Normen
62008CJ0127 Metock VORAB;
FrPolG 2005 §53 Abs1;
FrPolG 2005 §66 Abs1;
FrPolG 2005 §66 Abs2 Z8 idF 2009/I/029;
NAG 2005 §3;
NAG 2005 §54;
NAG 2005 §57;
62008CJ0127 Metock VORAB;
FrPolG 2005 §53 Abs1;
FrPolG 2005 §66 Abs1;
FrPolG 2005 §66 Abs2 Z8 idF 2009/I/029;
NAG 2005 §3;
NAG 2005 §54;
NAG 2005 §57;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 1. September 2009 wurde die Beschwerdeführerin, eine nigerianische Staatsangehörige, gemäß § 53 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 - FPG, BGBl. I Nr. 100, ausgewiesen.
Die belangte Behörde legte ihrer Entscheidung im Wesentlichen die Feststellungen zugrunde, dass die Beschwerdeführerin am 22. August 1999 illegal nach Österreich gelangt sei und am darauffolgenden Tag einen Asylantrag gestellt habe, der vom unabhängigen Bundesasylsenat im Instanzenzug am 3. November 2004 rechtskräftig abgewiesen worden sei. Die Beschwerdeführerin sei nach der rechtskräftigen Beendigung ihres Asylverfahrens in Österreich geblieben. Bereits mit Bescheid vom 28. Oktober 1999 habe die Bezirkshauptmannschaft Baden gegen die Beschwerdeführerin aufgrund ihrer Mittellosigkeit ein bis 21. Oktober 2004 befristetes Aufenthaltsverbot rechtskräftig erlassen.
Am 15. Februar 2002 habe die Beschwerdeführerin den österreichischen Staatsbürger P.H. geheiratet und anschließend eine bis 20. März 2003 gültige Niederlassungsbewilligung für den Aufenthaltszweck "Familiengemeinschaft mit Österreicher" erhalten. Bei dieser - seit 15. Jänner 2004 (Datum der Rechtskraftsbestätigung) bereits wieder einvernehmlich geschiedenen - Ehe habe es sich um eine Aufenthaltsehe gehandelt.
Aus diesem Grund habe die belangte Behörde mit Berufungsbescheid vom 14. Juni 2004 gegen die Beschwerdeführerin ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von fünf Jahren erlassen; eine Beschwerde gegen diese Entscheidung habe der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 16. Oktober 2007 als unbegründet abgewiesen. Mit Urteil des Bezirksgerichtes Leopoldstadt sei die Ehe der Beschwerdeführerin mit P.H. überdies rechtskräftig für nichtig erklärt worden.
Seit 4. März 2005 sei die Beschwerdeführerin mit dem österreichischen Staatsbürger M.Z. verheiratet; am 14. Juli 2005 habe sie einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels eingebracht.
Am 13. Juni 2008 habe die Beschwerdeführerin erklärt, dass sie wisse, dass gegen sie ein rechtskräftiges Aufenthaltsverbot bestehe und sie zur Ausreise verpflichtet sei; sie werde sich bei der nigerianischen Botschaft um eine Verlängerung bzw. Neuausstellung ihres Reisepasses bemühen und der Behörde eine Kopie des (neuen) Reisedokumentes sowie eine Kopie eines Flugtickets vorweisen.
Am 15. Juni 2009 - so die belangte Behörde weiter - sei die Gültigkeitsdauer des mit Bescheid vom 14. Juni 2004 erlassenen Aufenthaltsverbotes abgelaufen.
Die Beschwerdeführerin verfüge im Bundesgebiet über familiäre Bindungen zu ihrem (nunmehrigen) Ehemann.
In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass sich die Beschwerdeführerin seit Beendigung ihres Asylverfahrens unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte, sodass die Voraussetzungen des § 53 Abs. 1 FPG vorlägen.
Im Rahmen der nach § 66 Abs. 1 FPG vorzunehmenden Interessenabwägung sei davon auszugehen, dass mit der vorliegenden Maßnahme ein Eingriff in das Privat- und Familienleben der Beschwerdeführerin verbunden sei. Dessen ungeachtet sei die gesetzte fremdenpolizeiliche Maßnahme zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele - hier: zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung - dringend geboten.
Im Rahmen der Interessenabwägung sei auf den etwa zehnjährigen inländischen Aufenthalt der Beschwerdeführerin Bedacht zu nehmen, gleichzeitig aber zu berücksichtigen, dass einer daraus ableitbaren Integration aufgrund des überwiegend unrechtmäßigen Aufenthaltes der Beschwerdeführerin kein entscheidendes Gewicht zukomme. Auch die berufliche Integration sei vor dem Hintergrund des ständigen Arbeitgeberwechsels der Beschwerdeführerin und des regelmäßigen zwischenzeitigen Arbeitslosengeldbezuges durch sie zu relativieren. Seit 10. März 2008 sei sie allerdings laufend beschäftigt. Jedenfalls müssten die privaten und familiären Interessen der Beschwerdeführerin gegenüber den hoch zu veranschlagenden öffentlichen Interessen an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens in den Hintergrund treten.
