VwGH 2009/17/0125

VwGH2009/17/012514.12.2011

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pallitsch, die Hofräte Dr. Holeschofsky und Dr. Köhler sowie die Hofrätinnen Dr. Zehetner und Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Gold, über die Beschwerde der CP in W, vertreten durch Mag. Andreas Zach, Rechtsanwalt in 1110 Wien, Etrichstraße 15/1/37, gegen den Bescheid der Abgabenberufungskommission der Bundeshauptstadt Wien vom 27. April 2007, Zl. ABK-22/07, betreffend Vergnügungssteuer 2000 bis 2006, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §135;
BAO §184 Abs1;
BAO §184;
B-VG Art130 Abs2;
LAO Wr 1962 §104 Abs1;
LAO Wr 1962 §145 Abs1;
LAO Wr 1962 §145 Abs3;
LAO Wr 1962 §145;
LAO Wr 1962 §164 Abs1;
VergnügungssteuerG Wr 1987 §16 Abs1;
VwGG §41 Abs1;
BAO §135;
BAO §184 Abs1;
BAO §184;
B-VG Art130 Abs2;
LAO Wr 1962 §104 Abs1;
LAO Wr 1962 §145 Abs1;
LAO Wr 1962 §145 Abs3;
LAO Wr 1962 §145;
LAO Wr 1962 §164 Abs1;
VergnügungssteuerG Wr 1987 §16 Abs1;
VwGG §41 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Magistrates Wien vom 1. Dezember 2006 wurde der Beschwerdeführerin für die von ihr durchgeführte Vermietung von Filmen im Zeitraum Dezember 2000 bis Oktober 2005 gemäß §§ 1, 12 und 13 Vergnügungssteuergesetz 1987 (VGSG 1987) und im Zeitraum November 2005 bis September 2006 gemäß §§ 1, 12 und 13 Vergnügungssteuergesetz 2005 (VGSG 2005) in Verbindung mit §§ 145 und 149 Abs. 2 WAO für zwei Standorte Vergnügungssteuer in der Höhe von insgesamt EUR 22.611,62 vorgeschrieben.

Gleichzeitig wurde der Beschwerdeführerin mit Bescheid des Magistrates Wien vom 1. Dezember 2006 ein Verspätungszuschlag in der Höhe von EUR 2.228,50 wegen unterlassener Vorlage der Vergnügungssteuererklärungen sowie gemäß §§ 164 Abs. 1 und 166 WAO ein Säumniszuschlag wegen Nichtzahlung der Vergnügungssteuer in der Höhe von EUR 452,23 auferlegt.

Die Beschwerdeführerin erhob Berufung.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde aus, dass bei den durchgeführten Vergnügungssteuerrevisionen (Nachschau) durch ein Revisionsorgan des Magistrates festgestellt worden sei, dass die Beschwerdeführerin im Prüfungszeitraum keine vollständigen Abgabenerklärungen eingereicht habe. Die Bemessungsgrundlagen für den Zeitraum 2000 bis 2004 seien daher anhand von vorgelegten Geschäftsunterlagen ermittelt worden. Für den Zeitraum Jänner 2005 bis September 2006 seien trotz mehrmaliger Aufforderung keine Geschäftsaufzeichnungen vorgelegt worden.

Da die Beschwerdeführerin trotz mehrmaliger Aufforderung keine Geschäftsaufzeichnungen vorgelegt habe, sei die Schätzungsbefugnis dem Grunde nach gegeben. Mit Schreiben vom 9. Oktober 2006 sei der Beschwerdeführerin das Ergebnis der amtlichen Schätzung zur Kenntnis gebracht und ihr die Möglichkeit eingeräumt worden, sich zur vorgenommenen Schätzung zu äußern. Von der Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme habe die Beschwerdeführerin jedoch keinen Gebrauch gemacht.

Dass die im angefochtenen Bescheid angeführten Abgabenforderungen entstanden seien, stehe somit fest. Die Beschwerdeführerin bestreite nunmehr die Steuerpflicht und führe dazu im Wesentlichen aus, dass die Vorschreibung einer Vergnügungssteuer "unrichtig" sei und keine Verpflichtung zur Leistung einer Vergnügungssteuer vorliege.

