VwGH 2011/08/0038

VwGH2011/08/003827.4.2011

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer und Dr. Lehofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peck, über die Beschwerde der C GmbH in Z, vertreten durch Dr. Frank Riel und Dr. Wolfgang Grohmann, Rechtsanwälte in 3500 Krems, Gartenaugasse 1, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 17. Jänner 2011, Zl. GS5-A-948/801-2010, betreffend Beitragszuschlag nach dem ASVG (mitbeteiligte Partei:

Niederösterreichische Gebietskrankenkasse in 3100 St. Pölten, Kremser Landstraße 3), zu Recht erkannt:

Normen

ASVG §4 Abs1 Z1;
ASVG §4 Abs2;
ASVG §4 Abs1 Z1;
ASVG §4 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde und dem mit ihr vorgelegten angefochtenen Bescheid ergibt sich:

Mit Bescheid der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse vom 18. Februar 2010 wurde der beschwerdeführenden Partei ein Beitragszuschlag in Höhe von EUR 1.300,-- vorgeschrieben, weil im Rahmen der am 11. Dezember 2009 erfolgten Kontrolle durch das Finanzamt H/Team KIAB festgestellt worden sei, dass für Herrn R M. die Anmeldung (beim zuständigen Krankenversicherungsträger) nicht vor Arbeitsantritt erstattet worden sei.

Der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung hat die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid keine Folge gegeben und festgestellt, dass R M. seit August 2008 in Österreich lebe und über Vermittlung seines Bruders mit C K. bekannt gemacht worden sei, bei dem (bzw. bei dessen KG) er als Arbeiter hätte tätig sein sollen. C K. habe R M. angeleitet, einen Gewerbeschein zu beantragen, der auf das freie Gewerbe "Hausbetreuung" laute. Im Februar 2009 habe C K. dem R M. erläutert, dass er mittels Pauschalbeträgen honoriert und je nach der beauftragten Arbeit auf Abruf tätig sein sollte. Dieser sei in der Folge ausschließlich für die C K. KEG (mit C K. als unbeschränkt haftenden Gesellschafter bzw. Komplementär) tätig gewesen und habe "Arbeiten wie das Kehren von Garagen, Vorplatz, Parkplatz, Gießen von Grünflächen, Entsorgen von Papier und Zusammenräumen" verrichtet. Er sei je nach Auftragslage angerufen worden und habe im Durchschnitt 15 bis 20 Stunden pro Woche gearbeitet, wofür er (zumindest) zwischen EUR 1.500,-- und EUR 2.000,-- verdient habe. Er habe monatlich Rechnungen ausgestellt, deren Form ihm ein Bekannter seines Bruders, ein Buchhalter, gezeigt habe. Sein Honorar (Lohn) habe er auf sein Konto überwiesen erhalten. Zumindest im ersten halben Jahr seiner Tätigkeit habe R M. für die Nassreinigung der Parkplatzflächen ein Gerät der Marke Kärcher verwendet, welches ihm die beschwerdeführende Partei zur Verfügung gestellt habe. Erst gegen Jahresende 2009 habe sich R M. ein eigenes Gerät gekauft. Kleinere Werkzeuge, wie Besen und Schaufel, habe er sich selbst gekauft. Ansonsten habe er über keine nennenswerte betriebliche Infrastruktur bzw. Betriebseinrichtung verfügt.

Mit Einbringungsvertrag vom 4. August 2009 sei die C K. KEG in die beschwerdeführende GmbH eingebracht worden, für welche R M. nunmehr tätig gewesen sei. Die Pauschalpreise, welche er habe verrechnen dürfen, seien ihm von der C K. KEG vorgegeben worden. Es sei davon auszugehen, dass diese Vorgaben auch für die beschwerdeführende Partei weitergegolten hätten.

R M. könne sich nicht durch einen anderen vertreten lassen. Wenn er einen Auftrag nicht habe übernehmen können, sei dieser von der beschwerdeführenden Partei anderweitig vergeben worden. Anweisungen für die Tätigkeit habe C K. erteilt, welchen der Beschwerdeführer auch als seinen Chef bezeichne. R M. hafte nicht für irgendein Fehlverhalten. Seine Tätigkeit werde von C K. zumeist am nächsten Tag oder vom jeweiligen Filialleiter der H. KG (einer Auftraggeberin der beschwerdeführenden Partei) kontrolliert, wobei diese Kontrollen im Laufe der Zeit geringer geworden seien. Bei größeren Auftraggebern der beschwerdeführenden Partei trage R M. ein Arbeitsgewand der beschwerdeführenden Partei, welches ihm von dieser zur Verfügung gestellt worden sei. Er müsse für das Arbeitsgewand nichts bezahlen. Er verwende dieses zur "Vermeidung von Ungereimtheiten" bzw. zur Darstellung eines "einheitlichen Bildes".

