Normen
AVG §59 Abs1;
BauO Tir 2001 §5 Abs2;
BauO Tir 2001 §5 Abs3;
BauO Tir 2001 §5 Abs4;
BauO Tir 2001 §5;
ROG Tir 2006 §64;
ROG Tir 2006 §65;
ROG Tir 2006 §67;
AVG §59 Abs1;
BauO Tir 2001 §5 Abs2;
BauO Tir 2001 §5 Abs3;
BauO Tir 2001 §5 Abs4;
BauO Tir 2001 §5;
ROG Tir 2006 §64;
ROG Tir 2006 §65;
ROG Tir 2006 §67;
Spruch:
Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.
Jede beschwerdeführende Partei hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 jeweils binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die drei Beschwerdefälle sind hinsichtlich des rechtserheblichen Sachverhaltes und des Verfahrensablaufes gleichgelagert.
Mit Eingabe vom 3. März 2009 (beim Gemeindeamt eingelangt am 4. März 2009) zeigte die Erstbeschwerdeführerin die beabsichtigte Errichtung einer (90 cm hohen) Einfriedung auf ihrem Grundstück Nr. 503/1 an der Grundgrenze zur Straßenparzelle 776/1, wie näher beschrieben und auf einem beiliegenden Plan ersichtlich, an.
Mit Eingaben vom 9. Februar 2000 (beim Gemeindeamt eingelangt am 10. März 2000) zeigten der Zweitbeschwerdeführer und die Drittbeschwerdeführerin die Errichtung eines Holzzaunes in der Höhe von 1 m auf ihren Grundstücken Nr. 503/6 bzw. Nr. 503/2 jeweils an der Grenze zu dieser Straße an (beigelegt waren jeweils ein Foto und ein Plan).
Mit den Bescheiden vom 2. April 2000 untersagte der Bürgermeister gemäß § 22 Abs. 3 der Tiroler Bauordnung 2001 (TBO 2001) die Ausführung der jeweils angezeigten Bauvorhaben. Zwecks Aufrechterhaltung der Flüssigkeit des Verkehrs auf Gemeindestraßen in diesem Siedlungsgebiet habe der Gemeinderat in seiner Sitzung vom 22. Jänner 2009 einen allgemeinen Bebauungsplan (gemeint offenbar: den Entwurf eines allgemeinen Bebauungsplanes) beschlossen. Dazu seien verschiedene Stellungnahmen eingelangt. Um diese Planungsziele nicht zu gefährden, habe der Gemeinderat in der Sitzung vom 12. März 2009 für dieses Siedlungsgebiet eine Bausperre für alle jene Bauten verfügt, die den Vorgaben des allgemeinen Bebauungsplanes widersprächen. Die angezeigten Bauvorhaben entlang der Grundgrenze zum öffentlichen Gut (Grundstück Nr. 776/1) widersprächen den Vorgaben des allgemeinen Bebauungsplanes, sie seien somit nach den raumordnungsrechtlichen Vorschriften unzulässig.
Die Beschwerdeführer erhoben Berufungen, die mit den Bescheiden des Gemeindevorstandes vom 7. September 2009 "zugrundeliegend des § 22 Abs. 3 der TBO 2001 iVm der geltenden Verordnung der Bausperre gem. § 69 Abs. 1 u. 3 des TROG LGBl. Nr. 27/2006" als unbegründet abgewiesen wurden. In der Begründung heißt es jeweils, um die im Entwurf des allgemeinen Bebauungsplanes festgelegten Vorgaben nicht zu gefährden, habe der Gemeinderat mit Beschluss vom 12. März 2009 eine Bausperre für all jene Bauten verfügt, welche den Vorgaben des allgemeinen Bebauungsplanes widersprächen. Die Verordnung über die Bausperre sei aufsichtsbehördlich genehmigt und innerhalb der in § 22 Abs. 3 TBO 2001 genannten Frist rechtskräftig geworden. In der Folge sei der allgemeine Bebauungsplan vom Gemeinderat beschlossen, von der Aufsichtsbehörde genehmigt und kundgemacht worden. Er sei somit rechtskräftig. Die Berufungsbehörde habe die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt ihrer Entscheidung anzuwenden. Auf Grund des Widerspruches der Vorhaben zum rechtskräftigen allgemeinen Bebauungsplan seien daher die Berufungen abzuweisen gewesen.
Die Beschwerdeführer erhoben Vorstellungen, die mit den angefochtenen Bescheiden als unbegründet abgewiesen wurden.
Nach Darstellung des Verfahrensganges und Rechtsausführungen heißt es zur Begründung zusammenfassend, die jeweiligen Vorhaben seien zweifellos anzeigepflichtige Vorhaben. Nach § 22 Abs. 3 TBO 2001 habe die Behörde das angezeigte Bauvorhaben zu prüfen. Ergebe sich dabei, dass es bewilligungspflichtig sei, so habe dies die Behörde innerhalb von zwei Monaten nach Vorliegen der vollständigen Bauanzeige mit schriftlichem Bescheid festzustellen. Sei das angezeigte Bauvorhaben nach den bau- oder raumordnungsrechtlichen Vorschriften unzulässig, so habe die Behörde dessen Ausführung innerhalb derselben Frist schriftlich mit Bescheid zu untersagen. Daraus gehe klar hervor, dass auch angezeigte Bauvorhaben nach den raumordnungsrechtlichen Vorschriften zulässig sein müssten, weswegen das Vorbringen der Beschwerdeführer, wonach Bausperrenverordnungen lediglich in Bezug auf bewilligungspflichtige Bauvorhaben griffen, ins Leere ginge.
Grundsätzlich träten die Verordnungen der Gemeinde mit dem Ablauf des Tages des Anschlages an der Amtstafel in Kraft, Bebauungspläne aber erst mit dem Ablauf der Kundmachungsfrist. Die Kundmachung sei im Beschwerdefall (nämlich hinsichtlich des Grundstückes Nr. 503/1) in der Zeit vom 3. Juli bis 23. Juli 2009 erfolgt, der allgemeine Bebauungsplan sei erst "am" (gemeint: mit Ablauf des) 23. Juli 2009 in Kraft getreten (was unter Darstellung des Ablaufes des Verfahrens zur Erlassung der Verordnung näher dargelegt wurde).
Die Verordnung über die Bausperre sei am 12. März 2009 beschlossen worden. Die Kundmachung sei vom 13. bis 31. März 2009 erfolgt. Gemäß § 69 Abs. 6 TROG 2006 trete (auch) eine solche Verordnung (erst) mit dem Ablauf der Kundmachungsfrist in Kraft. Zum Zeitpunkt der Erlassung der Bescheide des Bürgermeisters vom 2. April 2009 sei die Bausperrenverordnung bereits in Kraft gewesen.
Die Berufungsbehörde habe Änderungen der Rechtslage während des Verfahrens zu berücksichtigen. Dazu zählten auch rechtswirksame Bebauungspläne. Zum Zeitpunkt der Erlassung der Berufungsbescheide sei der allgemeine Bebauungsplan bereits in Kraft gewesen. Aus § 69 Abs. 4 zweiter Satz TROG 2006 folge, dass damit die Bausperrenverordnung außer Kraft getreten sei. Der Gemeindevorstand habe seine Berufungsbescheide (im Spruch) dennoch auf § 22 Abs. 3 TBO 2001 iVm der Bausperrenverordnung gestützt. In der Begründung habe die Berufungsbehörde aber zutreffend ausgeführt, dass das jeweilige Vorhaben im Widerspruch zum (unterdessen in Kraft getretenen) Bebauungsplan stehe. Die unrichtige Bezugnahme auf § 22 Abs. 3 TBO 2001 und die Bausperrenverordnung im Spruch der Berufungsbescheide habe daher nicht zur Aufhebung der Berufungsbescheide zu führen. Die Begründung, dass die Vorhaben im Widerspruch zum allgemeinen Bebauungsplan stünden, sei nämlich richtig, weil das (jeweilige) Bauvorhaben vor der verordneten Straßenfluchtlinie errichtet werden solle, was nicht zulässig sei.
Dagegen richten sich die vorliegenden Beschwerden wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde hat die Akten der Verwaltungsverfahren vorgelegt und in Gegenschriften die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerden beantragt.
Der Verwaltungsgerichthof hat ergänzend von der Gemeinde die betreffenden Verordnungsakten beigeschafft.
Der Verwaltungsgerichtshof hat beschlossen, die Beschwerdeverfahren wegen des sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung zu verbinden, und hat erwogen:
Im Beschwerdefall sind die Tiroler Bauordnung 2001, LGBl. Nr. 94 (Wiederverlautbarung - TBO 2001), idF LGBl. Nr. 40/2009, und das Tiroler Raumordnungsgesetz 2006, LGBl. Nr. 27 (Wiederverlautbarung - TROG 2006), maßgeblich.
Die Vorhaben der Beschwerdeführer sind gemäß § 20 Abs. 2 lit. b iVm Abs. 3 lit. c TBO 2001 anzeigepflichtig, was unstrittig ist.
Die §§ 5 und 22 TBO 2001 lauten auszugsweise:
"§ 5
Abstände baulicher Anlagen von den Verkehrsflächen
(1) …
(2) (…) Jedenfalls dürfen vor die Baufluchtlinie ragen bzw. vor dieser errichtet werden:
a) Vordächer bis zu 2 m und erdgeschoßige Windfänge bis zu 1,50 m;
- b) offene Balkone und dergleichen bis zu 1,50 m;
- c) fassadengestaltende Bauteile wie Gesimse, Lisenen, Rahmen und dergleichen bis zu 0,50 m;
d) unmittelbar über dem Erdgeschoß angebrachte offene Schutzdächer und an baulichen Anlagen angebrachte Werbeeinrichtungen bis zu 2,50 m;
- e) Erker bis zu 1,50 m;
- f) Terrassen und dergleichen;
- g) unterirdische bauliche Anlagen wie Keller, Tiefgaragen, Verbindungsgänge und dergleichen.
(3) Die im Abs. 2 lit. a bis e und g genannten baulichen Anlagen und Bauteile dürfen auch vor die Straßenfluchtlinie ragen, wenn dadurch das Orts- und Straßenbild nicht beeinträchtigt wird und die Zustimmung des Straßenverwalters vorliegt.
(4) Besteht für einen Bauplatz kein Bebauungsplan, so müssen bauliche Anlagen von den Verkehrsflächen mindestens so weit entfernt sein, dass weder das Orts- und Straßenbild noch die Sicherheit und Flüssigkeit des Verkehrs beeinträchtigt werden. Soweit bestehende Gebäude einen einheitlichen Abstand von den Verkehrsflächen aufweisen, ist auch bei weiteren baulichen Anlagen mindestens dieser Abstand einzuhalten. Weiters sind allfällige Festlegungen im örtlichen Raumordnungskonzept nach § 31 Abs. 6 des Tiroler Raumordnungsgesetzes 2011 über die Mindestabstände baulicher Anlagen von den Straßen einzuhalten. Abs. 2 ist anzuwenden. "
"§ 22
Bauanzeige
(1) Die Bauanzeige ist bei der Behörde schriftlich einzubringen.
(2) …
(3) Die Behörde hat das angezeigte Bauvorhaben zu prüfen. Ergibt sich dabei, dass das angezeigte Bauvorhaben bewilligungspflichtig ist, so hat die Behörde dies innerhalb von zwei Monaten nach Vorliegen der vollständigen Bauanzeige mit schriftlichem Bescheid festzustellen. Ist das angezeigte Bauvorhaben nach den bau- oder raumordnungsrechtlichen Vorschriften unzulässig oder liegt im Fall einer umfassenden Sanierung eines Gebäudes mit einer Nettogrundfläche von mehr als 1.000 m2 der Energieausweis nicht vor, so hat die Behörde die Ausführung des Vorhabens innerhalb derselben Frist mit schriftlichem Bescheid zu untersagen. Besteht Grund zur Annahme, dass ein solcher Feststellungs- oder Untersagungsbescheid nicht fristgerecht rechtswirksam zugestellt werden kann, so hat ihn die Behörde nach § 23 des Zustellgesetzes ohne vorhergehenden Zustellversuch zu hinterlegen.
(4) Wird innerhalb der im Abs. 3 genannten Frist weder das angezeigte Bauvorhaben als bewilligungspflichtig festgestellt noch dessen Ausführung untersagt oder stimmt die Behörde der Ausführung des angezeigten Bauvorhabens ausdrücklich zu, so darf es ausgeführt werden. In diesen Fällen hat die Behörde dem Bauwerber eine mit einem entsprechenden Vermerk versehene Ausfertigung der Planunterlagen auszuhändigen."
Gemäß § 56 Abs. 1 TROG 2006 sind im allgemeinen Bebauungsplan ua. die Straßenfluchtlinien festzulegen. Nach § 58 Abs. 1 leg. cit. grenzen diese die unmittelbar dem Verkehr dienenden Flächen von Straßen und die der Gestaltung des Straßenraumes dienenden Flächen von den übrigen Grundflächen ab.
Die §§ 64, 65, 67 und 69 TROG 2006 lauten (auszugsweise):
"§ 64
Verfahren zur Erlassung und Fortschreibung des örtlichen Raumordnungskonzeptes und zur Erlassung des Flächenwidmungsplanes
(1) Der Entwurf des örtlichen Raumordnungskonzeptes oder über die Fortschreibung des örtlichen Raumordnungskonzeptes und der Entwurf des Flächenwidmungsplanes sind aufgrund eines Beschlusses des Gemeinderates zur allgemeinen Einsicht im Gemeindeamt während vier Wochen aufzulegen. In Gemeinden mit mehr als 5000 Einwohnern nach dem zuletzt kundgemachten endgültigen Ergebnis der Volkszählung hat der Auflegung überdies eine Verlautbarung in einem täglich landesweit erscheinenden periodischen Druckwerk vorauszugehen. Die Auflegung ist weiters durch Anschlag an der Amtstafel der Gemeinde während der gesamten Auflegungsfrist kundzumachen. Die Verlautbarung und die Kundmachung haben die Auflegungsfrist und den Hinweis zu enthalten, dass Personen, die in der Gemeinde ihren Hauptwohnsitz haben, und Rechtsträgern, die in der Gemeinde eine Liegenschaft oder einen Betrieb besitzen, das Recht zusteht, bis spätestens eine Woche nach dem Ablauf der Auflegungsfrist eine schriftliche Stellungnahme zum Entwurf abzugeben.
(2) Im Verfahren zur Erlassung des Flächenwidmungsplanes sind die Eigentümer der vom Entwurf umfassten Grundstücke von der Auflegung nach Abs. 1 schriftlich zu verständigen. Die Verständigung von Grundeigentümern, deren Aufenthalt nicht oder nur schwer feststellbar ist, kann jedoch unterbleiben. Bei Wohnungsanlagen, für die ein gemeinsamer Verwalter bestellt ist, kann die Verständigung an diesen erfolgen. In der Verständigung ist auf die Auflegungs- und Stellungnahmefrist hinzuweisen. Mängel bei der Verständigung der Grundeigentümer berühren die Rechtmäßigkeit des Verfahrens nicht.
(3) Der Auflegung des Entwurfes hat weiters eine Verständigung der Nachbargemeinden vorauszugehen. Jeder Nachbargemeinde steht das Recht zu, bis spätestens eine Woche nach dem Ablauf der Auflegungsfrist zur Frage Stellung zu nehmen, ob der Entwurf auf ihre örtlichen Raumordnungsinteressen ausreichend Bedacht nimmt.
(4) Wird der Entwurf nach seiner Auflegung geändert, so ist dieser neuerlich entsprechend den Abs. 1, 2 und 3 aufzulegen. Dabei kann die Auflegungsfrist auf zwei Wochen herabgesetzt werden. Die Verständigung der Nachbargemeinden kann unterbleiben, wenn ihre örtlichen Raumordnungsinteressen durch die Änderungen nicht berührt werden.
