Normen
BAO §288 Abs1 litd;
EStG §66;
BAO §288 Abs1 litd;
EStG §66;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von 1.286,40 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Eine im Jahr 2006 beim Beschwerdeführer durchgeführte Lohnsteuerprüfung ergab, dass für Urlaubsersatzleistungen der Jahre 2001 bis 2004 zu wenig Lohnsteuer abgerechnet worden sei.
Das Finanzamt erließ Haftungsbescheide gemäß § 82 EStG 1988 für jedes der genannten Jahre und verwies zur Begründung auf die Lohnsteuerprüfung.
Der Beschwerdeführer erhob Berufung gegen die Haftungsbescheide. Darin befasste sich der Beschwerdeführer mit der Frage der Berechnung der Urlaubsersatzansprüche seiner Arbeitnehmer. Er wies darauf hin, dass gegenständlich ausschließlich die Gesetzesbestimmung des § 10 UrlG idF des ARÄG 2000 relevant sei. Demgemäß gebühre dem Arbeitnehmer für das Urlaubsjahr, in dem das Arbeitsverhältnis ende, zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Ersatzleistung als Abgeltung für den der Dauer der Dienstzeit in diesem Urlaubsjahr im Verhältnis zum gesamten Urlaubsjahr entsprechenden Urlaub. Da das Gesetz in der Fassung des ARÄG 2000 keine nähere Berechnungsregel enthielte, sei "eine Kürzung" nur im Verhältnis der durch das Dienstverhältnis erfassten Kalendertage zu 365 Kalendertagen vorzunehmen.
In einem ergänzenden Schriftsatz monierte der Beschwerdeführer Begründungsmängel der angefochtenen Haftungsbescheide. Die Erstbehörde benenne selbst im Prüfungsbericht keine Rechtsgrundlage, auf die die gegenständlichen Nachforderungen gestützt werden könnten.
Mit Berufungsvorentscheidung vom 2. Februar 2007 wurde der Berufung betreffend 2002 stattgegeben und der Haftungsbescheid ersatzlos aufgehoben. Hinsichtlich der Jahre 2001, 2003 und 2004 wurde die Berufung abgewiesen. Begründend führte das Finanzamt aus, dass von einer Haftungsinanspruchnahme für das Jahr 2002 abgesehen werde, weil der Nachforderungsbetrag von insgesamt 31,63 EUR derart geringfügig sei, dass - anders als für die weiteren Streitjahre - im Rahmen der Ermessensübung dem Prinzip der Rechtsbeständigkeit gegenüber dem Prinzip der Rechtsrichtigkeit Vorrang einzuräumen sei.
Zur Sache sei dem Beschwerdeführer eine Stellungnahme der Prüferin übermittelt worden. Darin habe die Prüferin ausgeführt, dass der Beschwerdeführer bei der Besteuerung der Urlaubsersatzleistungen zu viele Lohnsteuertage "eingegeben" und somit zu wenig Lohnsteuer abgerechnet habe. Habe ein Dienstnehmer z. B. eine Urlaubsersatzleistung vom 26. April 2001 bis 5. Mai 2001 erhalten, habe der Beschwerdeführer im April 2001 "35 Lohnsteuertage" statt richtig 30 Tage "eingegeben". Daraus hätten sich die im Einzelnen aufgelisteten Lohnsteuernachforderungen ergeben. Ab dem Jahr 2005 sei die Lohnsteuer für die Urlaubsersatzleistung richtig abgerechnet worden. Das in der Berufung angeführte Urlaubsgesetz regle die Höhe der Ansprüche von Ersatzleistungen für nicht verbrauchten Urlaub. Für die steuerliche Behandlung seien ausschließlich die Bestimmungen des Einkommensteuergesetzes 1988 relevant.
Nach § 77 EStG 1988 sei Lohnzahlungszeitraum der Kalendermonat. Beginne oder ende die Beschäftigung während eines Kalendermonates, so sei der Lohnzahlungszeitraum der Kalendertag.
Die gegenständlichen Ersatzleistungen für nicht verbrauchten Urlaub seien nach § 67 Abs. 8 lit. d leg. cit. zu besteuern. Danach seien solche Ersatzleistungen im Kalendermonat der Zahlung zu erfassen.
