VwGH 2006/05/0288

VwGH2006/05/028831.3.2008

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Kail, Dr. Pallitsch, Dr. Hinterwirth und Dr. Moritz als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Zykan, über die Beschwerde der N in Wien, vertreten durch Dr. Philipp Millauer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, An der Hülben 1, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 8. August 2006, Zl. RU1- BR-11/007-2006, betreffend eine Bauangelegenheit (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde Bockfließ), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §52;
BauRallg;
EMRK Art6 Abs1;
ROG NÖ 1976 §19 Abs1;
ROG NÖ 1976 §19 Abs2;
ROG NÖ 1976 §19 Abs4;
VwGG §39 Abs2 Z6;
AVG §52;
BauRallg;
EMRK Art6 Abs1;
ROG NÖ 1976 §19 Abs1;
ROG NÖ 1976 §19 Abs2;
ROG NÖ 1976 §19 Abs4;
VwGG §39 Abs2 Z6;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Eingabe vom 6. September 2000 beantragte die Beschwerdeführerin die Erteilung der Baubewilligung zur Errichtung einer Halle für landwirtschaftliche Nutzung auf dem im Grünland liegenden Grundstück Nr. 3754 KG Bockfließ. In der Baubeschreibung wurde der Zweck des Bauvorhabens mit Neubau einer Halle für landwirtschaftliche Zwecke angegeben. Die Nutzfläche der Halle soll 998,44 m2, die verbaute Fläche 1.050 m2 und der umbaute Raum 8.058,75 m3 betragen. Gemäß dem Einreichplan erstreckt sich die für landwirtschaftliche Zwecke vorgesehene Halle auf 42 m x 25 m in einer Entfernung von ca. 20 m zum Weggrundstück. Die Ausführung des Objektes soll in Stahlkonstruktion mit Isolierpaneelen erfolgen. An den beiden Schmalseiten ist je ein Sektionaltor (Breite 5 m) vorgesehen.

Das zur Bebauung vorgesehene Grundstück liegt am südlichen Ortsrand von Bockfließ und ist im Flächenwidmungsplan der Marktgemeinde Bockfließ mit der Widmungsart Grünland-Landwirtschaft ausgewiesen.

Der mit der Erstellung eines Gutachtens zur Beurteilung der Erforderlichkeit des eingereichten Bauwerks beauftragte Sachverständige des NÖ Gebietsbauamtes I forderte mit Schreiben vom 11. Oktober 2000 die Vorlage ergänzender Unterlagen und die Erstellung eines Betriebskonzeptes.

Nach Vorlage dieses Betriebskonzeptes durch die Beschwerdeführerin am 19. Oktober 2000 erstattete der Sachverständige ein Gutachten vom 24. November 2000, welchem er - ausgehend von den Angaben des Betriebskonzeptes der Beschwerdeführerin - folgenden Sachverhalt zu Grunde legte:

Die 1937 geborene und in Wien wohnhafte Beschwerdeführerin bewirtschaftet einen landwirtschaftlichen Betrieb mit ca. 7,7 ha Weingartenfläche (Eigen- sowie Pachtgrund). Ca. 3,55 ha Ackergrundstücke sind von ihr zur Gänze an einen örtlichen Landwirt verpachtet. Die Rebkulturen der Weingartenfläche sind hauptsächlich mit den Sorten Grüner Veltliner und Zweigelt bestockt, in geringem Umfang sind auch die Sorten Welschriesling, Müller-Thurgau und St. Laurent vertreten. Pro Jahr werden im Durchschnitt ca. 42.000 l geerntet und ca. 15.000 l verkauft. Als Eigenverbrauch und Schwund werden ca. 3.500 l angegeben. Zum Stichtag 31. August 1999 war ein Bestand von 118.000 l, zum Stichtag 31. August 2000 ein Bestand von 130.150 l vorhanden. Ein Zukauf von Weintrauben bzw. Wein erfolgte nicht.