Unter diesem Blickwinkel sei die belangte Behörde zu der Auffassung gelangt, dass die Auswirkungen der vorliegenden Maßnahme auf die Lebenssituation der Beschwerdeführerin und ihres Ehemannes keinesfalls schwerer wögen als die gegenläufigen öffentlichen Interessen und damit die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von dieser Maßnahme. In diesem Zusammenhang sei zu bemerken, dass die Beschwerdeführerin ihren Ehemann zu einem Zeitpunkt geheiratet habe, zu dem sie aufgrund des bereits rechtskräftig negativ abgeschlossenen Asylverfahrens bzw. des wegen Eingehens einer Aufenthaltsehe gegen sie erlassenen Aufenthaltsverbotes bereits über ihren äußerst unsicheren Aufenthaltsstatus Bescheid gewusst habe.
Auch die Missachtung der maßgeblichen fremdenrechtlichen Norm des § 21 Abs. 1 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz - NAG (und des darin festgelegten Grundsatzes der Auslandsantragstellung) bewirke eine Beeinträchtigung des maßgeblichen öffentlichen Interesses an der Wahrung eines geordneten Fremdenwesens. Diesem öffentlichen Interesse liefe es grob zuwider, wenn ein Fremder bloß aufgrund von Tatsachen, die von ihm geschaffen worden seien (Nichtausreise trotz rechtskräftig abgeschlossenen Asylverfahrens bzw. bestehenden Aufenthaltsverbotes), den weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet erzwingen könnte. Es sei der Beschwerdeführerin zuzumuten, für die Dauer eines ordnungsgemäß geführten Niederlassungsverfahrens in ihr Heimatland zurückzukehren.
Vor diesem Hintergrund und in Hinblick auf das Fehlen besonderer zu Gunsten der Beschwerdeführerin sprechender Umstände könne deren weiterer Aufenthalt auch nicht im Rahmen des der Behörde zustehenden Ermessens in Kauf genommen werden.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, diesen wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, sah jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift ab.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1.1. Die Beschwerde bestreitet nicht die im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen, dass sich die Beschwerdeführerin seit der rechtskräftigen Abweisung ihres Asylantrages am 3. November 2004 unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. In Hinblick darauf begegnet die - unbekämpfte - Auffassung der belangten Behörde, dass die Tatbestandsvoraussetzung des § 53 Abs. 1 FPG erfüllt sei, keinen Bedenken.
1.2. Daran vermag auch nichts zu ändern, dass die Beschwerdeführerin - wiederum - mit einem Österreicher verheiratet ist; zur Beurteilung der Voraussetzung gemäß § 53 Abs. 1 FPG ist nämlich ausschließlich zu prüfen, ob die der Niederlassungsbehörde obliegende Dokumentation eines direkt im Gemeinschaftsrecht begründeten Niederlassungsrechtes vorliegt und ob der Beschwerdeführer nach dem Akteninhalt etwa über eine Daueraufenthaltskarte gemäß § 54 NAG verfügt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 15. Dezember 2009, Zl. 2007/18/0806, mwN).
2.1. Die Beschwerde richtet sich insbesondere gegen das Ergebnis der von der belangten Behörde gemäß § 66 Abs. 1 FPG (in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 29/2009) vorgenommenen Interessensabwägung und bringt dazu im Wesentlichen vor, dass sich die Beschwerdeführerin bereits seit zehn Jahren in Österreich aufhalte, seit vier Jahren mit einem Österreicher verheiratet sei, mit diesem ein gemeinsames Familienleben führe, in Österreich bereits ihren Freundeskreis- und Bekanntenkreis habe, einer regelmäßigen Beschäftigung nachgehe, ein eigenes Einkommen beziehe, hier Steuern und Sozialversicherungsbeiträge zahle und inzwischen zu Österreich bereits eine stärkere Bindung als zu ihrer Heimat habe; für die Familie der Beschwerdeführerin bestünden unüberwindbare Hindernisse, in ihrem Herkunftsland zu leben, insbesondere weil sich ihr Ehemann dort beruflich nicht etablieren könne.
2.2. Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen.