Dem Vorbringen der Beschwerdeführerin sei aus nachstehenden Gründen entgegenzutreten:

Das Vermieten von Programmträgern für Videospiele, von Videofilmen sowie von Schmalfilmen oder auf sonstigen Bildträgern aufgezeichneten Filmen in einem Betrieb in Wien unterliege nach dem klaren Wortlaut sowohl des VGSG 1987 als auch des VGSG 2005 der Vergnügungssteuer. Die Beschwerdeführerin bestreite nicht, dass sie im verfahrensgegenständlichen Zeitraum Videofilme vermietet habe, wodurch der Steuertatbestand erfüllt sei. Damit und auf Grund der vorliegenden Revisionsberichte stehe fest, dass die Abgabenforderungen entstanden seien und somit - entgegen dem Berufungsvorbringen - eine Verpflichtung zur Leistung der Vergnügungssteuer vorliege.

Wenn die Beschwerdeführerin eine Verfassungswidrigkeit des Vergnügungssteuergesetzes darin zu erkennen vermeine, dass das Ausborgen eines Tonträgers der Vergnügungssteuerpflicht unterliege, der Kauf des gleichen Tonträgers jedoch nicht, so sei darauf zu verweisen, dass die belangte Behörde an gehörig kundgemachte Gesetze gebunden sei.

Dem Vorbringen der Beschwerdeführerin, dass in dem angefochtenen Bescheid bei den Bemessungsgrundlagen die der Einnahmenerzielung dienenden Aufwendungen nicht berücksichtigt worden seien, sei entgegen zu halten, dass gemäß § 12 VGSG 1987 und VGSG 2005 die Steuer 10 % des Entgelts betrage. Unter Entgelt sei dabei nach dem allgemeinen Sprachgebrauch eine Leistung für eine Gegenleistung zu verstehen. Es sei damit von der Geldleistung, die für die Anmietung von Programmträgern für Videospiele, von Videofilmen sowie von Schmalfilmen oder auf sonstigen Bildträgern aufgezeichneten Filmen im Leistungsaustausch erbracht werde, eine Steuer nach dem VGSG zu entrichten, die mit 10 % des Entgelts bemessen werde.

Die Höhe der vorzuschreibenden Vergnügungssteuer ergebe sich aus der detaillierten Darstellung im erstinstanzlichen Bescheid (in diesem war die Bemessungsgrundlage für die Jahre 2000 bis 2004 auf Grund der vorgelegten Geschäftsunterlagen und die Bemessungsgrundlage für die Jahre 2005 und 2006 gemäß § 145 WAO im Schätzungsweg unter detaillierter Angabe der Vorgangsweise bei der Schätzung ermittelt worden).

Insoweit sich die Berufung gegen die Vorschreibung eines Verspätungszuschlages richte, sei auf die Bestimmung des § 104 Abs. 1 erster Satz WAO zu verweisen. Danach könne die Abgabenbehörde Abgabepflichtigen, die die Frist zur Einreichung einer Abgabenerklärung nicht wahrten, einen Zuschlag bis zu 10 % der festgesetzten Abgabe (Verspätungszuschlag) auferlegen, wenn die Verspätung nicht entschuldbar sei.

Voraussetzungen für die Vorschreibung eines Verspätungszuschlages seien somit die verspätete Abgabe der Erklärung sowie die Unentschuldbarkeit der Verspätung.

Die Beschwerdeführerin bestreite nicht, dass sie die Erklärung und Entrichtung der Vergnügungssteuer unterlassen habe, sodass diese bescheidmäßig habe vorgeschrieben werden müssen.

Bei der Auferlegung des Verspätungszuschlages handle es sich um eine Ermessensentscheidung der Abgabenbehörde. Nach § 18 WAO müssten sich Ermessenentscheidungen in den Grenzen halten, die das Gesetz dem Ermessen ziehe. Innerhalb dieser Grenzen seien Ermessensentscheidungen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen.

Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sei eine Verspätung dann entschuldbar, wenn dem Abgabepflichtigen ein Verschulden nicht zugerechnet werden könne, d.h. wenn er die Versäumung der Frist zur Einreichung der Abgabenerklärung weder vorsätzlich noch fahrlässig herbeigeführt habe. Dabei rechtfertige sogar ein ganz geringfügiges Verschulden (culpa levissima) an der verspäteten Abgabe einer Abgabenerklärung die Verhängung eines Verspätungszuschlages.

Dass kein Verschulden vorliege, sei von der Beschwerdeführerin nicht behauptet worden, sondern nur allgemein gegen die Vorschreibung des Verspätungszuschlages berufen worden.

Wie den Revisionsakten zu entnehmen sei, habe es die Beschwerdeführerin jahrelang trotz mehrmaliger Aufforderung unterlassen, an Überprüfungen mitzuwirken und Revisionstermine wahrzunehmen. Stattdessen habe sie in einem Schreiben vom 28. Februar 2005 zum Ausdruck gebracht, dass sie eine Vergnügungssteuerpflicht anzweifle.

Sowohl bei der Frage der Zuschlagsfestsetzung dem Grunde nach als auch bei Festlegung des Ausmaßes des Zuschlages stehe der Abgabenbehörde Ermessen zu, Nach der hg. Judikatur sei der Gesetzeszweck des Verspätungszuschlages darin zu erblicken, dass der Abgabepflichtige zur Erfüllung der ihm gesetzlich obliegenden Pflicht zur rechtzeitigen Einreichung von Abgabenerklärungen angehalten werden solle.

Die Aufnahme einer selbstständigen Erwerbstätigkeit sei typischerweise mit Abgabepflichten und damit mit Erklärungspflichten verbunden. Von einem geringfügigen Verschulden der Beschwerdeführerin könne daher keine Rede sein, wenn sie vor der Aufnahme ihrer Geschäftstätigkeit eine umfassende Erkundigung über die zu beachtenden Rechtsvorschriften unterlassen und damit die Verletzung von Abgabenvorschriften in Kauf genommen habe. Die Beschwerdeführerin sei somit in grob fahrlässiger Weise ihrer Anmelde- und Steuererklärungspflicht nicht rechtzeitig nachgekommen.

Darüber hinaus könnten auch Anzahl und Ausmaß der Fristüberschreitung nicht mehr als geringfügig angesehen werden, erstrecke sich doch der Zeitraum, in dem die jeweiligen Abgabenerklärungen unterlassen worden seien, über mehrere Jahre. Im Übrigen spreche nichts dafür, dass es unbillig sei, gegenüber einer Unternehmerin, die in der dargestellten grob fahrlässigen Weise ihre abgabenrechtlichen Pflichten verletzt habe, einen Verspätungszuschlag im Bereich des Höchstausmaßes festzusetzen, anderenfalls jene Abgabepflichtigen und ihre Vertreter, die ihre Pflichten erfüllten, im wirtschaftlichen Wettbewerb benachteiligt würden.

Da zudem ohne die Kontrolle des Magistrates für die Abgabengläubigerin die Gefahr bestanden hätte, des Abgabenanspruches verlustig zu gehen und der Behörde ein nicht unbeträchtlicher Aufwand entstanden sei, sei mit dem angefochtenen Bescheid der Verspätungszuschlag in der Höhe von EUR 2.228,58 zu Recht auferlegt worden.

Da gemäß § 17 Abs. 1 VGSG 1987 und VGSG 2005 der Unternehmer dem Magistrat längstens bis zum 15. des Folgemonats für den unmittelbar vorhergehenden Monat die Steuer zu erklären und zu entrichten habe, seien die vorgeschriebenen Abgabenbeträge bereits fällig.

