VwGH 2010/05/0011

VwGH2010/05/001115.6.2011

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Hofräte Dr. Enzenhofer und Dr. Moritz sowie die Hofrätinnen Dr. Pollak und Mag. Rehak als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Zöchling, über die Beschwerde der R GesmbH in Wien, vertreten durch Mag. Johannes Kerschbaumer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Georg Coch-Platz 3/2/6, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 23. November 2009, Zl. MA 64-3132/2009, betreffend Anordnung einer Ersatzvornahme, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §68 Abs1;
BauO OÖ 1994 §49 Abs1;
BauO Wr §129 Abs10;
BauRallg;
VVG §10 Abs2;
AVG §68 Abs1;
BauO OÖ 1994 §49 Abs1;
BauO Wr §129 Abs10;
BauRallg;
VVG §10 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, vom 8. Jänner 2008 wurde der Eigentümerin der Baulichkeit auf der Liegenschaft 14, Mstraße ONr. 102-104, Grundstück Nr. 149/45 in EZ 2880, KG H, der Auftrag erteilt, binnen einer Frist von einem Monat die auf der gegenständlichen Liegenschaft ohne baubehördliche Bewilligung errichtete Baulichkeit, und zwar eine freistehende, V-förmige, beleuchtete Werbeanlage mit zwei Werbeflächen an der Front Mstraße 102-104, zu beseitigen.

Mit Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 26. Juni 2008 wurde die dagegen gerichtete Berufung als unbegründet abgewiesen.

Mit Verfahrensanordnung des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 25, vom 18. Juni 2009 erfolgte die Androhung der Ersatzvornahme unter Bezugnahme auf den Bescheid vom 8. Jänner 2008 und zum Betreff Wien, Mstraße 102-104, Gst. Nr. 149/45, EZ 2880, KG H.

Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 25, vom 30. Juli 2009 wurde die zwangsweise Durchführung des behördlichen Auftrages durch Ersatzvornahme angeordnet.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Berufung, in der sie im Wesentlichen darlegte, dass noch vor Ablauf der festgesetzten Leistungsfrist der auferlegten Verpflichtung entsprochen und die Werbeanlage vom verfahrensgegenständlichen Grundstück entfernt worden sei. Die Vollstreckung sei daher unzulässig.

Laut im Akt befindlichem Schreiben des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, vom 1. September 2009 sei bei einer am 26. August 2009 durchgeführten Überprüfung festgestellt worden, dass nach wie vor eine freistehende und beleuchtete Vförmige Werbeanlage mit zwei Werbeflächen vorhanden sei.

In einer Stellungnahme vom 9. November 2009 führte die Beschwerdeführerin dazu im Wesentlichen aus, sie habe die Anlage vom verfahrensgegenständlichen Grundstück entfernt. Die Entfernung selbst habe das Unternehmen Z. durchgeführt. Es werde jedoch eingeräumt, dass die Werbeanlage zwischenzeitig auf dem angrenzenden Grundstück Nr. 149/46, KG H, vorübergehend aufgestellt worden sei, bis ein neuer Standort gefunden werde.

Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid wurde die Berufung der Beschwerdeführerin als unbegründet abgewiesen. Nach Darstellung von Rechtsvorschriften und des Verwaltungsgeschehens legte die belangte Behörde im Wesentlichen dar, durch das von der Beschwerdeführerin vorgenommene Verschieben der Werbetafel habe sich der Sachverhalt höchstens unwesentlich geändert. Die Beschwerdeführerin habe zugestanden, dass die Werbetafel auf der Liegenschaft lediglich verschoben worden sei, und zwar vom Grundstück Nr. 149/45 auf das angrenzende Grundstück Nr. 149/46, beide inneliegend in EZ 2880, KG H, Mstraße 102-104. Auch der jetzige Standort der Werbetafel würde keinen anders lautenden Bescheid als den Titelbescheid nach sich ziehen. Der Auftrag habe spruchgemäß die "gegenständliche Liegenschaft" umfasst. Würde jeder geänderte Standort auf der Liegenschaft des nach wie vor verbotswidrig aufgestellten Bauwerks Unzulässigkeit der Vollstreckung bewirken, könnte die Beschwerdeführerin durch beliebiges Versetzen der Werbetafel oder Hin- und Herschieben Vollstreckungsmaßnahmen zur Beseitigung eines bauordnungswidrigen Zustandes gänzlich umgehen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 10 Abs. 2 VVG kann die Berufung gegen eine nach diesem Gesetz erlassene Vollstreckungsverfügung nur ergriffen werden, wenn

