VwGH 2009/05/0320

VwGH2009/05/032025.3.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Hofräte Dr. Pallitsch, Dr. Handstanger, Dr. Hinterwirth und Dr. Moritz als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Zykan, über die Beschwerde des Mag. HS in Wien, vertreten durch Dr. Bernhard Eder, Rechtsanwalt in 1040 Wien, Brucknerstraße 4, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 24. Juni 2009, Zl. MA 64-1968/2009, betreffend Anordnung einer Ersatzvornahme, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §59 Abs1;
BauO Wr §129 Abs4;
BauRallg;
VVG §1;
VVG §10 Abs2 Z1;
VVG §10;
VVG §2 Abs1;
VVG §4 Abs1;
VVG §4;
AVG §59 Abs1;
BauO Wr §129 Abs4;
BauRallg;
VVG §1;
VVG §10 Abs2 Z1;
VVG §10;
VVG §2 Abs1;
VVG §4 Abs1;
VVG §4;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Magistrats der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37/23, vom 18. Mai 2001 wurde dem Beschwerdeführer als Eigentümer der Baulichkeiten auf der Liegenschaft J-Straße ONr 1 der Auftrag erteilt, innerhalb einer Frist von 12 Monaten ab Rechtskraft dieses Bescheides die im Spruch genannten Baugebrechen zu beheben. Die diesbezüglich hier noch verfahrensgegenständlichen Punkte 5) und 6) lauten:

"5) Sämtliche Holzfenster sind instandzusetzen.

6) Die Wände der Erdgeschosswohnungen sind trocken zu legen und der Innenputz instandzusetzen."

Mit Schreiben des Magistrats der Stadt Wien, Magistratsabteilung 25 (MA 25), vom 17. Dezember 2008 wurde dem Beschwerdeführer die Ersatzvornahme hinsichtlich der genannten Punkte 5) und 6) des Bescheides vom 18. Mai 2001 angedroht.

Mit Bescheid vom 28. April 2009 ordnete die MA 25 die Ersatzvornahme hinsichtlich der genannten Punkte 5) und 6) des Bescheides vom 18. Mai 2001 an.

In seiner dagegen eingebrachten Berufung führte der Beschwerdeführer im Wesentlichen aus, er habe, um dem Bescheid vom 18. Mai 2001 zu entsprechen, die Innen- und teilweise auch die Außenwände mit kalkfreiem, atmungsaktivem Sanierputz instandgesetzt. Nach erfolgter Sanierung der Mauern der Erdgeschoßwohnungen sei ein Wasserschaden aufgetreten, der die Mauern stark durchfeuchtet habe, sodass sie bisher noch nicht hätten trocknen können. Daher sei die Ausgangssituation für eine Sanierung eine andere und könne der Bescheid vom 18. Mai 2001 nicht mehr herangezogen werden. Die in diesem Bescheid angeordneten Maßnahmen seien zu ungenau bezeichnet, es sei nicht klar, welche Arbeiten durchzuführen seien. Die Instandsetzungsmaßnahmen seien nur dann sinnvoll, wenn die Erdgeschoßwohnungen regelmäßig belüftet würden. Die Trockenlegung könne bei gleichzeitiger Instandsetzung der vorhandenen Fenster ohne Vorsorge einer ausreichenden Belüftung nicht erfolgreich sein. Die angeordneten Maßnahmen widersprächen einander und seien daher undurchführbar.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung des Beschwerdeführers abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dem Beschwerdeführer sei nicht nur das Aufbringen von Innenputz, sondern zuvor das Trockenlegen der Wände aufgetragen worden. Dass die Wände trockengelegt worden seien, habe der Beschwerdeführer nicht einmal behauptet. Das bloße Auftragen von Sanierputz stelle jedenfalls keine Instandsetzungsmaßnahme im Sinne des Bauauftrages dar. Trete zum nicht behobenen Baugebrechen nun - wie der Beschwerdeführer behaupte - ein Wasserschaden hinzu, sei dadurch aber keine Änderung im Sachverhalt eingetreten, welche eine Vollstreckung unzulässig mache. Der Bauauftrag sei im Sinne der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ausreichend konkretisiert gewesen. Hinsichtlich der Kritik des Beschwerdeführers an den im Bauauftrag angeordneten Maßnahmen sei darauf zu verweisen, dass Einwände gegen den Titelbescheid im Vollstreckungsverfahren unbeachtlich seien.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge von Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer bringt in seiner Beschwerde im Wesentlichen vor, die Innen- und teilweise die Außenwände seien mit kalkfreiem, atmungsaktivem Sanierputz instand gesetzt worden. Diese Sanierung habe zur sukzessiven Trocknung der Mauern geführt, bis der in der Berufung angeführte Wasserschaden eingetreten sei. Die Behörde habe seit dem Bescheid vom 18. Mai 2001 bis zu einer Verhandlung am 18. Mai 2009 keine Begehungen oder Besichtigungen vorgenommen. Schon aus diesem Grund stehe fest, dass die durchgeführten Maßnahmen sehr wohl geeignet seien, die Wände trockenzulegen. Die neuerliche Vornahme der bereits durchgeführten Maßnahme sei unzulässig. Dass die Mauer zuerst trockenzulegen und dann erst zu verputzen sei, finde weder im Titelbescheid noch in der Vollstreckungsverfügung Deckung. Der Titelbescheid sei im Übrigen nicht ausreichend konkretisiert. Die Anordnung der gleichzeitigen Sanierung der Mauern und der Fenster sei unerfüllbar, da ein feuchtes Haus im Zuge einer Trockenlegungsmaßnahme ausreichend belüftet sein müsse. Eine solche Belüftung sei mit den in Stand zu setzenden Fenstern (es gebe keine Oberlichten) in unbewohntem Zustand und bei nur sporadischer Anwesenheit nicht möglich. Bei aufgetragener "Instandsetzung der Holzfenster" wäre man gezwungen, in der Folge die instandgesetzten Holzfenster gegen Fenster auszutauschen, die eine Belüftung ermöglichten, um dem Trockenlegungsauftrag zu entsprechen. Dieser zweifache Aufwand widerspreche dem Schonungsprinzip des § 2 Abs. 2 VVG.

