VwGH 2008/15/0092

VwGH2008/15/009222.3.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und den Senatspräsidenten Mag. Heinzl sowie die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Zorn und Dr. Büsser als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Unger, über die Beschwerde der C, Rechtsnachfolgerin der L, in NL, vertreten durch die Urbanek Lind Schmied Reisch Rechtsanwälte OEG in 3100 St. Pölten, Kremser Gasse 4, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Klagenfurt, vom 25. Mai 2005, Zl. RV/0012-K/03, betreffend Einkommensteuer 2000 und 2001, zu Recht erkannt:

Normen

EStG §20 Abs1 Z4;
EStG §29 Z1;
EStG §6;
EStG §20 Abs1 Z4;
EStG §29 Z1;
EStG §6;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 610,60 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Nach der Verhandlungsschrift über die Verlassenschaftsabhandlung setzte der im Dezember 1999 verstorbene Dr. Helmuth L. mit gültigem Testament seine Ehefrau Maria, die Rechtsvorgängerin der Beschwerdeführerin, als Universalerbin ein. Seiner Schwester Roswitha H. vermachte Dr. Helmuth L. seinen 3/4 Anteil an einer näher bezeichneten Liegenschaft mit der Auflage, die Liegenschaft samt Haus im Familienbesitz zu halten und ordnungsgemäß zu erhalten. Seiner Ehefrau vermachte Dr. Helmuth L. u.a. das lebenslängliche und unentgeltliche Wohnrecht an der im 1. Stock der Liegenschaft gelegenen, bis zu seinem Tod gemeinsam genützten Ehewohnung und eine monatliche wertgesicherte Rente in der Höhe von S 25.000,--, wobei er seine Schwester Roswitha H. und deren Rechtsnachfolger verpflichtete, diese monatliche Rente zu bezahlen. Sowohl das Wohnrecht als auch die Rente waren grundbücherlich sicherzustellen.

Im Zuge der Verlassenschaftsabhandlung gab Maria L. eine unbedingte Erbserklärung ab und ihre Schwägerin Roswitha H. erklärte, das Vermächtnis anzunehmen.

Im Rahmen der Verlassenschaftsabhandlung schlossen Maria L. und Roswitha H. in der Folge eine Vereinbarung, in welcher u. a. die dargestellten Punkte im Sinne des letzten Willens des Erblassers festgehalten wurden.

In den beim Finanzamt eingereichten Einkommensteuererklärungen für die Jahre 2000 und 2001 blieben die Rentenzahlungen im Ausmaß von jeweils S 300.000,-- sowie der Wert der freien Wohnung im Ausmaß von jeweils S 120.000,-- unberücksichtigt.

Über Vorhalt dieses Umstandes durch das Finanzamt wurde dies damit gerechtfertigt, dass es sich bei der Rente und dem in Anspruch genommenen Wohnrecht um eine nicht steuerpflichtige Unterhaltsrente handle. Der Barwert der Rentenverpflichtung inklusive Wohnrecht (rund 5,7 Mio S) liege bei rund 25 % des Wertes des übertragenen Wirtschaftsgutes (rund 22,75 Mio S). Da es sich bei der Leibrente und dem Wohnrecht zudem um die Erfüllung einer Erbverpflichtung handle, welche ohne Gegenleistung erfolgt sei, sei bereits aus diesem Grund eine Einkommensteuerpflicht zu verneinen.

Ergänzend wurde in der Folge auch vorgebracht, dass sich bei lebzeitiger Übertragung des Miethauses unter Vorbehalt von Renten in derselben Höhe für den Erblasser keine Steuerpflicht ergeben hätte. Bei der konkreten Rente könne es sich rein begrifflich nicht um ein Rentenlegat handeln, da es sich bei solchen (in den Einkommensteuerrichtlinien genannten) Rentenlegaten um letztwillige Zuwendungen ohne Gegenleistung handle.

Im Rahmen der Veranlagung der Maria L. zur Einkommensteuer der Jahre 2000 und 2001 wurden die Rentenzahlungen sowie der Wert des freien Wohnrechts als sonstige Einkünfte gemäß § 29 Abs. 1 EStG 1988 der Einkommensteuer unterzogen.

