VwGH 2009/10/0164

VwGH2009/10/016426.9.2011

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Rigler, Dr. Lukasser und Dr. Fasching als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Uhlir, über die Beschwerde des E M in L, vertreten durch Dr. Georg Prantl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Mahlerstraße 13, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft vom 27. Mai 2009, Zl. BMLFUW-LE.4.3.2/0023-I/2/2009, betreffend Feststellung gemäß § 20 Abs. 4 Weingesetz, zu Recht erkannt:

Normen

31999R1493 GMO Wein Art51;
31999R1493 GMO Wein Art54;
32002R0753 Wein DV Art28;
32008R0479 GMO Wein Art35;
32008R0479 GMO Wein Art44 Abs2;
32008R0479 GMO Wein Art44;
32008R0479 GMO Wein Art45;
32008R0479 GMO Wein Art46;
32008R0479 GMO Wein Art51 Abs1;
32008R0479 GMO Wein Art51;
32008R0479 GMO Wein;
EURallg;
31999R1493 GMO Wein Art51;
31999R1493 GMO Wein Art54;
32002R0753 Wein DV Art28;
32008R0479 GMO Wein Art35;
32008R0479 GMO Wein Art44 Abs2;
32008R0479 GMO Wein Art44;
32008R0479 GMO Wein Art45;
32008R0479 GMO Wein Art46;
32008R0479 GMO Wein Art51 Abs1;
32008R0479 GMO Wein Art51;
32008R0479 GMO Wein;
EURallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft vom 27. Mai 2009 wurde gegenüber dem Beschwerdeführer gemäß § 20 Abs. 4 Weingesetz 1999 festgestellt, dass die Verwendung der Marke "Kamptal Klassik" für Weine ab dem Jahrgang 2010 ausschließlich zulässig sei, wenn diese den Anforderungen der DAC-Verordnung "Kamptal" (BGBl. II Nr. 438/2008) entsprechen. Dies im Wesentlichen mit der Begründung, nach der bis 31. Juli 2009 gültigen "alten" GMO-Wein 1999 (Verordnung (EG) Nr. 1493/1999 ) habe eine Marke, die Worte enthalten habe, die mit der Bezeichnung eines Anbaugebietes identisch sind, auch dann weiterverwendet werden dürfen, wenn das Erzeugnis diese Bezeichnung nach den Bestimmungen der GMO-Wein 1999 nicht führen durfte, vorausgesetzt, die Marke sei mindestens 25 Jahre vor der Anerkennung des Gebietes durch den Erzeugermitgliedstaat registriert und seither effektiv ohne Unterbrechung verwendet worden. Diese 25-jährige Frist werde im vorliegenden Fall nicht erfüllt; die erwähnte Marke sei erst 1993 registriert worden.

Die "neue" GMO-Wein 2008 (Verordnung (EG) Nr. 479/2008 ) habe für Ursprungsbezeichnungen und geografische Angaben für Weine ein neues schutzverleihendes Verfahren und zwar auf Gemeinschaftsebene geschaffen. In diesem Zusammenhang seien auch Regelungen betreffend das Verhältnis dieser geschützten Bezeichnungen und bestehenden Marken geschaffen worden: Im Zeitpunkt des Antrages auf Schutz der Ursprungsbezeichnung bzw. geografischen Angabe angemeldete, registrierte bzw. erworbene Marken dürften (bei Erfüllung weiterer Voraussetzungen) weiter verwendet werden, ohne dass es auf eine 25-jährige Verwendung der Marke ankomme.

