Normen
ErbStG §29 Z1;
EStG §20 Abs1 Z4;
EStG §29 Z1;
EStG §6;
ErbStG §29 Z1;
EStG §20 Abs1 Z4;
EStG §29 Z1;
EStG §6;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen vierzehn Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen.
Begründung
Im Rahmen ihrer Einkommensteuererklärungen für die Jahre 2000 bis 2005 erklärte die Beschwerdeführerin u.a. sonstige Einkünfte aus einem Rentenlegat nach dem im Jahr 1980 verstorbenen Hans P. Das Legat war ihr laut handschriftlichem Testament mit folgendem Wortlaut zugesagt worden (Anm: Beim Universalerben handelt es sich um das uneheliche Kind des Hans P., dem die Verlassenschaft im Jahr 1995 eingeantwortet wurde):
"An Frau (Beschwerdeführerin) (Mutter meines Universalerben (Hans Christoph L)):
Ihr sollen zu Lasten der Verlassenschaft bis zur Volljährigkeit meines Sohnes monatlich S 100.000,00 (hunderttausend) wertgesichert und steuerfrei ausbezahlt werden. Nach Volljährigkeit 50 % (die Hälfte)."
In den Beilagen zu den Einkommensteuererklärungen 2000 bis 2005 vertrat die Beschwerdeführerin, unter Hinweis auf das Verwaltungsgerichtshoferkenntnis vom 26. Jänner 1999, 98/14/0045, die Auffassung, dass es sich bei den Einkünften aus dem Legat um freiwillige Zuwendungen iSd § 20 Abs. 1 Z 4 EStG 1988 handle, die bei der Einkommensberechnung nicht zu berücksichtigen seien. Abweichend dazu ging das Finanzamt bei der Einkommensteuerveranlagung davon aus, dass es sich bei den Zahlungen aus dem Rentenlegat um steuerpflichtige sonstige Einkünfte iSd § 29 Z 1 EStG 1988 handle.
Die Beschwerdeführerin berief gegen die angeführten Bescheide und brachte in den gegen die Einkommensteuerbescheide 2000 bis 2002 gerichteten Berufungen vor, dass wiederkehrende Bezüge, die freiwillig oder an eine gesetzlich unterhaltsberechtigte Person geleistet würden, keine sonstigen Einkünfte iSd § 29 Z 1 EStG 1988 darstellten. Die Beschwerdeführerin erhalte zwar wiederkehrend monatlich einen Betrag, der sich nach Erreichen der Großjährigkeit ihres Sohnes auf die Hälfte reduziert habe, es sei aber denkunmöglich, "davon auszugehen, dass Herr (Hans P) mir diesen Betrag nicht freiwillig ausgesetzt hätte, die an die Vorgabe gebundene Verlassenschaft diesen Betrag nicht in einer Form bezahlte, die juristisch als 'freiwillig' anzusprechen ist und dass auch unser Sohn nach erfolgter unbestrittener Maßen freiwillig abgegebener Erbserklärung und nachfolgender Einantwortung aufgrund des im Testament enthaltenen Legats nicht 'freiwillig' iSv § 29 Z 1 EStG 1998 an mich leistet". In den gegen die Einkommensteuerbescheide 2003 bis 2005 gerichteten Berufungen führte die Beschwerdeführerin zudem aus, dass sie gegenüber ihrem Sohn gesetzlich unterhaltsberechtigt sei und das Rentenlegat nur der Erbschaftssteuer unterliege, die ihr regelmäßig nach § 29 ErbStG vorgeschrieben werde.
Das Finanzamt wies die Berufungen gegen die Einkommensteuerbescheide 2000 bis 2002 mit Berufungsvorentscheidungen ab, woraufhin die Beschwerdeführerin deren Vorlage an die Abgabenbehörde zweiter Instanz beantragte.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde u. a. die Berufungen gegen die Einkommensteuerbescheide 2000 bis 2005 ab und begründete dies im Wesentlichen damit, dass die Argumentation der Beschwerdeführerin in Bezug auf die Steuerpflicht der streitgegenständlichen Zahlungen widersprüchlich sei. Sie gehe einerseits von einer Unterhaltsrente iSd § 20 Abs. 1 Z 4 EStG 1988 aus und verweise andererseits "auf die Steuerfreiheit der Zuwendungen aufgrund der Freiwilligkeit der Leistung iVm § 29 EStG".
