VwGH 89/05/0169

VwGH89/05/016916.6.1992

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte DDr. Hauer, Dr. Degischer, Dr. Giendl und Dr. Kail als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Unterer, über die Beschwerde des AF in Wien, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 15. Juni 1989, Zl. MDR-B III-2/89, betreffend einen Instandsetzungsauftrag, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §58 Abs2;
AVG §59 Abs1;
BauO Wr §129 Abs2;
BauO Wr §129 Abs4;
BauRallg;
MRG §3;
MRG §8 Abs2;
VwRallg;
AVG §58 Abs2;
AVG §59 Abs1;
BauO Wr §129 Abs2;
BauO Wr §129 Abs4;
BauRallg;
MRG §3;
MRG §8 Abs2;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist Eigentümer des Hauses H-Gasse 23, KG X. Die Magistratsabteilung 15 (Gesundheitsamt) zeigte mit Schreiben vom 6. Oktober 1987 der Baupolizei eine gesundheitsschädliche Durchfeuchtung der Wohnung Top Nr. 11 in diesem Hause an. Die zunächst für den 30. Juni 1988 an Ort und Stelle anberaumte Verhandlung, bei welcher auch ein Vertreter des Beschwerdeführers anwesend war, wurde zur Beiziehung der Magistratsabteilung 25 "wegen Wirtschaftlichkeit" vertagt; außerdem wurde in der Niederschrift die Vermutung festgehalten, daß sämtliche Erdgeschoßwohnungen gesundheitsschädlich seien, weshalb auch die Magistratsabteilung 15 zur Verhandlung zu laden sei. Am 12. September 1988 führte die Baupolizei eine neuerliche Verhandlung an Ort und Stelle durch, bei welcher auch der Beschwerdeführer vertreten war. Es wurde festgestellt, daß in den Ergeschoßwohnungen Top 7, 12, 13, 14 an den gassenseitigen Außenmauern die Feuchtigkeit bis zirka 50 cm aufsteige; der Amtsarzt stellte fest, daß diese Wohnungen objektiv gesundheitsschädlich seien. Der anwesende Vertreter der Magistratsabteilung 25 erklärte, daß die Sanierung wirtschaftlich vertretbar und technisch möglich sei. Irgendwelche Stellungnahmen des Hauseigentümers bzw. Verwalters sind der Verhandlungsschrift nicht zu entnehmen.

Mit Bescheid vom 13. September 1988 erteilte die Magistratsabteilung 37-Baupolizei dem Beschwerdeführer gemäß § 129 Abs. 2, 4 und 10 der Bauordnung für Wien (BO) insgesamt fünf Aufträge; der hier noch gegenständliche Punkt 1 lautet:

"Sämtliche tragenden Mauern des Hauses (an der H- und G-Gasse die hofseitigen Außenmauern, die linke und rechte Feuermauer sowie die Mittelmauern) sind in wirksamer Weise trockenlegen zu lassen."

In der dagegen erhobenen Berufung machte der Beschwerdeführer einerseits unter Vorlage eines Kostenvoranschlages geltend, daß die ihm aufgetragenen Arbeiten eine wirtschaftlich in keiner Weise gerechtfertigte Belastung darstellten; andererseits müßten die Wohnungen geräumt werden, damit durch Erneuerung der Fußböden und des Innenputzes, verbunden mit längerer Austrocknung, eine wirksame Trockenlegung ermöglicht werde.

Im angefochtenen Bescheid wurde der Berufung nur in einem hier nicht gegenständlichen Teil des Instandsetzungsauftrages Folge gegeben, im übrigen der erstinstanzliche Bescheid bestätigt. Es stehe unbestritten fest, daß die von der Behörde angenommenen Baugebrechen bestünden; auf die wirtschaftliche Belastung durch die Sanierung müsse im Hinblick auf die verwaltungsgerichtliche Judikatur nicht eingegangen werden.

