VwGH 2010/05/0158

VwGH2010/05/015825.9.2012

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Hofräte Dr. Waldstätten, Dr. Enzenhofer und Dr. Moritz sowie die Hofrätin Dr. Pollak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Kalanj, über die Beschwerde des G S in G, vertreten durch Themmer, Toth & Partner, Rechtsanwälte OG in 1010 Wien, Biberstraße 15, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 2. Juli 2010, Zl. RU1-BR-1370/001-2010, betreffend eine Bauangelegenheit (mitbeteiligte Parteien: 1. R B und 2. B B, beide in G, beide vertreten durch Dr. Martin Riedl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz-Josefs-Kai 5, 3. Stadtgemeinde G), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §8;
BauO NÖ 1996 §48 Abs1 Z1;
BauO NÖ 1996 §48 Abs1 Z2;
BauO NÖ 1996 §48;
BauO NÖ 1996 §50 Abs3 Z2;
BauO NÖ 1996 §53 Abs1;
BauO NÖ 1996 §6 Abs2 Z2;
BauO NÖ 1996 §6 Abs2 Z3;
BauRallg;
VwRallg;
AVG §8;
BauO NÖ 1996 §48 Abs1 Z1;
BauO NÖ 1996 §48 Abs1 Z2;
BauO NÖ 1996 §48;
BauO NÖ 1996 §50 Abs3 Z2;
BauO NÖ 1996 §53 Abs1;
BauO NÖ 1996 §6 Abs2 Z2;
BauO NÖ 1996 §6 Abs2 Z3;
BauRallg;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 sowie der erst- und der zweitmitbeteiligten Partei zusammen Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 jeweils binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die erst- und zweitmitbeteiligten Parteien (im Folgenden: Bauwerber) sind Eigentümer eines Grundstückes im Gebiet der mitbeteiligten Gemeinde und beantragten mit dem am 26. November 2009 bei der Gemeinde eingebrachten Ansuchen die Abänderung einer mit Bescheid vom 20. Juli 2009 erteilten baubehördlichen Bewilligung für die Errichtung eines Einfamilienhauses auf dem genannten Grundstück (soweit hier erheblich, betreffend die Dachform und den Dachstuhl - größeres Dach) und legten einen Auswechslungsplan vom 1. Dezember 2009 vor.

Der Beschwerdeführer ist Eigentümer eines unmittelbar an das Grundstück der Bauwerber angrenzenden, bebauten Grundstückes. Sein Haus ist an das Haus der Bauwerber seitlich angebaut.

Das fragliche Gebiet ist als Bauland - Wohngebiet gewidmet; es bestehen folgende weitere im Beschwerdefall relevanten Festlegungen im Bebauungsplan: "o, k, I, II", das heißt offene / gekuppelte Bebauung, Bauklasse I oder II.

Im Zuge der am 20. Jänner 2010 durchgeführten mündlichen Verhandlung (zu welcher auch der Beschwerdeführer persönlich geladen worden war) erhob der Beschwerdeführer gemäß der hierüber aufgenommenen Niederschrift den Einwand, dass durch die geänderte Dachform der Lichteinfall auf seine neue Photovoltaikanlage nicht mehr in dem vorherigen Umfang gegeben sei, weil der Wirkungsgrad dieser Anlage bis zu 50% beeinträchtigt werde. Hiezu hielt der beigezogene Bausachverständige fest, dass diese Einwendungen in Bezug auf § 6 der Niederösterreichischen Bauordnung 1996 (im folgenden BO) keine unmittelbaren subjektiv-öffentlichen Rechte des Beschwerdeführers beträfen und auch keine sonstigen technischen Bestimmungen der BO und der Niederösterreichischen Bautechnikverordnung 1997 negativ berührt würden.

