Normen
AsylG 2005 §22 Abs1;
AVG §71 Abs1 Z1;
AVG §71 Abs2;
VwGG §41 Abs1;
AsylG 2005 §22 Abs1;
AVG §71 Abs1 Z1;
AVG §71 Abs2;
VwGG §41 Abs1;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 28. Februar 2007 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen serbischen Staatsangehörigen, ein für die Dauer von zehn Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen. Ein mit 2. Juli 2007 datierter Antrag des Beschwerdeführers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Erhebung einer Berufung gegen den genannten Bescheid wurde mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 16. Juli 2007 gemäß § 71 Abs. 1 AVG abgewiesen. Der dagegen eingebrachten Berufung wurde mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 3. Oktober 2007 gemäß § 66 Abs. 4 AVG keine Folge gegeben.
Begründend führte die belangte Behörde aus, der Aufenthaltsverbotsbescheid vom 28. Februar 2007 sei am 7. März 2007 "von der Bundespolizeidirektion Eisenstadt" dem Beschwerdeführer (der sich zu diesem Zeitpunkt in der Justizanstalt Eisenstadt in Strafhaft befand) durch persönliche Übergabe zugestellt worden. Der Beschwerdeführer habe sich geweigert, eine entsprechende Übernahmebestätigung zu unterschreiben.
Im Zuge einer am 27. April 2007 von der Bundespolizeidirektion Eisenstadt durchgeführten Vernehmung des Beschwerdeführers sei diesem unter anderem mitgeteilt worden, dass auf Grund seiner strafgerichtlichen Verurteilungen sowie Bestrafungen im Verwaltungswege mit dem Bescheid vom 28. Februar 2007 ein für die Dauer von zehn Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen worden und dieser Bescheid am 22. März 2007 in Rechtskraft erwachsen sei. Laut der Niederschrift habe der Beschwerdeführer die beabsichtigten fremdenpolizeilichen Maßnahmen zur Kenntnis genommen und angegeben, der deutschen Sprache mächtig zu sein, die Niederschrift gelesen und alles verstanden zu haben. Die Unterfertigung der Niederschrift sei vom Beschwerdeführer mit der Begründung verweigert worden, "dass er damit nicht einverstanden sei".
Mit am 14. Juni 2007 an die Bundespolizeidirektion Eisenstadt gefaxtem Schreiben vom 13. Juni 2007 habe die (inzwischen bevollmächtigte) Rechtsvertreterin des Beschwerdeführers um Übermittlung des Bescheides vom 28. Februar 2007 über die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes ersucht. Die Bundespolizeidirektion Eisenstadt habe diesem Ersuchen am 15. Juni 2007 per Telefax entsprochen.
In weiterer Folge habe der Beschwerdeführer mit bei der Behörde erster Instanz am 3. Juli 2007 eingelangtem Schreiben vom 2. Juli 2007 die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 71 AVG beantragt, Berufung gegen den Bescheid vom 28. Februar 2007 erhoben und die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung beantragt. Der Aufenthaltsverbotsbescheid vom 28. Februar 2007 sei ihm - so der Beschwerdeführer - persönlich während der Strafhaft in der Justizanstalt Eisenstadt ausgehändigt worden, doch habe er die Unterschrift verweigert. Es sei ihm seitens der Bundespolizeidirektion Eisenstadt nicht mitgeteilt und er sei daher nicht ausreichend manuduziert worden, dass der Bescheid trotz der Unterschriftsverweigerung in Rechtskraft erwachse und daher Rechtsfolgen auslöse. Seine Rechtsvertreterin habe ihn am 21. Juni 2007 in der Justizanstalt Eisenstadt besucht und erstmals darauf aufmerksam gemacht, dass gegen ihn ein Aufenthaltsverbot bestehe und der Bescheid trotz der Unterschriftsverweigerung in Rechtskraft erwachsen sei. Er habe sohin erstmals am 21. Juni 2007 von der Rechtskraft des Aufenthaltsverbotes erfahren, ebenso, dass seine Unterschriftsverweigerung keine Hemmung der Rechtskraft bewirkt habe. Dies sei ihm auf Grund fehlender Rechtsinformation und Manuduktion durch die Behörde bis zum 21. Juni 2007 nicht bewusst gewesen. Bei entsprechender Rechtsbelehrung durch die Behörde hätte er selbstverständlich einen Rechtsanwalt mit der Ergreifung der Berufung beauftragt. Der Antrag auf Wiedereinsetzung sei fristgerecht.
