VwGH 2009/05/0141

VwGH2009/05/014113.11.2012

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Hofräte Dr. Waldstätten, Dr. Enzenhofer und Dr. Moritz sowie die Hofrätin Dr. Pollak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Kalanj, über die Beschwerde der Arch. DI E C in Wien, vertreten durch Karasek Wietrzyk Rechtsanwälte GmbH in 1220 Wien, Wagramer Straße 19 (IZD Tower), gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 27. April 2009, Zl. BOB-15/09, betreffend Versagung einer Baubewilligung (weitere Partei: Wiener Landesregierung; mitbeteiligte Partei: Dr. K P in Wien, vertreten durch Dr. Clemens Völkl, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Nußdorfer Straße 10-12), zu Recht erkannt:

Normen

BauO Wr §134a Abs1;
BauO Wr §60 Abs1 lita;
BauO Wr §60 Abs1 litc;
BauO Wr §60 Abs3;
BauO Wr §134a Abs1;
BauO Wr §60 Abs1 lita;
BauO Wr §60 Abs1 litc;
BauO Wr §60 Abs3;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Im Februar 2007 suchte die Beschwerdeführerin beim Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37/2, um die Erteilung der baubehördlichen Bewilligung für ein näher bezeichnetes Bauvorhaben, im Besonderen den Ausbau des Dachgeschosses, auf einer Liegenschaft in 1020 Wien an.

Am 14. August 2007 fand eine mündliche Bauverhandlung statt, bei der unter anderem die Mitbeteiligte als Nachbarin Einwendungen gegen das Bauvorhaben erhob. Sie machte geltend, dass die Gebäudehöhe und die Baufluchtlinien durch den geplanten Dachausbau in einer dem § 69 der Bauordnung für Wien widersprechenden Weise überschritten würden, wodurch sie als Eigentümerin einer angrenzenden Dachgeschoßwohnung im Nachbarhaus beeinträchtigt würde.

Mit Bescheid vom 20. November 2007 erklärte der Bauausschuss der Bezirksvertretung für den 2. Bezirk (in der Folge: Bauausschuss) näher bezeichnete Abweichungen von den Bebauungsvorschriften gemäß § 69 Abs. 1 lit. a, f, k, m und q der Bauordnung für Wien (BO) für zulässig.

In weiterer Folge bewilligte die MA 37/2 mit Bescheid vom 30. November 2007, gestützt auf den Bescheid des Bauausschusses, die Bauführung.

Nachdem die belangte Behörde die beiden genannten Bescheide mit Bescheid vom 23. April 2008 aufgehoben hatte, kam es in der Folge zu einer Ergänzung der Projektpläne. Am 25. Juni 2008 und am 2. Oktober 2008 fanden weitere mündliche Verhandlungen statt. Die Mitbeteiligte wiederholte und präzisierte ihre Einwendungen mit Schriftsätzen vom 16. Juli 2008 und vom 15. September 2008.

Mit Bescheid vom 4. Dezember 2008 genehmigte der Bauausschuss gemäß § 69 Abs. 1 lit. a, f, k, m und q BO folgende Abweichungen:

"Dem Bestand entsprechend darf die Baulinie in der S(…)gasse auf eine Länge von 12,0 m um 3,90 m überschritten werden.

Beim Trakt an der S(…)gasse darf die hofseitige Baufluchtlinie beim linken Flügeltrakt auf einer Länge von 6,25 m um bis zu 4,20 m sowie entlang der restlichen Fassadenfront um bis zu 0,5 m und die hofseitige Baufluchtlinie beim Trakt an der F(…)gasse um bis zu 3,80 m überschritten werden.

Die festgesetzten Trakttiefen dürfen im vorgenannten Ausmaß bei den Trakten entlang der S(…)gasse als auch an der F(…)gasse überschritten werden.

Abweichend von den Bestimmungen des Bebauungsplanes darf der höchste Punkt des Daches um bis zu 0,39 m über der zulässigen Firsthöhe von 4,50 m über der ausgeführten Gebäudehöhe angeordnet werden.

