VwGH 2009/11/0010

VwGH2009/11/001020.4.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gall sowie den Hofrat Dr. Schick und die Hofrätin Dr. Pollak als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Trefil, über die Beschwerde des A G in L, vertreten durch Mag. German Storch, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Bürgerstraße 62, gegen den Bescheid der Berufungskommission beim Bundesministerium für Soziales und Konsumentenschutz vom 18. September 2008, Zl. 44.140/32-7/08, betreffend Zurückweisung der Berufung in einer Angelegenheit des Behinderteneinstellungsgesetzes, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §45 Abs3;
AVG §63 Abs5;
AVG §66 Abs4;
BEinstG;
ZustG §17 Abs3;
AVG §45 Abs3;
AVG §63 Abs5;
AVG §66 Abs4;
BEinstG;
ZustG §17 Abs3;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund ist schuldig, dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Behindertenausschusses beim Bundessozialamt, Landesstelle Oberösterreich, vom 30. Juli 2008, mit welchem der beabsichtigten Kündigung des Beschwerdeführers die Zustimmung erteilt worden war, als verspätet zurückgewiesen.

Begründend führte die belangte Behörde aus, der erstinstanzliche Bescheid sei dem Beschwerdeführer am 4. August 2008 durch Hinterlegung beim Postamt zugestellt worden. Die mit 26. August 2008 datierte Berufung sei an diesem Tag und damit nach Ablauf der zweiwöchigen Berufungsfrist eingebracht worden.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:

In der Beschwerde wird der Annahme der belangten Behörde, die Zustellung des erstinstanzlichen Bescheides durch Hinterlegung beim Postamt am 4. August 2008 sei rechtswirksam erfolgt, insofern entgegengetreten, als der Beschwerdeführer vorbringt, von 14. Juli bis 15. August 2008 ortsabwesend gewesen zu sein. Zum Beweis für seinen Auslandsaufenthalt legte er mehrere Dokumente, u.a. Kopien aus seinem Reisedokument, vor.

Der Beschwerdeführer rügt in der Beschwerde zutreffend, die belangte Behörde habe es unterlassen, Ermittlungen zum Zeitpunkt der Zustellung anzustellen. Aus dem vorgelegten Verwaltungsakt ergibt sich auch nicht, dass die belangte Behörde dem Beschwerdeführer ungeachtet seiner Angabe in der Berufung, der erstbehördliche Bescheid sei ihm am 18. August 2008 zugestellt worden, Parteiengehör zur Frage der Rechtzeitigkeit der Berufung eingeräumt hätte. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hätte die belangte Behörde vor Annahme der Verspätung der Berufung den Sachverhalt dem Beschwerdeführer zur Kenntnis bringen müssen; ansonsten hat sie das Risiko einer Bescheidaufhebung wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften zu tragen. Der Rechtsmittelwerber unterliegt in einem solchen Fall - entgegen der von der belangten Behörde in der Gegenschrift vertretenen Auffassung - auch nicht dem sonst im verwaltungsgerichtlichen Verfahren herrschenden Neuerungsverbot (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 24. Jänner 2006, Zl. 2005/11/0169, und vom 21. Juni 2007, Zl. 2007/10/0046, jeweils mwN).

Der geltend gemachte Verfahrensmangel kann im vorliegenden Fall auch wesentlich sein, da bei Zutreffen der Behauptungen des Beschwerdeführers die Zustellung des erstinstanzlichen Bescheides gemäß § 17 Abs. 3 Zustellgesetz erst mit dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist, an dem die hinterlegte Sendung hätte behoben werden können, wirksam geworden wäre. Ausgehend von den Behauptungen des Beschwerdeführers besteht daher die Möglichkeit, dass die Berufung rechtzeitig erhoben wurde.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 20. April 2010

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