Die anfallende Ernte wird derzeit in betriebseigenen Gebäuden gekeltert und auch gelagert. Diese Objekte (drei Presshäuser mit Kellern im Ausmaß von ca. 50 m2, 180 m2 und 30 m2) sind auf Grund ihrer Lage, Beschaffenheit und ihres zum Teil geringen Ausmaßes für eine den heutigen Anforderungen entsprechende Kellerwirtschaft minder- bzw. ungeeignet.

Die notwendigen Kellereigeräte wurden vor einigen Jahren aus der Konkursmasse eines Weinhandelsbetriebes erstanden und sind nunmehr großzügig bzw. zum Teil hinsichtlich Anzahl und Größe überdimensioniert vorhanden. Nicht alle diese Geräte können derzeit in den vorhandenen Presshäusern aufgestellt werden und sind daher im Garten des Wohnhauses der Beschwerdeführerin in Wien im Freien abgestellt.

Die Vermarktung des Weines erfolgt ausschließlich über den Flaschenweinverkauf sowie in Behältnissen bis zu 60 l. Nähere Angaben bezüglich der Prozentaufteilung der einzelnen Gebindearten, der Mengen bzw. der Abnahme (z.B. Privatkunden, Händler, Abhofverkauf etc.), der Anzahl der zu lagernden Flaschen sowie bezüglich der erzielten Roherträge wurden trotz Aufforderung von der Beschwerdeführerin nicht gemacht.

Zur Bearbeitung der Weingartenflächen stehen folgende Maschinen und Geräte zur Verfügung: Traktor, Lesewagen, Anhänger, Mulcher, Zwischenstockmäher, Streifenfräse, Weingartenpflug, zwei Sattelspritzen, zwei Fräsen und zwei Handelsdüngerstreuer. Diese Geräte sind derzeit in einem Holzstadel im Ausmaß von ca. 100 m2 untergebracht.

Die zur Bewilligung eingereichte Halle soll den Flächenbedarf der gesamten landwirtschaftlichen Tätigkeit (Weinbau und Kellereiwirtschaft) des Betriebes abdecken und demgemäß in Press-, Fasslager-, Füll-, Leergut-, Wasch-, Vollgut- und Maschinenabteilung getrennt werden. Diesen Bereichen sind im Einzelnen folgende Funktionen zugeordnet:

Pressabteilung ca. 130 m2; hier erfolgt die Traubenübernahme, das Einmaischen und Pressen des Erntegutes. In diesem Bereich sind ein Übernahmetrog, eine Traubenmühle, eine Maischpumpe, drei Pressen und sechs Bottiche mit einem Gesamtfassungsvermögen von ca. 8.200 l abgestellt. Die geplante Fasslagerabteilung umfasst ca. 260 m2; sie dient der Weinlagerung in 24 Tanks (15 liegend und neun stehend mit einem Gesamtfassungsraum von ca. 90.000 l).

Für die Füll-, Leergut- und Waschabteilung sind ca. 130 m2 vorgesehen. In diesem Bereich sollen die Füllanlage (Füller, Korker, Etikettierer, Schrumpfer) samt Verpackungstisch, ein Teil des Leergutlagers sowie ein mit 2 m hohem Mauerwerk umgrenzter Waschplatz im Ausmaß von ca. 13 m2 untergebracht werden. Die Lagerung der abgefüllten Ware soll auf ca. 130 m2 in der Form erfolgen, dass die Flaschen stehend in Kunststoffkisten eingeordnet werden, wobei jeweils vier Lagen zu je acht Kisten übereinander auf einer Holzpalette gestaffelt werden sollen. Weiters soll in dieser Abteilung auch zusätzliches Leergut abgestellt werden. In der Maschinenabteilung mit ca. 130 m2 ist eine Abstellfläche für die landwirtschaftlichen Maschinen vorgesehen. Von den 13 vorhandenen Geräten sind drei in doppelter Ausführung vorhanden. Zur Durchführung anfallender Manipulationsarbeiten bzw. als Durchfahrt sind zusätzlich ca. 200 m2 vorgesehen.

