Normen
AHG 1949 §11 Abs1;
B-VG Art131 Abs1 Z1;
BWG 1993 §70 Abs2 Z2;
VwGG §33 Abs1;
VwGG §34 Abs1;
WAG 1997 §24 Abs2a Z2;
WAG 2007 §92;
AHG 1949 §11 Abs1;
B-VG Art131 Abs1 Z1;
BWG 1993 §70 Abs2 Z2;
VwGG §33 Abs1;
VwGG §34 Abs1;
WAG 1997 §24 Abs2a Z2;
WAG 2007 §92;
Spruch:
Die Beschwerde wird für gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt.
Kosten werden keine zugesprochen.
Begründung
1.1. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde Univ.-Prof. Dr. R gemäß § 24 Abs. 2a Z 2 Wertpapieraufsichtsgesetz, BGBl. Nr. 753/1996, zum Regierungskommissär für die beschwerdeführende Partei, ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen, bestellt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
1.2. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die Zurückweisung, in eventu die Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
1.3. Mit Schreiben vom 9. März 2011 teilte die belangte Behörde sodann mit, es sei mit Bescheid vom 8. Jänner 2010, Zl. FMA-W00446/0005-WAW/2009, festgestellt worden, dass die Konzession der Beschwerdeführerin infolge Zurücklegung mit Wirkung vom 31. Dezember 2009 erloschen sei. Der genannte Bescheid wurde in Kopie vorgelegt.
Eine Abfrage im Firmenbuch ergab, dass sich die Beschwerdeführerin in Liquidation befindet, aber noch nicht gelöscht ist.
1.4. Mit Verfügung vom 20. September 2011 wurde die Beschwerdeführerin aufgefordert, mitzuteilen, inwieweit sie sich durch den angefochtenen Bescheid noch beschwert erachte.
1.5. Mit Schreiben vom 24. Oktober 2011 teilte die Beschwerdeführerin mit, dass sie sich im Hinblick darauf noch beschwert erachte, dass Klagen gemäß § 1 Abs. 1 AHG gegen die belangte Behörde einzubringen sein würden. Es seien im Zusammenhang mit der Bestellung des Regierungskommissärs auch "extreme Kosten auf die Beschwerdeführerin zugekommen".
2. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
2.1. Zur Zulässigkeit der Beschwerde:
Die belangte Behörde bestreitet in ihrer Gegenschrift, dass der angefochtene Bescheid in die Rechtssphäre der Beschwerdeführerin eingreife. Sie deutet dabei die Bestellung eines Regierungskommissärs nach § 24 Abs. 2a Z 2 WAG in der Fassung BGBl. I Nr. 48/2006 offenbar nur als eine organisatorische Maßnahme, die lediglich die Sphäre der Behörde betreffe, wobei auf Grund der Beschränkung der Befugnisse des Regierungskommissärs auf jene Maßnahmen, die auch der Finanzmarktaufsichtsbehörde zustehen, mit der Bestellung kein Eingriff in die Rechte des betroffenen Rechtsträgers verbunden sei.
Dieser Auffassung ist insoferne nicht zu folgen, als die Bestellung des Regierungskommissärs gemäß § 24 Abs. 2a Z 2 WAG eine befristete Maßnahme zur Abwendung der dort näher genannten Gefahren und somit eine an das Vorliegen bestimmter Voraussetzungen gebundene Sondermaßnahme darstellt (vgl. N. Raschauer in Gruber/N. Raschauer (Hrsg.), WAG, Band I - Kommentar, § 92 WAG Rz 10, zur vergleichbaren Nachfolgeregelung zu § 24 Abs. 2a Z 2 WAG in der Fassung BGBl. I Nr. 97/2001, der von einer Maßnahme der Gefahrenabwehr spricht und hervorhebt, dass die Bestellung nur bei Vorliegen der in § 92 Abs. 1 WAG 2007 umschriebenen Voraussetzungen zulässig ist). Der Gesetzgeber hat in § 24 Abs. 2a WAG auch ausdrücklich angeordnet, dass die Bestellung mit Bescheid zu erfolgen habe, wobei kein Anhaltspunkt dafür vorliegt, dass im Falle des § 24 Abs. 2a Z 2 WAG der Bescheid lediglich der zu bestellenden Person gegenüber zu erlassen wäre. Damit hat aber auch der Gesetzgeber zu erkennen gegeben, dass er die Maßnahme als die Anordnung einer qualifizierten Aufsicht über ein bestimmtes Unternehmen versteht, die als solche wegen der Heraushebung des betroffenen Unternehmens aus der Gesamtheit der Wertpapierdienstleistungsunternehmen als Rechtseingriff der Bescheidform bedarf. Es ist davon auszugehen, dass das betroffene Wertpapierdienstleistungsunternehmen ein Recht darauf hat, dass die Maßnahme nur angeordnet wird, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen.
