VwGH 2009/18/0269

VwGH2009/18/026924.9.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer, die Hofrätin Mag. Merl und den Hofrat Dr. Lukasser als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Schmidl, über die Beschwerde des E P O in W, geboren am 15. März 1981, vertreten durch Mag. Jürgen Spindlböck, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Schottengasse 4/35, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 18. März 2009, Zl. E1/52.313/2009, betreffend Ausweisung gemäß § 53 FPG, zu Recht erkannt:

Normen

FrPolG 2005 §46 Abs3;
FrPolG 2005 §50 Abs1;
FrPolG 2005 §50 Abs2;
FrPolG 2005 §51;
FrPolG 2005 §53 Abs1;
FrPolG 2005 §66 Abs1;
FrPolG 2005 §66 Abs2 idF 2009/I/029;
FrPolG 2005 §66 Abs2;
EMRK Art8 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z3;
FrPolG 2005 §46 Abs3;
FrPolG 2005 §50 Abs1;
FrPolG 2005 §50 Abs2;
FrPolG 2005 §51;
FrPolG 2005 §53 Abs1;
FrPolG 2005 §66 Abs1;
FrPolG 2005 §66 Abs2 idF 2009/I/029;
FrPolG 2005 §66 Abs2;
EMRK Art8 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z3;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 18. März 2009 wurde der Beschwerdeführer, ein nigerianischer Staatsangehöriger, gemäß § 53 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG, BGBl. I Nr. 100, ausgewiesen.

Die belangte Behörde legte ihrer Entscheidung im Wesentlichen die Feststellungen zu Grunde, dass der Beschwerdeführer, dessen Identität nicht geklärt sei, am 11. August 2002 nach Österreich gelangt sei und am folgenden Tag einen Asylantrag gestellt habe, der im Instanzenzug vom Asylgerichtshof am 20. November 2008 rechtskräftig abgewiesen worden sei. Der Beschwerdeführer habe während seines Asylverfahrens über eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz verfügt. Nachdem er unter Umgehung der Grenzkontrolle nach Österreich eingereist sei, habe er zu keiner Zeit über einen Aufenthaltstitel verfügt und sei nach rechtskräftigem Abschluss seines Asylverfahrens im Bundesgebiet verblieben, sodass die Voraussetzungen des § 53 Abs. 1 FPG vorlägen und er ausgewiesen werden könne, wenn dem nicht die Bestimmung des § 66 Abs. 1 leg. cit. entgegenstehe.

Der Beschwerdeführer halte sich seit ca. sechseinhalb Jahren im Bundesgebiet auf, daher sei von einem mit der vorliegenden Maßnahme verbundenen Eingriff in sein Privatleben auszugehen. Dieser Eingriff erweise sich jedoch als dringend geboten. Der Befolgung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften durch den Normadressaten komme aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein sehr hoher Stellenwert zu. Eine Legalisierung seines Aufenthaltes könne der Beschwerdeführer gemäß § 21 NAG nur vom Ausland aus erwirken. Die Beeinträchtigung des hoch zu veranschlagenden maßgeblichen öffentlichen Interesses an der Wahrung eines geordneten Fremdenwesens sei daher von solchem Gewicht, dass die gegenläufigen privaten Interessen des Beschwerdeführers jedenfalls nicht höher zu bewerten seien als das Interesse der Allgemeinheit an seiner Ausreise aus dem Bundesgebiet. Dem genannten öffentlichen Interesse liefe es grob zuwider, wenn ein Fremder bloß auf Grund von Tatsachen, die von ihm geschaffen würden (Nichtausreise trotz rechtskräftig abgeschlossenem Asylverfahren), den weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet erzwingen könnte. Bei der Interessenabwägung sei berücksichtigt worden, dass der Beschwerdeführer zeitweise einer Beschäftigung als geringfügig beschäftigter Arbeiter (Taglöhner) nachgehe.

Vor diesem Hintergrund und im Hinblick auf das Fehlen besonders zu Gunsten des Beschwerdeführers sprechender Umstände könne ein weiterer Aufenthalt seiner Person auch nicht im Rahmen des der Behörde zustehenden Ermessens in Kauf genommen werden.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Auf dem Boden der insoweit unbestrittenen Feststellungen im angefochtenen Bescheid, dass der Beschwerdeführer noch nie über einen Aufenthaltstitel verfügt habe, begegnet die Auffassung der belangten Behörde, der Beschwerdeführer halte sich unrechtmäßig in Österreich auf und die Tatbestandsvoraussetzung des § 53 Abs. 1 FPG sei erfüllt, keinen Bedenken.

2. Die Beschwerde wendet sich erkennbar gegen das Ergebnis der von der belangten Behörde gemäß § 66 Abs. 1 FPG vorgenommenen Interessenabwägung und bringt dazu vor, die belangte Behörde habe die Schutzwürdigkeit des Privatlebens des Beschwerdeführers in Österreich, den Grad seiner Integration auf Grund seiner Grundkenntnisse der deutschen Sprache und seiner erlaubten Beschäftigung sowie der geregelten Einkommens- und Wohnverhältnisse, seine fehlenden Bindungen zum Heimatstaat sowie seine strafrechtliche Unbescholtenheit nicht berücksichtigt. Dabei bezieht sie sich erkennbar auf § 66 Abs. 2 FPG idF der Novelle BGBl. I Nr. 29/2009.

Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen.

Zunächst ist der Beschwerdeführer darauf hinzuweisen, dass auf Grund des in der Beschwerde angeführten Zeitpunktes der Erlassung des angefochtenen Bescheides die Novelle zum FPG 2005, BGBl. I Nr. 29/2009, nicht anzuwenden ist. § 66 Abs. 2 FPG idF vor der Novelle 2009 kommt bei Ausweisungen gemäß § 53 FPG nicht zur Anwendung.

Zutreffend hat die belangte Behörde bei der Prüfung der Zulässigkeit der Ausweisung gemäß § 66 Abs. 1 FPG den sechseinhalbjährigen (überwiegend auf Grund der vorläufigen Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz rechtmäßigen) Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet sowie seine zeitweise Beschäftigung als geringfügig beschäftigter Arbeiter (Taglöhner) berücksichtigt und zu Recht einen mit der Ausweisung verbundenen relevanten Eingriff in sein Privatleben angenommen. Die aus der Dauer des inländischen Aufenthalts des Beschwerdeführers resultierenden persönlichen Interessen sind jedoch an Gewicht insoweit zu relativieren, als dieser Aufenthalt bis zum 20. November 2008 nur auf Grund eines Asylantrages, der sich in der Folge als unberechtigt herausgestellt hat, erlaubt und seit diesem Zeitpunkt unrechtmäßig war. Da der Beschwerdeführer lediglich über eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz verfügt hat, kommt auch den von ihm ausgeübten Beschäftigungen keine wesentliche Bedeutung zu. Dass er über eine Unterkunft verfüge und nie straffällig geworden sei, vermag seine persönlichen Interessen nicht wesentlich zu stärken. Darüber hinausgehende integrationsbegründende Umstände wie etwa familiäre Bindungen, eine Schul- bzw. Berufsausbildung oder eine besonders intensive Teilnahme am sozialen Leben wurden vom Beschwerdeführer nicht vorgebracht.

Diesen nicht besonders ausgeprägten persönlichen Interessen des Beschwerdeführers an einem weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet steht gegenüber, dass er sich seit der rechtskräftigen Abweisung seines Asylantrages am 20. November 2008 unrechtmäßig in Österreich aufhält, was eine erhebliche Beeinträchtigung des großen öffentlichen Interesses an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften, dem aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zukommt, darstellt. In Anbetracht dieser Beeinträchtigung des öffentlichen Interesses an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens begegnet die Ansicht der belangten Behörde, dass die Ausweisung zur Erreichung von im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Zielen dringend geboten und somit unter dem Gesichtspunkt des § 66 Abs. 1 FPG zulässig sei, keinem Einwand.

Soweit die Beschwerde - wenn auch unter dem Blickwinkel der Ermessensübung - in ihrer Verfahrensrüge geltend macht, die belangte Behörde habe es unterlassen, "den Sachverhalt amtswegig zu erheben", so ist nicht erkennbar, welche Tatsachen sie erheben hätte sollen und zu welchem anderen Ergebnis die belangte Behörde bei Vermeidung des behaupteten Verfahrensmangels hätte kommen können. Mangels Relevanz im Sinne des § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG vermag dieser Verfahrensmangel daher nicht zu einer Aufhebung des angefochtenen Bescheides zu führen.

Auch das Beschwerdevorbringen, der Beschwerdeführer werde in seiner Heimat aus religiös motivierten Gründen verfolgt und er habe dazu auf sein Asylverfahren hingewiesen, ist nicht zielführend. Die Frage des Vorliegens von Gründen im Sinn des § 50 Abs. 1 oder Abs. 2 FPG ist nicht im Ausweisungsverfahren, sondern in einem gesonderten Verfahren nach § 51 FPG, § 46 Abs. 3 FPG oder im Asylverfahren zu beurteilen ist (vgl. in diesem Zusammenhang etwa das hg. Erkenntnis vom 16. Dezember 2008, Zl. 2008/18/0754). Im Übrigen wird mit einer Ausweisung nicht ausgesprochen, dass der Fremde in ein bestimmtes Land auszureisen habe, weshalb dem behaupteten Verfahrensmangel im gegenständlichen Verfahren keine Relevanz zukommt.

4. Entgegen der Beschwerdeansicht kann der Verwaltungsgerichtshof auch nicht finden, dass der belangten Behörde ein (materieller) Ermessensfehler unterlaufen sei, ergeben sich doch keine besonderen Umstände, die eine Ermessensübung nach § 53 Abs. 1 FPG zu Gunsten des Beschwerdeführers geboten hätten.

5. Da somit bereits der Beschwerdeinhalt erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren (somit auch ohne mündliche Verhandlung) in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

6. Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein Abspruch über den mit der Beschwerde verbundenen Antrag, dieser aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Wien, am 24. September 2009

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