Mit Bescheid vom 21. Jänner 2010 erteilte die Bürgermeisterin den Bauwerbern die beantragte baubehördliche Bewilligung. Begründend verwies sie unter anderem auf die durchgeführte Bauverhandlung.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung machte der Beschwerdeführer im Wesentlichen die mangelnde Begründung des erstinstanzlichen Bescheids geltend und der Baubehörde zum Vorwurf, nicht auf seine Einwendungen im Zuge der Bauverhandlungen eingegangen zu sein, obwohl feststehe, dass diese jedenfalls subjektiv-öffentliche Rechte gemäß § 6 Abs. 2 BO darstellten. Denn auf Grund der nunmehr geplanten Erhöhung des Gebäudes des Bauwerbers sei eine ausreichende Belichtung der Fenster der Liegenschaft, aber insbesondere die Funktionalität der im Vertrauen auf die rechtskräftig erteilte Baubewilligung montierten Photovoltaikanlage nicht mehr gewährleistet. Eine entsprechende Überprüfung, ob die in § 6 Abs. 2 Z 3 BO normierten subjektivenöffentlichen Rechte des Beschwerdeführers verletzt würden, habe ebenso wenig stattgefunden wie die technische Überprüfung des Lichteinfallswinkels auf das Objekt des Beschwerdeführers. Im Übrigen räume der Niederösterreichische Landesgesetzgeber in § 6 BO ausdrücklich einen Schutz vor Immissionen ein.

Mit Bescheid der Bürgermeisterin vom 23. März 2010 wurde eine Berufungsvorentscheidung getroffen. Darin änderte die Bürgermeisterin den erstinstanzlichen Bescheid dahingehend ab, dass die Einwendungen des Beschwerdeführers betreffend die geänderte Dachform des Bauvorhabens sowie den daraus ergebenden Lichteinfall auf die neue Photovoltaikanlage des Beschwerdeführers als unbegründet abgewiesen wurden. Begründend gab die Erstbehörde bezüglich der Einwendungen des Beschwerdeführers die bereits genannten Ausführungen des Bausachverständigen in der mündlichen Bauverhandlung am 20. Jänner 2010 wieder.

Gegen diesen Bescheid brachte der Beschwerdeführer rechtzeitig einen Vorlageantrag ein.

Mit Bescheid des Gemeindevorstandes vom 27. April 2010 wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. In seiner Begründung führte der Gemeindevorstand (nach wörtlicher Wiedergabe der Einwendungen des Beschwerdeführers gemäß der Niederschrift über die Bauverhandlung) zunächst aus, es handle sich hier um Bauland - Wohngebiet mit den Bebauungsvorschriften Bebauungsdichte 50%, Bebauungsform o, k, sowie Bauklassenhöhe I, II. "Bei dieser Bebauungsregelung und dem vorhandenen Baubestand auf dem nördlich angrenzenden Grundstück des Beschwerdeführers ist verpflichtend eine Kuppelung durch den Bauwerber durchzuführen". Dies habe zur Folge, dass der auf dem Baugrundstück errichtete Neubau entlang der gemeinsamen Grundgrenze an das Nachbargebäude anzubauen sei. Hinsichtlich der Gebäudehöhe sei § 70 Abs. 2 BO maßgeblich, wonach eine Bebauung bis zu einer Höhe von 8,0 m Gebäudehöhe (auch entlang der gemeinsamen Grundgrenze) möglich sei. Die (zulässige) Höhe der Bauwerke bzw. die Definition der Gebäudehöhe ergebe sich aus § 53 Abs. 1 BO, die Bemessung der Giebelfronten aus Abs. 5 leg. cit: Demgemäß sei die Gebäudehöhe nach der mittleren Höhe der Gebäudefront zu bemessen. bei Giebelfronten dürfe diese Höhe bis zu 3 m überschritten werden. Im Beschwerdefall ergebe sich aus den Bauplänen eine mittlere Gebäudehöhe von ca. 6,8 m. bei dieser Gebäudehöhe, wobei die Gebäudefront gemäß der Schnittdarstellung 1:1 (EG und Giebelfront) berechnet worden sei, sei die zulässige Überschreitung der "Gebäude" (gemeint: Gebäudehöhe) bei Giebelfronten noch nicht eingerechnet. Dennoch werde bereits inklusive der Einbeziehung des Giebels die höchstzulässige Gebäudehöhe von 8,0 m nicht erreicht. Da weiters die Höhen der einzelnen Frontflächen (westlich und östlich) Gebäudehöhen von 4,925 m und 4,165 m aufwiesen und die dadurch gemittelte Gebäudehöhe für die Frontfläche des Hauptgeschoßes (Erdgeschoß) eine mittlere Gebäudehöhe von 4,55 m aufweise und somit der Bauklasse entspreche ("eindeutig unter der Bauklasse II"), sei der Einwand des Beschwerdeführers nicht nachvollziehbar. Die "vermutete Schlussfolgerung", dass der First des Satteldaches bzw. im Beschwerdefall die "Krüppelwalmtraufe des Giebels" unterhalb der zulässigen Gebäudehöhe gemäß dem Bebauungsplan liegen müsse, sei im Hinblick auf § 53 Abs. und 5 BO nicht zutreffend. Eine Übereinstimmung mit den Bestimmungen des Bebauungsplanes sei gegeben.