Auf bestehende "alte Herkünfte" seien diese Regelungen allerdings nicht anzuwenden. Die "alten Herkünfte" würden nämlich gemäß Art 51 Abs. 1 GMO-Wein 2008 "automatisch" im Rahmen dieser Verordnung geschützt; entfaltet werde demnach insbesondere eine Schutzwirkung gemäß Art. 45 GMO-Wein 2008. Für die Beziehung zwischen der Marke "Kamptal Klassik" und der "Herkunft Kamptal DAC" trete durch die GMO-Wein 2008 aber keine Änderung ein. Die Marke dürfe daher, weil sie weniger als 25 Jahre vor der Anerkennung des Gebietes bestanden habe, ab dem Jahrgang 2010 nur für Weine mit der Bezeichnung Kamptal DAC verwendet werden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Weingesetzes 1999, BGBl. I Nr. 141/1999 idF BGBl. I Nr. 112/2007, lauten auszugsweise wie folgt:

"Qualitätswein

§ 10. …

(6) Wein darf unter der Bezeichnung 'Districtus Austria Controllatus' oder 'DAC' in Verkehr gebracht werden, wenn er zusätzlich den gemäß § 39a Abs. 1 festgesetzten Bedingungen für regionaltypische Qualitätsweine mit Herkunftsprofilen entspricht. Die Bezeichnung 'Districtus Austria Controllatus' oder 'DAC' ist in Verbindung mit den jeweiligen durch Verordnung gemäß § 39a Abs. 1 abgegrenzten und bezeichneten Gebiet anzugeben. Entspricht die Bezeichnung einer geographischen Angabe gemäß § 21, so kann diese nur in Verbindung mit der Angabe 'Districtus Austria Controllatus' oder 'DAC' und unter den entsprechenden Voraussetzungen verwendet werden. Die Bezeichnung 'Districtus Austria Controllatus' oder 'DAC' ist ein traditioneller spezifischer Begriff gemäß Anhang VIIa Z. 2 lit. c zweiter Gedankenstrich vierter Untergedankenstrich der Verordnung (EG) Nr. 1493/99 .

Bestimmungen zum Schutz vor Täuschung

§ 20 …

(4) Bestehen Zweifel, ob die Etikettierung von Erzeugnissen den Vorschriften der Europäischen Gemeinschaft für Wein oder diesem Gesetz entsprechen, hat der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf Antrag der Bundeskellereiinspektion, einer Bezirksverwaltungsbehörde oder des für die Etikettierung Verantwortlichen unter Vorlage von drei Originaletiketten innerhalb von sechs Wochen ein Feststellungsverfahren durchzuführen. Der für die Etikettierung Verantwortliche hat gegebenenfalls die Richtigkeit der zur Bezeichnung verwendeten Angaben nachzuweisen.

§ 39a. (1) Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft kann durch Verordnung Erzeugerorganisationen und Branchenorganisationen gemäß Titel IV der Verordnung (EG) Nr. 1493/1999 einrichten und nähere Vorschriften dazu erlassen. Er kann auf Antrag von Branchenorganisationen Bedingungen für regionaltypische Qualitätsweine mit Herkunftsprofilen festsetzen.

…"

Im Grunde der letztgenannten Bestimmung des Weingesetzes 1999 erging die im Beschwerdefall maßgebliche Verordnung des Bundeministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft zur Festsetzung von Bedingungen für regionaltypische Qualitätsweine mit Herkunftsprofilen für das Weinbaugebiet Kamptal, BGBl. II Nr. 438/2008 (DAC-Verordnung "Kamptal"), in der die spezifischen Anforderungen für das Inverkehrbringen von Qualitätsweinen unter der Bezeichnung 'DAC' oder 'Districtus Austriae Controllatus' in Verbindung mit der Angabe des Weinbaugebietes Kamptal normiert sind. Gemäß § 5 dieser Verordnung darf Qualitätswein bis einschließlich des Jahrganges 2009 allerdings weiterhin unter Einhaltung der bisherigen bezeichnungsrechtlichen Vorschriften in Verkehr gebracht werden.

Dem angefochtenen Bescheid liegt die Auffassung zu Grunde, die Verwendung der Marke "Kamptal Klassik" für Qualitätsweine aus dem Kamptal ab dem Jahrgang 2010 sei unzulässig, wenn diese nicht den Voraussetzungen der DAC-Verordnung "Kamptal" entsprechen. Über den Antrag des Beschwerdeführers sei daher spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

Der Beschwerdeführer wendet ein, die Verwendung der 1993 registrierten Marke "Kamptal Klassik" sei auch im Falle der - bei einem Teil seiner Qualitätsweine gegebenen - Nichterfüllung der Voraussetzungen der DAC-Verordnung "Kamptal" zulässig. Zwar dürfe Wein unter der Bezeichnung "Kamptal" grundsätzlich nur vertrieben werden, wenn die Spezifikationen der DAC-Verordnung "Kamptal" erfüllt seien. Allerdings regle Art. 44 Abs. 2 GMO-Wein 2008 den Fall der Kollision einer Ursprungsbezeichnung - darum handle es sich bei der Bezeichnung "Kamptal" - mit einer bestehenden Marke dahin, dass bereits bestehende Marken weiter verwendet werden dürften. Da die Marken "Kamptal Klassik" seit 1993 bestünden und seither ohne Unterbrechung zur Kennzeichnung von Weinen aus dem Kamptal verwendet würden, könnten sie zur Kennzeichnung von Qualitätsweinen des Jahrganges 2010 und dem Folgejahr aus dem Kamptal verwendet werden, auch wenn sie den Anforderungen der DAC-Verordnung "Kamptal" nicht entsprächen.

Damit ist die Beschwerde nicht im Recht:

Art. 44 der im Beschwerdefall maßgeblichen Verordnung (EG) Nr. 479/2008 des Rates vom 28. April 2008 (ua) über die gemeinsame Marktorganisation von Wein (GMO-Wein 2008) lautet wie folgt:

"Beziehung zu Marken

(1) Ist eine Ursprungsbezeichnung oder geografische Angabe nach Maßgabe dieser Verordnung geschützt, so wird der Antrag auf Eintragung einer Marke, auf die einer der in Artikel 45 Absatz 2 aufgeführten Tatbestände zutrifft und die eine in Anhang IV aufgeführte Art von Erzeugnis betrifft, abgelehnt, wenn dieser Antrag nach dem Zeitpunkt der Einreichung des Antrags auf Eintragung der Ursprungsbezeichnung oder der geografischen Angabe bei der Kommission eingereicht wird und die Ursprungsbezeichnung oder geografische Angabe somit geschützt wird.

Marken, die unter Verstoß gegen Unterabsatz 1 eingetragen wurden, werden gelöscht.

(2) Unbeschadet von Artikel 43 Absatz 2 darf eine Marke, auf deren Verwendung einer der in Artikel 45 Absatz 2 aufgeführten Tatbestände zutrifft und die vor dem Zeitpunkt des Antrags auf Schutz der Ursprungsbezeichnung oder geografischen Angabe angemeldet, eingetragen oder, sofern dies nach den einschlägigen Rechtsvorschriften vorgesehen ist, durch Verwendung in gutem Glauben im Gebiet der Gemeinschaft erworben wurde, ungeachtet des Schutzes einer Ursprungsbezeichnung oder geografischen Angabe weiter verwendet werden, sofern für die Marke keine Gründe für die Ungültigerklärung oder den Verfall gemäß der Ersten Richtlinie 89/104/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken (19) oder der Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke (20) vorliegen.

In solchen Fällen wird die Verwendung der Ursprungsbezeichnung oder geografischen Angabe neben den jeweiligen Marken erlaubt. "

Art. 44 Abs. 2 GMO-Wein 2008 bezieht sich auf den Fall, dass die Verwendung einer Marke mit dem Schutz, der einer Ursprungsbezeichnung oder einer geografischen Bezeichnung nach Unterschutzstellung durch die GMO-Wein 2008 zukommt, im Widerspruch steht: Wenn die Marke im Zeitpunkt des Schutzantrages im Sinne der Art. 35 f GMO-Wein 2008 angemeldet, eingetragen oder erworben war, darf sie weiter verwendet werden.