Die beschwerdeführende Partei habe einen Arbeiter für diverse Hilfs- und Reinigungstätigkeiten gesucht. Der im Februar 2009 mündlich geschlossene Vertrag sei als Rahmenvertrag für Dienstverträge auf Abruf anzusehen. Der Gewerbeschein habe nur der Tarnung des tatsächlich vorliegenden (Rahmen-) Dienstvertrages dienen sollen. R M. habe der beschwerdeführenden Partei in nennenswertem Umfang (also 15 bis 20 Wochenstunden) zur Verfügung stehen müssen, weil er sonst - als unzuverlässig - nicht mehr beschäftigt worden wäre. R M. werde nicht durch von ihm gestellte Vertreter vertreten, weil er solche gar nicht zur Verfügung habe. Würde er tatsächlich aus Kostengründen Aufträge ablehnen, dann würde er wohl überhaupt nicht mehr beschäftigt werden, weil ohnedies in der Branche - da keine oder wenig Kenntnisse vorausgesetzt würden - viele potenzielle Arbeitskräfte zur Verfügung stünden. Die Betriebsmittel für die Tätigkeit des Beschwerdeführers seien nicht bedeutsam, was sich am Beispiel des Kaufes eines Kärcher-Kehrgerätes daran zeige, dass sich an der Entlohnung bzw. Honorierung von R M. nichts geändert habe. Entscheidend für die Tätigkeit seien die Kundenkontakte, über welche R M. gar nicht verfügt habe. Von Februar bis Dezember 2009 habe R M. keinen anderen Auftraggeber gehabt. Es habe für ihn die Notwendigkeit bestanden, für die beschwerdeführende Partei auf Abruf bereitzustehen. Er wäre nur in beschränktem Umfang in der Lage gewesen, andere Aufträge von anderen Auftraggebern zu verrichten. Der beschwerdeführenden Partei sei es auf die fortgesetzte - unbefristete - Dienstleistung des R M. angekommen und nicht auf eine einmalige Leistung, die danach abgeschlossen gewesen sei. Die auf der Grundlage des Rahmenvertrages erteilten Aufträge könnten nicht als Einzelwerkverträge aufgefasst werden

Der beschwerdeführenden Partei sei es darauf angekommen, dass R M. fortgesetzt und in einem engen Zeitfenster zwischen der Auftragserteilung an die beschwerdeführende Partei (z.B. durch die H. KG) und dem in diesem Auftrag vorgesehenen zeitlichen Rahmen seine Tätigkeiten verrichte. Er habe sich somit in erheblichem Umfang dauernd bereithalten müssen und keine anderen Verdienstmöglichkeiten nützen können. Zu den 15 bis 20 Wochenstunden, die R M. im Durchschnitt tätig gewesen sei, müssten als zeitliche Belastung die jeweiligen Anfahrts- und Rückkehrzeiten hinzugerechnet werden. Berücksichtige man einen durchschnittlichen monatlichen Verdienst von EUR 1.760,-- und andererseits den Umstand, dass er kaum mehr als EUR 10,-- pro Stunde verdienen dürfte, würden sich monatlich durchschnittlich 175 Arbeitsstunden, sohin ziemlich genau 40 Stunden pro Woche an Tätigkeit für ihn ergeben. Er sei in Wirklichkeit fortgesetzt, praktisch dauernd für die beschwerdeführende Partei tätig gewesen. Auch bei Verwendung eines eigenen Kärcher-Gerätes (welches im Durchschnitt ein paar hundert Euro koste, allenfalls sogar gebraucht erhältlich sei), sowie eines eigenen Besens und einer eigenen Schaufel könnte ein Stundensatz von EUR 20,-- für R M. (bei nur 20 Wochenstunden) nicht als angemessen betrachtet werden.

Die angeführten Tätigkeiten seien Hilfstätigkeiten, die üblicherweise im Rahmen eines Dienstverhältnisses erbracht würden. R M. habe eine persönliche Dienstpflicht getroffen, er sei den Weisungen und der Kontrolle der beschwerdeführenden Partei sowie einer disziplinären Verantwortlichkeit unterworfen gewesen, habe mit Betriebsmitteln der beschwerdeführenden Partei gearbeitet und sei in deren Betriebsorganisation eingegliedert gewesen. Auch in Anbetracht des Umfangs der Inanspruchnahme ergebe sich insgesamt ein eindeutiges Überwiegen der Bestimmungselemente, die für eine persönliche Abhängigkeit sprächen. Er sei seit Februar 2009 und auch zum Zeitpunkt der Kontrolle am 11. Dezember 2009 als Dienstnehmer im Sinn des § 4 Abs. 2 ASVG für die beschwerdeführende Partei tätig gewesen. Anhaltspunkte für das Vorliegen eines freien Dienstvertrages gebe es nicht. In ausführlicher Auseinandersetzung mit der dazu ergangenen Judikatur verneinte die belangte Behörde das Vorliegen eines Werkvertrages.