Ergänzend sei festzuhalten, dass seitens des bautechnischen Amtssachverständigen sehr wohl den Nachbarrechten des Beschwerdeführers im vollen Umfang Rechnung getragen worden sei. Insbesondere sei die geplante Erhöhung der Dachkonstruktion entlang der gemeinsamen Grundgrenze zu beurteilen gewesen und dem "Schutzbedürfnis" des Beschwerdeführers hinsichtlich der Bestimmungen des § 6 Abs. 2 Z. 1 bis 3 BO Rechnung zu tragen gewesen.

Zu § 6 Abs. 2 Z 2 BO habe sich ergeben, dass durch die Erhöhung der Dachtraufe keine Immissionen für das Anrainergrundstück entstünden. Es sei aus den Berufungsausführungen nicht erkennbar, welche Immissionen der Beschwerdeführer gemeint habe, weil ein freier Lichteinfall nicht unter den Terminus "Immissionen" falle, sondern dieser "für zulässige Hauptfenster" in Z 3 des § 6 Abs. 2 BO behandelt werde. Ebenso seien die Bebauungsweise sowie die Gebäudehöhe im Sinne des § 6 Abs. 2 Z 3 BO in Übereinstimmung mit dem Bebauungsplan eingehalten worden. Da dies bereits aus den vorliegenden Plänen eindeutig erkennbar gewesen sei, sei (im erstinstanzlichen Bescheid) eine detaillierte Begründung der Einhaltung der Bebauungshöhe unterblieben. Ein solcher Einwand sei auch im Zuge des Lokalaugenscheins der gegenständlichen Verhandlung nicht erhoben worden, sondern es sei lediglich der Wegfall des Lichteinfalles auf die Photovoltaikanlage des Beschwerdeführers angeführt worden. Die Bezeichnung Photovoltaikanlage bzw. der Rechtsanspruch auf eine ausreichende Belichtung bestehender Photovoltaikanlagen seien in § 6 Abs. 2 Z 3 BO, in welchem ausdrücklich von einer ausreichenden Belichtung der Hauptfenster (§ 4 Z 9 BO) die Rede sei, nicht vorgesehen, weshalb darauf nicht einzugehen gewesen sei.

Der Beschwerdeführer erhob Vorstellung und legte ein Lichtbild vor.

