VwGH 2009/05/0340

VwGH2009/05/034025.9.2012

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Hofräte Dr. Waldstätten, Dr. Enzenhofer und Dr. Moritz sowie die Hofrätin Dr. Pollak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Kalanj, über die Beschwerden 1. der R S in H, vertreten durch Dr. Herwig Hasslacher, Rechtsanwalt in 9500 Villach, Hauptplatz 25, und

2. des G S in Salzburg, vertreten durch Dr. Gerhard Lebitsch, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Rudolfskai 4, gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 9. November 2009, Zl. 15-ALL- 1431/2009, betreffend Anordnung der Ersatzvornahme und Kostenvorauszahlungsauftrag i.A. einer Kanalanschlussverpflichtung, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §59 Abs1;
GdKanalisationsG Krnt 1999 §4 Abs2;
GdKanalisationsG Krnt 1999 §4 Abs5;
GdKanalisationsG Krnt 1999 §4;
VVG §2;
VVG §4 Abs1;
AVG §59 Abs1;
GdKanalisationsG Krnt 1999 §4 Abs2;
GdKanalisationsG Krnt 1999 §4 Abs5;
GdKanalisationsG Krnt 1999 §4;
VVG §2;
VVG §4 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Land Kärnten zu gleichen Teilen Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

Zur Vorgeschichte des Beschwerdefalles wird auf das hg. Erkenntnis vom 18. März 2004, Zl. 2002/05/1199, verwiesen. Daraus ergibt sich, dass die Beschwerdeführer Eigentümer einer Liegenschaft mit einem Wohnhaus im Gebiet der Stadtgemeinde H. (im Folgenden: Gemeinde) sind.

Mit Bescheid des Bürgermeisters dieser Gemeinde vom 3. März 1999 wurde gegenüber den Beschwerdeführern gemäß § 4 Kärntner Gemeindekanalisationsgesetz die Pflicht zum Anschluss des auf diesem Grundstück errichteten Wohnhauses an die Kanalisationsanlage H. ausgesprochen.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 6. Juli 2001 wurde der den vorgenannten Bescheid bestätigende Berufungsbescheid des Stadtrates der Gemeinde vom 17. Juli 2000 behoben und die Sache zur neuerlichen Entscheidung an die Berufungsbehörde zurückverwiesen. Tragender Aufhebungsgrund war, dass die Berufungsbehörde die Beschwerdeführer zur nunmehr beabsichtigen Variante, deren Objekt im Norden anzuschließen, wodurch (so die Auffassung der Berufungsbehörde) sich die Länge der von ihnen zu errichtenden Hausanschlussleitung auf 11 m reduziere, nicht gehört habe.

Im fortgesetzten Berufungsverfahren wurde den Beschwerdeführern Parteiengehör zur beabsichtigten Anschlussvariante und zu einem Gutachten der V GmbH gewährt. Mit Bescheid des Stadtrates vom 18. März 2002 wurde der Berufung der Beschwerdeführer keine Folge gegeben und der erstinstanzliche Bescheid vom 3. März 1999 bestätigt. Die vom Zweitbeschwerdeführer dagegen erhobene Vorstellung wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 10. September 2002 als unbegründet abgewiesen. Gegen diesen Bescheid erhoben beide Beschwerdeführer an den Verwaltungsgerichtshof Beschwerde, die mit dem zitierten Erkenntnis, soweit sie von der Erstbeschwerdeführerin erhoben wurde, zurückgewiesen und, soweit sie vom Zweitbeschwerdeführer erhoben wurde, als unbegründet abgewiesen wurde.

Da die Beschwerdeführer der genannten Anschlussverpflichtung nicht nachkamen, wurde ihnen mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft H (im Folgenden: BH) vom 18. Juli 2008 für die Erbringung der Leistung noch eine Frist bis Ende Oktober 2008 gesetzt und für den Fall, dass sie diese Verpflichtung nicht erfüllen würden, gemäß § 4 VVG die Ersatzvornahme - nämlich, dass die Leistung auf deren Gefahr und Kosten von jemandem anderen erbracht werde - angedroht.

