Normen
AVG §8;
BauG Stmk 1995 §26 Abs1 Z1;
BauG Stmk 1995 §43 Abs2 Z5;
BauRallg;
AVG §8;
BauG Stmk 1995 §26 Abs1 Z1;
BauG Stmk 1995 §43 Abs2 Z5;
BauRallg;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben der Landeshauptstadt Graz Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 je zur Hälfte binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit der am 1. April 2008 eingebrachten Eingabe vom 27. März 2008 kam die mitbeteiligte Partei (in der Folge kurz Bauwerber) um die Erteilung der baubehördlichen Bewilligung für den Neubau eines Mehrfamilienwohnhauses mit Pkw-Abstellplätzen und anderer baulicher Maßnahmen auf einem Grundstück in Graz ein; projektgegenständlich ist zuletzt ein Mehrfamilienwohnhaus mit zwei Wohneinheiten und vier Pkw-Abstellplätzen, dazu weiters eine Lärmschutzwand zum nördlich gelegenen, unmittelbar angrenzenden Grundstück der Beschwerdeführer. Der Bauplatz ist im 3.0 Flächenwidmungsplan 2002 der Landeshauptstadt Graz als allgemeines Wohngebiet ausgewiesen.
Die Beschwerdeführer erhoben Einwendungen gegen das Vorhaben, insbesondere, weil es die Abstandsvorschriften in Bezug auf ihr Grundstück verletze, sowie in Bezug auf die zu erwartenden Lärmimmissionen.
Der Stadtsenat erteilte mit dem erstinstanzlichen Bescheid vom 6. August 2009 die Baubewilligung mit einer Reihe von Vorschreibungen und erachtete die Einwendungen der Beschwerdeführer, soweit noch erheblich, als unberechtigt.
Die dagegen von den Beschwerdeführern erhobene Berufung wurde mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen. Nach Darstellung des Verfahrensganges und Wiedergabe gesetzlicher Bestimmungen führte die belangte Behörde aus, das geplante zweigeschossige Wohngebäude sei derart situiert, dass die Außenmauer des Erdgeschoßes von der nördlichen Nachbargrundgrenze 3,0 m entfernt sei und die zurückversetzte Gebäudefront im ersten Obergeschoß einen Grenzabstand von 4,20 m einhalte. Das um 1,20 m vorspringende Dach als Überdachung des darunter liegenden, ebenso breiten Zuganges könne durchaus als Dachvorsprung gewöhnlichen Ausmaßes bezeichnet werden, sodass der Abstand von der nördlichen Außenwandfläche des Gebäudes zum Grundstück der Beschwerdeführer den Abstandsbestimmungen entspreche. Das erste Obergeschoß weise als Geschoß mit Pultdachausbildung teilweise Geschoßhöhen von über 3,0 m auf. Dies würde auch bei Heranziehung der Bestimmung des § 13 Abs. 6 Stmk. BauG, wonach bei Gebäudehöhen mit Geschoßhöhen von über 3,0 m die Abstandsermittlung unter Zugrundelegung einer fiktiven Geschoßeinteilung mit einer Höhe von 3,0 m an jeder Gebäudeecke über dem natürlichen Gelände vorzunehmen sei und Restgeschoßhöhen von mehr als 1,5 m als Geschoß anzurechnen seien, zu keiner anderen Beurteilung des Sachverhaltes führen, weil die nordöstliche Gebäudeecke 4,86 m und die nordwestliche Gebäudeecke 5,54 m jeweils über dem natürlichen Gelände liege. Eine Verletzung der Beschwerdeführer in ihrem subjektiv-öffentlichem Recht auf Einhaltung der Abstandsbestimmungen sei somit nicht gegeben.
Der Bauplatz sei im 3.0 Flächenwidmungsplan 2002 der Landeshauptstadt Graz als allgemeines Wohngebiet ausgewiesen.