Gemäß dem Betriebskonzept soll die Halle im Wesentlichen zur Arbeitsvereinfachung sowie zur Schaffung von Flächen zur Unterbringung jener Weintanks dienen, die derzeit im Freien im Haus Bockfließ, M.-Straße 28, liegen. Für die Errichtung des beabsichtigten Bauvorhabens steht lt. Betriebskonzept sonst kein geeigneter Standort im gewidmeten Bauland als Eigengrund der Beschwerdeführerin zur Verfügung.

Im Gutachten wird sodann ausgeführt:

"Im vorliegenden Fall hat sich die Bauwerberin auf die Bewirtschaftung von ca. 7,7 ha großen Weingartenfläche spezialisiert, bearbeitet diese Liegenschaften mit eigenen Maschinen und Geräten, führt sämtliche Kellereiarbeiten durch und vermarktet in weiterer Folge zumindest teilweise den gekelterten Wein. Das beantragte Objekt soll im Rahmen dieses Betriebes als Wirtschaftsgebäude verwendet werden und zur Durchführung betriebsspezifischer Arbeiten (Pressen, Lagern, Abfüllen, Abstellen der Maschinen) dienen. Es ist daher grundsätzlich von einer Übereinstimmung mit der Widmungsart Grünland - Landwirtschaft auszugehen.

Wie in allen Betriebszweigen sind auch im Weinbau Planung, Organisation und Kalkulation Grundvoraussetzungen für ein erfolgreiches Wirtschaften. Jeder Weinbautreibende muss heute außer Fachwissen auch Kenntnisse in Betriebswirtschaft und kaufmännischem Rechnen haben. Denn erst aus der gezielten Beobachtung der Marktlage und der Produktionsbedingungen sowie durch die Anwendung spezieller Rationalisierungsmaßnahmen ergeben sich Möglichkeiten, Vorteile wahrzunehmen und damit das Ziel, einen entsprechenden Gewinn zu erwirtschaften. Daher ist es unbedingte Voraussetzung, dass Betriebsleiter, insbesondere von Klein- und Mittelbetrieben umsichtig planen und genau kalkulieren, da Investitionen nur dann gerechtfertigt sind, wenn eine möglichst gute Auslastung gewährleistet ist.

Wie in den meisten Weinbaubetrieben plant Frau (Beschwerdeführerin) die beantragte Halle zur Kelterung des Weines als Mehrzweckraum, der gleichzeitig zur Lagerung von Voll- und Leergut sowie zur Durchführung von Abfüll- und Manipulationsarbeiten verwendet und zur Gänze mit Isolierpaneelen eingehaust wird; das Abstellen von landwirtschaftlichen Maschinen in eben diesem - Kellerräumen gleichzusetzenden - Gebäude stellt jedoch eine betriebsspezifische Besonderheit dar.

In dieser Maschinenabteilung werden ebenso wie in der Pressabteilung der darüber hinaus laut Betriebskonzept mehrere Geräte gleicher Verwendungsart abgestellt; dies resultiert daraus, dass Altgeräte trotz Neuanschaffung nicht ausgemustert bzw. im Zuge der Konkursmasse einfach mitübernommen wurden. Zur Durchführung der notwendigen Arbeiten sind sie jedoch in dieser Anzahl nicht üblich und tatsächlich auch nicht erforderlich. Der hiefür vorgesehene Platzbedarf von insgesamt ca. 260 m2 ist daher sowohl aus diesen Umständen sowie aufgrund der eingezeichneten, platzraubenden Anordnung als weit überhöht zu bezeichnen.

