VwGH 2009/22/0236

VwGH2009/22/023624.4.2012

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger, die Hofräte Dr. Robl und Mag. Eder, die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober sowie den Hofrat Mag. Straßegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Perauer, über die Beschwerde der L, vertreten durch Dr. Andrea Weisert, Rechtsanwältin in 1030 Wien, Landstraßer Hauptstraße 29, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Inneres vom 15. April 2009, Zl. 129.131/7- III/4/09, betreffend Aufenthaltstitel, zu Recht erkannt:

Normen

NAG 2005 §64 Abs1;
NAG 2005 §64 Abs3;
NAGDV 2005 §8 Z7 litb;
NAG 2005 §64 Abs1;
NAG 2005 §64 Abs3;
NAGDV 2005 §8 Z7 litb;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin, einer russischen Staatsangehörigen, auf Verlängerung ihrer Aufenthaltsbewilligung "Studierender" gemäß § 19 Abs. 3 und § 64 Abs. 1 und 3 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) sowie § 8 Z 7 lit. b Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz-Durchführungsverordnung (NAG-DV) ab.

Begründend führte die belangte Behörde aus, die Beschwerdeführerin habe zuletzt über eine bis 2. November 2008 gültige Aufenthaltsbewilligung für den Zweck der Absolvierung eines Studiums verfügt. Sie begehre nunmehr die Verlängerung dieser Aufenthaltsbewilligung.

Aus einem von ihr "vorgelegten Datenblatt" gehe hervor, dass die Beschwerdeführerin seit 18. Jänner 2007 insgesamt acht Prüfungen abgelegt habe. Davon habe sie aber nur eine Prüfung "mit positivem Erfolg bestanden". Einen Nachweis über den Studienerfolg im vorangegangenen Studienjahr habe sie trotz Aufforderung nicht vorgelegt.

Die Beschwerdeführerin habe bekanntgegeben, in der Zeit von September 2006 bis März 2007 geringfügig beschäftigt gewesen zu sein. Auf Grund der "dadurch aufgetretenen freiwilligen und unbezahlten Tätigkeiten" wären Schwierigkeiten entstanden, wodurch sie psychisch in Mitleidenschaft gezogen worden wäre. Deshalb hätte sie "einen negativen Studienerfolg" erzielt. In der Zeit von September 2007 bis Jänner 2008 wäre sie ihrem Vorbringen zufolge durch die Erkrankung ihrer Großmutter, die nunmehr verstorben wäre, psychisch schwer belastet gewesen. Auch wären persönliche Belastungen "durch Ihren damaligen Freund und nunmehrigen zukünftigen Ehemann aufgetreten". Weiters hätte sich die Beschwerdeführerin darauf berufen, im Studienjahr 2005/06 über den gesetzlich notwendigen Studienerfolg verfügt zu haben. Jedoch hätten sich durch Änderungen "in der Studienrichtung" Verzögerungen im Studium ergeben.

In ihrer rechtlichen Beurteilung ging die belangte Behörde davon aus, die von der Beschwerdeführerin geltend gemachten Gründe könnten keine tauglichen Gründe im Sinn des § 64 Abs. 3 letzter Satz NAG darstellen, wonach trotz Fehlens des Studienerfolges eine Aufenthaltsbewilligung verlängert werden könne, wenn Gründe vorliegen, die der Einflusssphäre des Drittstaatsangehörigen entzogen, unabwendbar oder unvorhersehbar seien. Dazu führte die belangte Behörde aus, eine allfällig ausgeübte Erwerbstätigkeit dürfe das Studium, dessen Betreiben an sich den ausschließlichen Aufenthaltszweck darstelle, nicht beeinträchtigen. Nachweise für die Krankheit und das Ableben der Großmutter habe die Beschwerdeführerin nicht vorgelegt. Die "aufgetretenen Schwierigkeiten mit einem um 14 Jahre älteren Freund" seien weder der Einflusssphäre der Beschwerdeführerin entzogen noch stellten sie einen unabwendbaren oder unvorhersehbaren Grund nach § 64 Abs. 3 NAG dar. Die angeblichen Schwierigkeiten infolge eines geänderten Studienplanes habe die Beschwerdeführerin nicht "eingehend präzisiert". Solche könnten daher nicht nachvollzogen werden. Überdies habe die Beschwerdeführerin auch keine medizinischen Belege für ihre "angeführten psychischen Belastungen" vorgelegt.

Da ein Studienerfolg fehle und Gründe im Sinn des § 64 Abs. 3 letzter Satz NAG nicht vorlägen, sei dem Antrag der Beschwerdeführerin keine Folge zu geben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde nach Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde erwogen:

Die Beschwerdeführerin bestreitet nicht die Richtigkeit der behördlichen Ausführungen, dass der für die Verlängerung ihrer Aufenthaltsbewilligung notwendige Studienerfolg nicht vorliege. Sie beruft sich allerdings wie bereits im Verwaltungsverfahren auf § 64 Abs. 3 letzter Satz NAG.