Dies bedeute im oben angeführten Beispiel, dass "bei Beendigung und Bezahlung im Laufe des Monats April 2001" die Berechnung für diesen Monat April 2001 (30 Tage) zu erfolgen habe. Die Berechnung mit 30 Tagen stelle keine "Abrundung" von 35 auf 30 Tage, sondern eine dem Gesetz entsprechende Steuerberechnung dar.
Im Vorlageantrag vom 28. Februar 2007 hielt der Beschwerdeführer diesen Ausführungen - neben allgemeinen Verfahrensrügen - entgegen, dass auch aus der Berufungsvorentscheidung nicht ersichtlich sei, "für welche Mitarbeiter welche konkrete Nachrechnung und aus welchem Rechtsgrund" begehrt werde. Auch die Ermessensübung sei nicht ausreichend begründet.
Mit Vorhalt der belangten Behörde vom 12. November 2008 wurden dem Beschwerdeführer alle "auf Grund Ihrer Eingaben erwünschten Unterlagen" (u.a. die Nachversteuerungsberechnungen pro Dienstnehmer für die Kalenderjahre 2001, 2003 und 2004) übermittelt. Dazu wurde nochmals darauf hingewiesen, dass von der lohnverrechnenden Stelle der Lohnsteuerberechnung Tageslöhne für mehr als 30 Tage im Monat zu Grunde gelegt worden seien. Auf Grund der dadurch entstandenen geringeren Progression sei die Lohnsteuer zu niedrig berechnet worden. Bei richtiger Anwendung von jeweils 30 Tagen steige die Progression, was zu den von der Prüferin berechneten Nachforderungen bei den einzelnen Dienstnehmern geführt habe. Die jeweiligen Beträge (monatliche Bemessungsgrundlagen und auf Grund der Anwendung der unterschiedlichen Tagesanzahl resultierende Lohnsteuerbeträge in dementsprechend unterschiedlicher Höhe) seien aus den übermittelten Lohnsteuerberechnungsunterlagen ersichtlich.
In seiner Gegenäußerung warf der Beschwerdeführer dem Finanzamt vor, die gegenständlich anzuwendende durch Kollektivvertrag geschaffene Rechtslage außer Acht zu lassen. Aus Sicht des Beschwerdeführers stelle sich die Sachlage wie folgt dar:
"Beim gegenständlich vom Berufungswerber betriebenen Unternehmen handelt es sich um einen Saisonbetrieb auch im Sinne der Kollektivvertragsdefinition und der vom Fachverband Gastronomie und vom Fachverband Hotellerie einerseits und der Gewerkschaft Hotel, Gastgewerbe, Persönlicher Dienst andererseits abgeschlossene Zusatzkollektivvertrag für Arbeiter im Gastgewerbe betreffend Arbeitsverhältnisse in Saisonbetrieben findet gegenständlich sowohl in der Fassung vom 6. Dezember 2000, 28. März 2001 bzw. 6. Juni 2001 und 1. März 2004 Anwendung. Der genannte Zusatzkollektivvertrag ist mit 1. Jänner 2001 in Kraft getreten. Die entsprechende gesetzliche Ermächtigung, im Kollektivvertrag ein 'Arbeitsverhältnis … zu verlängern', findet sich in Art. IX Urlaubsgesetz in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 7/2001. Von dieser Ermächtigung hat der Kollektivvertrag folglich Gebrauch gemacht. Der Kollektivvertrag gibt folglich eine tatsächliche und nicht lediglich eine fiktive Verlängerung im Sinne einer abzurechnenden Urlaubsersatzleistung vor. Eine solch tatsächliche Verlängerung zeigt freilich auch entsprechende Auswirkungen auf den jeweils relevanten Lohnsteuerzeitraum. Das Arbeitsverhältnis endet nämlich erst nach der Verlängerungszeit.