Auch jener Bereich, der für die Flaschenlagerung samt Waschplatz vorgesehen ist, ist flächenmäßig bedeutend überdimensioniert. Die angestrebte Art der Lagerung (Holzpalette mit 4 Lagen Kunststoffkisten - Flaschen stehend, Paletten nicht übereinander) stellt im Hinblick auf die nutzbare Gebäudehöhe von ca. 5,6 m eine bei längerfristiger Lagerung absolut unübliche Handlungsweise dar und ist auf maximalen Flächenverbrauch ausgerichtet. In zeitgemäß arbeitenden Kellereibetrieben werden so genannte Gitterboxen verwendet, in denen die Flaschen liegend aufbewahrt werden und die ihrerseits wieder 4-fach übereinander stapelbar sind.

Die Manipulations- und Durchfahrtsflächen in einer Breite von 5 m über die gesamte Hallenlänge von 42 m stellen keine Notwendigkeit dar und sind ebenso weitaus zu großzügig bemessen. Alle Räume einer Kelleranlage sollen nämlich zueinander einen betriebswirtschaftlich vernünftigen Zusammenhang aufweisen, um Quer- und Gegenverkehr sowie überflüssige Wege zu vermeiden. Die Situierung der einzelnen Abteilungen sowie des Waschplatzes in einer Ecke entspricht daher nicht diesen Zielvorgaben."

Zusammenfassend kommt der Sachverständige zum Ergebnis, dass die Beschwerdeführerin als Inhaberin eines landwirtschaftlichen Betriebes im Haupterwerb eine Halle für landwirtschaftliche Zwecke aus üblichen bzw. zweckmäßigen Materialien benötige. Das eingereichte Bauvorhaben stehe daher grundsätzlich nicht im Widerspruch zur Flächenwidmung Grünland-Landwirtschaft. Die beantragte Größe der Halle hingegen lasse kostenaufwendige Überkapazitäten entstehen. Rationell arbeitende bzw. zukunftsorientierte Weinbaubetriebe vergleichbarer Betriebsgröße, Betriebsstruktur, Vermarktungsform etc. fänden erfahrungsgemäß mit weitaus geringeren Flächen das Auslangen. Der Neubau einer Halle für landwirtschaftliche Zwecke im Ausmaß von 1.050 m2 sei daher nicht als erforderlich zu erachten.

Mit Schreiben vom 30. November 2000 übermittelte der Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde der Beschwerdeführerin dieses Gutachten und forderte die Beschwerdeführerin auf, das Projekt entsprechend diesem Gutachten abzuändern.

Die Beschwerdeführerin gab hiezu eine umfangreiche Stellungnahme ab. Der Aufforderung zur Projektsänderung kam die Beschwerdeführerin nicht nach.

Über Aufforderung der Baubehörde ergänzte der Sachverständige sein Gutachten unter Berücksichtigung der Stellungnahme der Beschwerdeführerin am 4. März 2003 wie folgt:

"Betriebsgröße, innerbetriebliche Abläufe, Produktpalette, Vermarktungsform, ua. sind Parameter für den Umfang sowie die Art der landwirtschaftlichen Tätigkeit und damit letztendlich auch für den Raumbedarf. Die Intensität der Arbeiten im Weingarten, der Kellerwirtschaft und des Marketings bestimmen weitgehendst den Betriebserfolg, wobei der dazu notwendige Betriebsmitteleinsatz (Kapital, Arbeit) dazu in Relation zu setzen ist.

Der Weinbau ist nämlich einer der wenigen landwirtschaftlichen Produktionszweige, welche einen hohen Grad an vertikaler Integration besitzt. Dies bedeutet, das Ausgangsmaterial kann bis zum fertigen Endprodukt verarbeitet und auch bis hin zum Endverbraucher vermarktet werden. Diese Chance der Einkommenssteigerung ist für jeden zukunftsorientierten Betriebsleiter ebenso wichtig wie die Produktion und braucht eine entsprechende qualitative Positionierung des eigenen Betriebes bei den Abnehmern.

Im vorliegenden Fall liegt jedoch eine - im Vergleich zu anderen Weinbaubetrieben - einfache Produktionsausrichtung des Betriebes (Beschwerdeführerin) vor. Weder besondere Qualitäts- und Ausbaustufen des Weines (z.B. Auslesen, Barrique, etc.) noch spezielle Vermarktungsformen oder Produktpräsentationen kennzeichnen den Betriebszweig Weinbau.