In der dagegen erhobenen Berufung wurde unter anderem vorgebracht, juristisch sei es ausgeschlossen, dass ein Alleinerbe auch Vermächtnisnehmer ist. Ein Alleinerbe könne niemals als Legatar behandelt werden. Maria L. habe demnach die Rente nicht als Vermächtnis, sondern als Gegenleistung für die Überlassung des dreiviertel Anteiles am Miethaus erhalten. In der Folge wurde wiederholt, dass auch eine lebzeitige Übertragung des Hausanteiles durch den Erblasser an seine Schwester unter Vorbehalt einer Leibrente keine Steuerpflicht beim Erblasser ausgelöst hätte, weil die Leibrente unter 50 % des Wertes des übertragenen Vermögens betragen habe.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung ab.

Sie begründete ihre Entscheidung im Wesentlichen damit, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bei letztwillig vermachten Renten den Erben die Verpflichtung zur Rentenzahlung aus dem Rechtsgrund der Annahme der Erbschaft und nicht aus dem Gesetz treffe.

Auch im Beschwerdefall liege der Rechtsgrund für die Rentenzahlungen und das Wohnrecht in der Annahme der Erbschaft bzw. des im Testament zugewendeten Legates. Ohne die Annahme des Legates hätte die Vermächtnisnehmerin weder die 3/4 der Liegenschaftsanteile des Erblassers erworben noch bestünde für diese eine Verpflichtung, Rentenzahlungen zu leisten bzw. eine Dienstbarkeit einzuräumen. Der Anfall der Vermögenswerte gründe sich daher nicht auf eine Vereinbarung zwischen Lebenden, auch wenn sich im Abhandlungsprotokoll die Bezeichnung Vereinbarung finde. Diese stelle lediglich eine Konkretisierung der im Testament getroffenen Anordnungen dar, ohne über den erblasserischen Willen hinauszugehen.

Im Beschwerdefall liege auch keine Übertragung eines Wirtschaftsgutes vom Rentenberechtigten auf den Rentenverpflichteten vor, es würden die Rentenzahlungen daher auch nicht als Gegenleistung für die Übertragung von Wirtschaftsgütern geleistet.

Korrespondierend zu § 29 Z. 1 EStG 1988 normiere § 20 Abs. 1 Z. 4 Satz 1 leg. cit. eine Steuerfreiheit für freiwillige Zuwendungen sowie gesetzlich unterhaltsberechtigte Personen, auch wenn diese auf einer verpflichtenden Vereinbarung beruhten. § 20 Abs. 1 Z. 4 Satz 2 stelle Renten und dauernde Lasten, die aus Anlass der Übertragung von Wirtschaftsgütern (ausgenommen Übertragungen von Betrieben, Teilbetrieben oder Mitunternehmeranteilen, demnach im außerbetrieblichen Bereich) den Zuwendungen im Sinn des Satzes 1 gleich, also steuerfrei, wenn die Gegenleistung für die Übertragung der Wirtschaftsgüter weniger als die Hälfte ihres gemeinen Wertes betrage oder unangemessen hoch sei. Die Bestimmungen des § 20 Abs. 1 Z. 4 Satz 2 und 3 stellten auf die Übertragung von Wirtschaftsgütern ab, aus deren Anlass Renten oder dauernde Lasten vereinbart würden und weiters darauf, in welchem Wertverhältnis das übertragene Wirtschaftsgut und die vereinbarte Gegenleistung zueinander stünden. Gerade ein solcher - streitgegenständlich aber gar nicht vorliegender - Fall einer Übertragung eines Betriebes durch den Rentenberechtigten gegen Einräumung einer Rente durch den Rentenverpflichteten liege den Ausführungen von Doralt, EStG 19884, § 20 Tz 125/13, unter Bezugnahme auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. Jänner 1999, 98/14/0045, zugrunde. Die Meinung Doralts, Rentenzahlungen auf Grund eines Vermächtnisses seien als (im Sinn des § 20 Abs. 1 Z. 4) freiwillig anzusehende Zuwendungen zu qualifizieren, weil keine Rente "vereinbart" werde, decke sich nicht mit der vom Verwaltungsgerichtshof zum Ausdruck gebrachten Betrachtungsweise, dass bei Rentenlegaten der Verpflichtungsgrund in der Annahme der Erbschaft bzw. des Legats zu erblicken sei und die Zahlungen daher nicht freiwillig erfolgten.