Wie sich aus den Materialien zu § 92 WAG 2007 ergibt, wurde diese Regelung "entsprechend dem § 24 Abs. 2a bis 6 WAG idF BGBl. I Nr. 141/2006" gestaltet und "lehnt sich an die Bestimmung von § 70 Abs. 2 bis 3 BWG an" (RV 143 BlgNR, 23. GP, 29). Die zur Bestellung eines Regierungskommissärs nach § 92 WAG angestellten Überlegungen sind daher auch auf die hier vorliegende Bestellung nach § 24 Abs. 2a WAG, BGBl. Nr. 753/1996, zu übertragen.
Zur Bestellung eines Regierungskommissärs nach § 70 Abs. 2 Z 2 BWG (in der Stammfassung, BGBl. Nr. 532/1993) hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass dem betroffenen Kreditinstitut ein subjektives Recht darauf zukomme, dass nur eine Person zum Regierungskommissär bestellt werde, die die persönlichen und fachlichen Voraussetzungen nach dem Gesetz erfüllt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 16. September 1994, Zl. 94/17/0159, und N. Raschauer a.a.O., Rz 1 ff zu § 92 WAG). Gleiches muss im Fall der Bestellung eines Regierungskommissärs nach dem WAG (auch in der hier anwendbaren Fassung vor dem WAG 2007) gelten.
Hinzu kommt, dass die Bestellung eines Regierungskommissärs mit den im WAG geregelten Kompetenzen eine Zuständigkeitsübertragung an einen nicht in die Verwaltungsorganisation eingegliederten Rechtsträger darstellt. Diese Übertragung der Zuständigkeit im Einzelfall geht über eine innerorganisatorische Maßnahme wie die Erteilung einer Approbationsbefugnis für ein Organ (den Leiter einer Behörde) hinaus (vgl. auch N. Raschauer a.a.O., § 92 WAG, Rz 22 ff. zu den Kompetenzen und der organisatorischen Stellung des Regierungskommissärs).
Insoweit trifft es nicht zu, dass durch die Bestellung eines Regierungskommissärs die Rechtssphäre des Wertpapierdienstleistungsunternehmens nicht berührt wird. Die Möglichkeit der Rechtsverletzung durch den angefochtenen Bescheid als Prozessvoraussetzung für eine Beschwerde nach Art. 131 Abs. 1 Z 1 B-VG und § 34 Abs. 1 VwGG war daher gegeben.
Die Beschwerde der Beschwerdeführerin war daher im Zeitpunkt ihrer Einbringung zulässig.
2.2. Zur Frage der Gegenstandslosigkeit:
2.2.1. § 33 Abs. 1 VwGG ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht nur auf Fälle der formellen Klaglosstellung beschränkt. Ein Einstellungsfall liegt auch dann vor, wenn auf andere Weise als durch formelle Klaglosstellung das rechtliche Interesse an einer Sachentscheidung des Gerichtshofes weggefallen ist. Eine zur Verfahrenseinstellung führende Gegenstandslosigkeit der Beschwerde kann auch dann eintreten, wenn durch Änderung maßgebender Umstände das rechtliche Interesse des Beschwerdeführers an der Entscheidung wegfällt (vgl. hiezu etwa die hg. Beschlüsse vom 9. April 1980, Slg. Nr. 10.092/A - verstärkter Senat -, vom 10. Dezember 1980, Slg. Nr. 10.322/A, vom 29. Oktober 1984, Zl. 83/11/0011, vom 22. Mai 1990, Zl. 89/08/0143, vom 2. Oktober 1991, Zl. 88/07/0061, vom 22. Oktober 1991, Zl. 90/08/0115, oder vom 29. Jänner 2009, Zl. 2005/10/0084).
Die gesetzlichen Vorschriften über die Verwaltungsgerichtsbarkeit gewähren einer Partei nämlich nicht den Anspruch auf die Feststellung der Gesetzwidrigkeit von Bescheiden, sondern den Anspruch auf Aufhebung gesetzwidriger Bescheide, die - im Zeitpunkt der Entscheidung weiterhin - in die Rechtssphäre der Partei eingreifen (vgl. z.B. den hg. Beschluss vom 3. November 2008, Zl. 2005/10/0214, mit weiteren Nachweisen).