  1. 1. die Vollstreckung unzulässig ist oder
  2. 2. die Vollstreckungsverfügung mit dem zu vollstreckenden Bescheid nicht übereinstimmt oder

    3. die angeordneten oder angewendeten Zwangsmittel im Gesetz nicht zugelassen sind oder mit § 2 VVG (Schonungsprinzip) im Widerspruch stehen.

    Die Beschwerdeführerin bringt im Wesentlichen vor, dass sich sowohl die Androhung der Ersatzvornahme als auch die Vollstreckungsverfügung selbst lediglich auf das Grundstück Nr. 149/45 in EZ 2880, KG H, bezögen. Dem Entfernungsauftrag der Werbeanlage auf dem Grundstück Nr. 149/45 sei entsprochen worden. Damit sei die Vollstreckbarkeit des Vollstreckungstitels nachträglich weggefallen. Durch die Wendung "gegenständliche Liegenschaft" in der Begründung des in Beschwerde gezogenen Bescheides sei für den Standpunkt der belangten Behörde nichts zu gewinnen, weil aus dem Kontext klar sei, dass nur das Grundstück Nr. 149/45 gemeint sein könne.

    Die Beschwerdeführerin bestreitet nicht, dass die gegenständliche Werbeanlage vom Grundstück Nr. 149/45 entfernt und auf das angrenzende Grundstück Nr. 149/46 mit derselben Anschrift Mstraße 102-104, das ebenfalls in der EZ 2880, KG H, liegt, "verschoben" worden ist. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 12. November 2002, Zl. 2001/05/0199, ausgeführt, dass mit dem Wort "beseitigen" in § 49 Abs. 1 OÖ BauO 1994 (gleichlautend in § 129 Abs. 10 BauO für Wien) nicht bloß die Schaffung einer geänderten örtlichen Lage der baulichen Anlage gemeint sein könne. Es müsse vielmehr eine Veränderung herbeigeführt werden, die zur Herstellung der gesetzmäßigen Situation, im vorliegenden Fall zur Entfernung des damals gegenständlichen Verkaufscontainers von einem Grundstück im Grünland führte. Nichts anderes hat hier zu gelten: Die gegenständliche Verschiebung im Nahebereich des ursprünglichen Aufstellungsortes, hier noch dazu auf derselben Liegenschaft Mstraße 102-104, stellt keine Beseitigung im Sinne des rechtskräftig gewordenen Bauauftrages vom 8. Jänner 2008 dar. Eine wesentliche Änderung im Sachverhalt unter dem Blickwinkel der Beseitigungspflicht nach der Bauordnung für Wien ist damit nicht eingetreten (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 20. Juni 1988, Zl. 88/10/0035). Eine bloße "Versetzung" bzw. "Verschiebung" einer baulichen Anlage in den Nahebereich des ursprünglichen Standortes wie die hier erfolgte, die keine andere baurechtliche Qualifikation der Anlage bewirkt, ist keine wesentliche Sachverhaltsänderung, die die Vollstreckung im Sinne des § 10 Abs. 2 VVG unzulässig machen würde.

    Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

    Die Entscheidung über den Kostenersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

    Wien, am 15. Juni 2011

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