Die im Erdgeschoss gelegenen Wohnungen (alte Nummerierungen Top Nr. 1, 2 und 16) dürfen aufgelassen und ausschließlich für andere als Wohnzwecke verwendet werden.

Die konsensgemäße Gebäudehöhe an der Hoffront des Traktes an der S(…)gasse darf um bis zu 0,80 m überschritten werden bzw. die in der Bauklasse III (drei) höchst zulässige Gebäudehöhe von 16,00 m darf durch die Errichtung von 2 Dachgeschossen in den hofseitigen Bereichen an der Baufluchtlinie um bis zu 2,0 m überschritten werden.

Es darf vom Gebot, dass die Dachgauben insgesamt höchstens ein Drittel der Länge der betreffenden Gebäudefront in Anspruch nehmen dürfen, durch Ausbildung einer 18 m langen Eckgaube bei einer 39,16 m langen Fassadenfront an der S(…)gasse abgewichen werden."

In weiterer Folge erteilte die MA 37/2 die beantragte baubehördliche Bewilligung mit den genannten Abweichungen.

Der gegen diese beiden Bescheide von der mitbeteiligten Partei erhobenen Berufung wurde von der belangten Behörde nach Einholung einer Stellungnahme durch die Beschwerdeführerin mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid Folge gegeben; der Bescheid des Bauausschusses wurde behoben und der Bescheid der MA 37/2 dahingehend abgeändert, dass die beschriebene Bauführung versagt werde.

Begründend führte die belangte Behörde unter anderem aus, dass nach dem Flächenwidmungs- und Bebauungsplan (Plandokument 6689) für die verfahrensgegenständliche Liegenschaft die Widmung Bauland/Wohngebiet festgelegt sei. Weiters sei für den rechten Trakt (Wien 2, S(…)gasse 10) die Bauklasse III und für den linken Trakt (Wien 2, S(…)gasse 10A) die Bauklasse IV mit einer maximalen Gebäudehöhe von 18,50 m ausgewiesen. Der jeweils in geschlossener Bauweise bebaubare Bereich sei durch Bau- und Baufluchtlinien begrenzt, wobei sowohl der Abstand zwischen der Baulinie an der S(…)gasse und der hinteren Baufluchtlinie als auch der Abstand zwischen der Baulinie an der F(…)gasse und der hinteren Baufluchtlinie jeweils 12,00 m betrage. Für die an die hinteren Baufluchtlinien anschließende Fläche sei die gärtnerische Ausgestaltung angeordnet.

Das vorliegende Projekt umfasse bauliche Änderungen sowie Zubauten auf dem Bestand in Wien 2, S(…)gasse 10 und 10A. Den Einreichplänen könne entnommen werden, dass sowohl auf dem hinter der Baufluchtlinie in der gärtnerisch auszugestaltenden Fläche liegenden Bauteil des linken Traktes (S(…)gasse 10A) ein Zubau in Form der Ansteilung des Daches als auch auf dem ebenfalls die hintere Baufluchtlinie überschreitenden und in der gärtnerisch auszugestaltenden Fläche liegenden Stiegenhaus samt Gang des rechten Traktes (S(…)gasse 10) in der Dachgeschossebene ein Zubau (in lotrechter Richtung) errichtet werden solle.

Unter Hinweis auf hg. Judikatur führte die belangte Behörde weiter aus, es sei gemäß § 60 Abs. 3 BO dort, wo eine gärtnerisch auszugestaltende Fläche festgesetzt worden sei, zwar eine bauliche Änderung gemäß § 60 Abs. 1 lit. c, nicht aber ein Neu-, Zu- oder Umbau gemäß § 60 Abs. 1 lit. a BO zulässig. Es solle somit keine Bauführung erfolgen, die der Realisierung des Bebauungsplanes auf - weitere - lange Zeit entgegenstehe. Es stehe unzweifelhaft fest, dass die beschriebenen Bauführungen auf dem jeweiligen Altbestand als Zubauten im Sinne des § 60 Abs. 1 lit. a BO gelten würden; diese seien entsprechend der hg. Judikatur auf den verfahrensgegenständlichen Flächen, auf welchen die gärtnerische Ausgestaltung vorgeschrieben sei, nicht zulässig.

