VwGH 2009/01/0034

VwGH2009/01/003420.9.2011

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Blaschek, Dr. Kleiser, Dr. Hofbauer und Dr. Fasching als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Stelzl, über die Beschwerde der beschwerdeführenden Parteien 1. E F, 2. N F, 3. M F, 4. H F, alle in S, alle vertreten durch Dr. Bernhard Kettl, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Clemens-Krauss-Straße 21, gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 31. März 2009, Zl. 1/12-21204/14- 2009, betreffend Staatsbürgerschaft, zu Recht erkannt:

Normen

StbG 1985 §10 Abs1 Z6 idF 2006/I/037;
StbG 1985 §10 Abs1 Z6 idF 2006/I/037;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Land Salzburg Aufwendungen in Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Erstbeschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Kosovo (vormals Serbien und Montenegro), beantragte am 27. Mai 2008 bei der belangten Behörde die Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft unter gleichzeitiger Erstreckung auf die Zweitbeschwerdeführerin (Ehefrau) und die Dritt- und den Viertbeschwerdeführer (gemeinsame Kinder).

Die belangte Behörde wies den Verleihungs- und Erstreckungsantrag mit Bescheid vom 31. März 2009 gemäß "§ 39 Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 idgF (StbG) iVm §§ 11a Abs. 4 Z. 1, 10 Abs. 1 Z. 6 2. Fall, 16, 17 und 18 leg.cit." ab.

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, der Erstbeschwerdeführer sei seit 18. Februar 2002 rechtmäßig und ununterbrochen in Österreich aufhältig, mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 11. Mai 2005 sei ihm die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt worden.

Mit Strafverfügung der Bundespolizeidirektion Salzburg vom 7. September 2005 sei der Erstbeschwerdeführer wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 20 Abs. 2 iVm § 90 Abs. 3 lit. a StVO mit einer Verwaltungsstrafe von EUR 240,-- bestraft worden, weil er am 28. Juli 2005 die im Ortsgebiet zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h - durch eine Fahrgeschwindigkeit von 89 km/h - überschritten habe.

Mit im Instanzenzug ergangenen Straferkenntnis des UVS Salzburg vom 12. Jänner 2006 sei der Erstbeschwerdeführer wegen Übertretung gemäß § 5 Abs. 2 letzter Satz iVm § 99 Abs. 1 lit. b StVO bestraft worden, weil er sich am 31. Juli 2005 im Zuge seiner Anhaltung durch die Polizei geweigert habe, die Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, nachdem er mit seinem PKW - auf dessen Beifahrersitz sich die Erstbeschwerdeführerin und auf dessen Rücksitz sich ein ca. einjähriges Kind befunden habe - im Ortsgebiet mit ca. 100 bis 110 km/h gefahren sei, dabei an einer unübersichtlichen Stelle ein anderes Fahrzeug überholt und schließlich die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um 31 km/h überschritten habe. Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Salzburg vom 19. August 2005 sei dem Erstbeschwerdeführer deshalb die Lenkberechtigung für einen Zeitraum von acht Monaten entzogen und eine Nachschulung für alkoholauffällige Lenker angeordnet worden.

In seiner Stellungnahme vom 25. März 2009 habe der Erstbeschwerdeführer darauf hingewiesen, dass die verhängte Geldstrafe vom UVS Salzburg auf das Mindestmaß herabgesetzt worden sei und dass beim gegenständlichen Vorfall weder eine Person verletzt noch ein Gegenstand beschädigt worden sei. Es habe sich dabei um einen einmaligen Ausrutscher nach einer Geburtstagsfeier gehandelt.

Der Erstbeschwerdeführer stelle eine Gefahr für die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit gemäß § 10 Abs. 1 Z. 6 StbG dar. Der Umstand, dass der Erstbeschwerdeführer einen Alkoholtest verweigert habe, obwohl offensichtliche Anzeichen einer Alkoholisierung vorgelegen seien und er in diesem Zustand die maximal erlaubte Höchstgeschwindigkeit im Ortsgebiet überschritten habe, obwohl sich seine Ehefrau und sein damals ca. einjähriges Kind im Auto befunden hätten, rechtfertige eine Verweigerung der Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 Z. 6 StbG. Es handle sich bei der Tat um eine schwerwiegende Verwaltungsübertretung mit besonderem Unrechtsgehalt. Zusätzlich negativ wirke sich aus, dass der Erstbeschwerdeführer damals noch im Besitz eines Probeführerscheins gewesen sei. Im "Führerscheinentzugsverfahren" sei das Verhalten des Erstbeschwerdeführers als verwerflich und gefährlich eingestuft und die Lenkberechtigung für eine außerordentlich lange Dauer von acht Monaten entzogen worden. Der Erstbeschwerdeführer biete nach seinem bisherigen Verhalten nicht Gewähr, keine Gefahr für die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit darzustellen.