Für die gegenständlich geplanten zwei Wohneinheiten wären nach der Bestimmung des § 71 Stmk. BauG zwei Pkw-Abstellplätze erforderlich, geplant seien vier Abstellplätze. Wenn § 43 Abs. 2 Z 5 Stmk. BauG davon spreche, dass der von Nachbarn wahrgenommene Schall auf einem Pegel zu halten sei, bei dem zufrieden stellende Wohnbedingungen sichergestellt seien, weise dies auf das jeweils in einer Widmungskategorie zulässige Widmungsmaß hin. Solange eine Schallimmission das für eine Widmungskategorie anzunehmende Widmungsmaß einhalte, sei davon auszugehen, dass zufrieden stellende Wohnbedingungen und Arbeitsbedingungen sichergestellt seien. Maßgeblich sei das Widmungsmaß des Bauplatzes. Die Ermittlungen (vorgelegtes Gutachten, das vom Amtssachverständigen überprüft worden sei) hätten ergeben, dass dieses Maß nicht überschritten werde.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und, ebenso wie der mitbeteiligte Bauwerber, in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Im Beschwerdefall ist das Steiermärkische Baugesetz 1995, LGBl. Nr. 59 (Stmk. BauG), in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 6/2008 anzuwenden.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das Mitspracherecht des Nachbarn im Baubewilligungsverfahren in zweifacher Weise beschränkt: Es besteht einerseits nur insoweit, als dem Nachbarn nach den in Betracht kommenden baurechtlichen Vorschriften subjektiv-öffentliche Rechte zukommen, und andererseits nur in jenem Umfang, in dem der Nachbar solche Rechte im Verfahren durch die rechtzeitige Erhebung entsprechender Einwendungen wirksam geltend gemacht hat (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Dezember 1980, Slg. Nr. 10.317/A, uva.). Das gilt weiterhin auch für den Nachbarn, der i.S. des § 27 Stmk. BauG die Parteistellung behalten hat.
Gemäß § 26 Abs. 1 Stmk. BauG kann der Nachbar gegen die Erteilung der Baubewilligung Einwendungen erheben, wenn diese sich auf Bauvorschriften beziehen, die nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse der Nachbarn dienen (subjektiv-öffentlich-rechtliche Einwendungen). Das sind Bestimmungen über
"1. die Übereinstimmung des Vorhabens mit dem Flächenwidmungsplan, einem Bebauungsplan und mit Bebauungsrichtlinien, soweit damit ein Immissionsschutz verbunden ist;
- 2. die Abstände (§ 13);
- 3. den Schallschutz (§ 43 Abs. 2 Z. 5);
- 4. die Brandwände an der Grundgrenze (§ 51 Abs. 1);
- 5. die Vermeidung einer Brandgefahr, einer sonstigen Gefährdung oder unzumutbaren Belästigung (§ 61 Abs. 1, § 63 Abs. 1 und § 65 Abs. 1);
6. die Baueinstellung und die Beseitigung (§ 41 Abs. 6)."
§ 4 Stmk. BauG enthält Begriffsbestimmungen; dessen Z 29 lautet:
"29. Gebäudefront: Außenwandfläche eines Gebäudes ohne vorspringende Bauteile, wie z.B. Balkone, Erker, Vordächer jeweils in gewöhnlichen Ausmaßen; an Gebäudeseiten ohne Außenwände gilt die Vertikalebene entlang des Dachrandes als Gebäudefront;"
§ 13 Abs. 2 , 4 und 6 Stmk. BauG lautet:
"(2) Jede Gebäudefront, die nicht unmittelbar an einer Nachbargrenze errichtet wird, muss von dieser mindestens so viele Meter entfernt sein, wie die Anzahl der Geschosse, vermehrt um 2, ergibt (Grenzabstand).
(4) Als Geschosse in der jeweiligen Gebäudefront sind jene anzurechnen,
- die voll ausgebaut oder zu Aufenthaltsräumen ausbaufähig sind und
- deren Außenwandfläche zu mehr als 50 Prozent und im Mittel mindestens 1,5 m hoch über dem natürlichen Gelände liegt.
