, entgegenzuhalten, dass es sich dabei um kommunale Ver- bzw. Entsorgungseinrichtungen handle, die in ihrem Einfluss auf das Stadtbild nicht mit einem Verkaufsstand verglichen werden könnten. Selbst wenn in der Umgebung einzelne Objekte das Ortsbild störten, könne daraus nicht abgeleitet werden, dass ein weiterer Eingriff nicht mehr als störend angesehen werden könne. Der Behauptung des Beschwerdeführers, der Amtssachverständige der MA 19 kenne den Aufstellungsort gar nicht und verwende für den gesamten ersten Bezirk dasselbe Gutachten, müsse entgegnet werden, dass die amtssachverständige Beurteilung genau auf die örtliche Gegebenheiten eingehe und die geplante Lage des Standes sowie die bereits vorhandene architektonische Umgebung in ihre Beurteilung miteinbeziehe. Da für viele Bereiche des ersten Bezirkes auf Grund der räumlichen Nähe und der gleichen stadtgestalterischen Voraussetzungen ähnliche Beurteilungskriterien gälten, erscheine es nachvollziehbar, dass Gutachten, die nahegelegene Standorte beträfen, inhaltlich nicht stark voneinander abwichen. Da der Beschwerdeführer seine Gestaltungsideen, im Gegensatz zur MA 19, nicht fachkundig untermauert habe, könne sein Vorbringen die Beurteilung durch die MA 19 nicht in Zweifel ziehen. Zum Vorwurf bezüglich der Einwendungen hinsichtlich der Bezirksvorstehung führte die belangte Behörde aus, dass sie keine Parteistellung erlangen könne und die Einwendungen vielmehr von der Behörde von Amts wegen zu prüfen seien. Die Frage, ob am gewünschten Aufstellungsort Bauarbeiten der Wiener Linien stattfinden sollten, könne angesichts der Verweigerung der Bewilligung aus Gründen der Stadtbildpflege hintangestellt bleiben.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Der Beschwerdeführer macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Der Beschwerdeführer bringt im Wesentlichen vor, dass sich die belangte Behörde mit den tatsächlichen örtlichen Gegebenheiten nicht auseinandergesetzt habe, obwohl es bei Durchführung einer örtlichen Überprüfung leicht feststellbar gewesen wäre, dass die seitens der MA 19 erhobenen Einwände gegen den beantragten Verkaufsstand nicht stichhaltig seien. Des Weiteren verweist die Beschwerde, das Gutachten des Amtssachverständigen der MA 19 betreffend, auf die der Beschwerde beiliegende Stellungnahme vom 17. Oktober 2009. Darin moniert der Beschwerdeführer ergänzend zu seinen bisherigen Ausführungen zusammengefasst, dass das Gutachten der MA 19 immer nur Wiederholungen und keine nachvollziehbare Begründung enthalte. In Bezug auf die Schutzzone beeinträchtige der Verkaufsstand in seiner Größe und seinem Erscheinungsbild in keiner Weise die historischen Bauten oder die Architektur, sondern verdecke die Müllcontainer und Altkleiderboxen in der Mitte des Gehsteigs, die das neoklassizistische Bankgebäude eher störten. Überdies sei der gegenständliche Verkaufsstand vielmehr mit den bereits bestehenden Kiosken und Schanigärten in dieser Gegend zu vergleichen. Die Ausführungen der MA 19 seien, insbesondere im Hinblick auf die Feststellungen zur Nahversorgung, rein subjektiv sowie negativ geprägt.
Die im vorliegenden Fall maßgeblichen Bestimmungen des Gebrauchsabgabengesetztes 1966 für Wien in der Fassung LGBI. Nr. 42/2003 (im Folgenden: GAG) lauten auszugsweise:
"§ 1 Gebrauchserlaubnis
(1) Für den Gebrauch von öffentlichem Grund in der Gemeinde, der als Verkehrsfläche dem öffentlichen Verkehr dient, samt den zugehörigen Anlagen und Grünstreifen einschließlich seines Untergrundes und des darüber befindlichen Luftraumes ist vorher eine Gebrauchserlaubnis zu erwirken, wenn die Art des Gebrauches im angeschlossenen Tarif (Sondernutzung) angegeben ist. Dies gilt nicht, soweit es sich um Bundesstraßengrund handelt.
(2) Jeder in der Sondernutzung (Abs. 1) nicht angegebene Gebrauch, der über die bestimmungsgemäße Benützung der Verkehrsflächen nach den straßenpolizeilichen und kraftfahrrechtlichen Bestimmungen hinausgeht, bedarf der privatrechtlichen Zustimmung der Stadt Wien als Grundeigentümerin.
§ 2 Erteilung der Gebrauchserlaubnis
(1) Die Erteilung einer Gebrauchserlaubnis ist nur auf Antrag zulässig…
(2) Die Gebrauchserlaubnis ist zu versagen, wenn dem Gebrauch öffentliche Rücksichten, wie insbesondere Umstände sanitärer oder hygienischer Art, Gründe der Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs, der Parkraumbedarf, städtebauliche Interessen, Gesichtspunkte des Stadt- und Grünlandbildes oder Umstände des Natur-, Denkmal- oder Bodenschutzes, entgegenstehen; bei Erteilung der Gebrauchserlaubnis sind Bedingungen, Befristungen oder Auflagen vorzuschreiben, soweit dies zur Wahrung dieser Rücksichten erforderlich ist."
