Spruch:
Die Beschwerde wird als gegenstandslos geworden erklärt und das Beschwerdeverfahren wird eingestellt.
Der Bund ist schuldig, dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid der Zivildienstserviceagentur vom 11. März 2008 wurde der Beschwerdeführer gemäß § 8 Abs. 1 in Verbindung mit §§ 7 Abs. 1, 1 Abs. 5, sowie § 9 Abs. 1 ZDG, idF BGBl. I Nr. 106/2005, zur Leistung des ordentlichen Zivildienstes zu einer näher genannten Einrichtung in Salzburg zugewiesen.
Der Beschwerdeführer brachte daraufhin den an die "Zivildienstserviceagentur" adressierten Schriftsatz vom 20. März 2008, bei der erstinstanzlichen Behörde eingelangt am 21. März 2008, ein, der folgende Gliederung aufweist:
I. Vertreterbekanntgabe
II. Berufung
III. Antrag auf Befreiung vom Zivildienst
IV. Antrag auf Aufschub des Zivildienstes.
In diesem Schriftsatz führte der Beschwerdeführer unter anderem, nach der Begründung seiner Berufung, den Antrag aus, das Rechtsmittel wolle an den Bundesminister für Inneres vorgelegt werden, dieser wolle der Berufung Folge geben und den angefochtenen Bescheid ersatzlos aufheben.
Danach findet sich zu III. der "Antrag auf Befreiung vom Zivildienst" samt Begründung sowie zu IV. der "Antrag auf Aufschub des ordentlichen Zivildienstes" samt Begründung.
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 11. April 2008 sprach die belangte Behörde Folgendes aus:
"Über Ihre Berufung vom 20. März 2008 gegen den Zuweisungsbescheid der Zivildienstserviceagentur vom 11. März 2008, Zahl: 216278/15/ZD/0308, ergeht folgender Spruch:
Ihre Berufung wird gemäß § 66 Absatz 4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51 idgF., abgewiesen.
Ihr Antrag vom 20. März 2008 auf Befreiung von der Leistung des Zivildienstes wird als unzulässig zurückgewiesen.
Ihr Antrag vom 20. März 2008 auf Aufschub des ordentlichen Zivildienstes wird als unzulässig zurückgewiesen."
In der Begründung führte die belangte Behörde im Wesentlichen (zusammengefasst) aus, der Beschwerdeführer habe als Wehrpflichtiger am 24. Juni 1997 eine mängelfreie Zivildiensterklärung abgegeben, wodurch er gemäß § 1 Abs. 4 ZDG von der Wehrpflicht befreit und zivildienstpflichtig geworden sei. Die belangte Behörde habe daher gemäß § 5 Abs. 4 ZDG den Eintritt dieser Rechtsfolge mit Bescheid vom 8. August 1997 festgestellt. Mit Bescheid der erstinstanzlichen Behörde vom 11. März 2008 sei der Beschwerdeführer einer näher genannten Einrichtung zur Leistung des ordentlichen Zivildienstes ab 5. Mai 2008 zugewiesen worden. Er habe geltend gemacht, er sei seit 20. Dezember 2006 als Presbyter (Ältester) der Zeugen Jehovas ernannt worden und sei dort in einer Weise im Seelsorgedienst tätig, die der Stellung eines Ordensangehörigen entspreche.
Die gegenständliche (Sache bildende) Zuweisung stütze sich auf die unbestrittene Zivildienstpflicht des Beschwerdeführers. Gründe, die eine Abänderung bzw. Aufhebung des erstinstanzlichen Bescheides rechtfertigen würden, lägen nicht vor und habe der Beschwerdeführer auch nicht behauptet.