Im Gegenteil lassen überdurchschnittlich hohe Lagerbestände im Ausmaß von ca. 3 Jahresernten auf zu wenig intensiv betriebene Absatzförderung oder auf eine fehlende Produktstrategie (z.B. entspricht das Angebot hinsichtlich Inhalt und Aufmachung den Kundenwünschen? Werden Änderungen der Verbrauchergewohnheiten berücksichtigt? etc.) schließen.

Eine derart geringe Marktleistung kann jedoch nicht zwangsläufig eine ständige Erhöhung der Lagerkapazitäten bedingen, sondern sind aus betriebswirtschaftlicher Sicht entsprechende Verkaufsmaßnahmen zu setzen, um den Raum- und Investitionsbedarf möglichst gering zu halten.

Auch die Wirtschaftsweise der Bauwerberin (s. Gutachten vom 24.11.2000) hinsichtlich der übrigen Manipulationsarbeiten in der beantragten Halle (landwirtschaftliche Maschinen, Pressen, etc.) sind somit als ausschließlich subjektive Wünsche einzustufen und daher nicht zu berücksichtigen.

Denn es ist unzweifelhaft gesetzgeberische Absicht, Bauführungen im Grünland möglichst zu beschränken, weshalb das Merkmal der Erforderlichkeit nach ständiger Rechtsprechung auch anhand der Größe zu prüfen ist. Die im Grünland vorgesehenen Bauten müssen der Betriebsfläche und der Betriebsart des landwirtschaftlichen Betriebes insofern angepasst sein, als sie zu diesen Größen nicht in einem Missverhältnis stehen dürfen.

Da es sich bei einem Baubewilligungsverfahren zweifellos um ein Projektsgenehmigungsverfahren handelt, muss daher bei der Anwendung der für die Bewilligungsfähigkeit des Bauvorhabens maßgebenden Kriterien vom konkreten Einreichplan ausgegangen werden.

Zusammenfassend wird daher festgestellt, dass es in einer Begutachtung nach § 19 Abs. 4 des NÖ ROG 1976 weder auf den Betriebstyp mit einem bestimmten abstrakten Betriebsbild noch auf subjektive, in der Person der Antragstellerin liegende Gesichtspunkte ankommt.

Das Gutachten vom 24.11.2000 wird daher vollinhaltlich

aufrecht erhalten.

..."

Im Aktenvermerk vom 13. April 2006 wurde festgehalten, dass der Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde mit dem Sachverständigen und der Beschwerdeführerin erörtert habe, in welcher Form von der Beschwerdeführerin eine landwirtschaftliche Halle im Grünland errichtet werden könnte. Es seien verschiedene Möglichkeiten erwogen worden, die nach Ansicht der Baubehörde zur Bewilligungsfähigkeit des eingereichten Bauvorhabens führen könnten, insbesondere auch die Änderung des Betriebskonzeptes. Die Beschwerdeführerin habe jedoch die Änderung des Betriebskonzeptes abgelehnt.

Nach mehreren - für das Beschwerdeverfahren nicht maßgeblichen Verfahrensgängen - wurde mit Bescheid des - im Devolutionswege zuständig gewordenen - Gemeinderates der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 27. April 2006 - in dem für das Beschwerdeverfahren maßgeblichen Teil - das Ansuchen der Beschwerdeführerin auf Errichtung einer landwirtschaftlichen Halle im Grünland abgewiesen.

