VwGH 2007/07/0155

VwGH2007/07/015524.3.2011

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofräte Dr. Beck, Dr. Hinterwirth, Dr. Enzenhofer und Dr. Sulzbacher als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pühringer, über die Beschwerde 1. des R T und 2. der L T, beide in L, beide vertreten durch Mag. Dr. Helmut Blum, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Mozartstraße 11/6, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft vom 15. Oktober 2007, Zl. UW 4.1.6/0275-I/5/2007, betreffend Zurückweisung eines Antrags auf Aufhebung eines wasserpolizeilichen Auftrages, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §66 Abs4;
AVG §68 Abs1;
VwRallg;
AVG §66 Abs4;
AVG §68 Abs1;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Zur Vorgeschichte wird auf das hg. Erkenntnis vom 7. Juli 2005, Zl. 2004/07/0200, verwiesen.

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich (LH) vom 3. September 2003 wurden die Beschwerdeführer gemäß § 138 Abs. 1 WRG 1959 verpflichtet, bis spätestens 3. Oktober 2003 auf dem Grundstück Nr. 681, KG U., im engeren Schutzgebiet für das Wasserwerk H. die durch die Errichtung eines Holzzaunes erfolgten Bodeneingriffe, die zu einer Abdeckung der Mutterbodenschicht führten, zu beseitigen und zur Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes näher bezeichnete Maßnahmen durchzuführen.

Die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung wurde mit Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (belangte Behörde) vom 21. Juni 2004 abgewiesen und die Frist für die Durchführung der aufgetragenen Maßnahme mit 1. August 2004 neu festgesetzt.

In der Begründung des wasserpolizeilichen Auftrages heißt es, zum Schutz des Wasserwerkes H. vor Verunreinigung und Beeinträchtigung seiner Ergiebigkeit sei mit Bescheid des Reichsstatthalters in O. vom 28. September 1943 ein Schutzgebiet festgelegt worden, welches sich in ein engeres und ein weiteres Schutzgebiet gliedere. Im engeren Schutzgebiet sei unter anderem das Verbot von Eingriffen aller Art, die eine Abdeckung der Mutterbodenschicht mit sich bringen, festgelegt. Die Beschwerdeführer seien gemeinsame Eigentümer des Grundstückes Nr. 681, KG U., welches sich im engeren Schutzgebiet befinde.

Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Mit vorzitiertem hg. Erkenntnis vom 7. Juli 2005, Zl. 2004/07/0200, wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Mit Schreiben vom 22. November 2006 beantragten die Beschwerdeführer die Aufhebung des mit Bescheid des LH vom 3. September 2003 ausgesprochenen wasserpolizeilichen Auftrages (und richteten sich damit offenbar gegen den diesen bestätigenden Bescheid der belangten Behörde vom 21. Juni 2004).

Die Beschwerdeführer begründeten ihren Antrag u.a. damit, dass ein Verfahren bezüglich der Neufestsetzung des Schutzgebietes für das Wasserwerk H. anhängig sei. Nach dem Stand des Berufungsverfahrens sei davon auszugehen, dass es zu wesentlichen Änderungen der Auflagen kommen werde, und es letztlich im Bereich ihrer Liegenschaft wasserrechtlich zulässig sein werde, Veränderungen und Bearbeitungen vorzunehmen, die wesentlich intensiver seien, als dies die gegenständliche Zaunerrichtung sei.

Mit Bescheid des LH vom 16. Jänner 2007 wurde der Antrag der Beschwerdeführer gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückgewiesen.

In der Begründung wird u.a. ausgeführt, dass im gegenständlichen Fall eine Änderung der Sach- und Rechtslage nicht vorliege, weshalb gemäß § 68 Abs. 1 AVG von einer entschiedenen Sache auszugehen sei, über die nicht neuerlich entschieden werden dürfe.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 24. August 2007 erfolgte eine teilweise Neuregelung betreffend die Auflagen für das Schutzgebiet der Wasserversorgungsanlage H. Dabei findet sich unter Auflage 5 für die Schutzzone III (weiteres Schutzgebiet) u.a. folgendes Verbot; dieses lautet auszugsweise:

"Die Vornahme von Erdaufschlüssen, wie Entnahme von Sand und Kies, Straßen- und Bahnanschnitten, Bohrungen, Baugruben und Schürfgräben, sowie die Durchführung von Sprengungen, wenn die damit verbundenen Eingriffe in den Untergrund tiefer als Kote 254,0 m. ü.A. reichen. Die Kote 254,0 m ü.A. darf jedoch dann unterschritten werden, wenn die verbleibende Überdeckung des mittleren Grundwasserspiegels jedenfalls 3,0 m beträgt.

