VwGH 2011/22/0066

VwGH2011/22/00667.4.2011

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok, die Hofräte Dr. Robl und Mag. Eder sowie die Hofrätinnen Mag. Merl und Dr. Julcher als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Perauer, über die Beschwerde

1. der F, und 2. des E, beide vertreten durch Dr. Josef Habersack, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Roseggerkai 5/III, gegen die Bescheide der Bundesministerin für Inneres vom 19. Jänner 2011,

1. Zl. 320.041/6-III/4/10 (hg. Zl. 2011/22/0066), und 2.) Zl. 320.041/7-III/4/10 (hg. Zl. 2011/22/0067), jeweils betreffend Niederlassungsbewilligung, zu Recht erkannt:

Normen

MRK Art8;
NAG 2005 §11 Abs3;
NAG 2005 §44 Abs3;
NAG 2005 §44b Abs1 Z1;
MRK Art8;
NAG 2005 §11 Abs3;
NAG 2005 §44 Abs3;
NAG 2005 §44b Abs1 Z1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Die Erstbeschwerdeführerin ist die Mutter des Zweitbeschwerdeführers. Beide sind Staatsangehörige von Kosovo.

Mit Bescheiden vom 24. September 2010 wies die Behörde erster Instanz die Anträge der beschwerdeführenden Parteien vom 2. Oktober 2009 jeweils auf Erteilung einer "Niederlassungsbewilligung - beschränkt" gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 44 Abs. 3, § 43 Abs. 2 und § 44b Abs. 1 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) als unzulässig zurück. Dies begründete sie im Wesentlichen damit, dass gegen die beschwerdeführenden Parteien jeweils seit 30. September 2009 rechtskräftige Ausweisungen vorlägen.

Mit den nunmehr angefochtenen Bescheiden wies die belangte Behörde die dagegen eingebrachten Berufungen gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 43 Abs. 2 und § 44b Abs. 1 NAG ab.

Dazu stellte sie - im Wesentlichen gleichlautend - fest, der Ehemann der Erstbeschwerdeführerin bzw. Vater des Zweitbeschwerdeführers sei am 28. April 2004 illegal in das Bundesgebiet eingereist und habe einen Asylantrag gestellt, der in zweiter Instanz am 30. September 2009 rechtskräftig abgewiesen, wobei die Durchsetzbarkeit der Ausweisung aus dem Bundesgebiet bestätigt worden sei.

Der Zweitbeschwerdeführer sei am 2. September 2007, die Erstbeschwerdeführerin am 11. Februar 2008 jeweils illegal in das Bundesgebiet eingereist; ihre Asylanträge seien ebenfalls am 30. September 2009 rechtskräftig abgewiesen und "die Durchsetzbarkeit" ihrer Ausweisung aus dem Bundesgebiet mit gleichem Datum bestätigt worden.

Am 2. Oktober 2009 hätten alle drei Personen jeweils einen Antrag auf Erteilung einer "Niederlassungsbewilligung - beschränkt" gemäß § 44 Abs. 3 NAG eingebracht. Die Anträge der beschwerdeführenden Parteien seien mit Bescheiden vom 19. Mai 2010 als unzulässig zurückgewiesen worden, weil gegen sie mit Bescheid des Asylgerichtshofes vom 25. September 2009 (rechtskräftig seit 30. September 2009) eine Ausweisung erlassen worden sei. Seitens der Sicherheitsdirektion sei keine Integration in der Form festgestellt worden, dass eine Ausweisung "gemäß § 66 Abs. 2 FPG" auf Dauer unzulässig wäre. Diese Bescheide seien im Instanzenzug wegen relevanter Verfahrensmängel (Verletzung des Parteiengehörs) ersatzlos behoben worden. Darauf sei den beschwerdeführenden Parteien mit Schreiben vom 8. September 2010 Parteiengehör gewährt worden. In ihrer Stellungnahme vom 17. September 2010 sei jeweils die rechtskräftig negative Beendigung der Asylverfahren bestätigt und vorgebracht worden, die beschwerdeführenden Parteien hielten sich schon seit langer Zeit in Österreich auf, seien hier sozial und wirtschaftlich integriert und bemüht, ein geordnetes und geregeltes Leben zu führen. Der Ehemann bzw. Vater habe eine Einstellungszusage.

Unter Hinweis auf § 44 Abs. 3 und § 44b Abs. 1 Z. 1 NAG führte die belangte Behörde aus, mit Erkenntnissen des Asylgerichtshofes vom 30. September 2009 seien die beschwerdeführenden Parteien rechtskräftig "in die Republik Kosovo" ausgewiesen worden. Im Rahmen dieser Entscheidungen sei bereits eine Abwägung im Sinn des Art. 8 EMRK durchgeführt worden, an die die belangte Behörde gebunden sei. In ihren Berufungen vom 6. Oktober 2010 hätten die beschwerdeführenden Parteien angegeben, dass sie sich bereits längere Zeit in Österreich aufhielten, sich nichts hätten zu Schulden kommen lassen und stets bemüht gewesen seien, ein geordnetes und geregeltes Leben zu führen. Sie könnten aus den Gründen, die sie bereits im Asylverfahren geschildert hätten, nicht in den Kosovo zurückkehren. Weiters seien sie bemüht, die deutsche Sprache zu erlernen, was sich jedoch als schwierig erweise.