Da der Beschwerdeführerin nach den Normen des ABGB auch kein gesetzlicher Unterhaltsanspruch gegenüber ihrer Schwägerin zustehe, lägen daher nicht nur keine freiwilligen sondern auch keine Zuwendungen an eine gesetzlich unterhaltsberechtigte Person vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen erhobene Beschwerde erwogen:

Gemäß § 29 EStG 1988 sind sonstige Einkünfte nur:

1. Wiederkehrende Bezüge, soweit sie nicht zu den Einkünften im Sinne des § 2 Abs. 3 Z. 1 bis 6 gehören. Bezüge, die

Zutreffend hat sich die belangte Behörde zur Begründung ihrer Rechtsansicht, im Beschwerdefall lägen keine freiwillig gewährten Bezüge vor, auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gestützt, wonach bei letztwillig vermachten Renten den Erben die Verpflichtung zur Rentenzahlung aus dem Rechtsgrund der Annahme der Erbschaft und nicht aus dem Gesetz treffe (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. März 1988, 87/14/0194, oder das darin zitierte Erkenntnis vom 21. Oktober 1986, 86/14/0034). Gleiches gilt für den Legatar in Ansehung eines Legates.

Die Beschwerdeführerin meint unter Bezugnahme auf Doralt, SWK 1999, S 458, und das in dieser Literaturstelle erwähnte hg. Erkenntnis vom 26. Jänner 1999, 98/14/0045, Rentenlegate seien nach der Rechtsprechung "bis zum Jahr 1999" als Versorgungsrenten behandelt worden, wonach die Renten regelmäßig beim Empfänger als wiederkehrende Bezüge der Steuerpflicht unterzogen und beim Rentenzahler als Sonderausgabe abzugsfähig erachtet worden seien.

Der Verwaltungsgerichtshof teilt jedoch aus den schon im angefochtenen Bescheid angeführten Gründen die Ansicht der belangten Behörde, dass dem zitierten Erkenntnis, in welchem über einen unter Lebenden abgeschlossenen "Übergabs- und Leibrentenvertrag" zu befinden war, die von der Beschwerdeführerin unterstellte Bedeutung für Renten auf Grund letztwilliger Verfügungen nicht zukommt.

Das Erkenntnis vom 26. Jänner 1999, 98/14/0045, betrifft die Renteneinräumung in Zusammenhang mit der Übertragung von Wirtschaftsgütern, allerdings nur vor dem Hintergrund der Problematik der Abgrenzung, ob ein entgeltlicher oder ein unentgeltlicher Vorgang vorliegt. Ausschließlich in diesem Zusammenhang hat der Verwaltungsgerichtshof in diesem Erkenntnis ausgesprochen:

"Wird ein Wirtschaftsgut gegen eine Rente übertragen, die als angemessene Gegenleistung angesehen werden kann, dann liegt eine Gegenleistungsrente vor. Wird hingegen ein Wirtschaftsgut gegen eine Rente übertragen, die nicht als angemessene Gegenleistung qualifiziert werden kann, muss von einer freiwilligen Zuwendung bzw. einer Unterhaltsrente im Sinne des § 20 Abs. 1 Z. 4 EStG 1988 ausgegangen werden. Im Bereich der Übertragung von Wirtschaftsgütern gegen Rente ist für eine weitere Rentenkategorie kein Raum."

Der Erwerb durch den Erben oder Legatar ist hingegen ein unentgeltlicher Vorgang, auch wenn der Erwerber seinerseits mit Legaten belastet wird (vgl. etwa Doralt, EStG6, § 6 Tz 409 und die dort zitierte Rechtsprechung).

Das Erkenntnis vom 26. Jänner 1999, 98/14/0045, bietet weder eine Veranlassung für ein Abgehen von der im Erkenntnis vom 21. Oktober 1986, 86/14/0034, vertretenen Ansicht, wonach bei letztwillig vermachten Renten den Erben (bzw. einen eventuellen Vermächtnisnehmer) die Verpflichtung zur Rentenzahlung aus dem Rechtsgrund der Annahme der Erbschaft (bzw. der Annahme des Vermächtnisses) trifft, noch bietet es einen Grund für die Annahme, solche Renten wären nach dem Jahr 1999 anders zu behandeln als bis dahin.

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 22. März 2010

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