Von diesem Verbot ausgenommen sind Erdaufschlüsse, die erforderlich sind, um den konsensgemäßen Betrieb der Wasserversorgungsanlage H. und aller sonstigen im weiteren Schutzgebiet rechtmäßig betriebenen Anlagen sicherzustellen (Neuerrichtung, Erweiterung, Wartung, Instandhaltung und Sanierung von Anlagen bzw. -teilen), wenn die Beeinträchtigung des Grundwassers mit hoher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden kann, weiters Erdaufschlüsse, die zur Überprüfung des konsensgemäßen Einbaues erdverlegter Leitungen erforderlich sind und die der Sicherung und Sanierung von Altlasten dienen.

Die Rekultivierung der Flächen, auf welchen Erdaufschlüsse vorgenommen wurden, hat unmittelbar nach Beendigung der jeweiligen Baumaßnahmen zu erfolgen. Dabei ist insbesondere auf die Wiederherstellung des ursprünglich vorhandenen Bodenaufbaues zu achten. Die Belange des Grundwasserschutzes sind dabei in besonderem Maße zu beachten.

Die ordnungsgemäße land- und forstliche Bodennutzung gemäß § 32 (8) WRG 1959 einschließlich der Herstellung von Pflanzengruben für Bäume und Sträucher fällt nicht unter den Begriff Erdaufschluss.

…"

Für die Schutzzone II (engeres Schutzgebiet) wurde u. a. verfügt, dass hiefür alle Ge- und Verbote der Schutzzone III gelten. Die für die Schutzzone III normierten Ausnahmen gelten nicht für die Schutzzone II.

Ferner wurde unter Pkt. 6 der Auflagen für die Schutzzone II (engeres Schutzgebiet) folgendes Verbot normiert:

"Die Vornahme von Erdaufschlüssen aller Art, wie Aufgrabungen, die Errichtung von Trockenbaggerungen zur Entnahme von Sand und Kies, Straßen- und Bahnanschnitten, Bohrungen, Baugruben und die Durchführung von Sprengungen.

Von diesem Verbot ausgenommen sind alle Erdaufschlüsse zum Zwecke von Baumaßnahmen, die zur Aufrechterhaltung des konsensgemäßen Betriebes der Wasserversorgungsanlage H., die zur Überprüfung des Einbaues erdverlegter Leitungen und/oder zur Sanierung oder Sicherung von Boden- und Grundwasserverunreinigungen und von Altlasten erforderlich sind.

Ausgenommen von diesem Verbot sind weiters alle Maßnahmen, die die Wartung, Instandhaltung und Sanierung von rechtmäßig bestehenden Anlagen, sowie von öffentlichen Ver- und Entsorgungseinrichtungen, Straßen, Wegen, Brücken u. dgl. dienen.

Die Rekultivierung der von den Baumaßnahmen beanspruchten Flächen hat unmittelbar nach Beendigung der Baumaßnahmen zu erfolgen.

Bei derartigen Baumaßnahmen sind die Belange des Grundwasserschutzes in besonderem Maße zu beachten, insbesondere ist der ursprünglich vorhandene Bodenaufbau wieder herzustellen."

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 15. Oktober 2007 wies die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführer als unbegründet ab.

In der Begründung gab die belangte Behörde zunächst das bisherige Verwaltungsgeschehen sowie die maßgeblichen Rechtsvorschriften wieder.

Im Rahmen ihrer rechtlichen Beurteilung führte die belangte Behörde u.a. aus, dass es nur dann zu einer neuerlichen Entscheidung in derselben Sache komme, wenn eine wesentliche Änderung des Sachverhaltes vorliege. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 24. August 2007 sei (in Abänderung des erstinstanzlichen Bescheides des LH vom 8. August 2003) das Schutzgebiet neu festgelegt worden. Dadurch seien im Wesentlichen Schutzgebietsauflagen zum Schutz der Wasserversorgungsanlage H. abgeändert und konkretisiert worden. Weder die Neufestsetzung des Schutzgebietes, noch die Auflagenergänzungen hätten aber Auswirkungen auf die relevante Rechtslage und es seien auch die Schutzgebietsauflagen bezüglich des Aufgrabungsverbots nicht gelockert worden. Diese Schutzauflagen seien aber Rechtsgrundlage für die Erlassung des dem Verfahren zu Grunde liegenden wasserpolizeilichen Auftrags. Eine wesentliche Änderung der Sach- und Rechtslage liege nicht vor, weshalb von "entschiedener Sache" auszugehen sei, über die nicht neuerlich entschieden werden dürfe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführer sind Eigentümer des Grundstückes Nr. 681, KG U., welches sich im engeren Schutzgebiet befindet. Die Beschwerdeführer erblicken zusammengefasst eine wesentliche Änderung des Sachverhaltes in der Neufestlegung des Schutzgebietes durch den Bescheid der belangten Behörde vom 24. August 2007.

Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wenn die Behörde nicht den Anlass zu einer Verfügung gemäß den Abs. 2 bis 4 findet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.

