Normen
FrPolG 2005 §60 Abs1 Z1;
FrPolG 2005 §60 Abs1;
FrPolG 2005 §60 Abs2;
EMRK Art8 Abs2;
FrPolG 2005 §60 Abs1 Z1;
FrPolG 2005 §60 Abs1;
FrPolG 2005 §60 Abs2;
EMRK Art8 Abs2;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der 1984 geborene Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Serbien. Er reiste im Dezember 2004, nachdem ihm eine Erstaufenthaltserlaubnis gemäß § 7 Abs. 4 Z 1 FrG 1997 zum Zweck eines Musikstudiums mit Gültigkeit vom 9. Dezember 2004 bis 31. Oktober 2005 erteilt worden war, nach Österreich ein.
Im Dezember 2005 beantragte der Beschwerdeführer die Verlängerung des Aufenthaltstitels. Mangels Erbringung eines Studienerfolgsnachweises leitete die Niederlassungsbehörde jedoch gemäß § 25 Abs. 1 NAG ein aufenthaltsbeendendes Verfahren ein.
In der Folge verhängte die Bundespolizeidirektion Wien gegen den Beschwerdeführer gemäß § 60 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) ein fünfjähriges Aufenthaltsverbot. Das begründete sie im Wesentlichen damit, dass der Beschwerdeführer mittlerweile rechtskräftig wegen § 127 StGB zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe in der Dauer von vier Monaten verurteilt worden sei. Dem Urteil habe zugrunde gelegen, dass er zwischen dem 10. und 14. März 2005 Bargeld, Schmuck und ein Handy anderen Personen weggenommen habe, um sich dadurch unrechtmäßig zu bereichern. Mit weiterem rechtskräftigen Urteil vom 16. April 2007 sei gegen den Beschwerdeführer wegen §§ 223 Abs. 1, 12 zweiter Fall StGB neuerlich eine bedingt nachgesehene Freiheitsstrafe von vier Monaten verhängt worden; er habe - nach der Aktenlage im Oktober 2006 - versucht, "einen aus einem Eigentumsdelikt stammenden Pkw durch Urkundenfälschung zur Anmeldung zu bringen". Überdies habe der Beschwerdeführer viermal wegen Übertretung des FSG verwaltungsbehördlich bestraft werden müssen. Das der Erteilung seines ursprünglichen Aufenthaltstitels zugrunde liegende Studium habe er tatsächlich nicht begonnen, er sei nicht in der Lage, Nachweise eines Studienerfolges zu erbringen.
Am 14. November 2005 habe der Beschwerdeführer die 1987 geborene S. (nach der Aktenlage ebenfalls Staatsangehörige von Serbien) geheiratet. Er sei Vater von zwei Kindern (geboren am 11. April 2005 bzw. am 9. Jänner 2007) und verfüge somit über familiäre Bindungen in Österreich. Hingegen seien keine beruflichen Anknüpfungspunkte erkennbar, weil der Beschwerdeführer bisher keiner legalen Beschäftigung nachgegangen sei. Der festgestellte Sachverhalt rechtfertige - so die Bundespolizeidirektion Wien weiter - die Annahme, dass der weitere Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährden könnte. Sein Verhalten sei zwar nicht von der demonstrativen Aufzählung des § 60 Abs. 2 FPG umfasst, es gleiche jedoch den dort normierten Verhaltensweisen. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes sei zum Schutze des wirtschaftlichen Wohles der Republik Österreich und zur Verhinderung strafbarer Handlungen, somit zur Erreichung von in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Zielen, dringend geboten. Die öffentlichen Interessen an der Erlassung des gegenständlichen Aufenthaltsverbotes und die nachteiligen Folgen einer Abstandnahme von seiner Erlassung wögen unverhältnismäßig schwerer als dessen Auswirkungen auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers, weil er sich erst seit kurzer Zeit im Bundesgebiet aufhalte und keiner legalen Beschäftigung nachgehe. Überdies bestehe an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung im Hinblick auf die Wahrung eines geordneten Fremdenwesens ein eminent hohes öffentliches Interesse.