In der Begründung führte der Gemeinderat der mitbeteiligten Marktgemeinde - gestützt auf das Gutachten des beigezogenen Sachverständigen - aus, dass das eingereichte Projekt für den Betrieb der Landwirtschaft der Beschwerdeführerin nicht erforderlich sei und der Antrag der Beschwerdeführerin daher wegen Widerspruchs zum geltenden Flächenwidmungsplan abzuweisen gewesen sei.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde die dagegen erhobene Vorstellung der Beschwerdeführerin als unbegründet abgewiesen. In der Begründung wurde ausgeführt:

Das Gutachten des von der Baubehörde beigezogenen Sachverständigen sei schlüssig und nachvollziehbar. Der Sachverständige beschreibe den Betrieb und die Art und Weise der Herstellung des Weines. Daraus ergebe sich, dass grundsätzlich das beantragte Objekt als Wirtschaftsgebäude notwendig sei. Die Größe der beantragten Halle sei jedoch wesentlich überdimensioniert. In Teilen des projektierten Gebäudes sollen verschiedene ausgemusterte landwirtschaftliche Maschinen gelagert werden. Der hiefür vorgesehene Platz gehe von insgesamt 260 m2 aus und sei aus agrartechnischer Sicht als viel zu groß anzusehen. Auch der Bereich der für Flaschenlagerung samt Waschplatz vorgesehenen Fläche sei bedeutend überdimensioniert. Die Manipulations- und Durchfahrtsflächen in einer Breite von 5 m über die gesamte Hallenlänge von 42 m seien ebenfalls nicht erforderlich. Die beantragte Größe der Halle entspreche daher nicht dem Anforderungsprofil von Weinbaubetrieben vergleichbarer Betriebsgröße. Die platzraubende Lagerung von verschiedenen alten landwirtschaftlichen Geräten sei nicht notwendig und für ein Bauvorhaben im Grünland nicht erforderlich. Die Beschwerdeführerin sei dem Gutachten nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten. Weitere Ermittlungsschritte seien zur Lösung der Angelegenheit nicht erforderlich.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht auf Erteilung der beantragten behördlichen Baubewilligung verletzt. Sie macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge von Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Die Beschwerdeführerin replizierte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 14 Z 1 Niederösterreichische Bauordnung 1996 bedürfen Neu- und Zubauten von Gebäuden einer Baubewilligung.

Gemäß § 20 Abs. 1 Z 1 Niederösterreichische Bauordnung 1996 hat die Baubehörde bei Anträgen nach § 14 vorerst zu prüfen, ob dem Bauvorhaben die im Flächenwidmungsplan festgelegte Widmungsart des Baugrundstückes, seine Erklärung zur Vorbehaltsfläche oder Aufschließungszone entgegensteht.

Eine Baubewilligung darf gemäß § 23 Abs. 1 zweiter Satz leg. cit. nur erteilt werden, wenn u.a. kein Widerspruch zu § 20 Abs. 1 Z 1 dieses Gesetzes besteht.

Die hier maßgebliche Regelung des § 19 NÖ ROG 1976 betreffend

die Widmung "Grünland" hat folgenden Wortlaut:

"...

(2) Das Grünland ist entsprechend den örtlichen Erfordernissen und naturräumlichen Gegebenheiten in folgende Widmungsarten zu gliedern:

1a. Land- und Forstwirtschaft:

Flächen, die der land- und forstwirtschaftlichen Bewirtschaftung dienen. Auf diesen ist die Errichtung und Abänderung von Bauwerken für die Ausübung der Land- und Forstwirtschaft einschließlich deren Nebengewerbe im Sinne der Gewerbeordnung sowie für die Ausübung des Buschenschankes im Sinne des NÖ Buschenschankgesetzes, LGBl. 7045, zulässig. Bei den im Hofverband bestehenden Wohngebäuden sind Zubauten und bauliche Änderungen für folgende Zwecke zulässig:

zur Befriedigung der familieneigenen Wohnbedürfnisse des Betriebsinhabers,

für die Privatzimmervermietung durch die Mitglieder des eigenen Haushaltes als häusliche Nebenbeschäftigung bis höchstens 10 Gästebetten.

Weiters sind im Hofverband die Wiedererrichtung von Wohngebäuden sowie die Errichtung eines Ausgedingewohnhauses zulässig.

...