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde die Vorstellung als unbegründet abgewiesen. Dazu wies die belangte Behörde nach Darlegung des Verfahrensganges und der maßgeblichen gesetzlichen Bestimmung zunächst darauf hin, dass der Beschwerdeführer, der zur Bauverhandlung unter Hinweis auf die Rechtsfolgen des § 42 AVG geladen worden war, im Zuge der Bauverhandlung lediglich den Einwand erhoben habe, dass durch die geänderte Dachform der Lichteinfall auf seine Photovoltaikanlage nicht mehr im vorherigen Umfang gegeben sei. Da alle späteren Einwendungen für das gegenständliche Verfahren außer Betracht zu bleiben hätten (gemeint: wegen der eingetretenen Präklusion), sei auf die in der Berufung erstmalig vorgebrachte Behauptung, eine ausreichende Belichtung der Fenster sei nicht mehr gewährleistet, nicht mehr einzugehen. Dass es sich um Hauptfenster handeln solle, ergebe sich überhaupt erst aus der Vorstellung. Weiters werde mit der einzigen rechtzeitig erhobenen Einwendung betreffend die Reduktion des Lichteinfalles auf die Photovoltaikanlage keines der im § 6 Abs. 2 BO taxativ aufgezählten subjektiv-öffentlichen Rechte geltend gemacht. So sei eine Subsumierung dieses Einwands unter § 6 Abs. 2 Z 3 BO nicht möglich, weil diese Bestimmung der Erzielung einer ausreichenden Belichtung der Hauptfenster, nicht jedoch einer Photovoltaikanlage, diene. Zudem stelle die Bestimmung auf eine ausreichende Belichtung der Hauptfenster ab, nicht aber auf deren Besonnung. Ebensowenig sei Schattenwurf eine Immission im Sinne des § 48 BO. Weder komme dadurch eine Gesundheitsgefährdung noch eine örtlich unzumutbare Belästigung in Betracht und es seien die in § 48 Z 2 BO genannten Emissionen taxativ aufgezählt. Schließlich sei noch zu beachten, dass im gegenständlichen Fall eine gekuppelte Bauweise geboten und damit ein Anbauen an das Nachbargrundstück zwingend vorgeschrieben sei. Die zulässige Bauhöhe werde jedenfalls eingehalten, eine Verletzung von Nachbarrechten sei nicht gegeben.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und, ebenso wie die mitbeteiligten Bauwerber, in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerde macht geltend, dass die belangte Behörde es unterlassen habe, den Sachverhalt amtswegig vollständig zu ermitteln, zumal die am Dach des Einfamilienhauses des Beschwerdeführers befindlichen Hauptfenster nicht nur (von der Baubehörde 1. Instanz) im Zuge der Bauverhandlung am 20. Jänner 2010 besichtigt worden seien, sondern auch den auf Grund einer der Vorstellung angeschlossenen Beilage entnommen werden könnten. Im Übrigen übersehe die belangte Behörde, dass auf die Beschattung des Daches der Liegenschaft und somit ("inkludiert") auch des Hauptfensters am Dach (als Folge der geplanten Erhöhung des Daches um bis zu einem Meter) bereits in der Bauverhandlung vom 20. Jänner 2010 hingewiesen worden sei. Folglich wäre auch die Beeinträchtigung der Hauptfenster der Liegenschaft des Beschwerdeführers Prüfungsgegenstand der Vorinstanzen als auch der belangten Behörde und es wären technische Überprüfungen durchzuführen gewesen. Die das Gegenteil behauptende Begründung sei jedenfalls nicht nachvollziehbar. Entgegen der Ansicht der belangten Behörde stellten die vom Beschwerdeführer vorgebrachten Einwendungen subjektiv-öffentliche Interessen dar, weil der Niederösterreichische Landesgesetzgeber in § 6 BO ausdrücklich den Schutz vor Immissionen eingeräumt habe. Jedenfalls falle die Beschattung des Hauptfensters wie jene der Photovoltaikanlage unter den Immissionstatbestand der BO.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das Mitspracherecht des Nachbarn im Baubewilligungsverfahren in zweifacher Weise beschränkt: Es besteht einerseits nur insoweit, als dem Nachbarn nach den in Betracht kommenden baurechtlichen Vorschriften subjektiv-öffentliche Rechte zukommen, und andererseits nur in jenem Umfang, in dem der Nachbar solche Rechte im Verfahren durch die rechtzeitige Erhebung entsprechender Einwendungen wirksam geltend gemacht hat (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Dezember 1980, Slg. Nr. 10.317/A, uva.). Das gilt weiterhin auch für den Nachbarn, der i.S. des § 42 AVG idF seit der Novelle BGBl. I Nr. 158/1998 die Parteistellung behalten hat.