Die belangte Behörde hat bei der Prüfung der Zulässigkeit der Ausweisung nach § 66 FPG den Aufenthalt der Beschwerdeführerin im Inland seit etwa zehn Jahren und ihre familiären Bindungen zu ihrem Ehemann berücksichtigt und zutreffend einen mit der Ausweisung verbundenen Eingriff in das Privat- und Familienleben der Beschwerdeführerin angenommen. Die aus dem Aufenthalt der Beschwerdeführerin in Österreich resultierenden persönlichen Interessen sind jedoch an Gewicht dadurch zu relativieren, dass dieser Aufenthalt zuerst nur aufgrund eines Asylantrages, der in der Folge abgewiesen wurde, vorläufig erlaubt und seit dem Zeitpunkt der rechtskräftigen Abweisung des Asylantrages am 3. November 2004 unrechtmäßig war (vgl. § 66 Abs. 2 Z. 1 FPG sowie etwa das hg. Erkenntnis vom 15. Dezember 2009, Zl. 2009/18/0319). Im Hinblick auf den Zeitpunkt der Eheschließung mit dem österreichischen Staatsbürger M.Z., die nach der rechtskräftigen Abweisung des Asylantrages erfolgt ist, musste der Beschwerdeführerin von Anfang an ihr unsicherer Aufenthaltsstatus bewusst sein (vgl. § 66 Abs. 2 Z. 8 FPG sowie wiederum das hg. Erkenntnis vom 15. Dezember 2009, Zl. 2007/18/0806, mwN).
Die Schutzwürdigkeit der privaten Interessen der Beschwerdeführerin (vgl. § 66 Abs. 2 Z. 3 FPG) erscheint auch dadurch gemindert, dass diese das mit Bescheid vom 14. Juni 2004 für eine Dauer von fünf Jahren verhängte Aufenthaltsverbot - auch nach der rechtskräftigen Beendigung des Asylverfahrens - missachtet hat. Da die Beschwerdeführerin lediglich (bis November 2004) über eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz verfügt hat, kommt auch den von ihr ausgeübten Beschäftigungen keine wesentliche Bedeutung zu (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 24. September 2009, Zl. 2009/18/0269). Dem Hinweis in der Beschwerde auf die von der Beschwerdeführerin bezahlten Steuern und Sozialversicherungsbeiträge ist schließlich zu erwidern, dass nach der ständigen hg. Rechtsprechung bei der Interessenabwägung nach § 66 FPG zu Gunsten des Fremden nur die den privaten und familiären Bereich betreffenden Umstände, nicht jedoch öffentliche Interessen zu berücksichtigen sind (vgl. etwa das Erkenntnis vom 20. Jänner 2009, Zl. 2008/18/0651, mwN).
Den somit relativierten persönlichen und familiären Interessen der Beschwerdeführerin an einem weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet steht gegenüber, dass sie sich seit November 2004 unrechtmäßig in Österreich aufhält, was eine erhebliche Beeinträchtigung des großen öffentlichen Interesses an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften darstellt, dem aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zukommt (vgl. dazu etwa wiederum das hg. Erkenntnis vom 15. Dezember 2009, Zl. 2009/18/0319, mwN). Angesichts dieser Beeinträchtigung des öffentlichen Interesses an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens begegnet die Ansicht der belangten Behörde, dass die Ausweisung zur Erreichung von in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Zielen dringend geboten und somit unter dem Gesichtspunkt des § 66 FPG zulässig sei, keinem Einwand.
2.3. Soweit die Beschwerde ausführt, es liege "kein schwerwiegendes Fehlverhalten" der Beschwerdeführerin vor, ist insbesondere auf deren beharrliches Verstoßen gegen das Fremdenpolizei- und Einwanderungsrecht - wiederum vor allem auch in Hinblick auf das rechtskräftige Aufenthaltsverbot vom 14. Juni 2004 - zu verweisen (vgl. § 66 Abs. 2 Z. 7 FPG).
Die in der Beschwerde angeführte Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte vom 31. Jänner 2006, B 50.435/99 (Rodrigues da Silva und Hoogkamer gegen die Niederlande), ist mit dem hier vorliegenden Sachverhalt schon deshalb nicht vergleichbar, weil jener Entscheidung eine enge familiäre Bindung der Beschwerdeführerin zu ihrer zehnjährigen Tochter, die drei bis vier Tage in der Woche bei ihr verbrachte, zugrunde lag.
2.4. Soweit die Beschwerde einen Verfahrensmangel infolge der unterlassenen Vernehmung der Beschwerdeführerin sowie ihres Ehemannes behauptet, führt sie nur aus, dass bei Aufnahme dieser Beweise die äußerst starke Integration der Beschwerdeführerin in Österreich und deren "außerordentliche Bindung zu Österreich zutage getragen" wäre; damit aber legt die Beschwerde nicht dar, aufgrund welcher bei Durchführung dieser Befragungen hervorgekommener konkreter Umstände die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid hätte kommen können (§ 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG).
3. Soweit die Beschwerde mehrmals auf die in § 21 Abs. 3 NAG (in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 29/2009) normierte Möglichkeit einer Antragstellung im Inland verweist, ist dem entgegenzuhalten, dass auch eine Inlandsantragstellung nach § 21 Abs. 3 NAG kein Bleiberecht begründet (§ 21 Abs. 6 NAG) und somit an der Unrechtmäßigkeit des Aufenthaltes und damit der Zulässigkeit der Ausweisung im Grunde des § 53 Abs. 1 FPG nichts ändern würde (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 25. September 2009, Zl. 2009/18/0278, mwN).
4. Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
5. Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am 21. Jänner 2010
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