In seiner Berufung gegen den erstinstanzlichen, den Antrag auf Wiedereinsetzung abweisenden Bescheid vom 16. Juli 2007 habe der Beschwerdeführer - so die belangte Behörde weiter - unter anderem eine Verletzung des Rechts auf Parteiengehör im erstinstanzlichen Verfahren geltend gemacht.
In ihren rechtlichen Erwägungen vertrat die belangte Behörde unter Hinweis auf die Ausführungen des Beschwerdeführers in seinem Schriftsatz vom 2. Juli 2007 betreffend die Aushändigung des Aufenthaltsverbotsbescheides und auf die Rechtsmittelbelehrung dieses Bescheides die Ansicht, der Beschwerdeführer habe Kenntnis sowohl vom amtlichen (behördlichen) Charakter der ihm am 7. März 2007 übergebenen Ausfertigung des Aufenthaltsverbotsbescheides als auch von den damit verbundenen Konsequenzen gehabt. Dies umso mehr, als ihm bereits am 17. November 2006 im Zuge einer Niederschrift bei der Bundespolizeidirektion Wien mitgeteilt worden sei, dass diese beabsichtige, gegen ihn im Falle einer rechtskräftigen Verurteilung ein "Aufenthaltsverbot/Rückkehrverbot" zu erlassen. Vor diesem Hintergrund habe dem Beschwerdeführer bei der Übernahme des Aufenthaltsverbotsbescheides am 7. März 2007 klar sein müssen, dass er innerhalb von zwei Wochen das Rechtsmittel der Berufung einbringen könne. Der Antrag auf Wiedereinsetzung ziele schon aus diesem Grund ins Leere.
Selbst wenn man jedoch von der grundsätzlichen Zulässigkeit des Wiedereinsetzungsantrages nach § 71 Abs. 1 AVG bzw. davon ausginge, dass der Beschwerdeführer auf Grund eines unvorhergesehenen oder unabwendbaren Ereignisses gehindert gewesen sei, rechtzeitig das Rechtsmittel der Berufung gegen den Bescheid vom 28. Februar 2007 einzubringen, erweise sich sein Antrag auf Wiedereinsetzung nach § 71 Abs. 2 AVG als verspätet. Bereits am 27. April 2007 sei ihm nämlich von der Bundespolizeidirektion Eisenstadt im Zuge einer Niederschrift mitgeteilt worden, dass der Aufenthaltsverbotsbescheid bereits in Rechtskraft erwachsen sei. Darüber hinaus sei der genannte Bescheid am 15. Juni 2007 seiner rechtsfreundlichen Vertretung per Telefax übermittelt worden. Daher ziele der Einwand des Beschwerdeführers, es sei ihm auf Grund fehlender Rechtsinformation und Manuduktion durch die Behörde bis zum 21. Juni 2007 die Rechtskraft des Aufenthaltsverbotes nicht bewusst gewesen, ins Leere.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde mit dem Antrag, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragt die Abweisung der Beschwerde, nahm jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand.
II.
1. Gemäß § 71 Abs. 1 Z. 1 AVG ist gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft.
Der Antrag auf Wiedereinsetzung muss gemäß § 71 Abs. 2 AVG binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses oder nach dem Zeitpunkt, in dem die Partei von der Zulässigkeit der Berufung Kenntnis erlangt hat, gestellt werden.
2. Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, den Aufenthaltsverbotsbescheid vom 28. Februar 2007 am 7. März 2007 persönlich übernommen zu haben. Soweit er in der Beschwerde geltend macht, es bedürfe für die Zustellung eines behördlichen Schriftstückes einer die Übernahme des Schriftstücks bestätigenden Unterschrift, die jedoch im vorliegenden Fall fehle, ist ihm zu entgegnen, dass er, wie er selbst zugibt, die Unterfertigung der Übernahmebestätigung am 7. März 2007 verweigert hat, was jedoch an der Gültigkeit der Zustellung nichts ändert.
Nach der hg. Judikatur (vgl. dazu etwa das Erkenntnis vom 17. Dezember 2010, Zl. 2007/18/0953, mwN) bildet der Aufenthalt eines - auch unvertretenen - Fremden in Haft keinen Grund, der es zuließe, die Unterlassung einer rechtzeitigen Berufungseinbringung als unverschuldet oder als ein über den minderen Grad des Versehens nicht hinausgehendes Verschulden zu werten. Auch das Zusammentreffen des Umstandes der Freiheitsentziehung mit einer mangelnden Sprachkenntnis des Betroffenen vermag ohne das Hinzutreten eines ihn konkret treffenden Hinderungsgrundes, der über die allgemeine Situation einer in Haft befindlichen, der deutschen Sprache nicht mächtigen Person hinausgeht, die begehrte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht zu rechtfertigen. Versuche, mit geeigneten Personen (so etwa einem Dolmetscher und/oder einem Rechtsbeistand) Kontakt aufzunehmen, sind grundsätzlich auch während der Haft vorzunehmen. Bleiben derartige Versuche jedoch ergebnislos, so kann dies einen tauglichen Wiedereinsetzungsgrund darstellen.
