Normen
AVG §8;
BauO NÖ 1996 §48;
BauO NÖ 1996 §6 Abs1 Z3;
BauO NÖ 1996 §6 Abs1;
BauO NÖ 1996 §6 Abs2 Z2;
BauRallg;
AVG §8;
BauO NÖ 1996 §48;
BauO NÖ 1996 §6 Abs1 Z3;
BauO NÖ 1996 §6 Abs1;
BauO NÖ 1996 §6 Abs2 Z2;
BauRallg;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.321,70 und der erstmitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 2.501,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren der belangten Behörde und der erstmitbeteiligten Partei wird abgewiesen.
Begründung
Mit Ansuchen vom 15. Mai 2009 beantragte die zweitmitbeteiligte Partei die Erteilung der baubehördlichen Bewilligung für den Zubau einer Wohnung im Dachgeschoß eines Gebäudes auf einer näher bezeichneten Liegenschaft in H.
Mit Schreiben vom 24. Juni 2009 erhoben die Beschwerdeführer schriftlich Einwendungen gegen das Bauvorhaben und brachten vor, dass sich die gegenständliche Liegenschaft im Grünland befinde und es in Wahrheit um die Erweiterung und Ausdehnung der vorhandenen Betriebsanlage gehe. Die derzeitigen Immissionen gingen über das ortsübliche Maß hinaus und würden durch das gegenständliche Projekt noch verstärkt werden. Insbesondere käme es durch die Kraftfahrzeuge zu einer erhöhten Lärm- und Geruchsbelästigung und einer Beeinträchtigung der Licht- und Parksituation.
Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 29. Juni 2009 erteilte der Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde mit Bescheid vom 2. Juli 2009 die beantragte Baubewilligung. In der Begründung dieses Bescheides wurde ausgeführt, dass die Einwendungen des Zweitbeschwerdeführers, der "kein Grundstücksbesitzer" sei, mangels Parteistellung als unzulässig zurückzuweisen seien. Die Einwände der Erstbeschwerdeführerin würden sich lediglich auf den gewerblichen Teil beziehen und seien im gegenständlichen Bauverfahren betreffend "Zubau einer Wohnung im Dachgeschoß" nicht berechtigt. Die Flächenwidmung sei kein Anrainerrecht. Die Einwendungen der Erstbeschwerdeführerin seien daher abzuweisen.
In der dagegen eingebrachten Berufung behaupteten die Beschwerdeführer wiederum das Vorliegen von mit einer flächenwidmungswidrigen Nutzung verbundenen Immissionen.
Mit Bescheid des Gemeindevorstandes der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 2. September 2009 wurde die Berufung des Zweitbeschwerdeführers mangels Parteistellung als unzulässig zurückgewiesen und die Berufung der Erstbeschwerdeführerin mangels Geltendmachung von subjektiv-öffentlichen Nachbarrechten als unbegründet abgewiesen.
In ihrer dagegen erhobenen Vorstellung führten die Beschwerdeführer im Wesentlichen aus, dass der Zweitbeschwerdeführer zwar nicht Eigentümer der Nachbarliegenschaft sei, er dort jedoch ein faktisches Wohnrecht habe und daher einem Mieter gleichzusetzen sei, weshalb ihm auch Parteistellung im Baubewilligungsverfahren zukomme. Dass die Geltendmachung des Flächenwidmungsplans kein subjektivöffentliches Recht sei, sei der Erstbeschwerdeführerin bekannt, sie habe sich lediglich veranlasst gesehen, darauf hinzuweisen, nachdem sich die Baubehörde erster Instanz offenbar darüber hinweggesetzt habe. Wenn im Bescheid ausgeführt werde, dass die erhobenen Einwendungen wegen Lärm-, Geruchs- und Lichtemissionen ausschließlich den gewerblichen Teil betreffen würden, sei dem entgegenzuhalten, dass bislang Zubauten stets für die Gastwirtschaft verwendet worden seien.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Vorstellung des Zweitbeschwerdeführers als unzulässig zurück und die "Berufung" der Erstbeschwerdeführerin als unbegründet ab. Begründend führte die belangte Behörde aus, dem eingeholten Grundbuchsauszug sei zu entnehmen, dass die Erstbeschwerdeführerin Alleineigentümerin der an das Baugrundstück angrenzenden Grundstücke sei. Der Zweitbeschwerdeführer habe selbst eingeräumt, nicht Eigentümer der Nachbargrundstücke zu sein. Entgegen seiner Rechtsauffassung habe er als Bestandnehmer im Baubewilligungsverfahren keine Parteistellung, weshalb die von ihm erhobene Vorstellung als unzulässig zurückzuweisen gewesen sei. Dem Vorbringen der Erstbeschwerdeführerin hielt die belangte Behörde entgegen, dass auf die Einhaltung der einzelnen Widmungsarten des Flächenwidmungsplans nicht schlechthin ein subjektiv-öffentliches Recht bestehe; ein solches sei nur dann anzunehmen, wenn die Widmungskategorie auch einen Immissionsschutz gewährleiste. Abgesehen davon, dass die Grünlandwidmung keinen Immissionsschutz aufweise, könnten die Auswirkungen der Benützung einer Wohnung nicht geltend gemacht werden und seien daher hinzunehmen. Ein diesbezüglicher Immissionsschutzanspruch bestehe nicht.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes oder wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete, ebenso wie die erstmitbeteiligte Partei eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
1. Die Beschwerdeführer erachten sich in ihren Rechten insofern verletzt, als "deren Einwendungen als Nachbarn gegen die beantragte baubehördliche Bewilligung" nicht entsprechend berücksichtigt worden seien. Der Zweitbeschwerdeführer sei dabei "als dinglich berechtigter Pfandgläubiger und gleichzeitig Ausübender eines Wohnungsrechtes" beeinträchtigt; die Erstbeschwerdeführerin in ihrem Eigentumsrecht. Zunächst verweisen die Beschwerdeführer darauf, dass die zweitmitbeteiligte Partei auf der gegenständlichen Liegenschaft ein gastgewerbliches Lokal betreibe. Aus der Erfahrung sei davon auszugehen, dass der Zubau einer Wohnung im Dachgeschoß in weiterer Folge zu gewerblichen Zwecken verwendet werde. Selbst wenn es sich um einen rein privatrechtlichen Zubau handeln sollte, sei unberücksichtigt geblieben, dass "zum Zeitpunkt der beantragten Baubewilligung der Zubau auf der flächenmäßigen Widmung als Grünland erfolgen" sollte. Auch der von der belangten Behörde behauptete Umstand, dass es sich bei dem Objekt um ein "erhaltenswertes Gebäude" handle, rechtfertige noch lange nicht einen Zubau. Die Beschwerdeführer hätten "als Nachbarn jedenfalls ein Recht daran, dass die Flächenwidmung als Grünland auch tatsächlich eingehalten werde, zumal mit einer flächenwidmungswidrigen Nutzung eines benachbarten Grünlandgrundstückes erhebliche Immissionen verbunden" sein würden. Selbst die belangte Behörde habe diese Probleme erkannt und in weiterer Folge rechtswidrigerweise eine Änderung der Flächenwidmung auf Bauland erteilt.
2. Die hier maßgeblichen Bestimmungen der Niederösterreichischen Bauordnung (BO) haben folgenden Wortlaut:
"§ 6
Parteien, Nachbarn und Beteiligte
(1) In Baubewilligungsverfahren und baupolizeilichen Verfahren nach § 32, § 33 Abs. 2, § 34 Abs. 2 und § 35 haben Parteistellung
…
3. die Eigentümer der Grundstücke, die an das Baugrundstück angrenzen oder von diesem durch dazwischen liegende Grundflächen mit einer Gesamtbreite bis zu 14 m (z.B. schmale Grundstücke, Verkehrsflächen, Gewässer, Grüngürtel) getrennt sind (Nachbarn), und
…
Nachbarn sind nur dann Parteien, wenn sie durch das Bauwerk und dessen Benützung in den in Abs. 2 erschöpfend festgelegten subjektiv-öffentlichen Rechten berührt sind. …
(2) Subjektiv-öffentliche Rechte werden begründet durch jene Bestimmungen dieses Gesetzes, des NÖ Raumordnungsgesetzes 1976, LGBl. 8000, der NÖ Aufzugsordnung, LGBl. 8220, sowie der Durchführungsverordnungen zu diesen Gesetzen, die
1. die Standsicherheit, die Trockenheit und den Brandschutz der Bauwerke der Nachbarn (Abs. 1 Z. 4) sowie
2. den Schutz vor Immissionen (§ 48), ausgenommen jene, die sich aus der Benützung eines Gebäudes zu Wohnzwecken oder einer Abstellanlage im gesetzlich vorgeschriebenen Ausmaß (§ 63) ergeben,
gewährleisten und über
3. die Bebauungsweise, die Bebauungshöhe, den Bauwich, die Abstände zwischen Bauwerken oder deren zulässigen Höhe, soweit diese Bestimmungen der Erzielung einer ausreichenden Belichtung der Hauptfenster (§ 4 Z. 9) der zulässigen (bestehende bewilligte und zukünftig bewilligungsfähige) Gebäude der Nachbarn dienen.
…
§ 48
Immissionsschutz
(1) Emissionen, die von Bauwerken oder deren Benützung ausgehen, dürfen
- 1. das Leben oder die Gesundheit von Menschen nicht gefährden;
- 2. Menschen durch Lärm, Geruch, Staub, Abgase, Erschütterungen, Blendung oder Spiegelung nicht örtlich unzumutbar belästigen.