Die dagegen erhobene Berufung wies die im Devolutionsweg zuständig gewordene Bundesministerin für Inneres (die belangte Behörde) mit dem nunmehr angefochtenen, auf § 60 Abs. 1 Z 1 FPG gestützten Bescheid vom 19. März 2009 ab. Sie schließe sich den Ausführungen der Bundespolizeidirektion Wien vollinhaltlich an und erhebe diese zum Inhalt des gegenständlichen Bescheides. Soweit der Beschwerdeführer in seiner Berufung behaupte, seiner zweiten strafgerichtlichen Verurteilung liege kein schweres deliktisches Verhalten zugrunde, sei zu bemerken, dass er nach den Urteilsannahmen zwar nur untergeordnet an der Tat beteiligt gewesen sei und zur Wahrheitsfindung beigetragen habe; das Gericht habe jedoch auch ausgeführt, dass seine "einschlägige" Verurteilung und sein Rückfall innerhalb der Probezeit und die bestimmende Tatbegehung erschwerend seien. Überdies stelle das Delikt der Urkundenfälschung eine besonders hohe Beeinträchtigung öffentlicher Interessen dar, weil es die Zerstörung des Vertrauens in Urkunden bewirke. Des Weiteren sei der Beschwerdeführer mehrmals wegen Übertretungen nach dem FSG und dem KFG bestraft worden, wobei zwei Bestrafungen erst nach Erlassung des erstinstanzlichen Aufenthaltsverbotes "bekannt geworden" seien. Auch wenn diese verwaltungsbehördlichen Delikte für sich genommen nicht ausreichend seien, um die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes zu rechtfertigen, zeigten sie doch, dass der Beschwerdeführer nach wie vor nicht gewillt sei, sich rechtskonform zu verhalten. Wegen des wiederholten Verstoßes gegen die österreichische Rechtsordnung sei "aufgrund" des öffentlichen Interesses an der Verhinderung von strafbaren Handlungen und dem Schutz der Rechte Dritter eine nachhaltige Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit gegeben, welche den demonstrativ in § 60 Abs. 2 FPG aufgezählten Umständen gleichkomme. Hinsichtlich der Interessenabwägung zu Art. 8 EMRK sei ergänzend auszuführen, dass dem Beschwerdeführer in Anbetracht dessen, dass seine Ehefrau und seine Töchter in Österreich lebten, hier ein relevantes Familienleben zugestanden werden müsse. Angesichts seines relativ kurzen Aufenthaltes, seiner mehrmaligen strafrechtlichen Verurteilungen sowie der Tatsache, dass ihm von Anfang an klar habe sein müssen, dass sein Aufenthalt in Österreich im Falle des Fehlens eines ordentlichen Studienerfolges nur von beschränkter Dauer sein werde und er sein Familienleben in diesem Wissen begründet habe, ergebe die Interessenabwägung ein Überwiegen der öffentlichen Interessen an der Aufenthaltsbeendigung.
Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage und Erstattung einer Gegenschrift seitens der belangten Behörde erwogen:
Gemäß § 60 Abs. 1 FPG kann gegen einen Fremden ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass sein Aufenthalt die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet (Z 1) oder anderen im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft (Z 2). Im § 60 Abs. 2 FPG sind demonstrativ Sachverhalte angeführt, die als bestimmte Tatsachen im Sinn des § 60 Abs. 1 FPG gelten, bei deren Verwirklichung die dort genannte Annahme gerechtfertigt sein kann. Bei der Erstellung der für jedes Aufenthaltsverbot zu treffenden Gefährlichkeitsprognose ist das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die im § 60 Abs. 1 FPG umschriebene Annahme gerechtfertigt ist. Bei der Entscheidung, ein Aufenthaltsverbot zu erlassen, ist Ermessen zu üben, wobei die Behörde vor dem Hintergrund der gesamten Rechtsordnung auf alle für und gegen das Aufenthaltsverbot sprechenden Umstände Bedacht zu nehmen hat.
Der Beschwerdeführer wendet sich nicht gegen die - zutreffende - behördliche Rechtsansicht, dass ein Aufenthaltsverbot auch unmittelbar gestützt auf § 60 Abs. 1 verhängt werden kann, wenn zwar keiner der Tatbestände des § 60 Abs. 2 FPG erfüllt ist, wohl aber triftige Gründe vorliegen, die in ihrer Gesamtheit eine der in § 60 Abs. 1 FPG umschriebenen Annahmen rechtfertigen (vgl. dazu etwa die hg. Erkenntnisse vom 25. April 2006, Zl. 2006/21/0039, oder vom 15. Dezember 2009, Zl. 2006/18/0291).
Er stellt sich allerdings, wie schon in seiner Berufung gegen das erstinstanzliche Aufenthaltsverbot, auf den Standpunkt, das zur strafgerichtlichen Verurteilung vom 16. April 2007 geführt habende Verhalten sei nicht als ausreichend schwer zu werten: Er habe einen PKW gekauft und nachträglich erfahren, dass er gestohlen gewesen sei. Um das "ordnungsgemäß" bezahlte Fahrzeug auch benützen und anmelden zu können, habe er sich dann dazu hinreißen lassen, einen Kaufvertrag zu fälschen. Demzufolge habe das Strafgericht auch nur eine bedingt nachgesehene viermonatige Freiheitsstrafe verhängt.