2.2.2. Der Verwaltungsgerichtshof hat daher auch regelmäßig eine sonstige Gegenstandslosigkeit angenommen, wenn sich durch das Erkenntnis in einem Bescheidbeschwerdeverfahren die Rechtsstellung des Beschwerdeführers nicht ändern würde, weil etwa nur darüber zu entscheiden wäre, ob ein (in der Gegenwart) nicht mehr wirksamer Verwaltungsakt im Zeitpunkt seiner Erlassung rechtmäßig war. Für den Fall der Bestellung eines Regierungskommissärs nach § 70 Abs. 2 Z. 2 lit. a BWG ist der Verwaltungsgerichtshof jedoch auch dann, wenn diese Bestellung im Zeitpunkt der Entscheidung über die Bescheidbeschwerde nicht mehr wirksam war, im Hinblick auf die nur aus der rechtmäßigen Bestellung folgenden Kostentragungspflicht des Kreditinstituts, für welches der Regierungskommissär bestellt worden war (§ 70 Abs. 7 BWG in der Stammfassung), davon ausgegangen, dass dem angefochtenen Bescheid insoferne noch eine fortdauernde Wirkung zukomme und somit das rechtliche Interesse des Beschwerdeführers auch nach Ablauf der Bestellungsdauer oder Abberufung des Regierungskommissärs aufrecht sei (vgl. das hg. Erkenntnis vom 16. September 1994, Zl. 94/17/0159).
2.2.3. Für einen nach § 24 Abs. 2a Z 2 Wertpapieraufsichtsgesetz, BGBl. Nr. 753/1996 in der Fassung BGBl. I Nr. 48/2006, bestellten Regierungskommissär bestand jedoch keine § 70 Abs. 2 Z. 2 lit. a BWG in der Stammfassung vergleichbare Kostentragungsregelung. Gemäß § 7 Abs. 1 WAG, BGBl. Nr. 753/1996 in der Fassung BGBl. I Nr. 97/2001, waren die Kosten der FMA aus dem Rechnungskreis Wertpapieraufsicht (§ 19 Abs. 1 Z 3 und 4 FMAG (gemeint: FMABG)) von den meldepflichtigen Instituten, den Emittenten und den Wertpapierdienstleistungsunternehmen zu erstatten. Gemäß dem in § 7 WAG zitierten § 19 Abs. 1 FMABG, BGBl. I Nr. 97/2001, hatte die FMA für jeden der in § 2 Abs. 1 bis 4 genannten Aufsichtsbereiche einen eigenen Rechnungskreis zu bilden und mit dem Jahresabschluss auch eine rechnungskreisbezogene Kostenabrechnung zu erstellen.
Das im oben genannten Erkenntnis vom 16. September 1994 im Falle der Bestellung eines Regierungskommissärs nach BWG ausschlaggebende Argument gegen die Einstellung des Beschwerdeverfahrens wegen Gegenstandslosigkeit greift daher im vorliegenden Fall nicht.
Auch der nicht näher spezifizierte Hinweis auf "auf die Beschwerdeführerin zukommende" Kosten vermag keine weiter bestehende Wirkung des angefochtenen Bescheids aufzuzeigen. Es wird damit weder aufgezeigt, welche Kosten tatsächlich entstanden sind, noch erläutert, inwiefern diese Kosten im Falle einer Aufhebung des angefochtenen Bescheides erstattbar wären.
2.2.4. Schließlich schließt auch der Umstand, dass in einem allfälligen künftigen Verfahren nach dem Amtshaftungsgesetz die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides präjudiziell sein könnte, die Annahme einer sonstigen Gegenstandslosigkeit im Sinne der zitierten Rechtsprechung nicht aus. Gemäß § 11 Abs. 1 AHG hat das ordentliche Gericht im Amtshaftungsprozess das Verfahren zu unterbrechen und die Frage der Rechtmäßigkeit eines für seine Entscheidung präjudiziellen Bescheides dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung vorzulegen, wenn es den Bescheid für rechtswidrig hält. Aus diesem Grund steht auch die Absicht, Amtshaftungsansprüche gegen eine Gebietskörperschaft geltend zu machen, der Einstellung wegen sonstiger Gegenstandslosigkeit nicht entgegen (vgl. den hg. Beschluss vom 5. Juli 2007, Zl. 2006/06/0054).
2.3. Ergebnis
Daher war die Beschwerde gemäß § 33 Abs. 1 VwGG als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen.
2.4. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG, insbesondere § 58 Abs. 2 VwGG, in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Fällt bei einer Beschwerde das Rechtsschutzinteresse nachträglich weg, so ist dies gemäß § 58 Abs. 2 VwGG bei der Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens nicht zu berücksichtigen; würde hierbei die Entscheidung über die Kosten einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern, so ist darüber nach freier Überzeugung zu entscheiden. Da im vorliegenden Fall ohne unverhältnismäßigen Aufwand nicht gesagt werden kann, ob die Beschwerde Erfolg gehabt hätte, waren keine Kosten zuzusprechen.
Wien, am 16. November 2011
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