Über diese Gründe - so die belangte Behörde - sei bereits in den Asylverfahren abgesprochen worden; sie hätten schließlich zu einer rechtskräftigen Ausweisung aus dem Bundesgebiet geführt. Es handle sich nur um ein allgemeines Vorbringen und keine konkreten Angaben, um einen maßgeblich geänderten Sachverhalt gemäß § 11 Abs. 3 NAG zu konkretisieren. Daher sei nicht erkennbar, dass seit der Entscheidung des Asylgerichtshofes am 30. September 2009 ein im Hinblick auf Art. 8 EMRK zu beurteilender maßgeblich geänderter Sachverhalt eingetreten wäre.

Gegen diese Bescheide richtet sich die Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Ein auf § 44 Abs. 3 NAG (idF BGBl. I Nr. 29/2009) gegründeter Antrag auf Erteilung einer "Niederlassungsbewilligung - beschränkt" ist u.a. dann zurückzuweisen, wenn gegen den Fremden bereits eine Ausweisung rechtskräftig erlassen wurde und aus dem Antragsvorbringen im Blick auf § 11 Abs. 3 NAG ein maßgeblich geänderter Sachverhalt nicht hervorkommt. Damit steht nämlich fest, dass die Ausweisung des Fremden unter dem Gesichtspunkt des Art. 8 EMRK verhältnismäßig ist, was es ausschließt, dass die Erteilung eines Aufenthaltstitels zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinn des Art. 8 EMRK geboten wäre (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Mai 2010, 2010/21/0142, auf dessen Begründung gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird).

Im vorliegenden Fall liegen - was unbestritten blieb - gegen die beschwerdeführenden Parteien seit 30. September 2009 rechtskräftige Ausweisungen vor. Eine Verbringung außer Landes war somit auch vor dem Hintergrund des Art. 8 EMRK als zulässig zu betrachten. Es wäre nun an den beschwerdeführenden Parteien gelegen, gegenüber der Erstbehörde konkret darzutun, dass sich die das Privat- und Familienleben betreffenden Umstände seit September 2009 derart geändert hätten, dass die Aufenthaltsbeendigung bzw. die Versagung des Aufenthaltstitels - entgegen der Beurteilung durch den Asylgerichtshof - nunmehr einen unverhältnismäßigen Eingriff darstellt.

Die belangte Behörde hat das im Ergebnis verneint. Dem sind die beschwerdeführenden Parteien - den Wiedergaben in den angefochtenen Bescheiden und in der Beschwerde zufolge - schon in der Berufung nicht entgegengetreten. Auch in der Beschwerde wird diese Beurteilung nicht beanstandet. Die beschwerdeführenden Parteien wiederholen dort vielmehr nur die (schon im Verwaltungsverfahren ins Treffen geführten) für ihren Verbleib sprechenden integrationsbegründenden Umstände, ohne darzulegen, dass sich insoweit die Verhältnisse seit September 2009 maßgeblich geändert hätten. Demzufolge wird auch nicht behauptet, diese Umstände seien nach der nur wenige Tage vor Stellen der gegenständlichen Anträge (am 2. Oktober 2009) ergangenen asylrechtlichen Ausweisungen (vom 30. September 2009) eingetreten.

Die Beschwerde bringt zwar vor, dass der Ehemann bzw. Vater der beschwerdeführenden Parteien eine Einstellungszusage vorweisen und einer geregelten Beschäftigung nachgehen könnte, sobald er ein "Visum" und eine Arbeitserlaubnis erhalten hätte, was zum Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung im März 2011 noch nicht der Fall gewesen sei. Dieses Vorbringen vermag allerdings keine maßgebliche Sachverhaltsänderung aufzuzeigen. Im Übrigen haben nach der Erlassung der erstinstanzlichen Entscheidung eingetretene Umstände (wie die mit der Beschwerde vorgelegte "Bestätigung" eines Innenausbauunternehmens vom 10. Februar 2011) keinen Einfluss auf die Beurteilung, ob die auf § 44b Abs. 1 Z. 1 NAG gegründete Antragszurückweisung von der Erstbehörde zu Recht vorgenommen wurde (vgl. nochmals das hg. Erkenntnis vom 27. Mai 2010). Das - ebenfalls mit der Beschwerde vorgelegte - Schreiben einer Trattoria - Osteria vom 22. Juni 2010, wonach der Ehemann bzw. Vater am 1. August 2010 seinen Dienst anzutreten habe, war bereits zum Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides am 24. September 2010 überholt.

Wenn die Beschwerde die Meinung vertritt, die belangte Behörde hätte die Zulässigkeit der in den asylrechtlichen Verfahren getätigten Ausweisungsaussprüche überprüfen müssen, ist sie zunächst auf § 44b Abs. 1 letzter Halbsatz NAG zu verweisen, wonach dem Antragsteller die Behauptungslast im Hinblick auf einen maßgeblich geänderten Sachverhalt zukommt (vgl. nochmals das hg. Erkenntnis vom 27. Mai 2010). Die Überprüfung der asylrechtlichen Ausweisung ist jedoch nicht Gegenstand eines Verfahrens gemäß § 44 Abs. 3 NAG.

Letztlich besteht entgegen der Beschwerdemeinung im fremdenrechtlichen Administrativverfahren vor der belangten Behörde auch kein Recht, von dieser mündlich gehört zu werden (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 5. Oktober 2010, 2010/22/0156, mwN). Die beschwerdeführenden Parteien hatten im Laufe des Verwaltungsverfahrens Gelegenheit, sich Gehör zu verschaffen, und haben dies sowohl in ihrer Stellungnahme vom 17. September 2010 als auch in der Berufung getan.

Die Bestätigung der von der Erstbehörde vorgenommenen Zurückweisung der gegenständlichen Anträge nach § 44 Abs. 3 NAG kann somit nicht als rechtswidrig erkannt werden.

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war sie gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 7. April 2011

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