VwGH 2004/10/0012

VwGH2004/10/00129.9.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Stöberl und Dr. Köhler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Marzi, über die Beschwerde der Salzburger Landesumweltanwaltschaft, vertreten durch Dr. Wolfgang Maria Paumgartner, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Pfeifergasse 3/ 1. Stock, gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 21. November 2003, Zl. 21301-RI- 592/34-2003, betreffend naturschutzrechtliche Bewilligung (mitbeteiligte Partei: O GmbH in O, vertreten durch Kreibich & Kleibel Rechtsanwälte GmbH in 5020 Salzburg, Erzabt-Klotz-Straße 4) den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art10 Abs1 Z9;
NatSchG Slbg 1999 §48 Abs1 litg idF 2002/001;
ROG Slbg 1998 §17 Abs1 Z11 idF 2003/55;
ROG Slbg 1998 §24 Abs3;
VwGG §33 Abs1;
B-VG Art10 Abs1 Z9;
NatSchG Slbg 1999 §48 Abs1 litg idF 2002/001;
ROG Slbg 1998 §17 Abs1 Z11 idF 2003/55;
ROG Slbg 1998 §24 Abs3;
VwGG §33 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt.

Die Anträge auf Zuerkennung von Aufwandsersatz werden abgewiesen.

Begründung

1.1. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung der beschwerdeführenden Partei gegen die Erteilung der naturschutzbehördlichen Bewilligung zum Umbau und zur Erweiterung der bestehenden Talstation Z an die mitbeteiligte Partei als unbegründet abgewiesen. Die belangte Behörde begründete die Abweisung der Berufung einerseits mit dem Vorliegen der nach § 18 Abs. 2 Salzburger Naturschutzgesetz 1999, LGBl. Nr. 73/1999 (NatSchG), für die Erteilung der Bewilligung erforderlichen Voraussetzungen, andererseits im Hinblick auf das Berufungsvorbringen der beschwerdeführenden Partei zum Fehlen der raumordnungsrechtlichen Voraussetzungen gemäß § 48 Abs. 1 lit. g NatSchG damit, dass das Vorhaben mit Bescheid der Eisenbahnbehörde vom 19. Mai 2003 rechtskräftig bewilligt worden sei. Es sei daher gemäß der Kompetenzrechtssituation nach dem B-VG keine raumordnungsrechtliche Bewilligung nach § 24 Abs. 3 Sbg ROG erforderlich und daher auch kein entsprechender Nachweis beizubringen gewesen.

Einem Ansuchen nach § 18 Abs. 2 NatSchG sei im Falle der Errichtung einer Anlage außerhalb des Baulandes, für die eine Bewilligungs- oder Anzeigepflicht nach dem Baupolizeigesetz bestehe, eine Einzelbewilligung gemäß § 24 Abs. 3 Salzburger Raumordnungsgesetz 1998 - ROG, wenn eine solche erforderlich sei, anzuschließen (§ 48 Abs. 1 lit. g NatSchG). Da im vorliegenden Fall nach den kompetenzrechtlichen Überlegungen der belangten Behörde keine raumordnungsrechtliche Bewilligung erforderlich sei, seien die Voraussetzungen nach § 48 Abs. 1 lit. g Sbg NatSchG ebenfalls gegeben.

1.2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der der Auffassung der belangten Behörde, die rechtskräftige Bewilligung nach Eisenbahnrecht schließe eine Zuständigkeit der Raumordnungsbehörden aus, mit detaillierter Begründung entgegen getreten wird. Da somit - so die Beschwerde - eine raumordnungsrechtliche Bewilligung nach § 24 Abs. 3 Sbg ROG sehr wohl erforderlich gewesen sei, seien die Voraussetzungen nach § 48 Abs. 1 lit. g Sbg NatSchG nicht vorgelegen.

1.3. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird. Auch die mitbeteiligte Partei hat eine Gegenschrift erstattet.

1.4. Nach Mitteilung der mitbeteiligten Partei vom 7. November 2008 wurde das Grundstück, auf dem das Vorhaben verwirklicht wurde, mittlerweile als "Sonderfläche Fremdenverkehrs-Infrastrukturfläche" gewidmet.

1.5. Mit Verfügung des Verwaltungsgerichtshofes vom 4. Mai 2009 wurden daher die Parteien des Verfahrens ersucht, zur Frage der Gegenstandslosigkeit der Beschwerde Stellung zu nehmen.

1.6. Mit Schreiben vom 8. Juni 2009 teilte die beschwerdeführende Partei mit, der Umstand, wonach letztendlich doch die Planungskompetenz seitens der Gemeinde U in Form einer Sonderflächenwidmung wahrgenommen worden sei "und eben nicht in die Zuständigkeit des Bundes" falle (wie dies für Seilbahngebäude vorgesehen sei), bestärke die Ausführungen in der Beschwerde zur überwiegend bahnfremden Nutzung und allen daraus erwachsenden Konsequenzen.

2. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

2.1. Nach § 48 Abs. 1 lit. g Sbg. NatSchG (im Beschwerdefall in der Fassung LGBl. Nr. 1/2002) bedurfte es bei Errichtung einer Anlage außerhalb des Baulandes, für die eine Bewilligungs- oder Anzeigepflicht nach dem Baupolizeigesetz 1997 bestand, des Nachweises des Vorliegens einer Einzelbewilligung gemäß § 24 Abs. 3 (ROG), "wenn eine solche erforderlich ist".

Zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist bzw. war strittig, ob für das Vorhaben - unbeschadet der (früheren) Widmung als "Verkehrsfläche" - eine Einzelbewilligung gemäß § 24 Abs. 3 ROG aus Kompetenzgründen nicht erforderlich war.

2.2. Wenn jedoch eine Widmung vorliegt, nach der das Bauvorhaben ohne eine Bewilligung nach § 24 Abs. 3 ROG zulässig ist (vgl. § 17 Abs. 1 Z 11 Salzburger ROG 1998, LGBl. Nr. 44 in der Fassung LGBl. Nr. 55/2003; Sonderflächen als Teil der Baulandwidmung), ist die Frage des Verhältnisses des Bundeskompetenztatbestandes "Eisenbahnwesen" nach Art. 10 Abs. 1 Z 9 B-VG zur Raumordnungskompetenz der Länder nicht (mehr) relevant.

2.3. Die in der Beschwerde allein relevierte Frage, ob die eisenbahnrechtliche Bewilligung auch im vorliegenden Fall die Kompetenz der Raumordnungsbehörden ausschließe (und damit § 48 Abs. 1 lit. g NatSchG der Bewilligungserteilung entgegen stehe), ist nicht mehr maßgeblich, wenn auf Grund der Widmung des Grundstücks die raumordnungsrechtlichen Voraussetzungen für das Vorhaben gegeben sind. Es ist auf der Grundlage eines derartigen Sachverhalts nicht zu entscheiden, ob die kompetenzrechtliche Auffassung der belangten Behörde zutreffend ist.

2.4. Zu klären ist jedoch, ob der Umstand, dass die genannte Widmung erst nach Erlassung des angefochtenen Bescheides vorgenommen wurde, dazu führt, dass die vorliegende Beschwerde als gegenstandslos zu erklären ist und das Verfahren einzustellen ist.

Dies ist auf Grund der nachstehenden Überlegungen der Fall.

2.5. Gemäß § 33 Abs. 1 VwGG ist eine Beschwerde mit Beschluss für gegenstandslos geworden zu erklären, wenn in irgendeiner Lage des Verfahrens offenbar wird, dass der Beschwerdeführer klaglos gestellt wurde.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist § 33 Abs. 1 VwGG nicht auf die Fälle formeller Klaglosstellung beschränkt. Vielmehr kann eine zur Verfahrenseinstellung führende Gegenstandslosigkeit der Beschwerde auch dann eintreten, wenn durch Änderung maßgeblicher Umstände zeitlicher, sachlicher oder prozessualer Art das rechtliche Interesse des Beschwerdeführers an der Entscheidung wegfällt (vgl. z.B. den hg. Beschluss vom 2. Juli 2008, Zl. 2007/10/0010, und die dort zitierte Vorjudikatur).

Das Rechtsschutzinteresse besteht bei einer Bescheidbeschwerde im objektiven Interesse des Beschwerdeführers an einer Beseitigung des angefochtenen, ihn beschwerenden Verwaltungsaktes. Dieses Interesse wird daher immer dann zu verneinen sein, wenn es auf Grund der geänderten Umstände für die Rechtsstellung des Beschwerdeführers keinen Unterschied mehr macht, ob der angefochtene Bescheid aufrecht bleibt oder aufgehoben wird bzw., wenn die Erreichung des Verfahrenszieles für den Beschwerdeführer keinen objektiven Nutzen hat, die in der Beschwerde aufgeworfenen Rechtsfragen soweit nur (mehr) theoretische Bedeutung besitzen (vgl. nochmals den zitierten Beschluss vom 2. Juli 2008 und die dort zitierte Vorjudikatur).

Einem Beschwerdeführer kommt nach den Bestimmungen über die Verwaltungsgerichtsbarkeit kein Anspruch auf Feststellung der Gesetzwidrigkeit des von ihm angefochtenen Bescheides, sondern nur ein Anspruch auf Aufhebung dieses Bescheides, wenn dadurch gesetzwidrig und aktuell in seine Rechtssphäre eingegriffen wird; es kommt demnach auch eine Feststellung betreffend die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides nicht in Betracht (vgl. z.B. den hg. Beschluss vom 2. September 2008, Zl. 2007/10/0024).

2.7. Ein solcher Fall, in dem die Entscheidung über die Beschwerde nur mehr theoretische Bedeutung hätte und eine Feststellung darüber bedeuten würde, ob der angefochtene Bescheid seinerzeit rechtmäßig war, liegt im Beschwerdefall vor, zumal die von der beschwerdeführenden Partei allein aufgeworfene Rechtsfrage sich bei dem nunmehr vorliegenden Sachverhalt (der Widmung des beschwerdegegenständlichen Grundstücks) nicht mehr stellt.

Die Beschwerde war daher als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen

2.8. Mangels einer formellen Klaglosstellung liegen die Voraussetzungen für einen Kostenzuspruch gemäß § 56 VwGG nicht vor. Vielmehr kommt § 58 Abs. 2 VwGG zur Anwendung, wonach der nachträgliche Wegfall des Rechtsschutzinteresses bei der Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens nicht zu berücksichtigen ist; würde hiebei die Entscheidung über die Kosten einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern, so ist darüber nach freier Überzeugung zu entscheiden.

Im vorliegenden Fall kann ohne unverhältnismäßigen Prüfungsaufwand nicht gesagt werden, welchen Ausgang das verwaltungsgerichtliche Verfahren genommen hätte, wäre die Beschwerde nicht gegenstandslos geworden. Ein Kostenzuspruch findet daher nicht statt.

Wien, am 9. September 2009

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