Die belangte Behörde begründete die Versagung der vom Beschwerdeführer beantragten Gebrauchserlaubnis damit, dass der Aufstellung eines transportablen Verkaufsstandes und einer Warenausräumung auf dem im Ansuchen näher bezeichneten Standort Gesichtspunkte des Stadtbildes entgegenstünden.
Zu diesem in § 2 Abs. 2 GAG genannten Versagungsgrund hat der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausgeführt, dass im Zuge des behördlichen Verfahrens festzustellen ist, ob einer beantragten Gebrauchserlaubnis Gesichtspunkte des Stadtbildes entgegenstehen, und dass diese Feststellung Gegenstand des Beweises durch Sachverständige ist. Dem Sachverständigen obliegt es hiebei auf Grund seines Fachwissens ein Urteil (Gutachten) abzugeben. Gestützt auf das Sachverständigengutachten hat sodann die Behörde begründet darzulegen, ob die beantragte Gebrauchserlaubnis eine diesbezügliche Wirkung entfaltet oder ob dies nicht der Fall ist. Äußerungen, die nur unüberprüfbare Behauptungen enthalten und nicht die Erwägungen aufzeigen, auf Grund derer der Sachverständige zu seinem Gutachten gelangt ist, können nicht als taugliches Gutachten eines Sachverständigen angesehen werden (vgl. hiezu die hg. Erkenntnisse vom 23. Juli 2009, Zl. 2008/05/0013 und 23. Februar 2010, Zl. 2009/05/0169).
Ein Gutachten hat zuerst einen Befund zu enthalten, in dem die örtlichen Gegebenheiten dargestellt werden. Erst auf Grund dieses Befundes hat der Gutachter auf Grund seines Fachwissens ein Urteil abzugeben, inwieweit das beantragte Vorhaben eine Wirkung auf das Stadtbild entfaltet (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 1. September 1998, Zl. 98/05/0066 und 23. Februar 2010, Zl. 2009/05/0169).
Die Gutachten der MA 19 enthalten zwar Befundteile, in welchen die örtlichen Gegebenheiten sowie das Gestaltungskonzept iSd Stadtentwicklungsplans 2005 - STEP 05 dargestellt werden und die Bedeutung des Standorts als UNESCO-Weltkulturerbe und Schutzzone gemäß § 7 der Bauordnung für Wien hervorgehoben wird. Aus den Gutachten geht jedoch nicht hervor, auf Grund welcher konkreten Erwägungen der Sachverständige zu den unter der Überschrift "Gutachten" gezogenen Schlussfolgerungen gelangt ist. So werden die Ausführungen im Gutachten vom 28. August 2009, durch den vom Beschwerdeführer beantragten Verkaufsstand käme es zu einer "unerwünschten Überfrachtung bzw. optischen Verdichtung des öffentlichen Raumes" und "die im STEP geforderte Hebung der 'Flanierqualität' (Barrierefreiheit, Gehsteigbreiten)" sowie die "Vermeidung zusätzlicher Kommerzialisierung des öffentlichen Freiraumes" würden nicht erfüllt, ohne weiterführende, auf den konkreten Verkaufsstand bezugnehmende Begründungen in den Raum gestellt. Wie etwa die Errichtung des projektierten Straßenstandes "die Qualität im Hinblick auf die besondere Bedeutung des UNESCO-Weltkulturerbes" vermindere, wird nicht näher dargelegt. Im Gutachten wird behauptet, dass ein "Angstraum" entstünde, nach dem Zusammenhang im ergänzenden Gutachten möglicherweise durch eine "visuelle Enge". Was damit genau gemeint ist, wird aber nicht dargelegt. Dass die Errichtung des Kioskes am vorgesehenen Standort überhaupt "Angstgefühle" auslösen könnte (noch dazu angesichts der planlich dargestellten Breite des Gehsteiges), ist ohne eingehende nähere Begründung nicht nachvollziehbar. Ebenso wenig ist nachvollziehbar, weshalb den "Prinzipien des Gendermainstreaming" widersprochen werde (und was damit gemeint ist).
Unabhängig davon hätte im ergänzten Amtsgutachten vom 22. April 2010 auf die behauptete Verminderung der "Überblickbarkeit des kulturhistorisch bedeutenden Stadtraumes" und der "vorhandenen visuellen Freiräume" näher eingegangen werden müssen. Von welchem konkreten Standpunkt aus die angesprochene Überblickbarkeit beeinträchtigt wird, ist auch in Zusammenschau mit den Einreichplänen und dem vorgelegten Fotomaterial nicht verlässlich auszumachen. Was mit einer "Verunklärung" der "Wegeführung" und der "wesentlichen Blickachse Kärntnerstraße/Karlsplatz" gemeint ist, wäre ebenfalls näher darzulegen. Worin das nunmehr vermehrt gestörte "künstlich ausgewogene Verhältnis von Freiflächen und möblierten Bereichen" besteht (also ein artifiziell ausgewogenes Verhältnis), wird ebenfalls nicht erklärt.
Aus welchen Gründen es zu den besagten Einflussnahmen auf das Stadtbild kommt, ist aus dem Gutachten sohin insgesamt nicht ableitbar.
Angesichts dessen vermag der Verwaltungsgerichtshof die Auffassungen der belangten Behörde, aus den Sachverständigengutachten hätten sich schlüssig die Gründe für eine Verweigerung der Bewilligung des beantragten Verkaufsstandes ergeben, nicht zu teilen.
Da die belangte Behörde die Versagung der beantragten Bewilligung auf unzureichende Gutachten gestützt hat, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit einem wesentlichen Verfahrensmangel, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben war, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen gewesen wäre.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am 31. Juli 2012
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