(6) Bei Gebäuden oder Gebäudeteilen ohne die übliche Geschoßeinteilung oder mit Geschoßhöhen von über 3,0 m ist die Abstandsermittlung unter Zugrundelegung einer fiktiven Geschoßeinteilung mit einer Höhe von 3,0 m an jeder Gebäudeecke über dem natürlichen Gelände vorzunehmen. Restgeschoßhöhen von mehr als 1,5 m sind als Geschoß anzurechnen."
Gemäß § 43 Abs. 2 Z. 5 Stmk. BauG muss das Bauwerk derart geplant und ausgeführt sein, dass der von den Benützern oder von den Nachbarn wahrgenommene Schall auf einem Pegel gehalten wird, der nicht gesundheitsgefährdend ist und bei dem zufrieden stellende Wohn- und Arbeitsbedingungen sichergestellt sind.
Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer kommt es in Bezug auf den geltend gemachten Immissionsschutz auf die Widmung des Baugrundstückes an und nicht auf die Widmung ihres Grundstückes (siehe dazu beispielsweise das hg. Erkenntnis vom 25. September 2007, Zl. 2006/06/0042, mwN). Die auf der unrichtigen Annahme, es komme auf die günstigere Widmung ihres Grundstückes an (reines Wohngebiet) gestützte Argumentation geht daher ins Leere.
Hinsichtlich der behaupteten Verletzung der Abstandsvorschriften bringen die Beschwerdeführer vor, die zu ihrem Grundstück gerichtete Gebäudefront bestehe im westlichen Bereich aus einem geschlossenen, bis zu Höhenkote 4,15 m ragenden Baukörper, der optisch mit dem Untergeschoß in Verbindung stehe, aber dem Obergeschoß zuzurechnen sei. Daran schließe sich nach Osten ein mit einer Mauer bis auf die Kote 4,15 m begrenzter Gang an, der, ebenso wie der westliche Teil des Obergeschoßes, von einem etwa 1,20 m vorspringenden Dach überdeckt sei. Diese Gebäudeteile seien insgesamt als "vorgeschobene Gebäudefront" zu qualifizieren, womit der erforderliche Abstand nicht eingehalten sei.
Dem ist Folgendes zu entgegnen: Das Erdgeschoß hält einen Grenzabstand von 3,0 m, das Obergeschoß einen Abstand von 4,20 m zur gemeinsamen Grundgrenze ein. Auf dem zurückversetzten Teil des Obergeschoßes, also außen liegend, befindet sich ein Teil des Stiegenaufganges zu diesem Obergeschoß sowie ein Erschließungsgang, die Außenwand des Erdgeschoßes ist bis zur Höhe von 4,15 m hochgezogen und dient im Bereich des Obergeschoßes insofern als Brüstung. Richtig ist auch, dass das Dach in diesem Bereich um 1,20 m über die Außenwand des Obergeschoßes vorspringt. Die Gebäudefront, wie sie sich zum Grundstück der Beschwerdeführer darstellt, kann aber entgegen ihrer Auffassung nicht insgesamt als "vorgeschobene Gebäudefront" (nämlich für den Bereich des Obergeschoßes) qualifiziert werden. Vielmehr kann der Dachvorsprung im Sinne des § 4 Z 29 außer Betracht bleiben. Auch ist die hochgezogene Mauer des Erdgeschoßes, die im oberen Bereich als Brüstung dient, nicht dermaßen hoch, dass deshalb diese Gebäudefront als zweigeschossig zu beurteilen wäre (vgl. § 13 Abs. 4 und Abs. 6 Stmk. BauG).
Die belangte Behörde hat demnach zutreffend erkannt, dass die erforderlichen Abstände zum Grundstück der Beschwerdeführer gewahrt sind.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am 18. Mai 2010
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