Da die Voraussetzungen des § 164 Abs. 1 WAO vorlägen, sei der Beschwerdeführerin der Säumniszuschlag auf Grund dieser zwingenden Vorschrift aufzuerlegen. Die Festsetzung des Säumniszuschlages setze kein Verschulden voraus.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde vor dem Verfassungsgerichtshof, welcher die Behandlung der Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 2 B-VG mit Beschluss vom 2. Oktober 2007, B 1128/07-4, ablehnte und diese mit Beschluss vom 5. November 2007, B 1128/07-6, gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

In der im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzten Beschwerde werden inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die maßgeblichen Bestimmungen des Gesetzes über die Besteuerung von Vergnügungen im Gebiete der Stadt Wien (Vergnügungssteuergesetz 2005 - VGSG), in der Folge: VGSG 2005, LGBl. Nr. 56/2005, lauten:

"Steuergegenstand

§ 1. (1) Folgende im Gebiet der Stadt Wien veranstaltete Vergnügungen unterliegen einer Steuer nach Maßgabe dieses Gesetzes:

9. Vermieten von Programmträgern (zB Kassetten oder Disketten) für Videospiele, von Videofilmen sowie von Schmalfilmen oder auf sonstigen Bildträgern aufgezeichneten Filmen in einem in Wien liegenden Betrieb, ausgenommen die Vermietung an Unternehmer, die die Programmträger oder Filme zur vergnügungssteuerpflichtigen Verwendung mieten (§ 12).

Steuerpflicht und Haftung

§ 13. (1) Steuerpflichtig ist der Unternehmer der Veranstaltung. Unternehmer der Veranstaltung im Sinne dieses Gesetzes ist jeder, in dessen Namen oder auf dessen Rechnung die Veranstaltung durchgeführt wird oder die Entgelte gefordert werden. Sind zwei oder mehrere Unternehmer (Mitunternehmer) vorhanden, so sind sie als Gesamtschuldner steuerpflichtig. In den Fällen des § 1 Abs. 1 Z 3 gelten auch der Inhaber des für das Halten des Apparates benützten Raumes oder Grundstückes und der Eigentümer des Apparates als Gesamtschuldner.

Aufzeichnungen

§ 16. Der Unternehmer hat für jede Veranstaltung Nachweise zu führen, aus denen die ausgegebenen Eintrittskarten nach Zahl und Preis und alle anderen steuerpflichtigen Einnahmen ersichtlich sein müssen. Aus den Nachweisen muss auch der Prozentsatz und die Höhe der in Abzug gebrachten Umsatzsteuer und des Bedienungsgeldes oder des Bedienungsgeldäquivalentes ersichtlich sein.

Festsetzung und Fälligkeit der Steuerschuld

§ 17. (1) Der Unternehmer hat dem Magistrat längstens bis zum

15. des Folgemonates für den unmittelbar vorausgehenden Monat die Steuer zu erklären und zu entrichten. Für die Erklärung und für die Entrichtung der Steuer können auch kürzere Fristen vorgeschrieben werden, wenn der Steuerpflichtige die Erklärungs- oder Zahlungsfrist wiederholt versäumt hat oder Umstände vorliegen, die die Entrichtung der Steuer gefährden."

Das Vergnügungssteuergesetz 1987 - VGSG, in der Folge:

VGSG 1987, LGBl. Nr. 43, in der Fassung LGBl. Nr. 9/2002, enthielt im Hinblick auf die im Beschwerdefall relevanten Aspekte mit dem VGSG 2005 sinngemäß deckungsgleiche Bestimmungen.

§ 145 Abs. 1 WAO lautete:

"Soweit die Abgabenbehörde die Grundlagen für die Abgabenverwaltung nicht ermitteln oder berechnen kann, hat sie diese zu schätzen. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind."

§ 145 Abs. 3 WAO lautete:

"Zu schätzen ist ferner, wenn der Abgabepflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Abgabenvorschriften zu führen hat, nicht vorlegt oder wenn die Bücher oder Aufzeichnungen sachlich unrichtig sind oder solche formellen Mängel aufweisen, die geeignet sind, die sachliche Richtigkeit der Bücher oder Aufzeichnungen in Zweifel zu ziehen."

Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom 10. November 1995, Zl. 92/17/0177, die Verpflichtung nach § 16 Abs. 1 VGSG 1987, für jede Veranstaltung Nachweise zu führen, aus denen die diesbezüglichen steuerpflichtigen Einnahmen ersichtlich sind, dahingehend interpretiert, dass "Aufzeichnungen" zu führen sind. Werden Aufzeichnungen über die steuerpflichtigen Einnahmen der Abgabenbehörde nicht vorgelegt, so ist zu Recht das Vorliegen der Schätzungsbefugnis nach § 145 Abs. 3 WAO anzunehmen (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 28. Mai 2008, Zl. 2006/15/0095).

Da die Beschwerdeführerin (teils trotz mehrmaliger Aufforderung) ihrer Verpflichtung zur Vorlage von (vollständigen) Aufzeichnungen und zur fristgerechten Erklärung der Steuer nicht nachkam, lagen im Beschwerdefall die Voraussetzungen für die Vornahme einer Schätzung nach § 145 Abs. 3 WAO vor.

Der Einwand, die angewandten Bestimmungen des VGSG 1987 und VGSG 2005 seien verfassungswidrig, da die Vermietung von Videofilmen der Vergnügungssteuer unterliege, der Verkauf dieser Bildträger jedoch nicht, geht ins Leere. Eine Verfassungswidrigkeit dieser Bestimmungen liegt nicht vor (vgl. auch den Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 2. Oktober 2007, B 1128/07-4, sowie zur Vergnügungssteuerverordnung der Stadt Dornbirn vom 21. Dezember 1989 das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 30. September 1995, B 967/93, in welchem der Verfassungsgerichtshof aussprach, dass der Verkauf von Videokassetten nach der genannten Verordnung nicht der Vergnügungssteuer unterliege; aus dieser Entscheidung ergibt sich implizit, dass der Verfassungsgerichtshof offensichtlich gegen die Differenzierung bei der Besteuerung der Erlöse aus Verkauf und aus Vermietung von Bildträgern keine Bedenken hatte).

Zu der § 145 Abs. 1 und 3 WAO entsprechenden Regelung nach der BAO (§ 184 BAO) hat der Verwaltungsgerichtshof allgemein festgehalten, dass die Befugnis zur Schätzung allein auf der objektiven Voraussetzung der Unmöglichkeit der Ermittlung oder Berechnung der Besteuerungsgrundlagen beruhe (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 28. Februar 1995, Zl. 94/14/0157, 3. August 2004, Zl. 2001/13/0022, und 23. Februar 2010, Zl. 2008/15/0027).

Aus der mit § 145 Abs. 1 WAO übereinstimmenden Verwendung des Ausdrucks "soweit" in der Bestimmung des § 184 Abs. 1 BAO leitete der Verwaltungsgerichtshof ab, dass das Gesetz die Möglichkeit der Schätzung im Sinne des Subsidiaritätsprinzips beschränke (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 17. Oktober 2001, Zl. 98/13/0233, und vom 23. Februar 2010, Zl. 2008/15/0027).

Die Behörde hat die vorgenommene Schätzung zu begründen, wobei sie die für die Schätzungsbefugnis sprechenden Umstände, die Schätzungsmethode, die der Schätzung zu Grunde gelegten Sachverhaltsannahmen und die Ableitung der Schätzungsergebnisse darzustellen hat (vgl. die Hinweise auf die Rechtsprechung bei Ritz, BAO-Kommentar4 Rz 21 zu § 184 BAO).

Die Schätzung besteht darin, Besteuerungsgrundlagen, deren Höhe trotz Bemühens um Aufklärung nicht sicher feststellbar ist, mit Hilfe von Wahrscheinlichkeitsüberlegungen zu ermitteln und festzulegen. "Schätzen" bedeutet also, die Besteuerungsgrundlagen durch Wahrscheinlichkeitsüberlegungen und Wahrscheinlichkeitsschlüsse sowie durch begründetes Einbeziehen und Ausschließen von Möglichkeiten, die sachverhaltsbezogen den tatsächlichen Gegebenheiten und Ergebnissen näher oder ferner liegen, zu ermitteln.

