VwGH 2007/07/0111

VwGH2007/07/011128.4.2011

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofräte Dr. Beck, Dr. Hinterwirth, Dr. Enzenhofer und Dr. Sulzbacher als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pühringer, über die Beschwerde der G Wohnungsbau und Siedlungswesen mbH in G, vertreten durch Dr. Martin Eisenberger, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Hilmgasse 10, gegen den Bescheid der Berufungskommission der Landeshauptstadt Graz vom 25. Juli 2007, Zl. 022097/2007-2, betreffend Zurückweisung einer Berufung in einer Angelegenheit nach dem StAWG 2004, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §56;
AVG §58 Abs1;
AWG Stmk 2004 §21;
AWG Stmk 2004 §9 Abs3;
Statut Graz 1967 §100 Abs1 idF 1995/059;
Statut Graz 1967 §61 Abs2;
AVG §56;
AVG §58 Abs1;
AWG Stmk 2004 §21;
AWG Stmk 2004 §9 Abs3;
Statut Graz 1967 §100 Abs1 idF 1995/059;
Statut Graz 1967 §61 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat der Landeshauptstadt Graz Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Schreiben vom 7. Februar 2007 beantragte die beschwerdeführende Partei als Hausverwaltung und Vertreterin von mehreren Liegenschaftseigentümern gemäß § 9 Abs. 3 StAWG 2004 die Anpassung des Behältervolumens und/oder der Häufigkeit der regelmäßigen Abfuhr für die in der Anlage zu diesem Schreiben angeführten Liegenschaften/Wohnhausanlagen.

Die Stadt Graz, Wirtschaftsbetriebe, Geschäftsbereich Abfall, gab mit Schreiben vom 11. Juni 2007 zu dem Schreiben der beschwerdeführenden Partei vom 7. Februar 2007 eine "Stellungnahme" ab. Diese wurde an die beschwerdeführende Partei adressiert und lautet auszugsweise:

"Sehr geehrte Damen und Herren!

Die …(beschwerdeführende Partei) hat mit Schreiben vom 7.2.2007 um Anpassung des Behältervolumens bzw. der Häufigkeit der regelmäßigen Abfuhr für die in der Anlage angeführten Liegenschaften angesucht. Als Begründung für dieses Ansuchen wird angeführt. dass die Fa. C … GmbH die von den Wirtschaftsbetrieben der Stadt Graz bereitgestellten Restmüllbehälter nachsortiert und etwaige Fehleinwürfe (Altstoffe) heraussortiert.

Dazu wird wie folgt Stellung genommen:

…..

Aufgrund der oben stehenden Ausführungen ist eine Nachsortierung durch die Fa. C … GmbH gesetzlich unzulässig. Daher sind die Tätigkeiten, die durch die … (beschwerdeführende Partei) beauftragt wurden, sofort einzustellen.

Die Stadt Graz, Mag. Abteilung 23 - Amt für Umweltschutz, ist aber gerne bereit, in den einzelnen Wohnungsanlagen Informationsmaterial aufzulegen bzw. auszuteilen. Dies bei Bedarf auch in Fremdsprachen. Darüber hinaus können auch Informationsveranstaltungen/Informationsabende zur richtigen Abfalltrennung durchgeführt werden.

Die Wirtschaftsbetriebe der Stadt Graz, Geschäftsbereich Abfall, stimmen daher einer Behälterreduzierung bzw. der Reduzierung des Entleerintervalles für die in der Anlage angeführten Liegenschaften nicht zu.

Wir verbleiben mit der Bitte um Kenntnisnahme und

mit besten Grüßen

DI Dr. G. E.

(Geschäftsführer)"

Gegen dieses Schreiben, das nach Ansicht der beschwerdeführenden Partei einen Bescheid darstellt, erhob diese Berufung und stellte gleichzeitig einen "Eventualantrag auf Devolution an die Berufungskommission der Stadt Graz als sachlich in Betracht kommende Oberbehörde".