(4) Im Grünland ist ein bewilligungs- oder anzeigepflichtiges Bauvorhaben gemäß der NÖ Bauordnung 1996 nur dann und nur in jenem Umfang zulässig, als dies für eine Nutzung gemäß Abs. 2 erforderlich ist und in den Fällen des Abs. 2 Z. 1a und 1b eine nachhaltige Bewirtschaftung erfolgt. Bei der Erforderlichkeitsprüfung ist darauf Bedacht zu nehmen, ob für das beabsichtigte Bauvorhaben geeignete Standort im gewidmeten Bauland auf Eigengrund zur Verfügung stehen.

..."

Bei einem Neubau eines Wirtschaftsgebäudes im Grünland für einen landwirtschaftlichen Betrieb - auch eines Vollerwerbslandwirtes - bedarf es einer auf Sachverständigenbasis gegründeten Beurteilung im Sinne des § 19 Abs. 1 NÖ ROG 1976 dahingehend, ob dieses Wirtschaftsgebäude für eine Nutzung im Sinne des Abs. 2 dieses Paragraphen, d.h. im Beschwerdefall für die Ausübung der von der Beschwerdeführerin betriebenen Landwirtschaft, erforderlich ist und eine nachhaltige Bewirtschaftung erfolgt (vgl. hiezu die hg. Erkenntnisse vom 23. Mai 2002, Zl. 2001/05/0002, und vom 15. Juli 2003, Zl. 2002/05/0772). § 19 Abs. 4 zweiter Satz NÖ ROG 1976 normiert weiters, dass bei der Erforderlichkeitsprüfung darauf Bedacht zu nehmen ist, ob für das beabsichtigte Bauvorhaben geeignete Standorte im gewidmeten Bauland auf Eigengrund zur Verfügung stehen.

Die zulässige Art und der zulässige Umfang der im Grünland geplanten Anlagen und Bauten richtet sich also danach, ob es sich um einen hauptberuflichen oder nebenberuflichen landwirtschaftlichen und forstwirtschaftlichen Betrieb handelt. Die im "Grünland" vorgesehenen Bauten und Anlagen müssen aber nicht nur der Zweckbestimmung "Landwirtschaft und Forstwirtschaft" entsprechen, sondern auch der Betriebsfläche und der Betriebsart des landwirtschaftlichen und forstwirtschaftlichen Betriebes insofern angepasst sein, als sie zu diesen Größen nicht in einem Missverhältnis stehen dürfen (vgl. hiezu die hg. Erkenntnisse vom 14. November 1989, Zl. 85/05/0009, VwSlg. 13062/A, und vom 21. Februar 1995, Zl. 94/05/0142).

Das dem angefochtenen Bescheid zu Grunde liegende Baubewilligungsverfahren hat zwar ergeben, dass die beschwerdeführende Partei für ihren landwirtschaftlichen Betrieb ein Wirtschaftsgebäude benötigt und für das beabsichtigte Bauvorhaben derzeit keine geeigneten Standorte im gewidmeten Bauland auf Eigengrund zur Verfügung stehen. Auf Grund der vorliegenden Ermittlungsergebnisse steht aber fest, dass eine Halle im beantragten Umfang für die von der Beschwerdeführerin vorgesehenen landwirtschaftlichen Tätigkeiten und Maßnahmen nicht erforderlich ist.

Für die aus dem von der Beschwerdeführerin vorgelegten Betriebskonzept hervorgehende Art (Struktur) und den Umfang der betriebenen Landwirtschaft ist das projektierte Wirtschaftsgebäude - wie den nicht als unschlüssig zu erkennenden Ausführungen im Gutachten des Amtssachverständigen zu entnehmen ist - überdimensioniert und in den beantragten Ausmaßen unter Berücksichtigung der Erfordernisse einer zeitgemäßen Landwirtschaft nicht erforderlich.

Die Beschwerdeführerin vermag die Richtigkeit des Sachverständigengutachtens mit ihren allgemein gehaltenen Ausführungen nicht zu entkräften.