Soweit er sich auf § 13a ZDG stütze und geltend mache, es seien die Voraussetzungen für die Befreiung vom Zivildienst erfüllt, sei ihm zu entgegnen, dass er keiner gesetzlich anerkannten Kirche oder Religionsgemeinschaft angehöre, sodass die Anwendung des § 13a Abs. 1 ZDG nicht in Betracht komme. Die Befreiung von der Leistung des ordentlichen Zivildienstes und den Aufschub des ordentlichen Zivildienstes hätte der Beschwerdeführer ausschließlich bei der Zivildienstserviceagentur beantragen müssen, sodass seine diesbezüglichen im Berufungsverfahren gestellten Anträge zurückzuweisen seien.
Dagegen erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde vor dem Verfassungsgerichtshof, welcher die Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom 10. Juni 2008, B 1012/08-3 abgelehnt hat. Der Verfassungsgerichtshof führte in diesem Beschluss unter anderem Folgendes aus:
"… Soweit die Beschwerde aber insofern verfassungsrechtliche Fragen berührt, als die Verfassungswidrigkeit des § 13a Abs. 1 Zivildienstgesetz 1986 behauptet wird, lässt ihr Vorbringen vor dem Hintergrund der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (zur Präjudizialität genereller Rechtsvorschriften vgl. VfSlg. 14.078/1995 und die dort zitierte Vorjudikatur) die behauptete Rechtsverletzung, die Verletzung eines anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes oder die Verletzung in einem sonstigen Recht wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes als so wenig wahrscheinlich erkennen, dass sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat."
Über gesonderten Antrag des Beschwerdeführers trat sodann der Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom 13. August 2008, B 1012/08-5, die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.
Der Beschwerdeführer hat seine Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof ergänzt und beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragt in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Mit Schriftsatz vom 17. März 2009 verwies der Beschwerdeführer auf Urteile des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, insbesondere auch auf das Urteil vom 12. März 2009, Zl. 49686/99 im Fall Gütl v. Austria. Mit Schriftsatz vom 7. April 2009 replizierte der Beschwerdeführer ferner auf die Ausführungen der belangten Behörde in der Gegenschrift.
Die Beschwerde ist aus nachstehenden Gründen gegenstandslos geworden:
Über Anfrage des Verwaltungsgerichtshofes an den Beschwerdeführer, ob - insbesondere unter Bedachtnahme auf die Verordnung BGBl. II Nr. 139/2009 - eine Änderung des Sachverhalts, allenfalls durch Aufhebung der mit der vorliegenden Beschwerde bekämpften Zuweisung zur Leistung des Zivildienstes - eingetreten sei, teilte der Beschwerdevertreter mit Schreiben (Email) vom 24. Mai 2011 Folgendes mit:
"In der Zwischenzeit hat sich am Sachverhalt nichts geändert. Weder ist eine Aufhebung der Zuweisung erfolgt, noch eine andere Erledigung in diese Richtung (Aufschub, etc.). Vielmehr hat der Beschwerdeführer unter Aufgabe seiner religiösen Berufung zum Ordensgeistlichen und Seelsorger der Gemeinde der Zeugen Jehovas in P. Zivildienst an der ihm zugewiesenen Stelle in S. geleistet.
Ich … erlaube mir den Hinweis, dass es meinem Mandanten sehr um die Erfüllung seiner religiösen Berufung geht und ging, er keinerlei materielle Interessen hatte und hat, jedoch Wert darauf legt, dass sich in Hinkunft die diskriminierende Behandlung seiner Glaubensbrüder in ähnlicher Lage nicht wiederholt."
Zu prüfen ist daher, ob der Umstand, dass der Beschwerdeführer den Zivildienst bereits geleistet hat, dazu führt, dass der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid nicht mehr in seinen subjektiven Rechten verletzt sein kann und daher das Beschwerdeverfahren einzustellen ist.