(5) Der Bürgermeister hat nach dem Abschluss des Verfahrens nach den Abs. 1 bis 4 den Entwurf zusammen mit den eingelangten Stellungnahmen und den maßgebenden Entscheidungsgrundlagen dem Gemeinderat zur Beschlussfassung vorzulegen."
"§ 65
Verfahren zur Erlassung von Bebauungsplänen
(1) Der Entwurf eines Bebauungsplanes ist aufgrund eines Beschlusses des Gemeinderates zur allgemeinen Einsicht im Gemeindeamt während vier Wochen aufzulegen. Die Auflegung ist durch Anschlag an der Amtstafel der Gemeinde während der gesamten Auflegungsfrist kundzumachen. Die Kundmachung hat die Auflegungsfrist und den Hinweis zu enthalten, dass Personen, die in der Gemeinde ihren Hauptwohnsitz haben, und Rechtsträgern, die in der Gemeinde eine Liegenschaft oder einen Betrieb besitzen, das Recht zusteht, bis spätestens eine Woche nach dem Ablauf der Auflegungsfrist eine schriftliche Stellungnahme zum Entwurf abzugeben. Für die Verständigung der Eigentümer der vom Entwurf umfassten Grundstücke gilt § 64 Abs. 2 sinngemäß.
(2) Der Gemeinderat kann gleichzeitig mit der Beschlussfassung über die Auflegung des Entwurfes nach Abs. 1 erster Satz den Beschluss über die Erlassung des Bebauungsplanes fassen. Dieser Beschluss wird jedoch nur rechtswirksam, wenn innerhalb der Auflegungs- und Stellungnahmefrist keine Stellungnahme zum Entwurf von einer hierzu berechtigten Person oder Stelle abgegeben wurde.
(3) Wird der Entwurf nach seiner Auflegung geändert, so ist dieser neuerlich entsprechend dem Abs. 1 aufzulegen. Dabei kann die Auflegungsfrist auf zwei Wochen herabgesetzt werden.
(4) Der Bürgermeister hat nach dem Abschluss des Verfahrens nach den Abs. 1, 2 und 3 den Entwurf zusammen mit den eingelangten Stellungnahmen und den maßgebenden Entscheidungsgrundlagen dem Gemeinderat zur Beschlussfassung vorzulegen.
(5) …"
"§ 67
Kundmachung
(1) (…) Der Beschluss des Gemeinderates über die Erlassung eines Bebauungsplanes ist innerhalb von zwei Wochen nach der Beschlussfassung (…) durch öffentlichen Anschlag während zweier Wochen kundzumachen. Das örtliche Raumordnungskonzept, der Flächenwidmungsplan und die Bebauungspläne treten mit dem Ablauf der Kundmachungsfrist in Kraft. (…)
(2) …
(4) Die Bebauungspläne sind nach ihrem In-Kraft-Treten unverzüglich der Landesregierung mitzuteilen."
"§ 69
Bausperre
(1) Die Gemeinde kann ab der Auflegung des Entwurfes über die Fortschreibung oder Änderung des örtlichen Raumordnungskonzeptes oder über die Erlassung oder Änderung des Flächenwidmungsplanes oder eines Bebauungsplanes durch Verordnung für die vom Entwurf umfassten Grundflächen oder Teile davon eine Bausperre erlassen, soweit dies zur Sicherung der mit dem Entwurf verfolgten Planungsziele erforderlich ist.
(2) …
(3) In einer Bausperrenverordnung sind die Planungsmaßnahme, aufgrund deren die Bausperre erlassen wird, und die Grundzüge der mit der Planungsmaßnahme verfolgten Planungsziele anzuführen. Ab dem In-Kraft-Treten einer Bausperrenverordnung darf die Baubewilligung für Bauvorhaben, die mit diesen Planungszielen im Widerspruch stehen, nicht mehr erteilt werden.
(4) (…) Wurde eine Bausperrenverordnung im Zusammenhang mit der Erlassung oder Änderung des Flächenwidmungsplanes oder eines Bebauungsplanes erlassen, so tritt sie mit dem In-Kraft-Treten der entsprechenden Planungsmaßnahme außer Kraft. (…).