Worin der in der Beschwerde behauptete Widerspruch zwischen Spruch und Begründung des angefochtenen Bescheides bestehen soll, ist für den Verwaltungsgerichtshof nicht erkennbar. Ebenso wenig vermag der Verwaltungsgerichtshof den Vorwurf eines willkürlichen Verhaltens der Behörden nachzuvollziehen.

Die Baubehörde hatte auf Grund des vorliegenden Gutachtens ihres landwirtschaftlichen Sachverständigen in rechtlicher Hinsicht zu beurteilen, ob die von der Beschwerdeführerin zur Bewilligung eingereichte Halle - auch bezüglich des Umfanges - den Erfordernissen des § 19 Abs. 4 NÖ ROG 1976 entspricht. Die belangte Behörde zieht in der Begründung des angefochtenen Bescheides nicht in Zweifel, dass die Beschwerdeführerin ein Wirtschaftsgebäude für den Betrieb ihrer Landwirtschaft benötigt. Allein die Erforderlichkeit des Gebäudes in der beantragten Größe wird sowohl von der Baubehörde als auch der belangten Behörde, gestützt auf das Gutachten des landwirtschaftlichen Sachverständigen, zutreffend verneint.

Das Sachverständigengutachten geht von den Angaben der Beschwerdeführerin in ihrem Betriebskonzept aus, weshalb es nicht erforderlich war, weitere Erhebungen zur Klärung des Sachverhaltes an Ort und Stelle durchzuführen. Dass der Sachverständige die Angaben im Betriebskonzept nicht berücksichtigt hätte, wird von der Beschwerdeführerin selbst nicht behauptet. Der Beschwerdeführerin wurde mehrmals erfolglos die Möglichkeit zur Anpassung des Betriebskonzeptes eingeräumt.

Anhaltspunkte dafür, dass Mitglieder des Gemeinderates der mitbeteiligten Marktgemeinde befangen gewesen sind, sind nicht zu erkennen.

Die unbegründete Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Die Beschwerdeführerin hat die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt.

Es kann dahingestellt bleiben, ob der im Beschwerdefall in Rede stehende Anspruch als "civil right" im Sinne der EMRK zu beurteilen ist, weil im vorliegenden Fall die Durchführung einer mündlichen Verhandlung aus folgenden Gründen jedenfalls nicht erforderlich ist: Gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG kann der Verwaltungsgerichtshof ungeachtet eines Parteienantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und wenn Art. 6 Abs. 1 EMRK dem nicht entgegensteht.

Der EGMR hat in seinen Entscheidungen vom 10. Mai 2007, Nr. 7401/04 (Hofbauer/Österreich 2), und vom 3. Mai 2007, Nr. 17.912/05 (Bösch/Österreich) unter Hinweis auf seine frühere Rechtsprechung dargelegt, dass der Beschwerdeführer grundsätzlich ein Recht auf eine mündliche Verhandlung vor einem Tribunal hat, außer es lägen außergewöhnliche Umstände vor, die eine Ausnahme davon rechtfertigten. Der EuGH hat das Vorliegen solcher außergewöhnlichen Umstände angenommen, wenn das Verfahren ausschließlich rechtliche oder "hoch-technische" Fragen ("exclusively legal or highly technical questions") betrifft. Der Gerichtshof verwies im Zusammenhang mit Verfahren betreffend ziemlich technische Angelegenheiten ("rather technical nature of disputes") auch auf das Bedürfnis der nationalen Behörden nach zweckmäßiger und wirtschaftlicher Vorgangsweise, das angesichts der sonstigen Umstände des Falles zum Absehen von einer mündlichen Verhandlung berechtigte.

Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist hier geklärt. In der vorliegenden Beschwerde wurden keine Rechts- oder Tatfragen von einer solchen Art aufgeworfen, dass deren Lösung eine mündliche Verhandlung erfordert hätte. Art. 6 EMRK steht somit dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung nicht entgegen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. Jänner 2005, Zl. 2002/05/1519 mwN). Die Entscheidung konnte daher im Sinne des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

Wien, am 31. März 2008

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