Gegen die Bestätigung des Punktes 1 des erstinstanzlichen Becheides richtet sich die vorliegende Beschwerde, wobei Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht werden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde und die von der belangten Behörde unter Aktenvorlage erstattete Gegenschrift erwogen:

Gemäß § 129 Abs. 2 der Bauordnung für Wien (BO) muß der Eigentümer dafür Sorge tragen, daß die Gebäude in gutem, der Baubewilligung und den Vorschriften der Bauordnung entsprechendem Zustand erhalten werden. Gemäß Abs. 4 dieser Bestimmung hat die Behörde nötigenfalls den Eigentümer zur Behebung von Baugebrechen unter Gewährung einer angemessenen Frist zu verhalten und aus öffentlichen Rücksichten die Beseitigung von Baugebrechen zu verfügen.

Der Beschwerdeführer bestreitet gar nicht, daß eine gesundheitsschädliche Durchfeuchtung als Baugebrechen im Sinne des § 129 Abs. 2 und 4 BO anzusehen ist (siehe die unter Punkt

c - Trockenlegungen - wiedergegebenen Entscheidungen bei

Geuder/Hauer, Das Wiener Baurecht3 zu § 129 Abs. 2 und 4 BO). Allerdings meint der Beschwerdeführer eine inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darin zu erkennen, daß der Trockenlegungsauftrag SÄMTLICHE tragenden Mauern erfaßte, obwohl nur in den Wohnungen 7 und 12 Gesundheitsschädlichkeit festgestellt worden sei.

Dem ist zunächst zu erwidern, daß im erstinstanzlichen Bescheid eine gesundheitsschädliche Durchfeuchtung in den Wohnungen 7, 12, 13 und 14, nicht aber in der Wohnung Top 11 zugrundegelegt wurde. Diese Feststellung fußt auf einer Stellungnahme des bei der Verhandlung anwesend gewesenen Amtsarztes; der dort vertretene Beschwerdeführer hat sich weder geäußert noch irgendwelche Beweisanträge gestellt. Festgestellt wurde beim Ortsaugenschein auch, daß bei sämtlichen tragenden Mauern im Keller eine Mauerfeuchtigkeit bis zu den Gewölben sichtbar sei. Vom Beschwerdeführer unwidersprochen wurde daher der Auftrag in Aussicht gestellt und protokolliert, SÄMTLICHE tragenden Mauern des Hauses (an der H- und G-Gasse, die hofseitigen Außenmauern, die linke und rechte Feuermauer sowie die Mittelmauer) seien in wirksamer Weise trockenlegen zu lassen. Obwohl genau dieser Auftrag im Bescheid erteilt wurde, hat sich der Beschwerdeführer in der Berufung nicht dagegen ausgesprochen, insbesondere nicht dahingehend, daß es tragende Mauern gäbe, welche nicht gesundheitsgefährdend durchfeuchtete Wohnungen umschließen. Gemäß § 65 AVG hätte der Beschwerdeführer solche Umstände nämlich auch noch in der Berufung behaupten können. Da dies nicht geschehen ist, sondern der Beschwerdeführer sich in diesem Zusammenhang bloß auf die wirtschaftliche Unzumutbarkeit berief, bestand für die belangte Behörde keine Verpflichtung zu einer Ergänzung des Ermittlungsverfahrens. Ohne Verletzung irgendwelcher Parteirechte konnte die belangte Behörde demnach davon ausgehen, daß alle unter Punkt 1 aufgetragenen Arbeiten zur Behebung der gesundheitsschädlichen Mauerdurchfeuchtung notwendig seien.

Eine Rechtswidrigkeit des Inhaltes soll darin gelegen sein, daß der Spruch des Bescheides unbestimmt sei. Die Behörde hätte konkret auftragen müssen, durch welche Maßnahmen eine sinnvolle und für den Hauseigentümer schonende Trocknung erzielt werde. Von einer mangelnden Konkretisierung kann aber schon deshalb keine Rede sein, weil der Beschwerdeführer aufgrund des ihm erteilten Auftrages imstande war, einen hinsichtlich Ausmaß und Preis detaillierten Kostenvoranschlag anläßlich der Berufung vorzulegen. Der Forderung des Beschwerdeführers, die Behörde hätte die Art der Trockenlegung festlegen müssen, ist zu erwidern, daß damit der Eingriff in seine Rechtssphäre viel umfassender gewesen wäre. So hatte sich der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 16. November 1970, Zl. 609/69, mit der Frage zu befassen, ob die Behörde auch die Art der Trockenlegung, nämlich durch Horizontalisolierung, vorschreiben DARF. Dort wurde ausgeführt, daß bei mehreren wirksamen Arten der Gebrechensbehebung dem Hauseigentümer die Wahlmöglichkeit gegeben sein muß.