§ 4 Abs. 1 VVG lautet:

"(1) Wenn der zu einer Arbeits- oder Naturalleistung Verpflichtete dieser Pflicht gar nicht oder nicht vollständig oder nicht zur gehörigen Zeit nachgekommen ist, so kann die mangelnde Leistung nach vorheriger Androhung auf Gefahr und Kosten des Verpflichteten bewerkstelligt werden."

§ 10 Abs. 2 VVG lautet:

"(2) Die Berufung gegen eine nach diesem Bundesgesetz erlassene Vollstreckungsverfügung kann nur ergriffen werden, wenn

  1. 1. die Vollstreckung unzulässig ist oder
  2. 2. die Vollstreckungsverfügung mit dem zu vollstreckenden Bescheid nicht übereinstimmt oder

    3. die angeordneten oder angewendeten Zwangsmittel im Gesetz nicht zugelassen sind oder mit § 2 im Widerspruch stehen."

    Wann eine Vollstreckung im Sinne des § 10 Abs. 2 Z. 1 VVG unzulässig ist, ist im Gesetz nicht näher ausgeführt. Aus dem Zusammenhalt der Bestimmungen des § 10 VVG mit den übrigen Vorschriften des VVG ergibt sich aber, dass der Berufungsgrund der Unzulässigkeit der Vollstreckung dann gegeben ist, wenn der Verpflichtete behauptet, dass die Voraussetzungen für eine Vollstreckung nicht gegeben sind. Voraussetzung für eine Vollstreckung ist, dass überhaupt ein entsprechender Titelbescheid vorliegt, dass dieser gegenüber dem Verpflichteten wirksam geworden ist und dass der Verpflichtete seiner Verpflichtung innerhalb der festgesetzten Frist und bis zur Einleitung des Vollstreckungsverfahrens nicht nachgekommen ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 22. Februar 2001, Zl. 2001/07/0018, mwN). Eine Ersatzvornahme ist jedenfalls so lange zulässig, als der Verpflichtung zur Behebung des jeweiligen Baumangels nicht zur Gänze nachgekommen wurde (vgl. die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze II2, S. 1400 unter E 88 zu § 10 VVG zitierte hg. Rechtsprechung). Die Behebung eines Baugebrechens verlangt dessen Beseitigung, nicht bloß die Milderung von dessen Auswirkungen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 10. Oktober 1995, Zl. 95/05/0128).