Gemäß § 33 Abs. 1 VwGG ist eine Beschwerde mit Beschluss für gegenstandlos geworden zu erklären, wenn in irgendeiner Lage des Verfahrens offenbar wird, dass der Beschwerdeführer klaglos gestellt wurde.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist § 33 Abs. 1 VwGG nicht auf die Fälle formeller Klaglosstellung beschränkt, vielmehr kann eine zur Verfahrenseinstellung führende Gegenstandslosigkeit der Beschwerde auch eintreten, wenn durch Änderung maßgeblicher Umstände zeitlicher, sachlicher oder prozessualer Art das rechtliche Interesse des Beschwerdeführers an der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes wegfällt ( vgl. uva. den hg. Beschluss vom 9. September 2009, 2004/10/0012, mit weiteren Nachweisen). Das Rechtsschutzinteresse besteht bei einer Bescheidbeschwerde im objektiven Interesse des Beschwerdeführers an einer Beseitigung des angefochtenen, ihn beschwerenden Verwaltungsaktes. Dieses Interesse wird daher immer dann zu verneinen sein, wenn es auf Grund der geänderten Umstände für die Rechtsstellung des Beschwerdeführers keinen Unterschied mehr macht, ob der angefochtene Bescheid aufrecht bleibt oder aufgehoben wird bzw., wenn die Erreichung des Verfahrenszieles für den Beschwerdeführer keinen objektiven Nutzen hat, die in der Beschwerde aufgeworfenen Rechtsfragen somit nur (mehr) theoretische Bedeutung besitzen. Dem Beschwerdeführer kommt nach den Bestimmungen über die Verwaltungsgerichtsbarkeit kein Anspruch auf Feststellung der Gesetzwidrigkeit des von ihm angefochtenen Bescheides zu, sondern nur die Aufhebung dieses Bescheides, wenn dadurch gesetzwidrig und aktuell in seine Rechtssphäre eingegriffen wird. Es kommt demnach auch eine Feststellung betreffend die Rechtmäßigkeit (bzw. Rechtswidrigkeit) des angefochtenen Bescheides nicht in Betracht (vgl. erneut den bereits oben erwähnten Beschluss vom 9. September 2009).
Ein solcher Fall ist hier gegeben, weil die Entscheidung über den angefochtenen Bescheid im Hinblick auf die Ableistung des Zivildienstes durch den Beschwerdeführer nur mehr theoretische Bedeutung hätte, die Rechtsstellung des Beschwerdeführers jedoch auch durch eine Aufhebung des angefochtenen Bescheides nicht verbessert werden könnte.
Die Beschwerde war daher als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren war - in dem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat - in nichtöffentlicher Sitzung gemäß § 33 Abs. 1 VwGG einzustellen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 58 Abs. 2 erster Fall VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Denn die belangte Behörde hat übersehen, dass der Beschwerdeführer in seinem Schriftsatz, in dem er Berufung erhob, neben dieser Berufung in gesonderten Punkten - und nicht verbunden mit der Berufung - auch Anträge auf Befreiung von der Leistung des ordentlichen Zivildienstes und auf Aufschub gestellt hat. Über derartige Anträge zu entscheiden, ist die Zivildienstserviceagentur in erster Instanz berufen. Der Beschwerdeführer hat diese beiden Anträge auch keineswegs an die belangte Behörde gerichtet, oder den Antrag gestellt, er wolle eine Entscheidung der belangten Behörde über diese Anträge, sondern er hat in seinem an die erstinstanzliche Behörde gerichteten und bei dieser eingebrachten Schriftsatz die Anträge gestellt, einerseits die Berufung der belangten Behörde vorzulegen und andererseits über seine Anträge auf Befreiung und auf Aufschub zu entscheiden. Dass nur ein Schriftsatz eingereicht wurde, begründete keine Zuständigkeit der belangten Behörde, über die an die Zivildienstserviceagentur gerichteten Anträge eine Entscheidung zu fällen.
Schon deshalb - ohne dass auf das weitere Vorbringen des Beschwerdeführer eingegangen werden müsste - ist davon auszugehen, dass die Beschwerde im Fall ihrer meritorischen Erledigung zumindest teilweise Erfolg gehabt hätte, weshalb dem Beschwerdeführer gemäß § 58 Abs. 2 erster Fall VwGG der ihm im Fall des Obsiegens zustehende Aufwandersatz zuzusprechen war.
Wien, am 24. Mai 2011
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)