Da der Antrag des Erstbeschwerdeführers auf Verleihung der Staatsbürgerschaft "abzulehnen" gewesen sei, seien auch die Erstreckungsanträge abzuweisen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 6 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 in der hier maßgeblichen Fassung der Staatsbürgerschaftsrechts-Novelle 2005, BGBl. I Nr. 37/2006 (StbG), darf einem Fremden, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, die Staatsbürgerschaft nur verliehen werden, wenn er nach seinem bisherigen Verhalten Gewähr dafür bietet, dass er zur Republik bejahend eingestellt ist und weder eine Gefahr für die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit darstellt noch andere in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannte öffentliche Interessen gefährdet.

2. Bei der Prüfung dieser Verleihungsvoraussetzung ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auf das Gesamtverhalten des Verleihungswerbers, insbesondere auch von ihm begangene Straftaten, Bedacht zu nehmen. Maßgebend ist, ob es sich dabei um Rechtsbrüche handelt, die den Schluss rechtfertigen, der Verleihungswerber werde auch in Zukunft wesentliche, zum Schutz vor Gefahren für das Leben, die Gesundheit, die Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung - oder andere in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannter Rechtsgüter - erlassene Vorschriften missachten. In der Art, der Schwere und der Häufigkeit solcher Verstöße kommt die - allenfalls negative - Einstellung des Betreffenden gegen den zur Hintanhaltung solcher Gefahren erlassenen Gesetzen zum Ausdruck (vgl. zuletzt das hg. Erkenntnis vom 18. Februar 2011, Zl. 2009/01/0029, mwN).

3. Im Beschwerdefall stützte die belangte Behörde ihre Prognose insbesondere auf die Verwaltungsübertretung des Erstbeschwerdeführers vom 31. Juli 2005. Die Beschwerde bestreitet die dem angefochtenen Bescheid zu Grunde liegenden Sachverhaltsannahmen der belangten Behörde nicht, sondern bringt im Wesentlichen lediglich vor, der besagte Vorfall liege bereits mehr als drei Jahre zurück und sei der Erstbeschwerdeführer beruflich und privat in Österreich "vollständig" integriert.

4. Die Auffassung der belangten Behörde, das Fehlverhalten des Erstbeschwerdeführers am 31. Juli 2005 - Lenken eines PKW als Probeführerscheinbesitzer in offensichtlich alkoholisiertem Zustand (mit der Zweitbeschwerdeführerin als Beifahrerin und einem Kind auf dem Rücksitz), rechtswidriges Überholmanöver und Überschreitung der Höchstgeschwindigkeit im Ortsgebiet im Ausmaß von 31 km/h sowie Verweigerung des Alkomattests - lasse unter Berücksichtigung der Entziehung der Lenkberechtigung für eine Dauer von acht Monaten unter gleichzeitiger Anordnung einer Nachschulung die Prognose künftigen Wohlverhaltens nicht mehr zu, ist nicht zu beanstanden. Dies erhellt bereits daraus, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes schon die erhebliche Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit als gravierender Verstoß gegen Schutznormen, die der Ordnung und Sicherheit des Straßenverkehrs dienen, zu werten ist (vgl. das erwähnte Erkenntnis vom 18. Februar 2011, mwN) und das Lenken eines Kraftfahrzeuges in alkoholisiertem Zustand ein die Sicherheit anderer Verkehrsteilnehmer im besonderen Maß gefährdendes Verhalten darstellt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 23. September 2009, Zl. 2006/01/0738, mwN).

Erschwerend kommen im vorliegenden Fall nicht nur die erwähnten konkreten Tatumstände (Probeführerschein, Beförderung zweier Personen, rechtswidriges Überholen im Ortsgebiet) sondern auch die Tatsache hinzu, dass dies das zweite einschlägige Fehlverhalten des Erstbeschwerdeführers innerhalb weniger Tage - nach der ebenfalls erheblichen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit (um 39 km/h) im Ortsgebiet am 28. Juli 2005 -

war.

5. Das Fehlverhalten des Beschwerdeführers ist demnach insgesamt als derartig gravierend zu qualifizieren, dass der belangten Behörde auch nicht entgegen getreten werden kann, wenn sie im Zeitpunkt der Bescheiderlassung (April 2009) den Zeitraum von ca. 3 ¾ Jahren seit Begehung der letzten Verwaltungsübertretung als (noch) zu kurz für eine positive Zukunftsprognose erachtete.

6. Da der Erstbeschwerdeführer im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides die Einbürgerungsvoraussetzung des § 10 Abs. 1 Z. 6 StbG nicht erfüllte, wurde sein Verleihungsantrag von der belangten Behörde daher zu Recht abgewiesen. Damit konnte gemäß § 18 StbG auch den Erstreckungsanträgen der Zweit- bis Viertbeschwerdeführer kein Erfolg beschieden sein.

7. Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

8. Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG Abstand genommen werden.

9. Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 20. September 2011

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