Vor dem Hintergrund dieser Judikatur und der unbestrittenen Feststellungen, dass dem Beschwerdeführer bereits am 17. November 2006 im Zuge einer Niederschrift die Absicht mitgeteilt wurde, gegen ihn im Falle einer rechtskräftigen Verurteilung ein Aufenthaltsverbot/Rückkehrverbot zu erlassen, vermag das Vorbringen des Beschwerdeführers, er habe nicht gewusst, was dieses Schriftstück (der ihm am 7. März 2007 übergebene Bescheid) bedeute, und er sei mangels entsprechender Manuduktion nicht in Kenntnis gewesen, dass trotz Verweigerung seiner Unterschrift Fristen zu laufen beginnen, keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen. Entgegen der Beschwerdeansicht bestehen gegen die Auffassung der belangten Behörde, angesichts der am 17. November 2006 erfolgten Belehrung des Beschwerdeführers habe diesem der amtliche (behördliche) Charakter des ihm am 7. März 2007 übergebenen Bescheides klar sein müssen, auch unter Berücksichtigung des seit der Belehrung bis zur Übergabe des Bescheides vergangenen Zeitraumes keine Bedenken (vgl. zu einem ähnlichen Sachverhalt das bereits zitierte hg. Erkenntnis, Zl. 2007/18/0953).
Soweit die Beschwerde in diesem Zusammenhang mangelnde Deutschkenntnisse des Beschwerdeführers geltend macht und darauf hinweist, dass die Rechtsmittelbelehrung des Aufenthaltsverbotsbescheides in "juristischem Deutsch" geschrieben sei, ist ihr zum einen zu entgegnen, dass der - nach eigenen Angaben bereits seit 20 Jahren in Österreich lebende und hier seine Schul- und Berufsausbildung absolviert habende - Beschwerdeführer mangelnde Kenntnisse der deutschen Sprache im Verwaltungsverfahren nicht behauptet hat, weshalb das in Rede stehende Vorbringen gegen das im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltende Neuerungsverbot verstößt (vgl. § 41 Abs. 1 erster Satz VwGG). Zum anderen hätte - nach der bereits zitierten hg. Judikatur - auch eine der deutschen Sprache nicht mächtige, inhaftierte Person in einem Fall wie dem vorliegenden zu versuchen, mit einem Dolmetscher und/oder Rechtsbeistand Kontakt aufzunehmen. Die Fremdenpolizeibehörde war nach der hier maßgeblichen Rechtslage auch nicht verpflichtet, den Aufenthaltsverbotsbescheid in die Muttersprache des Beschwerdeführers zu übersetzen (vgl. zum Ganzen das bereits zitierte hg. Erkenntnis, Zl. 2007/18/0953, mwN). Für den Bereich des Fremdenpolizeigesetzes 2005 existierte zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides noch keine dem § 22 Abs. 1 des Asylgesetzes 2005 (in der Stammfassung BGBl. I Nr. 100/2005) - danach haben die Entscheidungen über Anträge auf internationalen Schutz den Spruch und die Rechtsmittelbelehrung auch in einer dem Asylwerber verständlichen Sprache zu enthalten - entsprechende Vorschrift (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 17. März 2009, Zl. 2009/21/0048).
Dass der Beschwerdeführer in der Haft den Wunsch geäußert hätte, innerhalb der Berufungsfrist mit einem Rechtsvertreter (oder Dolmetscher) in Kontakt zu gelangen, und dieser Wunsch abgelehnt oder ignoriert worden wäre, wurde vom Beschwerdeführer nicht behauptet.
Die Ansicht der belangten Behörde, der Beschwerdeführer habe nicht glaubhaft gemacht, dass er durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis im Sinne des § 71 Abs. 1 Z 1 AVG verhindert war, die Frist zur Erhebung einer Berufung gegen den Aufenthaltsverbotsbescheid einzuhalten und ihn kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft, ist daher nicht als rechtswidrig zu erkennen.
3. Da sich die Beschwerde schon deswegen als unbegründet erweist, war sie, ohne dass auf das sonstige Beschwerdevorbringen einzugehen war, gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
4. Der Spruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am 22. September 2011
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