(5) …
(6) Bausperrenverordnungen sind innerhalb von zwei Wochen nach der Beschlussfassung durch öffentlichen Anschlag während zweier Wochen kundzumachen. Bausperrenverordnungen treten mit dem Ablauf der Kundmachungsfrist in Kraft. (…).
(7) …"
Den Verordnungsakten ist zu entnehmen, dass dem Entwurf des allgemeinen Bebauungsplanes u.a. ein Verkehrsgutachten (vom 4. April 2008) zur Erschließungssituation in diesem Teil des Gemeindegebietes zugrunde lag; es ging dabei insbesondere um die Beurteilung der erforderlichen Straßenraum- und Fahrbahnbreiten. Dieses Gutachten bildet eine Grundlage für die im Entwurf des allgemeinen Bebauungsplanes vorgeschlagene Festlegung von Straßenfluchtlinien (siehe dazu auch den Erläuterungsbericht des DI St. vom 28. Dezember 2008 zum Entwurf des allgemeinen Bebauungsplanes).
Mit Erledigung vom 29. Jänner 2009 erfolgte die Kundmachung der Auflegung des allgemeinen Bebauungsplanes mit dem Hinweis, Anlassfall bilde die Aufrechterhaltung der Flüssigkeit des Verkehrs auf Gemeindestraßen in diesem Siedlungsgebiet. Diesbezüglich sei ein näher bezeichnetes verkehrstechnisches Gutachten erstellt worden, welches die Grundlage zur Erstellung des allgemeinen Bebauungsplanes bilde. Der Gemeinderat habe am 22. Jänner 2009 beschlossen, den von DI St. ausgearbeiteten Entwurf des allgemeinen Bebauungsplanes in der Zeit vom 4. Februar bis 4. März 2009 während der Amtsstunden im Gemeindeamt zur allgemeinen Aufsicht aufzulegen (die Kundmachung durch Anschlag erfolgte in der Zeit vom 30. Jänner bis zum 13. März 2009).
Die drei Beschwerdeführer sowie weitere betroffene Grundeigentümer gaben dazu ablehnende Stellungnahmen ab. Hierüber beriet der Gemeinderat in seiner Sitzung vom 31. März 2009 und fasste den Beschluss, den von DI St. erarbeiteten Bebauungsplan im Bereich des Grundstückes Nr. 501/1 dahingehend abzuändern, dass die Straßenfluchtlinie in einer näher umschriebenen Weise zurückversetzt werde, im Übrigen den Entwurf, wie der Beschlussfassung des Gemeinderates vom 22. März 2009 zugrunde gelegt, unverändert zu beschließen.
Zwischenzeitig hatte der Gemeinderat in seiner Sitzung vom 12. März 2009 eine Verordnung über die Erlassung einer Bausperre in diesem Siedlungsgebiet beschlossen, und zwar für geplante bauliche Maßnahmen im betreffenden Planungsbereich, welche dem allgemeinen Bebauungsplan widersprächen. Planungsziele seien die Gewährleistung und Sicherstellung der gemäß dem verkehrstechnischen Gutachten vom 4. April 2008 und gemäß dem Entwurf des allgemeinen Bebauungsplanes erforderlichen Mindeststraßenräume und Fahrbahnbreiten für diesen Siedlungsbereich, wie im Bebauungsplan gemäß den Straßenfluchtlinien festgelegt. Die Verordnung trete mit Ablauf der Kundmachungsfrist in Kraft. Diese Verordnung wurde durch Anschlag in der Zeit vom 13. bis 31. März 2009 kundgemacht.
Am 3. Juni 2009 beschloss der Gemeinderat, die zwischenzeitig planlich dargestellte Änderung des allgemeinen Bebauungsplanes im Bereich des Grundstückes Nr. 505/1 durch zwei Wochen, nämlich vom
9. bis 23. Juni 2009, zur allgemeinen Einsicht aufzulegen mit dem Hinweis, wenn während der Auflagefrist keine Stellungnahmen abgegeben würden, gelte der gegenständlich erarbeitete Bebauungsplan gemäß § 68 TROG 2006 als beschlossen. Dieser Beschluss wurde durch Anschlag in der Zeit vom 5. Juni bis 1. Juli 2009 kundgemacht. Stellungnahmen langten nicht ein.
Die Kundmachung der Bebauungspläne erfolgte mit Erledigungen vom 1. Juli 2009 (betroffene Grundstücke ohne das Grundstück Nr. 505/1 einerseits und Grundstück Nr. 505/1 andererseits), wobei die Kundmachung durch Anschlag im Zeitraum vom 3. bis 27. Juli 2009 bzw. (Grundstück Nr. 505/1) im Zeitraum vom 28. August bis 18. September 2009 erfolgte.
Die Beschwerdeführer tragen vor, der Gemeinderat habe am 31. März 2009 beschlossen, den allgemeinen Bebauungsplan nach dem Entwurf des DI St. nebst einer Veränderung hinsichtlich des Grundstückes Nr. 505/1 unverändert zu übernehmen. Die Kundmachung sei mit Aushang am 1. April 2009 erfolgt. Die Beschwerdeführer erachten das Zustandekommen des allgemeinen Bebauungsplanes aber deshalb als rechtswidrig, weil aus dieser Kundmachung nicht ersichtlich sei, dass nebst der Änderung bezüglich des Grundstückes Nr. 505/1 keine weiteren Änderungen vorgenommen worden seien, es sei nicht ersichtlich, ob nicht auch bezüglich ihrer eigenen Grundstücke eine allfällige Änderung beschlossen worden sei.
Dem ist zu entgegnen, dass die Beschlussfassung - abgesehen von diesem einen Grundstück - gemäß dem vorliegenden Entwurf erfolgte. Im Gesetz ist nicht vorgesehen, dass in der Kundmachung eigens und ausdrücklich darauf hinzuweisen ist, bei welchen Grundstücken es gegenüber der Auflage keine Änderungen gab. Der behauptete Kundmachungsmangel lag somit nicht vor.
Die Beschwerdeführer bemängeln weiters, die belangte Behörde habe sich mit ihren Einwänden nicht befasst, dass die bestehende Straße im Bereich ihrer Grundstücke ohnedies eine genügende Breite aufweise. Es sei nicht ausreichend dargetan worden, welche konkreten Gefahrenquellen mit der bestehenden Fahrbahnbreite verbunden sein sollten, das verkehrstechnische Gutachten beschränke sich vielmehr auf allgemeine Ausführungen. Tatsächlich sei es so, dass die bestehende Fahrbahnbreite im Bereich ihrer Grundstücke in der Vergangenheit völlig ausreichend gewesen sei. Eine weiter gehende Festlegung von Straßenfluchtlinien sei daher nicht erforderlich gewesen und sachlich nicht begründet.
Mit diesen Ausführungen verkennen die Beschwerdeführer, dass die belangte Behörde an die Verordnung gebunden war; inhaltlich machen sie vielmehr die Gesetzwidrigkeit der Verordnung geltend. Der Verwaltungsgerichtshof teilt nicht ihre Bedenken gegen die Gesetzmäßigkeit der Verordnung. Bei solchen Verkehrsfragen ist nicht nur die Vergangenheit zu betrachten, sondern auch auf die künftige Entwicklung Bedacht zu nehmen. Das verkehrstechnische Gutachten vom 4. April 2008 umfasst eine Beschreibung der Örtlichkeiten, und zwar sowohl verbal als auch durch Pläne und Lichtbilder dokumentiert. Schlüssig wird im Gutachten die Meinung vertreten, dass in Erschließungsstraßen der Begegnungsfall von PKW/einspurigem Fahrzeug oder Fußgänger über die gesamte Länge der Straßen möglich sein solle. Auf Sichtweiten seien des Weiteren Ausweichen für den Begegnungsfall LKW/PKW erforderlich um ein Rückwärtsfahren solcher Fahrzeuge möglichst zu vermeiden. In Straßen mit Erschließungs- und Sammelfunktion solle der Begegnungsfall Lieferfahrzeug/PKW möglich sein, für Begegnungsfälle größerer Fahrzeuge seien Ausweichmöglichkeiten (Straßeneinmündungen, Ausweichen) vorgesehen. Daraus ergeben sich Empfehlungen für die Fahrbahnbreiten bzw. lichten Breiten des Verkehrsraumes (Abstand zwischen Mauern, Zäunen oder sonstigen seitlichen Einbauten).