In Ergänzung zu Punkt 10) des Kollektivvertrages wird durch den genannten Zusatzkollektivvertrag vorgegeben, dass in Saisonbetrieben weniger als fünf Monate dauernde Arbeitsverhältnisse durch einen am Ende des Arbeitsverhältnisses zu verbrauchenden Teil des im laufenden Urlaubsjahr erworbenen Urlaubsanspruchs zu verlängern ist, wobei dieser Teil die Hälfte des Urlaubsanspruchs, höchstens aber sieben Werktage zu betragen hat. Die von der Behörde nunmehr unterstellten 'falsch ausgewiesenen Lohnsteuertage' sind tatsächlich und bei zutreffender Betrachtung nun aber nichts anderes als die in der Praxis umgesetzte Entsprechung der obgenannten Vorgabe des Zusatzkollektivvertrages, zumal im verwendeten bzw. dem Berufungswerber zur Verfügung stehenden Lohnverrechnungsprogramm zu diesem neu eingeführten und nicht gerade kollektivvertraglich üblichen Sachverhalt eine andere Eingabemöglichkeit nicht vorgegeben und daher auch nicht möglich war. Eine Eingabe als Urlaubsersatzleistung war nicht möglich, weil falsch, ist nach der Kollektivvertragvorgabe nämlich wie bereits dargestellt nicht bloß eine fiktive, vielmehr eine tatsächliche Verlängerung des Arbeitsverhältnisses durch nunmehr tatsächlich erforderlichen Urlaubsverbrauch vorgegeben. Durch diese tatsächliche Saisonverlängerung durch Urlaubskonsum wird bei entsprechender Ausgangssituation das Arbeitsverhältnis freilich über die Monatsgrenze und einen 30-tägigen Lohnsteuerzeitraum hinaus faktisch fortgeführt und wenn folglich im gegenständlichen Zusammenhang beispielsweise von 35 Lohnsteuertagen die Rede ist, wäre tatsächlich der den Zeitraum von 30 Lohnsteuertagen
(=Kalendermonat) übersteigende Zeitraum auf den nächstfolgenden 30-
tägigen Lohnsteuerzeitraum (=folgender Kalendermonat) zu
übertragen gewesen, wobei dadurch die nunmehr behördlich vermeinte niedrigere Progression nicht unzulässig herbeigeführt worden wäre, vielmehr durch den Überhang zu verbrauchenden Urlaubes aufgrund Kollektivvertragsvorgaben vollkommen zulässig und zwingend erforderlich in das nächste Kalendermonat auch lohnsteuerrechtlich eingetreten wurde, ja zwingend einzutreten war.
…
Im gegenständlichen Zusammenhang geht es folglich nicht um den nach § 66 EStG 1988 anzuwendenden Lohnsteuertarif oder den im § 77 EStG 1988 einheitlich vorgegebenen Lohnzahlungszeitraum, sondern tatsächlich vielmehr um die in die Praxis umgesetzte Anwendung des genannten Zusatzkollektivvertrages."
Mit dem angefochtenen Bescheid wies auch die belangte Behörde die Berufung hinsichtlich der Jahre 2001, 2003 und 2004 unter Bezugnahme auf die im Vorhalteverfahren zur Kenntnis gebrachten Lohnsteuerberechnungen und die einschlägigen einkommensteuerlichen Vorschriften als unbegründet ab.
Dagegen wendet sich die Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:
Die Lohnsteuerberechnung erfolgt nach den Verhältnissen im maßgebenden Lohnzahlungszeitraum nach dem umgerechneten Jahrestarif (§ 66 EStG 1988). Bei der Berechnung der Lohnsteuer wird das Kalenderjahr gemäß Abs. 3 leg. cit. mit 360 Tagen und der Kalendermonat mit 30 Tagen angenommen (vgl. Doralt, EStG11, § 66 Tz 3).
Lohnzahlungszeitraum ist nach § 77 Abs. 1 EStG 1988 bei durchgehender Beschäftigung des Arbeitnehmers der Kalendermonat. Beginnt oder endet eine Beschäftigung während eines Kalendermonats, dann ist der Kalendertag der Lohnzahlungszeitraum.
Gemäß § 67 Abs. 8 lit. d EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 142/2000 sind Ersatzleistungen für nicht verbrauchten Urlaub, soweit sie laufenden Arbeitslohn betreffen, als laufender Arbeitslohn, soweit sie sonstige Bezüge betreffen, als sonstiger Bezug im Kalendermonat der Zahlung zu erfassen.