Es liegt im Wesen einer Schätzung, dass dabei eine Beweisführung für ein bestimmtes Ergebnis nicht möglich ist. Der Abgabenbehörde steht die Wahl der anzuwendenden Schätzungsmethode im Allgemeinen frei. Das gewählte Verfahren muss in sich schlüssig und stets auf das Ziel gerichtet sein, diejenigen Besteuerungsgrundlagen zu ermitteln, die die größte Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit für sich haben. Dabei sind von der Abgabenbehörde alle vom Abgabenpflichtigen selbst vorgebrachten begründeten Überlegungen und zielführenden Anhaltspunkte zu berücksichtigen. Wurden dem Steuerpflichtigen im abgabenbehördlichen Verfahren die Ausgangspunkte, Überlegungen, Schlussfolgerungen und die angewendete Schätzungsmethode zur Kenntnis gebracht, so ist es an ihm gelegen, konkrete Umstände und Überlegungen vorzubringen, aus denen sich ergibt, dass die der Schätzung zugrunde gelegten Daten unrichtig sind oder die angewendete Schätzungsmethode in seinem Falle ungeeignet ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 10. August 2010, Zl. 2009/17/0129).

Ziel der Schätzung ist es nach ständiger Rechtsprechung, "den wahren Besteuerungsgrundlagen möglichst nahe zu kommen" (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 28. August 2007, Zl. 2004/17/0211, und vom 26. März 2010, Zl. 2010/17/0005).

Jeder Schätzung ist eine gewisse Ungenauigkeit immanent (vgl. auch dazu das zuletzt genannte Erkenntnis vom 26. März 2010).

Wer zur Schätzung Anlass gibt und bei der Ermittlung der materiellen Wahrheit nicht entsprechend mitwirkt, muss die mit jeder Schätzung verbundene Ungewissheit hinnehmen. (vgl. auch dazu das zuletzt genannte Erkenntnis vom 26. März 2010).

Die von den Abgabenbehörden im Beschwerdefall vorgenommene Schätzung entspricht den dargelegten Erfordernissen.

Wenn sich die Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof gegen die Ermittlung der Bemessungsgrundlage wendet, da ihrer Ansicht nach in diese auch Verkaufserlöse und Erlöse aufgenommen worden seien, die die Beschwerdeführerin aus der Vermietung von Bildträgern an Unternehmer, die diese im Rahmen von Veranstaltungen vorgeführt hätten, erzielt habe, so steht diesen Vorbringen das im verwaltungsgerichtlichen Verfahren zu beachtende Neuerungsverbot gemäß § 42 Abs. 1 VwGG entgegen. Die Beschwerdeführerin hatte im verwaltungsbehördlichen Verfahren mehrmals Gelegenheit sich zu den Ermittlungsergebnissen der Abgabenbehörden zu äußern, ohne jedoch in ihren Eingaben je die in der Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof erstmals vorgebrachten Argumente auch nur andeutungsweise zu erwähnen.

Die Überlegungen zur Schätzung, die getroffenen Schlussfolgerungen und die Schätzungsmethode sind der Beschwerdeführerin bekannt gegeben worden und wurden im erstinstanzlichen Abgabenbescheid detailliert aufgeschlüsselt. In ihrer Berufung ist die Beschwerdeführerin dieser Berechnungsmethode lediglich mit dem Vorbringen entgegen getreten, dass die Vorschreibung auf einer verfassungswidrigen gesetzlichen Grundlage beruhe und dass diverse Aufwendungen von der Bemessungsgrundlage abzuziehen gewesen wären. Beide Stoßrichtungen der Argumentation der Beschwerdeführerin im abgabenbehördlichen Verfahren gehen ins Leere. Zum einen bestehen gegen die Verfassungsmäßigkeit der angewendeten gesetzlichen Grundlagen keine Bedenken, zum anderen sind die von der Beschwerdeführerin ins Treffen geführten Aufwendungen weder nach dem VGSG 1987 noch nach dem VGSG 2005 bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage zu berücksichtigen.