Die beschwerdeführende Partei sei ihrer Meldeverpflichtung gemäß § 33 Abs. 1 ASVG nicht nachgekommen. Die Vorschreibung des Beitragszuschlages in der angegebenen Höhe sei angemessen, zumal die beschwerdeführende Partei R M. über einen längeren Zeitraum ohne vorherige Anmeldung beschäftigt habe und ihn außerdem bisher auch nicht nachträglich zur Sozialversicherung gemeldet habe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Die beschwerdeführende Partei meint, R M. habe als Werkunternehmer im Rahmen eines Werkvertrages Werkleistungen für die beschwerdeführende Partei erbracht. Sie begründet diese Ansicht damit, dass R M. keiner persönlichen Arbeitspflicht unterlegen sei, weil er berechtigt gewesen wäre, sich vertreten zu lassen, wobei es nicht darauf angekommen sei, ob er sich nun tatsächlich habe vertreten lassen oder nicht. Es seien lediglich sachliche, nicht aber persönliche Weisungen erfolgt. R M. sei in seiner Disposition über die Arbeitsausführung und die Arbeitszeit völlig frei gewesen. Der Umstand, dass der Arbeitsort vorgegeben gewesen sei, liege in der Natur des gegenständlichen Werkvertrages. Sobald der Auftraggeber überprüft habe, dass das Werk ordnungsgemäß fertiggestellt worden sei, sei nach Rechnungslegung der Werklohn entrichtet worden. R M. habe nur dann ein Entgelt bekommen, wenn er das Werk ordnungsgemäß fertiggestellt habe. Ihm sei es freigestanden, einen Werkauftrag anzunehmen oder ihn abzulehnen. R M. habe über eine eigene betriebliche Struktur verfügt, nämlich Reinigungsmaterial, Werkzeug, Besen, Schaufel, Arbeitsmaterial und eigenes Fahrzeug. Ob dieser Werbung für sein Unternehmen betreibe oder nicht, liege in seiner freien unternehmerischen Entscheidung. Sein unternehmerisches Risiko bestehe darin, dass seine Kalkulationen bei Durchführung der Tätigkeiten keine Deckung fänden. Er sei in die Betriebsorganisation der beschwerdeführenden Partei nicht eingegliedert. Es habe keine Weisung gegeben, eine bestimmte Kleidung zu verwenden. Er habe sich die Kleidung mit der Aufschrift "C." selbst gekauft. Da die Merkmale für das Vorliegen eines - mündlichen - Werkvertrages überwögen, liege weder ein Dienstvertragsverhältnis noch ein freier Dienstvertrag vor.

Mit diesem Vorbringen entfernt sich die beschwerdeführende Partei von den Feststellungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid. Aus den in diesem ausführlich dargelegten und zutreffenden Gründen handelte es sich bei den von R M. für die beschwerdeführenden Partei (bzw. deren Auftraggeber) an verschiedenen Einsatzorten (die jeweils von der beschwerdeführenden Partei vorgegeben wurden) verrichteten und von der beschwerdeführenden Partei bzw. deren Auftraggeber kontrollierten Reinigungs- bzw. "Hausbesorgertätigkeiten" um manuelle Hilfstätigkeiten, die im Rahmen eines unselbständigen Beschäftigungsverhältnisses in persönlicher Abhängigkeit erbracht worden sind (vgl. etwa das Hilfsarbeiten auf Baustellen betreffende hg. Erkenntnis vom 20. November 2002, Zl. 2000/08/0021). Atypische Umstände, die einer solchen Beurteilung der in Einbindung in die betriebliche Organisation der beschwerdeführenden Partei geleisteten manuellen Hilfstätigkeiten entgegen stehen würden, sind nicht ersichtlich, zumal R M. weder über eine eigene betriebliche Organisation noch über nennenswerte Betriebsmittel verfügt hat, keine eigenen unternehmerischen Entscheidungen treffen konnte (vgl. dazu u.a. das Erkenntnis vom 26. Mai 2004, Zl. 2001/08/0045; zur Erteilung fachlicher Weisungen als Indiz für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis vgl. die Erkenntnisse vom 20. Dezember 2006, Zl. 2004/08/0221 und vom 22. Dezember 2009, Zl. 2006/08/0333) und er ausschließlich für die beschwerdeführende Partei gearbeitet hat. Es handelt sich nach den festgestellten Umständen der Arbeitserbringung nicht um Tätigkeiten auf Grund von Werkverträgen in dem Sinn, dass die persönliche Abhängigkeit des Beschwerdeführers in Frage gestellt werden könnte. Es reicht auch nicht hin, in einem "Werkvertrag" nur den Rahmen für im Einzelfall abgeschlossene Vertragsverhältnisse abzustecken, wenn es an der für eine Zuordnung zu einem bestimmten Vertragstyp erforderlichen Bestimmtheit der Leistungen fehlt (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 17. Dezember 2002, Zl. 99/08/0102, und vom 22. Jänner 2003, Zl. 99/08/0055).

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Zuerkennung von Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 27. April 2011

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte