Normen
AVG §59 Abs1;
BauO Wr §129 Abs2;
BauO Wr §129 Abs4;
BauRallg;
AVG §59 Abs1;
BauO Wr §129 Abs2;
BauO Wr §129 Abs4;
BauRallg;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom 25. März 2010 erteilte der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, u.a. der Beschwerdeführerin als Miteigentümerin der Baulichkeit auf einer näher bezeichneten Liegenschaft in Wien gemäß § 129 Abs. 2 und 4 der Bauordnung für Wien (BO) folgenden Auftrag:
"Der schadhafte Verputz des gassenseitigen Krönungsgesimses (Fgasse) ist instand setzen zu lassen.
Die Maßnahme ist binnen 3 Monaten nach Rechtskraft dieses Bescheides durchzuführen."
Begründend führte die Baubehörde im Wesentlichen aus, im Zuge der am 16. März 2010 abgehaltenen Ortsaugenscheinsverhandlung sei festgestellt worden, dass der Verputz des im Spruch genannten Krönungsgesimses schadhaft sei bzw. teilweise fehle. Diese Schäden würden eine Verschlechterung des ursprünglichen, konsens- und bauordnungsgemäßen Zustandes des Hauses darstellen und seien ihrer Natur nach geeignet, das öffentliche Interesse zu beeinträchtigen, sodass sie als Baugebrechen iSd § 129 Abs. 2 und 4 BO angesehen werden müssten. Durch den fehlenden Verputz werde das öffentliche Interesse insbesondere dadurch berührt, dass durch fortwährende Feuchtigkeitseinwirkung einerseits die Gefahr bestehe, dass sich weitere Putzteile lockern könnten und andererseits in Folge Durchfeuchtung des Mauerwerkes die Standfestigkeit beeinträchtigt werde. Weiters werde das örtliche Stadtbild gefährdet.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung brachte die Beschwerdeführerin vor, derzeit werde "erhoben", die Fassade zu sanieren, wobei der ursprüngliche Zustand laut alter Bilddokumente wiederhergestellt werden soll. Eine zusätzliche vorherige Sanierung des Krönungsgesimses sei derzeit sachlich nicht gerechtfertigt und wäre auf Grund der geplanten Komplettsanierung der Fassade "auch wirtschaftlich nur mit nicht vertretbarem Aufwand verbunden".
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde diese Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG als unbegründet ab und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid.
Begründend führte sie nach Darstellung des Verwaltungsgeschehens, der anzuwendenden Rechtsvorschriften und der maßgeblichen Judikatur im Wesentlichen aus, dass das vom Amtssachverständigen anlässlich der Verhandlung am 16. März 2010 festgestellte Baugebrechen aus dem im Akt befindlichen Foto nachvollziehbar sei, zumal auf diesem eindeutig erkennbar sei, dass auf dem Gesimse über eine Länge von jedenfalls über einem Meter der Verputz teilweise derart schadhaft sei, dass das Ziegelmauerwerk deutlich sichtbar sei. Dass Schäden am Verputz einerseits eine Gefahrenquelle durch weitere sich lösende Verputzteile darstellen und andererseits die Standfestigkeit des Gebäudes durch eindringende Niederschlagswässer gefährden könnten, sei eine unstrittige Erfahrungstatsache. Anzumerken sei, dass sich im Akt ein Protokoll über einen Feuerwehreinsatz am 19. Februar 2010 befinde, aus welchem hervorgehe, dass Verputzteile auf den Gehsteig gestürzt seien. Dem Vorbringen der Beschwerdeführerin, wonach die Instandsetzung des Gesimses im Hinblick auf die geplante Sanierung der Fassade, sachlich nicht gerechtfertigt und wirtschaftlich nicht vertretbar sei, hielt die belangte Behörde unter Hinweis auf die hg. Judikatur entgegen, dass bei Aufträgen gemäß § 129 Abs. 2 und 4 BO die wirtschaftliche Zumutbarkeit der Instandsetzung irrelevant sei.
In ihrer dagegen beim Verwaltungsgerichtshof erhobenen Beschwerde macht die Beschwerdeführerin Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
In der Beschwerde wird im Wesentlichen vorgebracht, die belangte Behörde habe keine Nachforschungen dazu angestellt, bis zu welchem Zeitpunkt die von der Beschwerdeführerin in Erwägung gezogene Komplettsanierung "in Anspruch" genommen werde und inwieweit diese Sanierung der Fassade den im Bescheid festgesetzten Zeitraum von drei Monaten überschreite. Außerdem wäre festzustellen gewesen, ob Gefahr im Verzug vorliege. Weiters sei der behördliche Auftrag, den Verputz des gassenseitigen Krönungsgesimses instand setzen zu lassen, nicht ausreichend konkretisiert. Die belangte Behörde hätte anordnen müssen, ob das Krönungsgesims in der (seinerzeit) vorhandenen Art instand zu setzen ist, oder ob eine Instandsetzung in jeder bautechnischen Art möglich sei.
Die dem Bauauftrag zugrunde liegenden Bestimmung des § 129 Abs. 2 und 4 BO, LGBl. für Wien Nr. 11/1930, in der im vorliegenden Fall maßgeblichen Fassung der Novelle LGBl. für Wien Nr. 25/2009 lautet (auszugsweise) wie folgt:
"(2) Der Eigentümer (jeder Miteigentümer) hat dafür zu sorgen, dass die Bauwerke (Gärten, Hofanlagen, Einfriedungen u. dgl.) in gutem, der Baubewilligung und den Vorschriften dieser Bauordnung entsprechendem Zustand erhalten werden. Für Gebäude in Schutzzonen besteht darüber hinaus die Verpflichtung, das Gebäude, die dazugehörigen Anlagen und die baulichen Ziergegenstände in stilgerechtem Zustand und nach den Bestimmungen des Bebauungsplanes zu erhalten.
(4) Die Behörde hat nötigenfalls die Behebung von Baugebrechen unter Gewährung einer angemessenen Frist anzuordnen. Sie ordnet die erforderlichen Sicherungsmaßnahmen an und verfügt die aus öffentlichen Rücksichten notwendige Beseitigung von Baugebrechen entsprechend dem Stand der Technik im Zeitpunkt der
Erteilung des Bauauftrages. ... "
Ein Baugebrechen iSd § 129 BO liegt vor, wenn sich der Zustand einer Baulichkeit derart verschlechtert, dass hiedurch öffentliche Interessen berührt werden. Als Beeinträchtigung öffentlicher Interessen, die ein Einschreiten der Behörde rechtfertigen, sind unter anderem die Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Gesundheit anzusehen. Ein öffentliches Interesse, das die Behörde zum Einschreiten ermächtigt, ist immer schon dann gegeben, wenn durch den bestehenden Zustand einer Gefahr für das Leben, die Gesundheit oder körperliche Sicherheit einer Person herbeigeführt oder vergrößert werden kann (vgl. aus der ständigen hg. Rechtsprechung etwa das Erkenntnis vom 15. Juni 2010, Zl. 2007/05/0279, mwN).
Im Beschwerdefall wurde unbestritten festgestellt, dass der Verputz auf dem Gesimse über eine Länge von jedenfalls über einem Meter teilweise derart schadhaft ist, dass das Ziegelmauerwerk deutlich sichtbar ist. Die Beschwerdeführerin tritt der Ansicht der belangten Behörde, wonach die festgestellten Schäden am Verputz einerseits eine Gefahrenquelle durch weitere sich lösende Verputzteile darstellen und andererseits die Standfestigkeit des Gebäudes durch eindringende Niederschlagswässer gefährden könnten, nicht entgegen. Ausgehend davon hat die belangte Behörde die dem gegenständlichen Bauauftrag zugrunde liegenden Schäden am Verputz zutreffend als Baugebrechen beurteilt. Die in der Beschwerde erstattete Verfahrensrüge betreffend fehlende Feststellungen zum Vorliegen von Gefahr in Verzug ist nicht zielführend, weil für das Vorliegen eines Baugebrechens die bloße Möglichkeit der Herbeiführung oder Vergrößerung von Gefährdungen ausreicht. Voraussetzung für einen Auftrag nach § 129 Abs. 4 BO ist zudem allein das Vorliegen eines Baugebrechens; auf Gefahr im Verzug kommt es hierbei nicht an (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. Dezember 2006, Zl. 2006/05/0056).
Ein behördlicher Auftrag nach § 129 Abs. 4 BO muss ausreichend konkretisiert sein, sodass einem Fachmann erkennbar ist, welche Maßnahmen durchzuführen sind (vgl. z.B. das zitierte Erkenntnis vom 18. Dezember 2006). Aufgetragen wurde, den schadhaften Verputz des gassenseitigen Krönungsgesimses instand setzen zu lassen. Dass es einem Fachmann unmöglich wäre, festzustellen, welche konkreten Teile des Verputzes schadhaft sind, ist nicht anzunehmen und bringt die Beschwerdeführerin dies auch nicht vor. Entgegen dem Beschwerdevorbringen hatte die belangte Behörde auch nicht anzuordnen, auf welche Art die Instandsetzung des schadhaften Verputzes zu erfolgen hat, weil bei mehreren wirksamen Arten der Gebrechensbehebung dem Hauseigentümer die Wahl offen stehen muss (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 16. Juni 1992, Zl. 89/05/0169). Der Auftrag ist daher genügend bestimmt.
Soweit sich die Beschwerdeführerin mit ihrer Rüge betreffend mangelnde Ermittlungen zum Beginn und zur Dauer der allenfalls in Aussicht genommenen Komplettsanierung der Fassade erstmals gegen die Dauer der festgesetzten Erfüllungsfrist wendet, ist ihr das im verwaltungsgerichtlichen Verfahren bestehende Neuerungsverbot entgegen zu halten. Im Übrigen wurde der Beschwerdeführerin mit dem angefochtenen Bescheid die Instandsetzung der schadhaften Teile des Verputzes und nicht eine Komplettsanierung der Fassade aufgetragen, weshalb die belangte Behörde auch nicht gehalten war, Ermittlungen zur Frage der Dauer einer solchen Sanierung vorzunehmen. Dass bzw. aus welchen Gründen eine Instandsetzung des schadhaften Verputzes innerhalb der festgesetzten Frist von drei Monaten nicht möglich wäre, bringt die Beschwerdeführerin nicht vor.
Die Erlassung des Instandsetzungsauftrages gemäß § 129 Abs. 2 und 4 BO erfolgte daher zu Recht.
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung, BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am 11. Oktober 2011
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