(2) Ob Belästigungen örtlich zumutbar sind, ist nach der für das Baugrundstück im Flächenwidmungsplan festlegten Widmungsart und der sich daraus ergebenden zulässigen Auswirkung des Bauwerkes und dessen Benützung auf einen gesunden, normal empfindenden Menschen zu beurteilen."
3.1. Aus der dargestellten Rechtslage folgt zunächst, dass nur die Eigentümer bestimmter, in § 6 Abs. 1 Z 3 BO genannter Baugrundstücke Nachbarn sein und nur diese Parteistellung im Baubewilligungsverfahren erlangen können. Der Zweitbeschwerdeführer ist nach den von ihm nicht bestrittenen Feststellungen im angefochtenen Bescheid nicht Eigentümer eines an das Baugrundstück der zweitmitbeteiligten Partei angrenzenden Grundstückes iSd § 6 Abs. 1 Z 3 BO und konnte demnach keine Parteistellung im gegenständlichen Verfahren erlangen. Die belangte Behörde ist daher zu Recht davon ausgegangen, dass dem Zweitbeschwerdeführer keine Parteistellung im Baubewilligungsverfahren der zweitmitbeteiligten Partei zukam.
3.2. Zu den von der Erstbeschwerdeführerin erhobenen Einwendungen ist festzuhalten, dass das Mitspracherecht des Nachbarn im Baubewilligungsverfahren in zweifacher Weise beschränkt ist: Es besteht einerseits nur insoweit, als dem Nachbarn nach den in Betracht kommenden baurechtlichen Vorschriften subjektiv-öffentliche Rechte zukommen, und andererseits nur in jenem Umfang, in dem der Nachbar solche Rechte im Verfahren durch die rechtzeitige Erhebung entsprechender Einwendungen wirksam geltend gemacht hat.
Auf Einhaltung der einzelnen Widmungskategorien des Flächenwidmungsplanes besteht nicht schlechthin ein subjektivöffentliches Recht; ein solches ist jedoch dann anzunehmen, wenn die Widmungskategorie auch einen Immissionsschutz gewährleistet.
Wie die belangte Behörde richtig ausgeführt hat, weist die Widmung Grünland keinen Immissionsschutz auf, weshalb der Erstbeschwerdeführerin kein subjektiv-öffentliches Recht auf Einhaltung dieser Widmung zukommt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. April 2006, Zl. 2005/05/0171, mwN.). Immissionsschutz kommt dem Nachbarn aber im Rahmen des § 48 BO zu.
Für die Erstbeschwerdeführerin ist daraus im Beschwerdefall jedoch nichts zu gewinnen, weil ihre diesbezüglichen Einwendungen auf den - nicht den Gegenstand des vorliegenden Bauverfahrens bildenden - Betrieb des Gastgewerbelokals und insbesondere die durch den Kraftfahrzeugverkehr bewirkten Lärm-, Geruchs- und Lichtemissionen bezogen waren. Aus ihrem Vorbringen ergeben sich auch keine konkreten Hinweise dafür, dass die aus dem baubehördlich bewilligten Zubau einer Wohnung im Dachgeschoß zu erwartenden Immissionen über die aus der Benützung eines Gebäudes zu Wohnzwecken hinausgingen. Bezüglich solcher Immissionen besteht jedoch kein subjektiv-öffentliches Nachbarrecht im Baubewilligungsverfahren gemäß § 6 Abs. 2 Z 2 BO.
Das Vorbringen der Erstbeschwerdeführerin, der bewilligte Zubau werde in weiterer Folge zu gewerblichen Zwecken verwendet werden, stellt hingegen eine unbegründete Behauptung dar. Im Übrigen ist darauf zu verweisen, dass es sich beim Baubewilligungsverfahren um ein Projektgenehmigungsverfahren handelt, bei dem die Zulässigkeit des Bauverfahrens auf Grund der eingereichten Pläne zu beurteilen ist; Gegenstand des Verfahrens ist das in den Einreichplänen und sonstigen Unterlagen dargestellte Projekt (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 18. Jänner 2005, Zl. 2002/05/1519), aus welchem klar erkennbar ist, dass der Zubau im Dachgeschoß zu Wohnzwecken verwendet werden soll. Schon deshalb können in der Vergangenheit erhobene Besitzstörungsklagen im Zusammenhang mit dem mit dem Gewerbebetrieb verbundenen Kraftfahrzeugverkehr keine Rolle spielen.
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Die Kostenentscheidung einschließlich des Mehrbegehrens der belangten Behörde stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung, BGBl. II Nr. 455/2008. Das Mehrbegehren der erstmitbeteiligten Partei war abzuweisen, weil die Umsatzsteuer in den Pauschalbeträgen der genannten Verordnung bereits berücksichtigt ist.
Wien, am 31. Jänner 2011
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