Mit Schreiben vom 1. September 2008 erklärten die Beschwerdeführer jeweils, gegen die Androhung der Ersatzvornahme Einspruch zu erheben. Diese von der belangten Behörde als Berufungen gewerteten Eingaben wurden mit Bescheid der belangten Behörde vom 20. März 2009 als unzulässig zurückgewiesen.

Mit dem mit "Vollstreckungsverfügung" überschriebenen, in Spruch und Begründung geteilten Schreiben der BH vom 26. Mai 2009 wurde unter Hinweis auf § 1 Abs. 1 Z. 2 lit. b VVG und § 4 Abs. 1 und 2 VVG die Ersatzvornahme wie folgt angeordnet:

"I.

Bei dem im Eigentum der (Beschwerdeführer) stehenden Gebäude (...) sind zwecks Anschluss des Gebäudes an die Kanalisationsanlage (H.) folgende Maßnahmen durchzuführen:

Errichtung der Hausanschlussleitung, ausgeführt mit dem Material PVC DN 150 (oder gleichwertigem Material) und Anschluss derselben an die bestehende, im Stahlrohr eingelegte Leitung der Kanalisationsanlage mittels passendem, dichten Übergangsstück. Das Mindestgefälle der zu errichtenden Anschlussleitung darf 2 % nicht unterschreiten.

II.

Als Vorauszahlung für die Kosten der Ersatzvornahme haben (die Beschwerdeführer) den Betrag von EUR 2.262,00 bei der (BH) zu hinterlegen. Der Betrag ist zum Zweck der Hinterlegung innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung dieses Bescheides mit dem anliegenden Zahlschein an die (BH) zu überweisen.

(...)"

Dazu führte die BH u.a. aus, dass die Höhe der anfallenden Kosten für den Anschluss des Gebäudes an die Kanalisationsanlage vom bautechnischen Sachverständigen der BH mit dem genannten Betrag ermittelt und vom Sachverständigen im Gutachten vom 22. Mai 2009 zu den geschätzten Kosten der Ersatzvornahme Folgendes festgestellt worden sei:

"Die Örtlichkeit wurde am 13.05.2009 besichtigt und anhand der vom Abwasserverband (K.) vorgelegten Planunterlagen, vermessen durch das Büro Dipl.-Ing. (T.), ergibt sich eine noch zu errichtende Hausanschlussleitung von ca. 13 m Länge. Für den Zusammenschluss dieser Hausanschlussleitung sind die Vorkehrungen des Abwasserverbandes in Form eines hydraulischen Pressvortriebes (Stahlrohr DN 300), ausgehend vom Wartungsschacht II/X/05A und des darin eingeschobenen Kunststoffrohres GFK DN 150 mm, mit einem Gefälle von 2 %, getroffen worden. Die gegenständliche Anschlussleitung ist somit mit dem Material PVC DN 150 (oder gleichwertigem Material) auszuführen und der Anschluss an die bestehende im Stahlrohr eingelegte Leitung hat mittels passendem dichten Übergangsstück zu erfolgen. Auf die Errichtung eines zusätzlichen Wartungs- und Kontrollschachtes kann bedingt durch die geringe Hausanschlusslänge aus technischer Sicht verzichtet werden. Das Mindestgefälle der zu errichtenden Anschlussleitung darf 2 % nicht unterschreiten.

Bei einer Zuleitungslänge von max. 13 m und einem Einheitspreis von ca. 145,-/lfm ergeben sich inkl. der Mehrwertsteuer zu erwartende Herstellungskosten von EUR 2.262,-."

Die Beschwerdeführer erhoben dagegen mit Schreiben vom 6. Juni 2009 gemeinsam Berufung und brachten darin im Wesentlichen vor, dass die Vollstreckungsanordnung vom 26. Mai 2009 mangels einer Bescheidbezeichnung keinen Bescheid, sondern lediglich eine "Informationsnachricht" darstelle, es sich beim Bescheid des Bürgermeisters vom 3. März 1999 um keinen vollstreckbaren Leistungsbescheid handle und gegen den näher bezeichneten Vorstellungsbescheid der belangten Behörde vom 23. März 1999 Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben worden sei, die noch nicht erledigt sei, weshalb die Vollstreckungsanordnung vom 26. Mai 2009 ausgesetzt sei und der vorgeschriebene Betrag nicht gezahlt werde.

Mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid der belangten Behörde vom 9. November 2009 wurde die Berufung der Beschwerdeführer als unbegründet abgewiesen. Dazu führte die belangte Behörde aus, dass das Fehlen der ausdrücklichen Bezeichnung als Bescheid die Bescheidqualität nicht berühre. Dass es sich beim Bescheid des Bürgermeisters vom 3. März 1999 um einen "Anschlusspflichtbescheid" handle, gehe auch aus dem zitierten Erkenntnis, Zl. 2002/05/1199, hervor. Es sei kein Grund zu erkennen, aus dem die Vollstreckung des Bescheides des Bürgermeisters nicht erfolgen könnte. Taugliche Einwendungen seien von den Beschwerdeführern nicht vorgebracht worden. Was die mit EUR 2.262,-- vorgeschriebenen Kosten anlange, so hätten die Beschwerdeführer deren Höhe, die von einem bautechnischen Amtssachverständigen der BH ermittelt worden sei, nicht bemängelt.

Gegen diesen Bescheid richten sich die im Wesentlichen gleichlautenden Beschwerden mit dem Begehren, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerden als unbegründet abzuweisen.

II.

Die Beschwerde bringt vor, die mit Bescheid des Bürgermeisters vom 3. März 1999 ausgesprochene Verpflichtung zum Anschluss sei zu unbestimmt und es werde auch in der gegenständlichen Vollstreckungsanordnung nicht bestimmt, von welchem Punkt aus der Anschluss des Wohnhauses an die Kanalisationsanlage zu erfolgen habe. Ferner sei die Länge der Hausanschlussleitung nicht festgestellt worden. Die Bezeichnung des Materials der Leitung und eines Mindestgefälles sei für die Umsetzung des Anschlusszwanges jedoch zu wenig. Hinzu komme, dass es nach Erlassung des Anschlussbescheides verschiedene mögliche Varianten der Herstellung gegeben habe und gebe und sich der angefochtene Bescheid nicht mit den Anschlussvarianten auseinandersetze, zumal die kostengünstigste Variante zu wählen sei. Ob es sich bei der nunmehr vorgeschriebenen Variante um die kostengünstigste handle, sei - ebenso wie die Höhe der Kosten von EUR 2.262,-- - für die Beschwerdeführer nicht nachvollziehbar, zumal nicht ersichtlich sei, von welchen konkreten Zuleitungslängen ausgegangen werde, und ein Kostenvergleich von bei Errichtung von Hausanschlüssen angefallenen Kosten nicht stattgefunden habe. Unklar sei auch, wie der Anschluss hergestellt werden solle.

Dieses Vorbringen ist nicht zielführend.

Mit dem den Bescheid des Bürgermeisters vom 3. März 1999 bestätigenden Berufungsbescheid vom 18. März 2002 wurde gemäß § 4 Kärntner Gemeindekanalisationsgesetz 1999 die Verpflichtung der Beschwerdeführer zum Anschluss ihres Wohnhauses an die genannte Kanalisationsanlage rechtskräftig ausgesprochen. Diese Gesetzesbestimmung sieht allerdings nicht vor, dass der exakte Anschlusspunkt an die Kanalisationsanlage und weitere Details über die Ausführung bescheidmäßig festgelegt werden müssen. Die bei der Entscheidung nach § 4 Abs. 2 leg. cit. wesentliche Hauptfrage iS des § 59 Abs. 1 AVG, wonach der Spruch die in Verhandlung stehende Angelegenheit in möglichst gedrängter, deutlicher Fassung und unter Anführung der angewendeten Gesetzesbestimmungen zur Gänze zu erledigen hat, ist jene nach der grundsätzlich bestehenden Anschlusspflicht, nicht jedoch nach der konkreten Ausgestaltung und Lage des Kanalanschlusses und der Art der Leitungsführung (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 31. Jänner 2006, Zlen. 2003/05/0135, 0136, mwN, und § 4 Abs. 5 Kärntner Gemeindekanalisationsgesetz).