Gemäß § 6 Abs. 1 Z 3 der NÖ Bauordnung 1996 (in der Folge: BO) haben Parteistellung im Baubewilligungsverfahren die Eigentümer der Grundstücke, die an das Baugrundstück angrenzen oder von diesem durch dazwischen liegende Grundflächen mit einer Gesamtbreite bis zu 14 m (z.B. schmale Grundstücke, Verkehrsflächen, Gewässer, Grüngürtel) getrennt sind (Nachbarn). Nachbarn sind nur dann Parteien, wenn sie durch das Bauwerk und dessen Benützung in den in Abs. 2 erschöpfend festgelegten subjektiv-öffentlichen Rechten berührt sind.

§ 6 Abs. 2 BO lautet:

"(2) Subjektiv-öffentliche Rechte werden begründet durch jene Bestimmungen dieses Gesetzes, des NÖ Raumordnungsgesetzes 1976, LGBl. 8000, der NÖ Aufzugsordnung, LGBl. 8220, sowie der Durchführungsverordnungen zu diesen Gesetzen, die

1. die Standsicherheit, die Trockenheit und den Brandschutz der Bauwerke der Nachbarn (Abs. 1 Z. 4) sowie

2. den Schutz vor Immissionen (§ 48), ausgenommen jene, die sich aus der Benützung eines Gebäudes zu Wohnzwecken oder einer Abstellanlage im gesetzlich vorgeschriebenen Ausmaß (§ 63) ergeben, gewährleisten und über

3. die Bebauungsweise, die Bebauungshöhe, den Bauwich, die Abstände zwischen Bauwerken oder deren zulässige Höhe, soweit diese Bestimmungen der Erzielung einer ausreichenden Belichtung der Hauptfenster (§ 4 Z. 9) der zulässigen (bestehende bewilligte und zukünftig bewilligungsfähige) Gebäude der Nachbarn dienen".

§ 48 BO lautet:

"§ 48

Immissionsschutz

(1) Emissionen, die von Bauwerken oder deren Benützung ausgehen, dürfen

  1. 1. das Leben oder die Gesundheit von Menschen nicht gefährden;
  2. 2. Menschen durch Lärm, Geruch, Staub, Abgase, Erschütterungen, Blendung oder Spiegelung nicht örtlich unzumutbar belästigen.

(2) Ob Belästigungen örtlich zumutbar sind, ist nach der für das Baugrundstück im Flächenwidmungsplan festgelegten Widmungsart und der sich daraus ergebenden zulässigen Auswirkung des Bauwerks und dessen Benützung auf einen gesunden, normal empfindenden Menschen zu beurteilen."

§ 53 BO lautet auszugsweise:

"§ 53

Höhe der Bauwerke

(1) Die Gebäudehöhe ist nach der mittleren Höhe der Gebäudefront (Berechnung: Frontfläche durch größte Frontbreite) zu bemessen.

Die Gebäudefront wird

* nach unten bei Gebäudefronten an der Straßenfluchtlinie durch den Verschnitt mit dem Straßeniveau in dieser Linie, ansonsten mit der bestehenden oder bewilligten Höhenlage des Geländes und

* nach oben durch den Verschnitt mit der Dachhaut oder mit

dem oberen Abschluss der Gebäudefront begrenzt.

(5) Bei Giebelfronten darf die Bebauungshöhe oder höchstzulässige Gebäudehöhe (§ 69 Abs. 1 Z. 3) bis zu 3 m überschritten werden. …"

§ 70 BO lautet auszugsweise:

"§ 70

Regelung der Bebauung

(1) Die Bebauungsweise regelt die Anordnung der Gebäude auf dem Grundstück. Sie kann unter anderem auf eine der folgenden Arten festgelegt werden:

1. geschlossene Bebauungsweise die Gebäude sind von seitlicher zu seitlicher Grundstücksgrenze oder bis zu einer Baufluchtlinie (z.B. Eckbauplätze) zu bauen; Gebäude und Gebäudegruppen mit geschlossener, einheitlicher baulicher Gestaltung (z.B. Einfriedungsmauer) an oder gegen Straßenfluchtlinien gelten ebenfalls als geschlossene Bebauungsweise; z.B.: (es folgen Skizzen)