Dieser Fall eines Widerspruches zwischen der Verwendung einer Marke und einer nach der GMO-Wein 2008 geschützten Ursprungsbezeichnung oder geografischen Angabe liegt nicht vor. Weder handelt es sich bei der Bezeichnung "Kamptal DAC" um eine iSd. Art 41 GMO-Wein 2008 auf Gemeinschaftsebene unter Schutz gestellte Ursprungsbezeichnung oder geografische Angabe, noch kann von einem entsprechenden Antrag auf Durchführung eines schutzverleihenden Verfahrens im Sinne des Art. 35 f. der GMO-Wein 2008 ausgegangen werden.

Dies behauptet der Beschwerdeführer auch nicht. Er ist vielmehr der Auffassung, die Regelung des Art. 44 Abs. 2 GMO-Wein 2008 gelte unabhängig davon, ob eine Bezeichnung auf Grund eines Verfahrens nach der GMO-Wein 2008 oder auf Grund eines Verfahrens nach der Vorgängerregelung, der GMO-Wein 1999, geschützt worden sei. Gemäß Art. 51 Abs. 1 GMO-Wein 2008 seien "bestehende geschützte Weinnamen" nämlich "automatisch im Rahmen der vorliegenden Verordnung geschützt"; sie müssten, um Schutz durch die GMO-Wein 2008 zu erlangen, ein Anerkennungsverfahren nicht nochmals durchlaufen. Andererseits seien bestehende geschützte Weinnamen nunmehr ausschließlich nach der GMO-Wein 2008 geschützt. Damit seien sie auch von der Regelung des Art. 44 Abs. 2 GMO-Wein 2008 erfasst.

Nun bestimmt Art. 51 Abs. 1 GMO-Wein 2008, dass "Weinnamen", die gemäß den Art. 51 und 54 der Verordnung (EG) Nr. 1493/1999 und Art. 28 der Verordnung (EG) Nr. 753/2002 geschützt sind, "automatisch im Rahmen der vorliegenden Verordnung geschützt" sind. "Die Kommission führt sie in dem Register gemäß Art. 46 der vorliegenden Verordnung auf."

Diese Regelung erstreckt die Schutzbestimmungen der GMO-Wein 2008 (vgl. Art 45 "Schutz") automatisch, also ohne weiteres (schutzverleihendes) Verfahren, auf bestimmte, auf Grund mitgliedstaatlicher Entscheidungen nach den erwähnten Verordnungen geschützte "Weinnamen". Darüber hinaus, etwa betreffend die "Beziehung" dieser "Weinnamen" zu bestehenden Marken, trifft sie aber keine Regelung. Insbesondere verweist sie auch nicht auf die - unter spezifisch anderen Tatbestandsvoraussetzungen stehende - Regelung des Art 44 Abs. 2 GMO-Wein 2008. Selbst wenn daher - wovon die Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens offenbar ausgehen - ein Fall des Art 51 GMO-Wein 2008 vorliegt, ergibt sich daraus nicht, dass eine dem Schutz eines "Weinnamens" widersprechende Verwendung einer Marke nach Art 44 GMO-Wein 2008 zu beurteilen wäre.

Ob in dieser Frage - wie im angefochtenen Bescheid ausgeführt - auf die Regelungen der GMO Wein 1999, auf deren Grundlage die Unterschutzstellung erfolgte, zurückzugreifen ist, kann im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben; behauptet der Beschwerdeführer doch selbst nicht, die dort normierten Voraussetzungen für eine Weiterverwendung der in Rede stehenden Marke zu erfüllen. Auch bei Bejahung eines Rückgriffes auf die erwähnte Verordnung wäre für ihn daher nichts gewonnen.

Die sich somit als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen; der Einholung einer Vorabentscheidung im Sinne des Art. 267 AEUV bedurfte es nicht.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 26. September 2011

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