Während aufgrund eines solchen Titelbescheides dem Verpflichteten eine Wahlmöglichkeit in Bezug auf die Verlegung des Hauskanals auf seiner Liegenschaft zwecks Herstellung des Anschlusses an die öffentliche Kanalanlage zukommt - ihm somit freisteht, die ihm auferlegte Verpflichtung aus Eigenem zu erfüllen -, hat ein dazu ergehender Vollstreckungsbescheid zu konkretisieren, in welcher Weise die Vollstreckung durchzuführen ist. Andernfalls könnte nämlich insbesondere die gebotene Verhältnismäßigkeit der Vollstreckungsmaßnahme gemäß § 2 VVG ("Schonungsprinzip") nicht geprüft werden (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 19 September 2006, Zl. 2005/06/0096, mwN). Ein solcher behördlicher Vollstreckungsauftrag ist allerdings bereits dann ausreichend konkretisiert, wenn aus diesem Auftrag einem Fachmann erkennbar ist, welche Maßnahmen durchzuführen sind (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 25. März 2010, Zl. 2009/05/0320, mwN).

Den Beschwerdeführern wurde aufgetragen, deren Objekt an die genannte Kanalisationsanlage anzuschließen. Damit bestand für sie ein weiter Gestaltungsspielraum; dass ein solcher Anschluss möglich ist, wird in der Beschwerde nicht bestritten.

Die BH - und mit ihr die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid - ist, wie sich aus den im erstinstanzlichen Bescheid getroffenen Ausführungen ergibt, bei der Anordnung der Ersatzvornahme von den Planunterlagen des Büros Dipl. Ing. T. ausgegangen. Diesen Ausführungen zufolge ergibt sich aus den Unterlagen die Länge der zu errichtenden Hausanschlussleitung von ca. 13 m, wobei der hydraulische Pressvortrieb vom Wartungsschacht II/X/05A ausgehen soll und unter Zugrundelegung des Einheitspreises von EUR 145,--/lfm die Herstellungskosten mit EUR 2.262,-- errechnet wurden. Die Beschwerde stellt nicht in Abrede, dass aus diesen Unterlagen der genannte Wartungsschacht und die Anschlusslänge mit ca. 13 m hervorgehen. Vielmehr wendet sie sich gegen die Berücksichtigung der Ausführungen des bautechnischen Amtssachverständigen lediglich mit dem Vorbringen, dass auch andere Varianten bei der Herstellung des Hausanschlusses möglich wären, ohne jedoch darzustellen, um welche Varianten es sich dabei handle und welche geringeren Kosten dafür aufliefen. Die Beschwerdeführer zeigen daher mit ihrem Beschwerdevorbringen keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Abgesehen davon haben sie in ihrer Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid keine Umstände behauptet, die geeignet gewesen wären, die Unrichtigkeit der auf Grundlage des Amtssachverständigengutachtens getroffenen Berechnungen darzustellen. Auch im Übrigen ist nicht zu erkennen, dass die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid dem "Schonungsprinzip" iS des § 2 VVG zuwidergehandelt hätte. In diesem Zusammenhang ist auf die hg. Judikatur (vgl. etwa die in Walter/Thienel, Verwaltungsverfahren II2 zu § 4 VVG E 169 ff zitierte Rechtsprechung) hinzuweisen, wonach dann, wenn die voraussichtlichen Kosten einer Ersatzvornahme im Wege einer "amtlichen Kostenschätzung" ermittelt werden, die Beweislast für die Behauptung der preislichen Unangemessenheit dieser Kosten den Verpflichteten trifft. Auch ist die Rüge einer Partei abzulehnen, die in einem Verwaltungsverfahren untätig geblieben ist und erst im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof die Zurückhaltung ablegt, um das Verwaltungsverfahren als mangelhaft zu bekämpfen (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 28. Februar 2012, Zl. 2009/05/0046, mwN).

Der Beschwerdeeinwand, die Höhe des angenommenen Einheitspreises von EUR 145,--/lfm sei nicht nachvollziehbar und es sei auch nicht nachvollziehbar, ob die nunmehr vorgeschriebene Variante die kostengünstigste sei, weshalb der angefochtene Bescheid wegen Verletzung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes rechtswidrig sei, ist daher nicht berechtigt.

Im Hinblick darauf erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 25. September 2012

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