Gemäß § 64 Abs. 3 NAG (in der hier maßgeblichen Stammfassung) ist die Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung, wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen der Durchführung eines ordentlichen oder außerordentlichen Studiums dient, für diesen Zweck nur zulässig, wenn dieser nach den maßgeblichen studienrechtlichen Vorschriften einen Studienerfolgsnachweis der Universität, Fachhochschule oder akkreditierten Privatuniversität erbringt. Liegen Gründe vor, die der Einflusssphäre des Drittstaatsangehörigen entzogen, unabwendbar oder unvorhersehbar sind, kann trotz Fehlens des Studienerfolges eine Aufenthaltsbewilligung verlängert werden.

Zu Gründen im Sinn des § 64 Abs. 3 letzter Satz NAG weist die Beschwerdeführerin zunächst darauf hin, dass sie am 1. Oktober 2003 mit dem Vorstudienlehrgang begonnen habe und seit 1. März 2005 das Bakkalaureatstudium "Ü" als ordentliche Studentin an der Universität Wien betreibe. Infolge der Änderung des Studienplanes sei es jedoch "studienintern" zu verschiedenen Lehrplanänderungen gekommen. Diese seien zunächst von der Beschwerdeführerin nicht erkannt worden. Sie habe daher an Lehrveranstaltungen teilgenommen, die sie nach dem neuen Studienplan noch nicht oder nicht mehr zu absolvieren gehabt hätte. Überdies herrsche an der Universität Wien ein "Professorenmangel". Es sei schwer, "einen Platz in einer Lehrveranstaltung, die Voraussetzung für die positive Ablegung einer Prüfung" sei, "zu ergattern".

Der Verwaltungsgerichtshof hat allerdings - bezogen auf persönliche Fähigkeiten eines Studenten und die Rahmenbedingungen eines Studiums - bereits festgehalten, dass es an sich allein im Einflussbereich eines Studenten liege, innerhalb des von der Universität vorgegebenen Studienplans zu bestimmten Zeiten Prüfungen absolvieren zu können. Im Rahmen der einem Studenten zustehenden Lernfreiheit hat ein Student bei den Prüfungsvorbereitungen selbst dafür Sorge zu tragen, dass die positive Ablegung von Prüfungen - bezogen auf das im NAG verlangte Ausmaß - jedenfalls möglich ist. Wenn - so wie hier - ein Student Studienplanänderungen nicht rechtzeitig erkennt und im Rahmen der Prüfungsvorbereitungen nicht entsprechende Schritte setzt, um beim Betreiben des Studiums und zum Erreichen des Studienfortschrittes darauf Bedacht zu nehmen, kann nicht davon ausgegangen werden, es liege ein Grund vor, der seiner Einflusssphäre entzogen, unabwendbar oder unvorhersehbar gewesen sei (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 22. September 2009, Zl. 2009/22/0198, und vom 18. März 2010, Zl. 2009/22/0129).

Weiters hat der Verwaltungsgerichtshof bereits ausgesprochen, dass psychische Belastungen infolge der Erkrankung oder des Todes eines Familienmitgliedes nicht unter den Tatbestand des § 64 Abs. 3 letzter Satz NAG fallen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 13. Dezember 2011, Zl. 2011/22/0274, mwN).

Somit erweist sich das Vorbringen der Beschwerdeführerin zu den Studienplanänderungen sowie zur Krankheit und zum Tod der Großmutter nicht als geeignet, einen Grund im Sinn des § 64 Abs. 3 letzter Satz NAG darzutun.

Soweit die Beschwerdeführerin auf ihre Erwerbstätigkeit hinweist, ist ihr entgegenzuhalten, dass schon die belangte Behörde zu Recht darauf hingewiesen hat, dass eine solche gemäß § 64 Abs. 2 letzter Satz NAG (in der Stammfassung) das Erfordernis des Studiums als ausschließlicher Aufenthaltszweck nicht beeinträchtigen darf.

Vor dem Hintergrund dieser Rechtslage gehen aber auch die auf die oben angeführten Umstände bezugnehmenden Behauptungen zu Ermittlungsmängeln fehl.

Dass darüber hinaus noch andere Gründe im Sinn des § 64 Abs. 3 letzter Satz NAG vorgelegen wären, wird in der Beschwerde nicht behauptet. Auf die im Verwaltungsverfahren geltend gemachten persönlichen Probleme mit dem künftigen Ehemann der Beschwerdeführerin musste hier daher nicht weiter eingegangen werden.

Da nach dem Gesagten die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am 24. April 2012

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