VwGH 2009/21/0103

VwGH2009/21/010329.2.2012

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher und Dr. Pfiel sowie die Hofrätin Dr. Julcher als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Dobner, über die Beschwerde des E in K, vertreten durch Dr. Rudolf Breuer, Rechtsanwalt in 2700 Wiener Neustadt, Hauptplatz 28, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark vom 6. April 2009, Zl. 2F 741/2008, betreffend Erlassung eines unbefristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Normen

FrPolG 2005 §56 Abs1;
FrPolG 2005 §56 Abs2;
FrPolG 2005 §60 Abs2 Z1;
FrPolG 2005 §60 Abs2 Z5;
FrPolG 2005 §86 Abs1;
FrPolG 2005 §56 Abs1;
FrPolG 2005 §56 Abs2;
FrPolG 2005 §60 Abs2 Z1;
FrPolG 2005 §60 Abs2 Z5;
FrPolG 2005 §86 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 41,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der 1977 geborene Beschwerdeführer stammt aus dem Kosovo und gehört der albanischen Volksgruppe an. Er reiste am 21. Februar 2005 nach Österreich ein und stellte hier einen Asylantrag. Dieser wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes gemäß § 7 Asylgesetz 1997 abgewiesen; außerdem wurde festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Serbien und Montenegro gemäß § 8 Abs. 1 Asylgesetz 1997 zulässig sei, und es wurde der Beschwerdeführer gemäß § 8 Abs. 2 Asylgesetz 1997 ausgewiesen. Die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung zog der Beschwerdeführer, der am 6. August 2005 eine österreichische Staatsbürgerin geheiratet hatte, am 11. August 2005 zurück.

Im Hinblick auf die erwähnte Eheschließung wurden dem Beschwerdeführer Aufenthaltstitel erteilt. Zuletzt erhielt er, mit Gültigkeit vom 17. September 2007 bis 10. Juni 2009, einen Aufenthaltstitel "Familienangehöriger".

Während seines Aufenthaltes in Österreich ergingen gegen den Beschwerdeführer zwei rechtskräftige strafgerichtliche Verurteilungen. Zunächst durch das Landesgericht Klagenfurt am 27. September 2007 wegen des Vergehens der Schlepperei nach § 114 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe im Ausmaß von fünf Monaten und dann durch das Landesgericht Eisenstadt am 26. Juni 2008 wegen des Verbrechens der teils versuchten, teils vollendeten Schlepperei nach § 114 Abs. 2 und 4 erster Fall sowie Abs. 5 erster Fall FPG, § 15 StGB zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von drei Jahren (unbedingter Strafteil ein Jahr). Dem letztgenannten Urteil liegt zugrunde, dass der Beschwerdeführer dadurch, dass er

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage durch die belangte Behörde erwogen:

Die belangte Behörde hat die von ihr bejahte Zulässigkeit des gegenständlichen Aufenthaltsverbotes in Anbetracht der aufrechten Ehe des Beschwerdeführers mit einer österreichischen Staatsbürgerin zutreffend am Maßstab des § 86 Abs. 1 FPG - in der hier noch anzuwendenden Stammfassung - geprüft. Demnach durfte es erlassen werden, wenn auf Grund des persönlichen Verhaltens des Beschwerdeführers die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist; das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt; strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahme begründen; vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig.

