VwGH 2008/04/0217

VwGH2008/04/021717.4.2012

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Bayjones, Dr. Grünstäudl, Dr. Kleiser und Mag. Nedwed als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Crnja, über die Beschwerde des X in Y, vertreten durch Dr. Werner Zach, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Spiegelgasse 19, gegen den Bescheid des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit (nunmehr: Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz) vom 13. Juni 2008, Zl. BMWA- 437.001/0008-II/1/2008, betreffend Zurückweisung einer Berufung iA Insolvenz-Ausfallgeld, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §13 Abs3 idF 1998/I/158;
AVG §66 Abs4;
IAFG 2001 §7;
IESG §1 Abs5;
IESG §6 Abs2;
AVG §13 Abs3 idF 1998/I/158;
AVG §66 Abs4;
IAFG 2001 §7;
IESG §1 Abs5;
IESG §6 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1. Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid der IAF-Service GmbH (nunmehr: IEF-Service GmbH) vom 17. Juli 2007, mit dem der Antrag des Beschwerdeführers auf Insolvenz-Ausfallgeld gemäß § 13 Abs. 3 AVG zurückgewiesen worden war, zurückgewiesen.

Die erstinstanzliche Behörde hatte ihrer Entscheidung - nach Anführung der §§ 1 Abs. 5, 6 Abs. 2 IESG sowie des § 13 Abs. 3 AVG - im Wesentlichen zu Grunde gelegt, der Beschwerdeführer habe trotz mehrmaliger ausdrücklicher Aufforderung (schriftlicher Verbesserungsauftrag vom 7. September 2006, Urgenz vom 16. Oktober 2006, Fristerstreckung bis 17. November 2006 sowie telefonischer Urgenz am 5. Juni 2007) keine mit dem gerichtlichen Eingangsvermerk versehene Forderungsanmeldung vorgelegt.

Ausgehend von den Feststellungen der erstinstanzlichen Behörde führte die belangte Behörde in rechtlicher Hinsicht aus, noch vor Behandlung der Frage, ob für die beantragten Beträge dem (arbeitsrechtlichen) Grunde und der Höhe nach Insolvenz-Ausfallgeld gebühre, sei die gerichtliche Forderungsanmeldung, versehen mit dem gerichtlichen Eingangsvermerk, der zuständigen Geschäftsstelle - üblicherweise mit dem Antrag auf Insolvenz-Ausfallgeld - zu übermitteln, doch sei die Nachbringung einer solchen Forderungsanmeldung trotz mehrfacher Aufforderung und Hinweis auf die Säumnisfolgen nicht geschehen. Auch der in der Berufung behauptete Umstand, die Forderungsanmeldung sei per Fax an das Handelsgericht Wien übermittelt worden, sei - unabhängig davon, ob diese Übermittlung erfolgt sei oder nicht - nicht geeignet, diesen Mangel als nicht vorliegend zu erachten.

2. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der mit Beschluss vom 29. September 2008, B 1335/08-3, die Behandlung der Beschwerde abgelehnt und diese dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten hat.

In der vor dem Verwaltungsgerichtshof ergänzten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

3. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

3.1. Im vorliegenden Fall sind nachstehende Bestimmungen maßgeblich:

§ 13 AVG idF BGBl. I Nr. 158/1998 lautet (auszugsweise):

"…

(3) Mängel schriftlicher Anbringen ermächtigen die Behörde nicht zur Zurückweisung. Die Behörde hat vielmehr von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen und kann dem Einschreiter die Behebung des Mangels mit der Wirkung auftragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden, angemessenen Frist zurückgewiesen wird. Wird der Mangel rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht.

…"

§ 66 AVG idF BGBl. I Nr. 158/1998 lautet (auszugsweise):

"…

(4) Außer dem in Abs. 2 erwähnten Fall hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung (§ 60) ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern."

Der im Beschwerdefall maßgebliche § 7 IAF-Service-GmbH-Gesetz - IAFG, BGBl. I Nr. 88/2001, lautet (auszugsweise):

"…

(4) Im Falle einer Entscheidung in der Sache richtet sich der Rechtszug gegen Bescheide der Gesellschaft nach § 10 IESG. Gegen verfahrensrechtliche Bescheide der Gesellschaft steht hingegen die Berufung an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit offen;

dieser ist auch sachlich in Betracht kommende Oberbehörde."

§ 1 Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz - IESG

idF BGBl. I Nr. 102/2005 lautet (auszugsweise):

"…

(5) Sofern der gesicherte Anspruch auf Grund der insolvenzrechtlichen Vorschriften im Konkurs (Ausgleichsverfahren) angemeldet werden kann, besteht Anspruch auf Insolvenz-Ausfallgeld nur dann, wenn der gesicherte Anspruch als Forderung in einem solchen Insolvenzverfahren angemeldet worden ist, es sei denn, dass dem Anspruchsberechtigten die Anmeldung nicht möglich war. Wird Insolvenz-Ausfallgeld auf Grund einer ausländischen Entscheidung beantragt, hat der Antragsteller eine nach dem jeweiligen ausländischen Recht erforderliche Forderungsanmeldung der zuständigen Geschäftsstelle der IAF-Service GmbH zur Kenntnis zu bringen.