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der Berufungskommission der Landeshauptstadt Graz wurde die Berufung der beschwerdeführenden Partei als unzulässig zurückgewiesen.

In der Begründung wird u.a. ausgeführt, die durch den unter einem eingebrachten Eventualantrag auf Devolution von der beschwerdeführenden Partei selbst zum Ausdruck gebrachten Zweifel an der Bescheidqualität des Schreibens vom 11. Juni 2007 würden sich angesichts der gewählten Briefform und des Umstandes, dass es weder als Bescheid bezeichnet, noch bescheidmäßig gegliedert sei, als berechtigt erweisen, wobei bei Zweifeln über den Inhalt auch der sonstigen Form der Erledigung entscheidende Bedeutung zukomme, wie etwa dem Gebrauch von Höflichkeitsfloskeln, wonach an behördliche Erledigungen, die - wie im vorliegenden Fall - nicht ausdrücklich als Bescheid bezeichnet seien, hinsichtlich der Wertung als Bescheid nach ihrem Inhalt ein strenger Maßstab anzulegen sei und etwa die Briefform gegen die Annahme eines Bescheidwillens der Behörde spreche.

Gerade im Hinblick auf die gewählte Anrede ("Sehr geehrte Damen und Herren!"), die anstelle eines Spruches gewählte Form ("dazu wird wie folgt Stellung genommen:") und die Grußformel ("wir verbleiben mit der Bitte um Kenntnisnahme und mit den besten Grüßen") könne sich nur in Verbindung mit der Unterschriftenklausel ergeben, welche Behörde den Bescheid erlassen habe.

Das gegenständliche Schriftstück enthalte jedoch überhaupt keine Fertigungsklausel, aus welcher sich ergeben würde, wer bescheiderlassende Behörde sei. Anstelle der Fertigungsklausel "Für den Stadtsenat" finde sich lediglich die Funktionsbezeichnung des Unterfertigers als "(Geschäftsführer)".

Es könne von einem normativen Abspruch über Rechte oder Rechtsverhältnisse des Adressaten insbesondere schon deshalb keine Rede sein, weil aus der für die Zurechnung des Bescheides maßgebenden Art der Unterfertigung mangels Fertigungsklausel trotz der Kopfbezeichnung "Stadt Graz Wirtschaftsbetriebe" nichts darüber ausgesagt werden könne, von welcher Behörde das demgemäß zu Unrecht von der beschwerdeführenden Partei als Bescheid gewertete Schreiben ausgegangen sei.

Da ein Nichtbescheid im Rechtsmittelverfahren keiner Sachentscheidung zugänglich sei, sei die Berufung als unzulässig zurückzuweisen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschiften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 9 Abs. 3 des StAWG 2004, LGBl. Nr. 65/2004, kann über begründeten Antrag des Liegenschaftseigentümers/der Liegenschaftseigentümerin das Behältervolumen und/oder die Häufigkeit der regelmäßigen Abfuhr der Menge des tatsächlich anfallenden Siedlungsabfalls in Entsprechung zu den Vorgaben der Abfuhrordnung der Gemeinde angepasst werden. Die Gemeinde hat über solche Anträge mit Bescheid abzusprechen.

Nach § 21 StAWG 2004 sind die in diesem Gesetz geregelten Aufgaben der Gemeinden solche des eigenen Wirkungsbereiches.

Gemäß § 61 Abs. 2 des Statutes der Landeshauptstadt Graz 1967, LGBl. Nr. 130/1967, obliegt dem Stadtsenat auch die Besorgung aller Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches, die ihm durch dieses Statut oder durch andere Gesetze übertragen sind, sowie aller übrigen Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches, die durch Gesetz keinem anderen Organ der Stadt ausdrücklich vorbehalten sind.