Gemäß § 104 Abs. 1 WAO konnte die Abgabenbehörde Abgabepflichtigen, die die Frist zur Einreichung einer Abgabenerklärung nicht wahrten, einen Zuschlag bis zu 10 % der festgesetzten Abgabe (Verspätungszuschlag) auferlegen, wenn die Verspätung nicht entschuldbar war. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu dieser Vorschrift (und zu der gleichartigen Norm des § 135 Abs. 1 BAO) ist eine Verspätung dann entschuldbar, wenn dem Abgabepflichtigen ein Verschulden nicht zugerechnet werden kann, das heißt, wenn er die Versäumung der Frist zur Einreichung einer Abgabenerklärung weder vorsätzlich noch fahrlässig herbeigeführt hat. Unter Fahrlässigkeit ist hier auch leichte Fahrlässigkeit zu verstehen. Dass der Beschwerdeführerin, die bewusst die Mitwirkung an der Abgabenfeststellung verweigerte und über mehrere Jahre ihrer Verpflichtung gemäß § 16 VGSG 1987 und § 16 VGSG 2005 nicht nachkam, Verschulden im Sinn von § 140 WAO zuzurechnen ist, steht außer Zweifel.

Wie der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 12. August 2002, Zl. 98/17/0292), steht der Abgabenbehörde sowohl bei der Frage der Zuschlagsfestsetzung dem Grunde nach als auch bei der Festlegung des Ausmaßes des Verspätungszuschlages Ermessen zu. Die verwaltungsgerichtliche Kontrolle von Bescheiden, die im Ermessen der Verwaltungsbehörde liegen, gilt dem fehlerhaften Gebrauch der das Ermessen einräumenden Verwaltungsvorschrift. Ein solcher läge dann vor, wenn das der Ermessensübung durch die Behörde zu Grunde liegende Verwaltungsverfahren hinsichtlich der in rechtlicher Gebundenheit zu beurteilenden gesetzlichen Tatbestandsvoraussetzungen für die Ermessensübung mangelhaft wäre oder wenn von der Verwaltungsbehörde bei der Ermessensübung der Sinn des Gesetzes nicht beachtet worden wäre. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist der Gesetzeszweck des Verspätungszuschlages darin zu erblicken, dass der Abgabepflichtige zur Erfüllung der ihm gesetzlich obliegenden Pflichten zur rechtzeitigen Einreichung von Abgabenerklärungen angehalten werden soll. Bei der Ermessensübung ist demnach die grundsätzliche Zielrichtung des Verspätungszuschlages sowie Art und Ausmaß der unbestreitbaren objektiven Pflichtwidrigkeit des säumigen Abgabepflichtigen nicht außer Betracht zu lassen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 11. Dezember 2009, Zl. 2009/17/0151).

Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid ausführlich und nachvollziehbar begründet, weshalb sie in Anbetracht der erschwerenden Umstände des Beschwerdefalls zur beinahe gänzlichen Ausschöpfung des Höchstausmaßes bei der Festsetzung des Verspätungszuschlages kam. Den diesbezüglichen Erwägungen kann nicht entgegen getreten werden. Gründe, weshalb die von der belangten Behörde getroffene Ermessensentscheidung im Lichte der gesetzlichen Vorgaben nicht gerechtfertigt sein sollte, werden von der Beschwerdeführerin auch nicht dargetan.

Die Voraussetzungen für die Vorschreibung des Säumniszuschlages gemäß §§ 164 Abs. 1 und 166 WAO lagen aufgrund der nicht fristgerechten Entrichtung der gegenständlichen Abgaben ebenfalls vor. Wie aus § 164 Abs. 1 WAO klar hervorgeht, kommt es für die Gebührlichkeit des Säumniszuschlages auf ein Verschulden der Beschwerdeführerin nicht an (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 25. Mai 2005, Zl. 2003/17/0256).

Aus den dargelegten Erwägungen ergibt sich daher, dass die Beschwerdeführerin in ihren Rechten weder wegen der geltend gemachten noch wegen einer vom Verwaltungsgerichtshof aus eigenem aufzugreifenden Rechtswidrigkeit verletzt worden ist.

Die Beschwerde war infolgedessen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455, insbesondere deren § 3 Abs. 2.

Wien, am 14. Dezember 2011

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