    Im Vollstreckungsverfahren kann die Frage der Rechtmäßigkeit des in Rechtskraft erwachsenen Titelbescheides nicht mehr aufgegriffen werden (vgl. die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze II2, S. 1391 unter E 42 ff zu § 10 VVG zitierte hg. Rechtsprechung).

    Der Beschwerdeführer bestritt im Verwaltungsverfahren nicht, dass er die Wände der Erdgeschoßwohnungen nicht trockengelegt hat, bevor er den Sanierputz aufbrachte. Es hätten die Mauern auf Grund des Hinzutretens des Wasserschadens bisher noch nicht trocken gelegt werden können. Wenn der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang vorbringt, dass eine Verpflichtung zur Trockenlegung der Mauern nicht aus dem Titelbescheid und der Vollstreckungsverfügung hervorgehe, ist ihm der klare Wortlaut des Punktes 6) des Titelbescheides vom 18. Mai 2001 und der darauf verweisenden Vollstreckungsverfügung entgegenzuhalten. Ebensowenig bestritt der Beschwerdeführer, dass die Fenster noch nicht instandgesetzt worden sind. Damit hat er die Punkte 5) und 6) des Instandsetzungsauftrags vom 18. Mai 2001 nicht erfüllt.

    Der Beschwerdeführer bringt nun in der Beschwerde - anders als im Verwaltungsverfahren - vor, die Aufbringung des Sanierputzes habe tatsächlich zur sukzessiven Trocknung der Mauern bis zum Wasserschaden geführt. Dieses Vorbringen stellt - abgesehen davon, dass der Beschwerdeführer nicht behauptet, dass eine vollständige Austrocknung (allein dann könnte insofern eine Erfüllung des Bauauftrages in Betracht kommen) bereits erfolgt gewesen sei - eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unzulässige Neuerung dar.

    Der Beschwerdeführer bringt weiters vor, dass der Titelbescheid nicht ausreichend konkretisiert sei und die angeordneten Maßnahmen im Widerspruch zueinander stünden. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass ein behördlicher Auftrag bereits dann ausreichend konkretisiert ist, wenn einem Fachmann erkennbar ist, welche Maßnahmen durchzuführen sind. Einer ausdrücklichen Anführung von mit der fachgerechten Durchführung notwendigerweise verbundenen einzelnen Arbeiten bedarf es nicht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. Dezember 2006, Zl. 2006/05/0056, mwN). Die vorzunehmenden Maßnahmen wurden im Titelbescheid ausreichend klar umschrieben. Es kann nicht zweifelhaft sein, dass einem Fachmann erkennbar ist, welche Maßnahmen zur Beseitigung der gegenständlichen Baugebrechen - und auch in welcher Reihenfolge - durchzuführen sind. Der Titelbescheid gibt - entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers - keinerlei zeitlichen Ablauf bzw. eine Reihenfolge der zu treffenden Maßnahmen vor, sodass das Vorbringen des Beschwerdeführers hinsichtlich der Widersprüchlichkeit der angeordneten Maßnahmen unzutreffend ist (und im Übrigen - da auf den Titelbescheid bezogen - im Vollstreckungsverfahren auch nicht mehr releviert werden kann). Wenn der Beschwerdeführer darauf verweist, dass das Gebäude nicht bewohnt ist und die Austrocknung mangels Lüftung wegen bloß sporadischer Anwesenheit von Personen nicht möglich sei, ist dem entgegenzuhalten, dass er, wenn keine andere Möglichkeit der Erfüllung des Bauauftrages bestehen sollte, auch für eine entsprechende Anwesenheit und Lüftung als Teil der notwendigen Maßnahmen zu sorgen hat. Soweit der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang eine Verletzung des Schonungsprinzips sieht, ist zu bemerken, dass sich das Schonungsprinzip des § 2 Abs. 1 VVG immer nur auf die Auswahl der Zwangsmittel bezieht, aber nicht dazu herangezogen werden kann, eine Vollstreckung überhaupt als unzulässig anzusehen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. Dezember 2009, Zl. 2009/06/0224, mwN).

    Die Beschwerde erweist sich daher insgesamt als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

    Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

    Wien, am 25. März 2010

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