Der Beschwerdeführer weist unstrittig die eingangs dargestellten strafgerichtlichen Verurteilungen auf. Im Hinblick darauf hat er zunächst zwei Aufenthaltsverbotstatbestände des § 60 Abs. 2 FPG (in der gegenständlich maßgeblichen Fassung des Betrugsbekämpfungsgesetzes 2006) verwirklicht, nämlich jenen der Z 1 (in Gestalt der zweiten und vierten Variante) und jenen der Z 5 (Begehung oder Mitwirkung an Schlepperei). Darüber hinaus sind im Fall des Beschwerdeführers aber auch - mehrfach - die Bedingungen des § 56 Abs. 2 FPG (Stammfassung) erfüllt, weil er zwei strafgerichtliche Verurteilungen wegen Schlepperei, das zweite Mal in qualifizierter Form eines Verbrechens zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe mit einjährigem unbedingten Strafteil, aufweist. Dass eine Konstellation nach § 56 Abs. 2 FPG vorliegt, stellt für sich betrachtet zwar zunächst nur ein Indiz dafür dar, dass vom Beschwerdeführer eine schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit im Sinn des § 56 Abs. 1 FPG ausgehe. Angesichts des vom Beschwerdeführer gesetzten Gesamtfehlverhaltens kann der belangten Behörde aber nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn sie annahm, von ihm gehe sogar eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr im Sinn des hier einschlägigen § 86 Abs. 1 FPG aus, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt (zu den unterschiedlichen Gefährdungsmaßstäben vgl. grundlegend das hg. Erkenntnis vom 20. November 2008, Zl. 2008/21/0603). Dazu ist zunächst auf den hohen Stellenwert hinzuweisen, der der Bekämpfung von - auch aus unionsrechtlicher Sicht besonders verpönten (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 27. März 2007, Zl. 2007/18/0135, und im Anschluss daran das hg. Erkenntnis vom 28. Juni 2007, Zl. 2007/21/0170) - Schlepperei zukommt. Der Beschwerdeführer hat einschlägige Tathandlungen nicht bloß einmal, sondern gleich mehrfach zu verantworten, wobei er sich auch durch die erste Verurteilung des Landesgerichtes Klagenfurt Ende September 2007 (dieser lag nach dem Akteninhalt ein Vorgang vom Juli 2007 zugrunde) nicht davon hat abhalten lassen, bereits im November und Dezember 2007 weitere Schlepperhandlungen zu setzen. Dabei agierte er gewerbsmäßig und war außerdem in eine kriminelle Vereinigung eingebunden. Dass er, wie in der Beschwerde nunmehr behauptet, dabei nur eine untergeordnete Rolle gespielt habe, lässt sich den strafgerichtlichen Feststellungen nicht entnehmen. Demgegenüber ist vielmehr darauf hinzuweisen, dass er für den Vorfall vom 20. November 2007 (auch) zwei weitere Fahrer für die Durchführung der geplanten Schleppung organisierte.

Auch von einem maßgeblichen Wohlverhalten des Beschwerdeführers kann, anders als die Beschwerde meint, nicht die Rede sein, liegt die letzte Tathandlung - bezogen auf den Zeitpunkt der Bescheiderlassung - doch erst knapp 15 Monate zurück bzw. befindet sich der Beschwerdeführer nach seiner bedingten Entlassung erst knapp mehr als ein halbes Jahr wieder in Freiheit. Was im Übrigen diese bedingte Entlassung aus der Strafhaft sowie die von den Strafgerichten ausgesprochenen (teil-) bedingten Strafnachsichten anlangt, so lässt sich daraus für den Beschwerdeführer nichts gewinnen, weil die Beurteilung der Gefährdung von den Fremdenbehörden eigenständig aus dem Blickwinkel des Fremdenrechtes und unabhängig von den gerichtlichen Erwägungen zur Strafbemessung vorzunehmen ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 18. Februar 2009, Zl. 2008/21/0441). Entscheidendes Gewicht kommt im vorliegenden Fall dagegen vor allem dem schon im bekämpften Bescheid betonten einschlägigen und raschen Rückfall des Beschwerdeführers zu, der zudem eine Steigerung des relevanten Fehlverhaltens erkennen lässt und der jedenfalls eine Prognose nach § 86 Abs. 1 FPG rechtfertigt.

Was die Beurteilung nach § 66 FPG (in der Fassung vor dem FrÄG 2011) anlangt, so ist die belangte Behörde ohnehin davon ausgegangen, dass die Verhängung eines unbefristeten Aufenthaltsverbotes einen massiven Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers darstellt. Sie gelangte aber ungeachtet dessen und unter ausdrücklicher Bezugnahme auf die Beziehungen des Beschwerdeführers zu seiner Ehefrau, zu seinem Stiefkind und zu seinem leiblichen Kind zu dem Ergebnis, dass die gebotene Abwägung zu seinen Lasten auszufallen habe. Diese Beurteilung ist angesichts der vom Beschwerdeführer ausgehenden Gefährlichkeit (siehe dazu die obigen Erwägungen) und angesichts des großen öffentlichen Interesses an der Unterbindung von Straftaten der hier zu Debatte stehenden Art nicht zu beanstanden. Vor diesem Hintergrund müssen die mit dem Aufenthaltsverbot einhergehenden Beeinträchtigungen und insbesondere auch die Trennung von den oben erwähnten Personen in Kauf genommen werden.

Da schließlich auch nicht zu erkennen ist, dass die belangte Behörde vor dem Hintergrund des § 63 Abs. 1 FPG (idF vor dem FrÄG 2011) von der Verhängung eines unbefristeten Aufenthaltsverbotes hätte absehen oder im Rahmen der ihr obliegenden Ermessensübung zu einem anderen Ergebnis hätte gelangen müssen, war die Beschwerde zusammenfassend gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich - im Rahmen des gestellten Begehrens - auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am 29. Februar 2012

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