Auf diesem Gutachten beruht der Entwurf des allgemeinen Bebauungsplanes mit den Straßenfluchtlinien.
In der Gemeinderatssitzung vom 31. März 2009 wurde unter Beiziehung eines Mitarbeiters des Ingenieurbüros für Verkehrswesen (das das Gutachten vom 4. April 2008 erstellt hatte) über die verschiedenen Einwendungen gegen den Bebauungsplan, darunter auch über die Einwendungen der Beschwerdeführer beraten und letztlich beschlossen, dass die im Entwurf jeweils vorgesehene Straßenbreite zur Gewährleistung der Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs wie auch der Verkehrssicherheit (Begegnungsverkehr) erforderlich sei.
Der Verwaltungsgerichtshof erachtet diese Überlegungen als schlüssig und sachlich gerechtfertigt und sieht sich deshalb zu keiner Antragstellung an den Verfassungsgerichtshof veranlasst.
Richtig ist, dass im Spruch der Berufungsbescheide auf § 22 Abs. 3 TBO 2001 iVm § 69 Abs. 1 und 3 TROG 2006 verwiesen wird, was bedeutete, dass die Bauführung auf Grund einer verordneten Bausperre unzulässig sei, in der Begründung hingegen auf den zwischenzeitig in Kraft getretenen Bebauungsplan verwiesen wird. Richtig ist auch, dass die Verordnung über die Bausperre mit dem Inkrafttreten des Bebauungsplanes außer Kraft trat. Zutreffend hat aber die belangte Behörde erkannt, dass diese Anführung unzutreffender Gesetzesstellen im Spruch keinen wesentlichen Verfahrensmangel darstellt, der zur Aufhebung des Berufungsbescheides hätte führen müssen. Maßgeblich ist vielmehr, dass eine Rechtsgrundlage für die Abweisung der Berufung gegeben war (vgl. Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2 (1998), S 1011 E 209 ff).
Die Erstbeschwerdeführerin und der Zweitbeschwerdeführer machen weiters geltend, die von ihnen geplanten Einfriedungen verliefen ohnedies zum Teil entlang der Straßenfluchtlinie. Die Behörden hätten daher zu prüfen gehabt, ob das Bauvorhaben auf Grund der baurechtlichen Vorschriften zumindest teilweise zulässig sei. Da im gegenständlichen Bereich keine Baufluchtlinie festgelegt worden sei, wäre von den Behörden die Zulässigkeit des angezeigten Bauvorhabens gemäß § 5 Abs. 4 TBO 2001 zu prüfen gewesen.
Diese Auffassung trifft nicht zu. Auf die Bestimmung des § 5 Abs. 4 TBO 2001 kommt es hier nicht an, vielmehr ergibt sich aus Abs. 3 iVm Abs. 2 leg. cit., dass Einfriedungen (mangels Aufzählung in Abs. 3 iVm Abs. 2) nicht vor die Straßenfluchtlinie ragen dürfen (auf Baufluchtlinien kommt es nach Abs. 3 ebenfalls nicht an). Der Umstand, dass, wie behauptet, ein Teil der von diesen beiden Beschwerdeführern geplanten Einfriedungen nicht über die Straßenfluchtlinie rage, vermag ihnen nicht zum Erfolg zu verhelfen, weil ein Bauvorhaben grundsätzlich ein unteilbares Ganzes ist, was insbesondere bei Einfriedungen schon auf Grund ihrer Funktion anzunehmen ist, und diese beiden Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren auch nie in Richtung einer Teilbarkeit (wie in den nunmehrigen Beschwerden) argumentiert haben.
Die Beschwerden waren daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidungen beruhen auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am 6. Oktober 2011
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