Durch das Bauvorhaben würden die hinteren Baufluchtlinien überschritten. Die Baufluchtlinien seien Teil des Bebauungsplans, dem Bauvorhaben liege daher jedenfalls eine Abweichung von den Bebauungsvorschriften inne. Es sei somit zu prüfen, ob für das gegenständliche Bauvorhaben eine Bewilligung von unwesentlichen Abweichungen von den Bebauungsvorschriften gemäß § 69 Abs. 1 lit. a BO (Abweichungen von festgesetzten Fluchtlinien oder Höhenlagen) erteilt werden könne.

Das verfahrensgegenständliche Bauvorhaben weiche durch die geplante Errichtung von Zubauten auf dem die hinteren Baufluchtlinien überschreitenden Altbestand von den Bebauungsvorschriften insofern ab, als die von der S(…)gasse betrachtete hintere Baufluchtlinie, welche der Liegenschaft der mitbeteiligten Partei zugewendet sei, beim linken Gebäudetrakt (S(…)gasse 10A) um ca. 4,20 m auf einer Länge von ca. 6,15 m und beim rechten Gebäudetrakt um ca. 6,50 m auf einer Länge von ca. 4,40 m überschritten werde. Weiters werde die von der F(…)gasse betrachtete hintere Baufluchtlinie um 3,80 m auf einer Länge von ca. 7,40 m überschritten. Bei einer zulässigen Trakttiefe von 12,00 m nach den maßgeblichen Bebauungsbestimmungen könnten deren Überschreitungen um 4,20 m (35%), 6,50 m (54,17%) und 3,80 m (31,67%), zumal diese die überwiegenden Teile der beiden Hoffronten beträfen, nicht als unwesentliche Abweichungen im Sinne des § 69 BO qualifiziert werden. Vielmehr liege diesen Überschreitungen der hinteren Baufluchtlinien eine dem geltenden Flächenwidmungs- und Bebauungsplan unterlaufende Tendenz zu Grunde.

Soweit die Beschwerdeführerin in ihrer Stellungnahme vom 12. März 2009 hinsichtlich der Überschreitung der hinteren Baufluchtlinie durch den linken Gebäudetrakt ausführe, dass der konsensgemäße Bestand die hintere Baufluchtlinie bereits um 8,15 m überschreite, der geplante Zubau daher um ca. 3,95 m hinter der bestehenden Gebäudekante zurückbleibe und der Zubau lediglich darin bestehe, dass das Dach von bestehenden 33 Grad auf 45 Grad angesteilt werde, sei dem zu entgegnen, dass nach dem geltenden Flächenwidmungs- und Bebauungsplan jener Bereich, auf dem sich dieser konsensgemäße Bestand sowie der geplante Zubau befinde, einer Bebauung, wie auch einer Aufklappung des Daches, nicht mehr offen stehe und gärtnerische Ausgestaltung angeordnet sei. Im Hinblick auf das beträchtliche Ausmaß der Baufluchtlinienüberschreitung durch den in diesem Bereich geplanten Zubau (Dachaufklappung), der zu einer Vergrößerung des Dachgeschosses führe, erweise sich die gegenständliche Abweichung von den Bebauungsvorschriften bereits als wesentliche Abänderung des Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes, der zweifelsfrei eine diesen unterlaufende Tendenz innewohne. Dabei sei auch festzuhalten, dass mit dieser Festsetzung im geltenden Flächenwidmungs- und Bebauungsplan auch zum Ausdruck gebracht werde, dass die Fläche, auf welcher sich der konsensgemäße Bestand sowie der geplante Zubau teilweise befänden, von einer zukünftigen Bebauung freigehalten und gärtnerisch ausgestaltet werden solle. Wenngleich eine derartige Festlegung samt der Anordnung einer gärtnerisch auszugestaltenden Fläche nicht dazu führe, dass der vorhandene konsentierte Altbestand auf Grund seiner Situierung (auch im Zusammenhang mit einem Bauvorhaben) abgebrochen werden müsse, solle aber auf einer solchen Fläche keine Bauführung erfolgen, die der Realisierung des Bebauungsplanes auf - weitere - lange Zeit entgegen stehe. Gleiches gelte für die Baufluchtlinienüberschreitungen im Eckbereich des rechten Gebäudetraktes, weshalb auch die Ausführungen der Beschwerdeführerin, bereits der konsensgemäße Bestand überschreite auf seiner gesamten Länge die hofseitige Baufluchtlinie und das gegenständliche Bauvorhaben übernehme lediglich die konsensgemäße Gebäudefront, ins Leere gehe. Die von der Beschwerdeführerin diesbezüglich angegebenen Ausmaße der Baufluchtlinienüberschreitungen von maximal 3,80 m bzw. an der Front zur S(…)gasse im Mittel 2,60 m (21,66%) und an der Front F(…)gasse im Mittel 1,60 m (13,33%) seien den Bauplänen nicht zu entnehmen und würden auch bereits für sich eine wesentliche Abweichung von den Bebauungsvorschriften darstellen.

Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde, zu der die belangte Behörde die Verwaltungsakten vorgelegt und ebenso wie die mitbeteiligte Partei eine Gegenschrift mit dem Antrag erstattet hat, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen. Darauf replizierte die Beschwerdeführerin.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die Mitbeteiligte hatte bereits in der ersten Verhandlung am 14. August 2007, zu der sie unter Hinweis auf § 42 AVG geladen worden war, (unbestritten zulässige) Einwendungen erhoben. Nach der damals geltenden Fassung des § 42 Abs. 1 AVG (vor der Novelle BGBl. I Nr. 5/2008) blieb die Parteistellung insgesamt erhalten, wenn nur ein Nachbarrecht rechtzeitig geltend gemacht wurde (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 31. Jänner 2008, Zl. 2007/06/0203). Der Einwand der Beschwerdeführerin auf Präklusion der mitbeteiligten Partei geht daher ins Leere.

Entgegen dem Beschwerdevorbringen ergibt sich aus der im Akt enthaltenen Verhandlungsschrift vom 25. Juni 2008 auch nicht, dass ein Bescheid verkündet und das Verfahren somit abgeschlossen worden wäre.

Schließlich trifft auch die Beschwerdebehauptung, die Mitbeteiligte hätte in ihrer Berufung nur die Baubewilligung vom 11. Dezember 2008, nicht jedoch den Bescheid des Bauausschusses vom 4. Dezember 2008 angefochten, weshalb die belangte Behörde zur Behebung des letztgenannten Bescheides nicht zuständig gewesen wäre, nicht zu. In ihrer Berufung vom 30. Dezember 2008 stellte die Mitbeteiligte den Antrag, "die Nichtigkeit des Bescheides der Behörde 1. Instanz festzustellen". Angesichts der Anfechtungserklärung, die sich auf beide Bescheide bezieht, und der Berufungsbegründung, die sich unter den Punkten A. und B. mit der Baubewilligung, unter Punkt C. jedoch mit dem Bescheid des Bauausschusses auseinandersetzt, ist der Antrag eindeutig so zu verstehen, dass eine Behebung sowohl der Baubewilligung als auch der (nicht gesondert anfechtbaren) Ausnahmegenehmigung angestrebt wurde.

2. Die für die inhaltliche Beurteilung des Falles maßgebenden Vorschriften der Bauordnung für Wien (BO) lauten auszugsweise:

2.1. § 60 in der hier maßgeblichen Fassung LGBl. Nr. 42/1996:

"Ansuchen um Baubewilligung

§ 60. (1) Bei folgenden Bauvorhaben ist, soweit nicht die §§ 62, 62a oder 70a zur Anwendung kommen, vor Beginn die Bewilligung der Behörde zu erwirken:

a) Neu-, Zu- und Umbauten. Unter Neubau ist die Errichtung neuer Gebäude zu verstehen; ein solcher liegt auch vor, wenn nach Abtragung bestehender Baulichkeiten die Fundamente oder Kellermauern ganz oder teilweise wieder benützt werden. Ein einzelnes Gebäude ist eine raumbildende bauliche Anlage, die in ihrer Bausubstanz eine körperliche Einheit bildet und nicht durch Grenzen eines Bauplatzes oder Bauloses oder durch Eigentumsgrenzen geteilt ist, ausgenommen die zulässige Bebauung von Teilen des öffentlichen Gutes. Der Bezeichnung als ein einzelnes Gebäude steht nicht entgegen, daß in ihm Brandmauern enthalten sind oder es auf Grundflächen von verschiedener Widmung, verschiedener Bauklasse oder verschiedener Bauweise errichtet ist. Ein Raum liegt vor, wenn eine Fläche zumindest zur Hälfte ihres Umfanges von Wänden umschlossen und von einer Deckfläche abgeschlossen ist; ein Aufenthaltsraum muß allseits umschlossen sein. Flugdächer mit einer bebauten Fläche von mehr als 25 m2 oder einer lotrecht zur bebauten Fläche gemessenen Höhe von mehr als 2,50 m gelten als Gebäude. Zubauten sind alle Vergrößerungen eines Gebäudes in waagrechter oder lotrechter Richtung, ausgenommen die Errichtung von Dachgauben. Unter Umbau sind jene Änderungen des Gebäudes zu verstehen, durch welche die Raumeinteilung oder die Raumwidmungen so geändert werden, daß nach Durchführung der Änderungen das Gebäude als ein anderes anzusehen ist. Ein Umbau liegt auch dann vor, wenn solche Änderungen selbst nur ein einzelnes Geschoß betreffen. Der Einbau von Wohnungen oder Teilen davon in das Dachgeschoß gilt nicht als Umbau.

b) Die Errichtung aller sonstigen baulichen Anlagen über und unter der Erde, zu deren Herstellung ein wesentliches Maß bautechnischer Kenntnisse erforderlich ist, die mit dem Boden in eine kraftschlüssige Verbindung gebracht werden und wegen ihrer Beschaffenheit geeignet sind, öffentliche Rücksichten zu berühren. Öffentliche Rücksichten werden jedenfalls berührt, wenn Einfriedungen gegen öffentliche Verkehrsflächen, Friedhöfe und Grundflächen für öffentliche Zwecke errichtet werden.

c) Änderungen oder Instandsetzungen von Gebäuden und baulichen Anlagen, wenn diese von Einfluß auf die Festigkeit, die gesundheitlichen Verhältnisse, die Feuersicherheit oder auf die subjektiv-öffentlichen Rechte der Nachbarn sind oder durch sie das äußere Ansehen oder die Raumeinteilung geändert wird, sowie jede Änderung der bewilligten Raumwidmungen oder des bewilligten Fassungsraumes eines Gebäudes oder einer baulichen Anlage; im Falle einer Änderung der Verwendung von Aufenthaltsräumen in Wohnzonen die rechtmäßig bestehende Benützung der Aufenthaltsräume als Wohnungen oder Betriebseinheiten im gesamten Gebäude, sofern diese unter Berücksichtigung der beantragten Änderung nicht ausdrücklich als Wohnungen oder Betriebseinheiten bereits gewidmet sind.

(3) Bestimmungen des Bebauungsplanes stehen der Zulässigkeit von Bauführungen gemäß Abs. 1 lit. c nicht entgegen."

1.2. § 69 Abs. 1 und 2 in der hier maßgeblichen Fassung LGBl. Nr. 41/2005:

"Unwesentliche Abweichungen von Bebauungsvorschriften

§ 69.

(1) Für einzelne Bauvorhaben hat die Behörde nach Maßgabe des Abs. 2 über die Zulässigkeit folgender Abweichungen von den Bauvorschriften zu entscheiden:

a) Abweichungen von den festgesetzten Fluchtlinien oder Höhenlagen für jede Art von Baulichkeiten;

(…)

f) Abweichungen von den Bestimmungen des Bebauungsplanes nach § 5 Abs. 4 lit. d, e, i, k, m, n, o, p, q, r, s, u und y für jede Art von Baulichkeiten nach lit. k jedoch nur bis zu einer Dachneigung von 45 Grad , und nach § 5 Abs. 4 lit. w hinsichtlich der Errichtung von Geschäftshäusern sowie hinsichtlich der Beschränkung des Rechtes, Fenster von Aufenthaltsräumen von Wohnungen zu öffentlichen Verkehrsflächen herzustellen sowie in Wohnzonen hinsichtlich der Verpflichtung, nicht weniger als 80 vH der Summe der Nutzfläche der Hauptgeschosse eines Gebäudes, jedoch unter Ausschluss des Erdgeschosses, Wohnzwecken vorzubehalten, für die Errichtung von Garagengebäuden;

k) in Wohnzonen nach Maßgabe des Abs. 7 Ausnahmen vom Verbot der Verwendung einer Wohnung oder eines Teiles einer Wohnung ausschließlich oder überwiegend für andere als Wohnzwecke (§ 7 a Abs. 3) sowie vom Verbot des Ausbaues der Dachgeschosse für andere Zwecke als für Wohnungen, Hauswaschküchen und die dazugehörigen Nebenräume sowie für Triebwerksräume (§ 7 a Abs. 4);

m) das Überschreiten der gemäß § 5 Abs. 4 lit. h und gemäß § 77 Abs. 3 lit. c bestimmten sowie der bauklassenmäßigen Gebäudehöhe in allen Bauklassen, wenn das Interesse an der Gestaltung des örtlichen Stadtbildes nicht entgegensteht;

q) Abweichungen vom Gebot, daß die Dachgauben insgesamt höchstens ein Drittel der Länge der betreffenden Gebäudefront in Anspruch nehmen dürfen (§ 81 Abs. 6);

(2) Durch Abweichungen nach Abs. 1 darf die Bebaubarkeit der Nachbargrundflächen ohne nachgewiesene Zustimmung des betroffenen Nachbarn nicht verringert werden; an Immissionen darf nicht mehr zu erwarten sein, als bei einer der Flächenwidmung entsprechenden Nutzung typischerweise entsteht. Im Übrigen darf, abgesehen von den unter Abs. 1 näher genannten Voraussetzungen, von den Bestimmungen des Flächenwidmungsplanes und des Bebauungsplanes nur unwesentlich abgewichen werden; es dürfen das vom Flächenwidmungsplan und Bebauungsplan beabsichtigte örtliche Stadtbild nicht störend beeinflußt und die beabsichtigte Flächennutzung sowie Aufschließung nicht grundlegend anders werden. Die Gründe, die für die Abweichung sprechen, sind mit den Gründen, die dagegen sprechen, abzuwägen. Insbesondere ist auf den konsensgemäßen Baubestand der betroffenen Liegenschaft und der Nachbarliegenschaften sowie auf den Umstand, dass die Ausnahmebewilligung nur für die Bestanddauer des Baues gilt, Bedacht zu nehmen. Vom Bauwerber geltend gemachte Verpflichtungen aus Bundes- oder anderen Landesgesetzen sind zu berücksichtigen, desgleichen, ob die Abweichung einer zeitgemäßen Ausstattung oder der besseren barrierefreien Benützbarkeit des konsensgemäßen Baubestandes oder des geplantes Baues dienlich ist."

2.2. Dort, wo eine gärtnerisch auszugestaltende Fläche oder eine Baufluchtlinie festgesetzt wurde, ist auf Grund des § 60 Abs. 3 BO eine bauliche Änderung im Sinne des § 60 Abs. 1 lit. c BO, nicht aber ein Neu-, Zu- oder Umbau im Sinne des § 60 Abs. 1 lit. a BO zulässig. Es soll kein Bau erfolgen, der der Realisierung des Bebauungsplans auf - weitere - lange Zeit entgegensteht. Auch aus der Sicht des Schutzes des Nachbarn ist es nicht gleichgültig, welches Bauvorhaben auf der gärtnerisch auszugestaltenden Fläche realisiert werden soll, wenn dort nur bestimmte Bauvorhaben erlaubt sind. Der Einbau von Wohnungen oder Teilen davon in das Dachgeschoß gilt gemäß § 60 Abs. 1 lit. a letzter Satz BO nicht als Umbau. Eine im Bebauungsplan festgesetzte gärtnerische Ausgestaltung einer Grundfläche steht daher einem Einbau von Wohnungen oder Teilen davon in das Dachgeschoß bei bereits rechtmäßig bestehenden Gebäuden nicht entgegen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 10. September 2008, Zl. 2008/05/0018, mwN).