Der Beschwerdeführer bringt vor, der angefochtene Bescheid weise wesentliche Begründungsmängel auf, weil darin die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgeblichen Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage nicht klar und übersichtlich zusammengefasst würden.
Zur Relevanz des Begründungsmangels verweist der Beschwerdeführer auf sein Berufungsvorbringen zum Inhalt des Zusatzkollektivvertrages für Saisonbetriebe im Hotel- und Gastgewerbe. Danach würden alle Arbeitsverhältnisse durch einen am Ende des Arbeitsverhältnisses zu verbrauchenden Teil des im laufenden Urlaubsjahr erworbenen Urlaubsanspruchs in einem bestimmten Ausmaß (zur Hälfte, höchstens aber sieben Werktage) verlängert. Insoweit liege keine Urlaubsersatzleistung iSd § 67 Abs. 8 lit. d EStG 1988 vor.
Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt festgestellt hat, hat sich die Begründung eines Bescheides mit dem Parteienvorbringen in der erforderlichen Weise auseinander zu setzen und vor allem den für die rechtliche Beurteilung des Streitfalles erforderlichen Sachverhalt festzustellen. Zur Aufhebung eines angefochtenen Bescheides führt eine Unzulänglichkeit seiner Begründung dann, wenn diese Unzulänglichkeit zur Folge hat, dass einem Beschwerdeführer damit die Verfolgung seiner Rechte vor dem Verwaltungsgerichtshof oder diesem die inhaltliche Prüfung einer durch den Spruch des angefochtenen Bescheides bewirkten Verletzung der verfolgten Rechte des Beschwerdeführers verwehrt bleibt (vgl. für viele etwa das hg. Erkenntnis vom 29. Oktober 2003, 2000/13/0028, mit weiteren Nachweisen). Dies ist im Beschwerdefall aus folgenden Gründen der Fall:
Dass eine Lohnsteuerberechnung unter Zugrundelegung eines einen Kalendermonat übersteigenden Zeitraumes unzulässig ist, ergibt sich aus dem klaren Wortlaut des § 77 Abs. 1 EStG 1988 und wurde vom Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren auch eingeräumt. Sein Berufungsvorbringen lief vielmehr darauf hinaus, dass das Finanzamt hinsichtlich des in natura zu verbrauchenden Urlaubs ("Saisonverlängerung") zu Unrecht vom Vorliegen von Urlaubsersatzleistungen ausgegangen sei. Darauf sind weder das Finanzamt noch die belangte Behörde in einer Weise eingegangen, die dem Verwaltungsgerichtshof eine inhaltliche Prüfung der im Instanzenzug bestätigten Lohnsteuerhaftung ermöglichen würde.
Die dem Beschwerdeführer dazu übermittelten Unterlagen befassen sich lediglich mit der Neuberechnung der Lohnsteuer unter der Annahme, es lägen insgesamt Urlaubsersatzleistungen vor. Auch die Stellungnahme der Prüferin trägt nichts zur Erhellung des Sachverhaltes bei, wenn darin an Hand eines Beispielsfalles von einer "Urlaubsersatzleistung vom 26.4.01 bis 5.5.01" gesprochen und zugleich ausgedrückt wird, es liege eine "Beendigung und Bezahlung im Laufe des Monates April 2001" vor. War der Urlaub anteilsmäßig - im Beispielsfall etwa vom 2. Mai bis 5. Mai 2001 - in natura zu verbrauchen, so konnte in Ansehung dieses Zeitraumes gerade keine nach § 67 Abs. 8 lit. d EStG 1988 zu versteuernde Ersatzleistung (Geldleistung) für nicht verbrauchten Urlaub vorliegen. Die belangte Behörde hat es unterlassen, diesen Widerspruch aufzuklären. Feststellungen, welche Urlaubsansprüche in natura zu verbrauchen waren und welche gesondert abzugelten waren, wurden nicht getroffen. Solcherart kann es aber nicht ausgeschlossen werden, dass die belangte Behörde auch solche Beträge als "Ersatzleistungen" gemäß § 67 Abs. 8 lit. d EStG 1988 behandelt hat, die sich tatsächlich als Fortzahlung des Grundlohnes während des Urlaubs ("im Folgemonat") darstellen.
Der angefochtene Bescheid war daher infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am 28. Juni 2012
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