Die vom Beschwerdeführer geforderte Auswahl der für den Hauseigentümer schonendsten Art - offenbar soll die Behörde eine Vielzahl von Kostenvoranschlägen einholen - findet im Gesetz keine Stütze. Ausschlaggebend ist allein der Erfolg, der darin besteht, daß das Gebrechen behoben ist; der Weg muß grundsätzlich dem Hauseigentümer überlassen bleiben.

Hinsichtlich der in der Beschwerde wie schon in der Berufung aufgeworfenen Frage der wirtschaftlichen Zumutbarkeit hat sich die belangte Behörde zu Recht auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (siehe beispielsweise das hg. Erkenntnis vom 17. September 1985, Zl. 85/05/0115, BauSlg. Nr. 498) berufen, wonach bei einem Haus außerhalb einer Schutzzone die wirtschaftliche Zumutbarkeit bei Erlassung eines Instandsetzungsauftrages nicht zu prüfen ist. Dies beruht auf der Erwägung, daß der Hauseigentümer ja grundsätzlich die Möglichkeit hat, um eine Abtragungsbewilligung anzusuchen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 4. Mai 1970, Slg. Nr. 7.789/A). Die Beschwerdeausführungen bieten keinen Anlaß, von dieser ständigen Rechtsprechung abzugehen.

Während es in der Berufung noch hieß, eine wirksame Trockenlegung sei nach Ansicht des Bauunternehmens nur durch eine Horizontalisolierung möglich, wird in der Beschwerde nun dargetan, eine solche Isolierung sei nicht möglich, weil während der Behebungsarbeiten und der Austrocknungsperiode die Wohnungen nicht weiter bewohnt werden könnten. Es handle sich also um "unmögliche" Aufträge. Daß sich die Mieter tatsächlich widersetzten, wird gar nicht behauptet, sondern nur gerügt, es sei nicht erhoben worden, ob die Mieter zu einer befristeten Räumung (nicht zu einer endgültigen Aufgabe) bereit seien. Die rechtlichen Möglichkeiten, die dem Hauseigentümer sehr wohl zustehen, hat die belangte Behörde gleichfalls aufgezeigt:

Würth-Zingher, Miet- und Wohnrecht19, nennen in RZ 8 zu § 3 MRG ausdrücklich Feuchtigkeitsschäden in Wänden und Fußböden als Beispiel für die Behebung von ernsten Schäden des Hauses, welche dem Vermieter auch in einem vermieteten Gegenstand obliegen. Zur Behebung ernster Schäden gestattet § 8 Abs. 2 MRG den Eingriff in das Mietrecht insofern, als der Mieter die vorübergehende Benützung und Veränderung des Mietgegenstandes zulassen muß. Dies kann bis zur vorübergehenden Räumung des Mietgegenstandes durch den Mieter führen (Würth-Zingher, Miet- und Wohnrecht19, RZ 7 zu § 8 MRG).

Auch die behauptete Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften liegt nicht vor. Hinsichtlich der Unzumutbarkeit der wirtschaftlichen Belastung, der Konkretisierung des Auftrages und der vorliegenden Bestandverhältnisse sei auf die obigen Ausführungen verwiesen. In beiden Instanzen des Verwaltungsverfahrens hätte der Beschwerdeführer hinreichend Gelegenheit gehabt, die Gutachten der Amtssachverständigen zu bekämpfen. Die belangte Behörde konnte von schlüssigen, unwidersprochen gebliebenen Beweisergebnissen ausgehen. Besonderheiten im dritten Bezirk, daß nämlich gerade dort immer wieder große Probleme mit der Durchfeuchtung auftreten, wurden erstmals vor dem Verwaltungsgerichtshof behauptet; auf sie einzugehen ist dem Verwaltungsgerichtshof schon wegen des aus § 41 Abs. 1 VwGG abzuleitenden Neuerungsverbotes verwehrt.

Damit erweist sich die Beschwerde zur Gänze als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991, insbesondere auf deren Art. III Abs. 2.

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