…"

§ 6 IESG idF BGBl. I Nr. 102/2005 lautet (auszugsweise):

"…

(2) Der Antrag ist mit einem bundeseinheitlich aufgelegten Formular zu stellen; nach Maßgabe der technischen Möglichkeiten kann dieses oder ein inhaltlich übereinstimmendes Formular auch telegrafisch, fernschriftlich, mit Telefax, im Wege automationsunterstützter Datenübertragung oder in jeder anderen technisch möglichen Weise übermittelt werden. In ihm sind der Betrag der Forderung (Höhe des Bruttoanspruches, der Dienstnehmerbeitragsanteile zur gesetzlichen Sozialversicherung und der gesetzlichen Abzüge, die von anderen öffentlichrechtlichen Körperschaften im Insolvenzverfahren geltend zu machen sind) und die Tatsachen, auf die sie sich gründet, anzugeben, die Beweismittel, die zum Nachweis der behaupteten Forderung beigebracht werden, zu bezeichnen und bei Forderungen, über die ein Rechtsstreit anhängig war oder ist, auch das Prozessgericht und das Aktenzeichen anzugeben und ein allenfalls vorhandener Exekutionstitel anzuschließen. Wenn der Konkurs eröffnet wurde und der gesicherte Anspruch Gegenstand der Anmeldung ist, sind ein Stück der mit dem gerichtlichen Eingangsvermerk versehenen Forderungsanmeldung (§ 103 KO) und Abschriften der ihr angeschlossenen Urkunden beizufügen.

…"

3.2. Der Beschwerdeführer bringt (zusammengefasst) vor, die Zurückweisung seines Antrages werde damit begründet, dass er keine Forderungsanmeldung gegenüber dem IAF und dem Konkursgericht über den Masseverwalter vorgenommen habe. Er habe jedoch mit Schriftsatz vom 21. Juni 2006 unter Verwendung des beigelegten Antragsformulars "IAG-Antrag 01/2001" seine Forderung gegenüber dem IAF ziffernmäßig aufgeschlüsselt zur Anmeldung gebracht.

Ebenfalls am 21. Juni 2006 habe er mit Schriftsatz beim Handelsgericht seine Forderung gegen den Gemeinschuldner ziffernmäßig zur Anmeldung gebracht. Für beide Forderungsanmeldungen - sowohl gegenüber dem IAF als auch gegenüber dem Handelsgericht Wien als Konkursgericht - seien Sendeberichte über die Einbringungen mittels Faksimile jeweils mit dem Sendebericht "ok" vorhanden (die er bereits seiner Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof beigelegt habe), beide Forderungsanmeldungen seien sohin den jeweiligen Empfängern auch tatsächlich zugegangen. Der IAF und das Konkursgericht seien über die Forderungsanmeldung beim Handelsgericht Wien ausdrücklich in Kenntnis gewesen.

3.3. Mit diesem Vorbringen verkennt der Beschwerdeführer, dass die Zurückweisung seines Antrages nicht darauf gestützt wurde, dass er keine Forderungsanmeldung gegenüber dem IAF und dem Konkursgericht vorgenommen hat, sondern dass er die erforderlichen Nachweise nicht vorgelegt hat.

"Sache" des Berufungsverfahrens ist jene Angelegenheit, die den Inhalt des Spruches des angefochtenen Bescheides der Unterinstanz gebildet hat. Bei Zurückweisung eines Antrages gemäß § 13 Abs. 3 AVG ist Sache der Berufungsbehörde iSd § 66 Abs. 4 AVG demnach allein die Frage, ob dem Antragsteller eine Sachentscheidung zu Recht verweigert wurde (vgl. dazu Hengstschläger/Leeb, AVG § 66 Rz 59 und 62 sowie die dort angeführte hg. Rechtsprechung).

Die belangte Behörde hat nun die Berufung gleichfalls zurückgewiesen.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes belastet die Zurückweisung eines Antrages oder einer Berufung dann den angefochtenen Bescheid nicht mit einer zur Aufhebung im verwaltungsgerichtlichen Verfahren führenden Rechtswidrigkeit, wenn sich die Behörde lediglich im Ausdruck vergriffen hat, in Wirklichkeit aber keine Verweigerung einer Sachentscheidung vorliegt (vgl. zum Beispiel das hg. Erkenntnis vom 25. April 1996, Zl. 95/07/0203). Dies ist im Beschwerdefall zu bejahen, zeigt doch die Begründung des angefochtenen Bescheides, dass sich die belangte Behörde mit der Frage auseinander gesetzt hat, ob die Zurückweisung durch die erstinstanzliche Behörde zu Recht erfolgt ist.

Nach dem Wortlaut des § 13 Abs. 3 AVG kommt eine auf diese Bestimmung gestützte Zurückweisung nur bei solchen schriftlichen Anbringen in Frage, die mit Mängeln behaftet sind. Ein Mangel kann, wie der Verwaltungsgerichtshof bereits zum Begriff des Formmangels im Verständnis des § 13 Abs. 3 AVG in der Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 158/1998 ausgesprochen hat, auch im Fehlen von Unterlagen gelegen sein, deren Anschluss an eine Eingabe das Gesetz ausdrücklich vorschreibt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 23. März 2008, Zl. 2007/12/0081).

Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass er jenem Punkt des Verbesserungsauftrages der erstinstanzlichen Behörde, nämlich dem § 6 Abs. 2 IESG entsprechend ein Stück der mit dem gerichtlichen Eingangsvermerk versehenen Forderungsanmeldung vorzulegen, nicht entsprochen habe. Die mit dem angefochtenen Bescheid bestätigte Zurückweisung ist daher nicht als rechtswidrig zu erkennen.

Die sich als unbegründet erweisende Beschwerde war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 17. April 2012

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