Gemäß § 100 Abs. 1 dieses Statutes i.d.F. der Novelle LGBl. Nr. 59/1995 obliegt in Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches die Entscheidung über Berufungen in zweiter Instanz

1. dem Gemeinderat in jenen Angelegenheiten, die ihm ausdrücklich durch Gesetz übertragen sind,

2. der Berufungskommission in allen sonstigen Angelegenheiten; dabei kommt ihr auch die Ausübung der in den verfahrensgesetzlichen Bestimmungen vorgesehenen oberbehördlichen Befugnisse zu.

Eine Entscheidung über eine Ausnahme nach § 9 Abs. 3 StAWG 2004 hätte daher gemäß § 21 StAWG i.V.m. § 61 Abs. 2 des Statutes der Landeshauptstadt Graz 1967 - wie die belangte Behörde zutreffend in der Begründung des angefochtenen Bescheides ausführt - in erster Instanz vom Stadtsenat zu ergehen gehabt. Dass die Erledigung vom 11. Juni 2007 dem Stadtsenat zurechenbar wäre, kann weder dem Kopf, noch dem sonstigen Inhalt dieses Schreibens oder der Fertigungsklausel entnommen werden. Es kann daher entgegen den anderslautenden Beschwerdebehauptungen keine Rede davon sein, dass die "Stadt Graz/Wirtschaftbetriebe, Geschäftsbereich Abfall" als gemäß dem Stadtstatut zuständiges Gemeindeorgan über den Antrag der beschwerdeführenden Partei abzusprechen gehabt hätte. Daran vermag auch der Hinweis der beschwerdeführenden Partei in der Beschwerde, der Stadtsenat der Stadt Graz habe am 20. Juni 2007 "nochmals klargestellt", dass für den Antrag auf Reduzierung des "RM Volumens …. der WB zuständig" sei, nichts zu ändern. Weshalb die Wirtschaftsbetriebe der Stadt Graz anstelle des Stadtsenates für eine behördliche Erledigung eines Antrages nach § 9 Abs. 3 StAWG 2004 in erster Instanz zuständig sein sollten, vermag die Beschwerde nicht einsichtig darzulegen. Schon das ist ein erstes Indiz für das Nichtvorliegen eines Bescheides.

Entscheidend ist aber, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes an eine nicht als Bescheid bezeichnete Erledigung hinsichtlich ihrer Wertung als Bescheid nach ihrem Inhalt ein strenger Maßstab angelegt werden muss. Bringt die sprachliche Gestaltung einen normativen Inhalt nicht zweifelsfrei zum Ausdruck, liegt kein Bescheid vor (vgl. die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahren I, 3. Auflage, S. 965 unter E 38 zu § 58 AVG wiedergegebene Judikatur).

Aus der fehlenden Bescheidbezeichnung in Verbindung mit der einleitenden Wendung "Dazu wird wie folgt Stellung genommen:", sowie dem Hinweis, dass die "Wirtschaftsbetriebe der Stadt Graz, Geschäftsbereich Abfall", einer Behälterreduzierung bzw. einer Reduzierung des Entleerungsintervalles "nicht zustimmen" ist in Verbindung mit der Formulierung "Wir verbleiben mit der Bitte um Kenntnisnahme und mit besten Grüßen" am Schluss dieses Schreibens hinreichend deutlich zu ersehen, dass aufgrund dieser sprachlichen Gestaltung dem Schreiben vom 12. Juni 2007 kein inhaltlich zweifelsfrei zum Ausdruck kommender normativer Inhalt entnommen werden kann. Auch die Fertigung dieses Schreibens durch eine näher genannte Person als "(Geschäftsführer)" lässt nicht erkennen, dass es sich bei diesem Schreiben vom 11. Juni 2007 um eine einem bestimmten Verwaltungsorgan der Stadt Graz zurechenbare bescheidförmige Erledigung handeln soll. Es liegt daher entgegen der Auffassung der beschwerdeführenden Partei kein Bescheid vor, weshalb sich die Zurückweisung der gegen dieses Schreiben gerichteten Berufung nicht als rechtswidrig erweist. Aufgrund dieses Ergebnisses erübrigt es sich auch, auf das weitere Beschwerdevorbringen näher einzugehen.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 28. April 2011

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