Eine Unterhaltsrente iSd § 20 Abs. 1 Z 4 EStG 1988 liege nicht vor, weil die Beschwerdeführerin keinen Unterhaltsanspruch gegenüber dem 1980 verstorbenen Erblasser gehabt habe. Dass eine Unterhaltsberechtigung der Lebensgefährtin "nach heutigem Verständnis" im Bereich des Möglichen liege, ändere daran nichts. Da die Beschwerdeführerin in der Lage sei, ihren Lebensunterhalt selbst zu bestreiten, komme auch ein allfälliger Unterhaltsanspruch gegenüber ihrem Sohn, Hans Christoph L, nicht zum Tragen.
Die Frage hinsichtlich der Steuerpflicht von wiederkehrenden Bezügen aus einem Rentenlegat habe der Verwaltungsgerichtshof wiederholt dahingehend beantwortet, "dass der zuwendende Erbe diese Leistung nicht freiwillig, sondern eben aufgrund der Annahme der Erbschaft, somit in Erfüllung einer gesetzlichen Pflicht, erbringt (vgl. dazu Erkenntnisse vom 15.3.1988, 87/14/0194; 15.1.1991, 90/14/0204)". Folglich liege auch keine freiwillige Zuwendung vor. Das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. Jänner 1999, 98/14/0045, sei für den Streitfall nicht einschlägig, weil es die Einräumung von Renten im Zusammenhang mit der Übertragung von Wirtschaftsgütern betreffe.
Ein unter die Erbschaftssteuer fallender Vermögenserwerb könne nach Lehre und Rechtsprechung auch Gegenstand der Besteuerung nach dem Einkommensteuergesetz sein, weil den genannten Abgaben völlig unabhängige Vorgänge zugrunde lägen. Gegenstand der Einkommensteuer seien erzielte Reinerträge, die Erbschaftssteuer nehme auf die Vermögensbereicherung Bezug (Hinweis auf den Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 14. Juni 1997, B 184/96 und B 324/96). Im Beschluss vom 30. November 2004, B 157/04, habe der Verfassungsgerichtshof zudem festgestellt, dass keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen eine Erhebung von Einkommensteuer neben der Erbschaftssteuer bestünden, weil § 29 ErbStG die Besteuerung von Renten nach dem Jahresbetrag zulasse und diesfalls die Erbschaftssteuer als Sonderausgabe abgezogen werden könne. Auf das in Rede stehende Rentenlegat werde die Bestimmung des § 29 Abs. 1 ErbStG angewendet. Die entrichtete, vom Zahler der Rente außerdem vergütete, Erbschaftssteuer werde als Sonderausgabe gemäß § 18 EStG 1988 in Abzug gebracht. Daher sei die behauptete exzessive Besteuerung im Streitfall nicht ersichtlich.
Der Verfassungsgerichtshof hat mit Beschluss vom 26. Februar 2008, B 2037/07, die Behandlung der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde abgelehnt. Mit Beschluss vom 13. März 2008 hat er die Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die auftragsgemäß ergänzte Beschwerde - nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde sowie einer Replik der Beschwerdeführerin auf die Gegenschrift - erwogen:
§ 29 Z 1 EStG 1988 lautet auszugsweise:
"§ 29. Sonstige Einkünfte sind nur:
1. Wiederkehrende Bezüge, soweit sie nicht zu den Einkünften im Sinne des § 2 Abs. 3 Z. 1 bis 6 gehören. Bezüge, die
- freiwillig oder
- an eine gesetzlich unterhaltsberechtigte Person oder
- ... geleistet werden,
sind nicht steuerpflichtig. ..."
In der für das verwaltungsgerichtliche Verfahren ergänzten Beschwerde wird unter Hinweis auf die durch das Steuerreformgesetz 2000 geänderte Rechtslage und auf das zuvor ergangene Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. Jänner 1999, 98/14/0045, VwSlg. 7349/F, die Auffassung vertreten, dass die (geänderte) Beurteilung der streitgegenständlichen Zahlungen an die Beschwerdeführerin "als freiwillig" jedenfalls beachtlich sei, welchen Umstand die Beschwerdeführerin auch in der Urbeschwerde bereits mit einer großen Zahl von Argumenten vorgetragen habe.