2. gekuppelte Bebauungsweise die Gebäude auf zwei Bauplätzen sind an der gemeinsamen seitlichen Grundstücksgrenze aneinander anzubauen und an den anderen seitlichen Grundstücksgrenzen ist ein Bauwich einzuhalten; z.B.: (es folgen Skizzen)

3. einseitig offene Bebauungsweise alle Gebäude sind an eine für alle Bauplätze gleich festgelegte seitliche Grundstücksgrenze anzubauen, an den anderen seitlichen Grundstücksgrenzen ist ein Bauwich einzuhalten; z.B.: (es folgen Skizzen)

4. offene Bebauungsweise an beiden Seiten ist ein Bauwich einzuhalten; z.B.: (es folgen Skizzen)

5. freie Anordnung der Gebäude an beiden Seiten ist ein Bauwich einzuhalten, eine höchstzulässige Geschoßflächenzahl und Gebäudehöhe ist festgelegt, z.B.: (es folgen Skizzen)

..

Die Bebauungsweise darf wahlweise als offene oder gekuppelte festgelegt werden. Der Bauwerber darf ein Wahlrecht zwischen offener und gekuppelter Bebauungsweise nur unter Bedachtnahme auf die bereits bestehenden und bewilligten Gebäude ausüben, sofern das Wahlrecht nicht schon durch frühere Bauvorhaben verbraucht ist.

(2) Die Bebauungshöhe ist die im Geltungsbereich der Bebauungsweisen nach Abs. 1 Z. 1 - 4 in Bauklassen festgelegte Gebäudehöhe.

Die Bauklassen werden unterteilt in Bauklasse I bis 5 m

Bauklasse II über 5 m bis 8 m

Bauklasse III …"

Die Berufungsbehörde hat ua. darauf verwiesen, dass angesichts der Festlegungen im Bebauungsplan und des bereits gegebenen Baubestandes die Bauwerber verpflichtet waren, ihr Haus an der gemeinsamen Grundgrenze anzubauen. Weiters hat sie dargelegt, dass das Haus der Bauwerber, insbesondere auch die Giebelfront (und zwar jene, die an das Haus des Beschwerdeführers angebaut ist), die zulässige Höhe einhält (ja sogar darunter bleibt). Das wird vom Beschwerdeführer auch nicht bestritten.

Die Einschränkung in § 6 Abs. 2 Z. 3 BO "... soweit diese Bestimmungen der Erzielung einer ausreichenden Belichtung der Hauptfenster (§ 4 Z. 9) der zulässigen (bestehenden bewilligten und zukünftig bewilligungsfähigen) Gebäude der Nachbarn dienen" kommt wegen der gekuppelten Bauweise gar nicht zum Tragen; darauf käme es nur an, wenn etwa die zulässige Bebauungshöhe oder der geforderte Seitenabstand vom Projekt nicht eingehalten würde. Ein von der Bebauungsweise, der Bebauungshöhe, dem Bauwich, den Abständen zwischen Bauwerken oder deren zulässiger Höhe losgelöstes Recht auf Erzielung einer ausreichenden Belichtung der Hauptfenster kennt die BO nicht.

Damit hat die belangte Behörde jedenfalls im Ergebnis die Vorstellung zutreffend abgewiesen, sodass es auf die Frage, ob der Beschwerdeführer in der Verhandlung vom 29. Dezember 2009 mit seiner Einwendung die Überschreitung der Bebauungshöhe geltend gemacht hat, gar nicht ankommt.

Im Übrigen übersieht der Beschwerdeführer, dass mit dem Begriff "ausreichende Belichtung der Hauptfenster" in § 6 Abs. 2 Z. 3 BO nicht jeglicher Lichteinfall, sondern jener unter 45 Grad (im Sinne des § 50 Abs. 3 bzw. des § 53 BO) gewährleistet sein soll (siehe dazu das hg. Erkenntnis vom 25. Februar 2005, Zl. 2004/05/0020, mwN.; vgl. auch § 39 Abs. 3 bzw. § 107 Abs. 3 Nö. Bautechnikverordnung 1997).