Mit diesem Vorbringen vermag der Beschwerdeführer die von der belangten Behörde angestellte Gefährlichkeitsprognose nach § 60 Abs. 1 Z 1 FPG nicht mit Erfolg in Frage zu stellen. Zunächst lässt er nämlich außer Betracht, dass die dargestellte Vorgangsweise nicht nur ein Urkundendelikt darstellte, sondern auch Gleichgültigkeit gegenüber fremden Vermögenswerten zum Ausdruck brachte. Vor allem aber übergeht er den Umstand, dass er bereits davor verurteilt werden musste, und zwar wegen des Diebstahls von Bargeld, Schmuck und eines Handys im März 2005. Innerhalb seines rund vierjährigen Aufenthalts in Österreich ist der Beschwerdeführer daher zweimal strafgerichtlich in Erscheinung getreten, was ungeachtet dessen, dass in Anbetracht der verhängten Strafen der Tatbestand des § 60 Abs. 2 Z 1 FPG nicht erfüllt wird, auf ein nicht unbeträchtliches Gefährdungspotential des Beschwerdeführers - die knapp nach der Einreise nach Österreich verübten Diebstähle können nicht verharmlost werden - schließen lässt. Hiezu kommen einerseits die, freilich nicht näher dargestellten, Verstöße gegen das FSG und das KFG sowie andererseits der Umstand, dass der Beschwerdeführer keinen Studienerfolg nachzuweisen vermochte. Es stellt nämlich eine Beeinträchtigung des großen öffentlichen Interesses an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens dar, wenn ein - wie der Beschwerdeführer - zum Zweck des Studiums aufhältiger Fremder keinen Studienerfolg aufweisen kann (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 18. Februar 2009, Zl. 2008/21/0444, und vom 17. März 2009, Zl. 2008/21/0118). Insgesamt ist es damit nicht zu beanstanden, dass die belangte Behörde die Voraussetzungen für die Erlassung eines nur auf § 60 Abs. 1 Z 1 FPG gestützten Aufenthaltsverbots für gegeben erachtete.
Unter dem Gesichtspunkt des § 66 FPG - in der hier noch anzuwendenden Stammfassung - iVm § 60 Abs. 6 FPG macht der Beschwerdeführer geltend, dass er seit Jahren in Österreich lebe. Er sei verheiratet, habe zwei Kinder, und die "ganze Familie" verfüge über Aufenthaltstitel. In Österreich befänden sich außerdem seine Schwiegereltern und weitere Verwandte. Er sei bei seiner Ehefrau mitversichert, außerdem werde die Familie von Verwandten unterstützt.
Diesem Vorbringen ist zu entgegnen, dass die belangte Behörde die familiären Anknüpfungspunkte des Beschwerdeführers in Österreich ohnehin berücksichtigte. Im Rahmen der von ihr vorgenommenen Interessenabwägung wies sie allerdings mit Recht darauf hin, dass der dem Beschwerdeführer die Einreise nach Österreich ermöglichende Aufenthaltstitel - der von vornherein nicht auf Dauer angelegt war - nur unter der Voraussetzung eines Studienerfolges hätte verlängert werden können, was dem - diesen Erfolg nicht erbringenden - Beschwerdeführer bei Begründung seines Familienlebens (offenkundig gemeint: der Eheschließung am 14. November 2005) bewusst gewesen sei. Dazu kommt, dass von ihm nicht aufgezeigt wurde, was einer gemeinsamen Rückkehr des Beschwerdeführers mit seiner Familie in seinen Herkunftsstaat im Wege steht. Den solcherart relativierten familiären Interessen an einem weiteren Verbleib des Beschwerdeführers in Österreich, der hier unstrittig keine berufliche Integration aufzuweisen vermag, steht das große öffentliche Interesse an der Verhinderung von Straftaten einerseits und an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens andererseits gegenüber, wogegen der Beschwerdeführer nach dem oben Gesagten verstoßen hat. Wenn die belangte Behörde davon ausgehend zu dem Ergebnis gelangte, das gegenständliche Aufenthaltsverbot sei auch im Grunde des § 66 FPG gerechtfertigt, so erweist sich das mithin nicht als rechtswidrig.
Die insgesamt unbegründete Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.
Wien, am 24. Februar 2011
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