Verfahrensgegenständlich soll aber, wie aus der Darstellung der belangten Behörde und den Bauplänen klar ersichtlich, in der Dachgeschossebene ein über den bloßen Einbau von Wohnungen oder Teilen davon hinausgehender Zubau in lotrechter Richtung erfolgen. Ebenso ersichtlich ist eine klare Vergrößerung der Kubatur des Gebäudes, und zwar nicht nur durch Dachgauben, weshalb das Bauvorhaben der Beschwerdeführerin einen Zubau iSd § 60 Abs. 1 BO darstellt (vgl. dazu Moritz, Bauordnung für Wien4 (2009) Anm. zu § 60 Abs. 1 lit. a).

Insoweit kann der Ansicht der belangten Behörde, welche dadurch einen Verstoß gegen die Anordnung des Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes über die gärtnerische Ausgestaltung der hinter den hinteren Baufluchtlinien liegenden Flächen als gegeben sieht, nicht entgegen getreten werden.

2.3. Der Verwaltungsgerichtshof vermag aber auch der Annahme der belangten Behörde, der Zubau in lotrechter Richtung im Dachgeschoss sowie die Überschreitung der hinteren Baufluchtlinien stellten eine wesentliche Abweichung von den Bebauungsvorschriften dar, nicht entgegen zu treten.

Nach der hg. Judikatur kann eine wesentliche Abweichung dann angenommen werden, wenn der Abweichung eine den geltenden Widmungs- und Bebauungsplan unterlaufende Tendenz innewohnt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. September 2010, Zl. 2007/05/0287, mwN). Bei den von der belangten Behörde festgestellten Ausmaßen der Überschreitung der Baufluchtlinie (auf der überwiegenden Länge der Hoffronten) und auch der Bauführung auf einer gärtnerisch auszugestaltenden Fläche ist diese Annahme gerechtfertigt, zumal die Überschreitung nicht nur in einem geringen Bereich erfolgt.

3. Die Beschwerde erweist sich daher bereits deshalb als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

4. Die Beschwerdeführerin hat die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt.

Gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG kann der Verwaltungsgerichtshof ungeachtet eines Parteienantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und wenn Art. 6 Abs. 1 EMRK dem nicht entgegensteht.

In seinen Entscheidungen vom 10. Mai 2007, Nr. 7401/04 (Hofbauer/Österreich 2), und vom 3. Mai 2007, Nr. 17912/05 (Bösch/Österreich), hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte unter Hinweis auf seine frühere Rechtsprechung dargelegt, dass der Beschwerdeführer grundsätzlich ein Recht auf eine mündliche Verhandlung vor einem Tribunal hat, außer es lägen außergewöhnliche Umstände vor, die eine Ausnahme davon rechtfertigten. Der EGMR hat das Vorliegen solcher außergewöhnlichen Umstände angenommen, wenn das Verfahren ausschließlich rechtliche oder "hoch-technische" Fragen ("exclusively legal or highly technical questions") betrifft (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. September 2010, Zl. 2009/05/0160, mwN).

Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist hier geklärt. In der vorliegenden Beschwerde wurden keine Rechts- oder Tatfragen von einer solchen Art aufgeworfen, dass deren Lösung eine mündliche Verhandlung erfordert hätte. Art. 6 EMRK steht somit dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung nicht entgegen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 31. März 2008, Zl. 2006/05/0288, mwN).

Von der beantragten Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte daher abgesehen und die Entscheidung im Sinne des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff. VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 13. November 2012

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