Wie der Beschwerdeführer zutreffend anspricht, räumen die in § 48 BO getroffenen Immissionsschutzregelungen einem Nachbarn gemäß § 6 Abs. 2 Z. 2 BO das subjektiv-öffentliche Recht ein, dass von einem Bauwerk oder dessen Benützung keine Emissionen ausgehen, die das Leben oder die Gesundheit von Menschen gefährden oder Menschen durch Lärm, Geruch, Staub, Abgase, Erschütterungen, Blendung oder Spiegelung örtlich unzumutbar belästigen. Ein subjektiv-öffentliches Nachbarrecht kommt im Sinne des § 48 Abs. 1 Z. 2 BO aber nur im Hinblick auf jene Immissionen in Frage, die in dieser Bestimmung taxativ aufgezählt sind. Nur diese Belästigungen hat die Baubehörde zu prüfen; hinsichtlich anderer Immissionen kommt entweder ein anderes Verwaltungsverfahren oder der Zivilrechtsweg in Betracht (siehe für viele das hg. Erkenntnis vom 19. Jänner 2010, Zl. 2009/05/0020). Der Einwand des Beschwerdeführers, durch die geänderte Dachform werde der Lichteinfall auf seine Photovoltaikanlage beeinträchtigt, stellt keine im Baubewilligungsverfahren zu beachtende Einwendung im Sinne des § 48 Abs. 1 Z 1 BO dar, weil diese behauptete Immission (Beschattung) - wie die belangte Behörde richtig erkannt hat - in § 48 Abs. 1 Z. 2 BO nicht genannt ist. (Das gilt sinngemäß auch für die Fenster auf dem Dach.)

Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt. Es kann dahingestellt bleiben, ob der im Beschwerdefall in Rede stehende Anspruch als "civil right" im Sinne der EMRK zu beurteilen ist, weil im vorliegenden Fall die Durchführung einer mündlichen Verhandlung aus folgenden Gründen jedenfalls nicht erforderlich ist: Gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG kann der Verwaltungsgerichtshof ungeachtet eines Parteienantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und wenn Art. 6 Abs. 1 EMRK dem nicht entgegensteht.

Der EGMR hat in seinen Entscheidungen vom 10. Mai 2007, Nr. 7401/04 (Hofbauer/Österreich Nr. 2), und vom 3. Mai 2007, Nr. 17.912/05 (Bösch/Österreich), unter Hinweis auf seine frühere Rechtsprechung dargelegt, dass der Beschwerdeführer grundsätzlich ein Recht auf eine mündliche Verhandlung vor einem Tribunal hat, außer es lägen außergewöhnliche Umstände vor, die eine Ausnahme davon rechtfertigen. Der EuGH hat das Vorliegen solcher außergewöhnlichen Umstände angenommen, wenn das Verfahren ausschließlich rechtliche oder "hoch-technische" Fragen (exclusively legal or highly technical questions") betrifft. Der Gerichtshof verwies auch auf das Bedürfnis der nationalen Behörden nach zweckmäßiger und wirtschaftlicher Vorgangsweise, das angesichts der sonstigen Umstände des Falles zum Absehen von einer mündlichen Verhandlung berechtigte.

Diese Voraussetzungen liegen auch im Beschwerdefall vor: Der entscheidungswesentliche Sachverhalt ergibt sich aus den Akten (auch in Übereinstimmung mit dem von ihm vorgelegten Lichtbild); in rechtlicher Hinsicht ist der Beschwerdefall durch die Rechtslage und die bisherige Rechtsprechung geklärt, wobei (davon abgesehen) zur Lösung von Rechtsfragen im Sinne der Judikatur des EGMR eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist. Art. 6 EMRK steht somit dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung nicht entgegen. Die Entscheidung konnte daher im Sinne des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 25. September 2012

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