Diesem Vorbringen ist zu entgegnen, dass die Beurteilung der hier in Rede stehenden Zahlungen weder durch das Verwaltungsgerichtshoferkenntnis vom 26. Jänner 1999, 98/14/0045, noch durch das Steuerreformgesetz 2000 eine Änderung erfahren hat. Das Erkenntnis vom 26. Jänner 1999 betrifft die Renteneinräumung in Zusammenhang mit der Übertragung von Wirtschaftsgütern, allerdings nur vor dem Hintergrund der Problematik der Abgrenzung, ob ein entgeltlicher oder ein unentgeltlicher Vorgang vorliegt. Ausschließlich in diesem Zusammenhang hat der Verwaltungsgerichtshof in diesem Erkenntnis ausgesprochen:
"Wird ein Wirtschaftsgut gegen eine Rente übertragen, die als angemessene Gegenleistung angesehen werden kann, dann liegt eine Gegenleistungsrente vor. Wird hingegen ein Wirtschaftsgut gegen eine Rente übertragen, die nicht als angemessene Gegenleistung qualifiziert werden kann, muss von einer freiwilligen Zuwendung bzw. einer Unterhaltsrente im Sinne des § 20 Abs. 1 Z. 4 EStG 1988 ausgegangen werden. Im Bereich der Übertragung von Wirtschaftsgütern gegen Rente ist für eine weitere Rentenkategorie kein Raum."
Der Erwerb durch den Erben oder Legatar ist hingegen ein unentgeltlicher Vorgang, auch wenn der Erwerber seinerseits mit Legaten belastet wird (vgl. etwa Doralt, EStG6, § 6 Tz 409, und die dort zitierte Rechtsprechung).
Das Erkenntnis vom 26. Jänner 1999, 98/14/0045, bietet daher weder eine Veranlassung für ein Abgehen von der im Erkenntnis vom 21. Oktober 1986, 86/14/0034, VwSlg. 6161/F, vertretenen Ansicht, wonach bei letztwillig vermachten Renten den Erben (bzw. einen eventuellen Vermächtnisnehmer) die Verpflichtung zur Rentenzahlung aus dem Rechtsgrund der Annahme der Erbschaft (bzw. der Annahme des Vermächtnisses) trifft, noch bietet es einen Grund für die Annahme, solche Renten wären nach dem Jahr 1999 anders zu behandeln als bis dahin (ebenso das hg. Erkenntnis vom 22. März 2010, 2008/15/0092, auf dessen Entscheidungsgründe auch gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen werden kann).
In der Beschwerde wird weiters die Auffassung vertreten, dass die hier in Rede stehenden Zahlungen keine sonstigen Einkünfte iSd § 29 EStG 1988 darstellten, weil die Beschwerdeführerin ihrem Sohn gegenüber kraft Gesetzes unterhaltsberechtigt sei und eine verfassungskonforme Auslegung des § 29 Z 1 Satz 1 EStG 1988 nur zum Ergebnis kommen könne, dass es - entgegen der von der belangten Behörde vertretenen Auffassung - ausschließlich darauf und nicht auf die konkrete aktuelle Unterhaltspflicht ankommen könne.
Dazu genügt es, darauf hinzuweisen, dass die streitgegenständlichen Zahlungen unstrittig in Erfüllung eines Rentenlegates nach dem im Jahr 1980 verstorbenen Hans P geleistet wurden. Es handelt sich dabei nicht um Bezüge, die der Beschwerdeführerin vom Sohn aus dem Titel des gesetzlichen Unterhaltes geleistet werden, die Verpflichtung zur Rentenzahlung trifft den Sohn vielmehr aus dem Grund der Annahme der Erbschaft. Es liegt also keine Unterhaltsrente vor (vgl. Hofstätter/Reichel, EStG 1988, III § 29 Stichwort, Unterhaltsrenten, mit weiteren Nachweisen).
Soweit die Beschwerdeführerin - wie bereits in ihrer zunächst an den Verfassungsgerichtshof erhobenen Beschwerde, auf die unter dem Gesichtspunkt des Erfordernisses einer verfassungskonformen Interpretation zur Begründung der Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof verwiesen wird - rügt, die Belastung der gegenständlichen Zahlungen mit Erbschafts- und Einkommensteuer führe zu einer verfassungswidrigen Abgabenkumulierung, ist auf den die Beschwerdeführerin betreffenden Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 26. September 2005, B 364/05, VfSlg. 17618, hinzuweisen, wonach "ein der ErbSt unterliegender Erwerb - verfassungsrechtlich unbedenklich auch Gegenstand der Einkommensteuer sein kann (VfSlg. 14.849/1997) und der Gesetzgeber für den typischen Fall des Rentenlegats durch § 29 ErbStG und § 18 EStG 1988 (vgl. VwGH vom 15. Juni 1977, Zl. 2481/76) die Überbelastung hinreichend vermeidet".
Die Beschwerde erweist sich daher insgesamt als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am 30. Mai 2012
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