Entschiedene Sache liegt vor, wenn sich gegenüber dem früheren Bescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert haben. Bei der Beurteilung der "Identität der Sache" ist in primär rechtlicher Betrachtungsweise festzuhalten, ob in den entscheidungsrelevanten Fakten eine wesentliche Änderung eingetreten ist. Maßgeblich für die Entscheidung der Behörde ist dabei nicht nur § 68 Abs. 1 AVG und für die Berufungsbehörde § 66 Abs. 4 AVG. Vielmehr hat die Behörde die Identität der Sache im Vergleich mit dem im Vorbescheid angenommenen Sachverhalt im Lichte der darauf angewendeten (insbesondere materiellrechtlichen) Rechtsvorschriften zu beurteilen und sich damit auseinander zu setzen, ob sich an diesem Sachverhalt oder seiner "rechtlichen Beurteilung" (an der Rechtslage) im Zeitpunkt ihrer Entscheidung über den neuen Antrag eine wesentliche Änderung ergeben hat (Hengstschläger/Leeb, AVG, § 68 Rz 24). Wesentlich ist eine Änderung nur dann, wenn sie für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen den Schluss zulässt, dass nunmehr bei Bedachtnahme auf die damals als maßgeblich erachteten Erwägungen eine andere Beurteilung jener Umstände, die der angefochtenen Entscheidung zu Grunde lagen, nicht von vornherein als ausgeschlossen gelten kann und daher die Erlassung eines inhaltlich anders lautenden Bescheides zumindest möglich ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Mai 2010, Zl. 2008/07/0104, m.w.N.).

Eine Änderung der maßgebenden Sach- und Rechtslage vermag der Verwaltungsgerichtshof in der Neufestlegung des Schutzgebietes mit Bescheid der belangten Behörde vom 24. August 2007 hinsichtlich des im Eigentum der Beschwerdeführer stehenden Grundstücks nicht zu erkennen, befindet sich doch das verfahrensgegenständliche Grundstück unstrittig weiterhin im engeren Schutzgebiet und ist die Vornahme von Erdaufschlüssen aller Art weiterhin verboten (vgl. Pkt. 6 der Auflagen für das engere Schutzgebiet, Schutzzone II).

Bei der Prüfung der Identität der Sache ist vom rechtskräftigen Vorbescheid auszugehen, ohne die sachliche Richtigkeit desselben - nochmals - zu überprüfen; die Rechtskraftwirkung besteht ja gerade darin, dass die von der Behörde einmal untersuchte und entschiedene Sache nicht neuerlich untersucht und entschieden werden darf (vgl. das soeben zitierte hg. Erkenntnis vom 20. Mai 2010).

Insoweit sich die Beschwerdeführer erkennbar auf einen Teil der Auflage 5 für die Schutzzone III (weiteres Schutzgebiet) hinsichtlich der ordnungsgemäßen Bodennutzung nach § 32 Abs. 8 WRG 1959 beziehen, übersehen sie, dass sich diese Auflage nicht auf ihr in der Schutzzone II (engeres Schutzgebiet) liegendes Grundstück bezieht; die diesbezüglichen Ausführungen gehen daher schon aus diesem Grund ins Leere. Im Beschwerdefall ist jedoch insbesondere die vorzitierte Auflage 6 für die Schutzzone II mit einem weitreichenden Verbot von Erdaufschlüssen - das auch schon im Zeitpunkt der Erlassung des in Rede stehenden wasserpolizeilichen Auftrages im gleicher Weise galt - relevant.

Nach Behauptung der Beschwerdeführer sei der in Rede stehende Zaun, dessen Beseitigung im Zuge des vorgenannten wasserpolizeilichen Auftrages angeordnet wurde, untrennbarer Bestandteil einer bestehenden "Swing-Golfanlage". Dazu ist folgendes zu bemerken:

Die belangte Behörde verweist in der erstatteten Gegenschrift darauf, dass die Zaunerrichtung entgegen diesen Beschwerdebehauptungen nie Bestandteil der gegenständlichen Golfanlage war. Auch in dem in diesem Zusammenhang von den Beschwerdeführern zitierten Bescheid der belangten Behörde vom 24. August 2007 wird auf S. 116 oben ausdrücklich festgestellt, dass der gegenständliche Zaun "nicht Teil der Gesamtanlage (gemeint: der Golfanlage) ist. Damit wurde von der belangten Behörde ausdrücklich klargestellt, dass der Zaun nicht unter eine auf die Golfanlage anwendbare Ausnahme der Schutzgebietsauflagen fällt.

Es kann daher entgegen den Beschwerdebehauptungen keine Rede davon sein, dass der gegenständliche Zaun keinen Eingriff in die Schutzgebietsauflagen darstellt. Für den Verwaltungsgerichtshof ist daher auch nicht nachvollziehbar, dass - wie in der Beschwerde behauptet wird - "eine wesentliche Veränderung der Verhältnisse" vorliegt.

Insoweit die Beschwerdeführer in der Beschwerde allgemein Verfahrensmängel rügen und der Ansicht sind, der zugrunde liegende Sachverhalt bedürfe in wesentlichen Punkten einer Ergänzung, legen sie eine Relevanz dieses Verfahrensmangels nicht dar und vermag auch der Verwaltungsgerichtshof eine solche nicht zu erkennen.

Die vorliegende Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 24. März 2011

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