VwGH 2009/05/0309

VwGH2009/05/030916.11.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Hofräte Dr. Pallitsch, Dr. Handstanger, Dr. Hinterwirth und Dr. Moritz als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Crnja, über die Beschwerde der X GmbH in Y, vertreten durch Dax & Partner Rechtsanwälte GmbH in 7540 Güssing, Badstraße 12, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 15. September 2009, Zl. RU1-BR-934/010-2009, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Partei: A in B, vertreten durch Dr. Lorenz Edgar Riegler, Rechtsanwalt in 1040 Wien, Rilkeplatz 8), zu Recht erkannt:

Normen

BauO NÖ 1996 §54;
BauO NÖ 1996 §6 Abs1 Z3;
BauO NÖ 1996 §6 Abs2 Z3;
BauRallg;
BauO NÖ 1996 §54;
BauO NÖ 1996 §6 Abs1 Z3;
BauO NÖ 1996 §6 Abs2 Z3;
BauRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Das Grundstück Nr. 33/2, Grundbuch 01905 B, liegt im Bauland-Wohngebiet (BW a1) im ungeregelten Baulandbereich.

Mit Ansuchen vom 17. April 2007 beantragte die Beschwerdeführerin die baubehördliche Bewilligung zum Neubau eines Wohnhauses auf diesem Grundstück. Demnach soll auf diesem Grundstück ein unterkellertes Wohnhaus bestehend aus Kellergeschoss, Erdgeschoss (zwei Wohneinheiten), drei Obergeschossen (je zwei Wohneinheiten) und Dachgeschoss (eine Wohneinheit), also mit neun Wohneinheiten, in Passivhausqualität errichtet werden. Die Gesamtwohnnutzfläche soll 560,43 m2 betragen. Im Kellergeschoss sind zehn Parkplätze in Form von Stapelparkern vorgesehen.

Der Mitbeteiligte ist Eigentümer des östlich an das Baugrundstück grenzenden Grundstückes Nr. 29/39 mit dem Haus Grundstück Nr. .263 K-Gasse 5.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 20. Juni 2007 wurde die beantragte Baubewilligung unter Vorschreibung von Nebenbestimmungen erteilt.

Dem nicht dem Verfahren beigezogenen mitbeteiligten Nachbarn wurde der Baubewilligungsbescheid nicht zugestellt.

In seinem Schriftsatz vom 8. September 2007, bei der Baubehörde eingelangt am 13. September 2007, erhob der mitbeteiligte Nachbar Einwendungen, insbesondere wegen Beeinträchtigung des Lichteinfalles durch das bewilligte Gebäude der Beschwerdeführerin.

Mit Schriftsatz vom 8. Oktober 2007, bei der Marktgemeinde B eingelangt am 9. Oktober 2007, erhob der mitbeteiligte Nachbar Berufung gegen den Baubewilligungsbescheid vom 20. Juni 2007, welcher ihm am 27. September 2007 zugestellt worden war.

Mit Bescheid des Gemeindevorstandes der Marktgemeinde B vom 19. Februar 2008 wurde der Berufung des mitbeteiligten Nachbarn Folge gegeben und der erstinstanzliche Baubewilligungsbescheid dahin abgeändert, dass der Antrag der Beschwerdeführerin auf Erteilung der Baubewilligung abgewiesen wurde.

Auf Grund der dagegen erhobenen Vorstellung der Beschwerdeführerin wurde dieser Berufungsbescheid mit Bescheid der NÖ Landesregierung vom 4. September 2008 behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an den Gemeindevorstand der mitbeteiligten Marktgemeinde zurückverwiesen.

Entscheidungswesentlich wurde dies damit begründet, dass die Berufungsbehörde Einwendungen des Beschwerdeführers berücksichtigt habe, die nicht vom "Rechtekatalog des § 6 Abs. 2 der NÖ Bauordnung 1996" umfasst seien. Die Berufungsbehörde - allenfalls die Baubehörde erster Instanz - werde im fortgesetzten Verfahren Gutachten hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen des § 54 NÖ Bauordnung 1996 einzuholen haben, um auf die zulässigen Einwendungen des mitbeteiligten Nachbarn ausreichend eingehen zu können.

Die von der Berufungsbehörde beigezogene bautechnische Sachverständige führte in der Folge in ihrem Gutachten vom 13. Jänner 2009 aus:

"...

Festlegung des Umgebungsbereiches

...

Umgebungsbereich zur Beurteilung der Anordnung der Gebäude

auf dem Grundstück:

Wie im beiliegenden Katasterplan vermerkt, sind zehn Gebäude auf den umliegenden Grundstücken als Bezugsobjekte vorhanden, ...

...

Anordnung der Gebäude im Umgebungsbereich:

Wie aus der Fotodokumentation und dem Katasterplan ersichtlich, zeigt sich, dass die Gebäude bzw. Punktparzellen in unterschiedlichster Anordnung auf den Grundstücken errichtet worden sind. Sowohl die Abstände zu den straßenseitigen als auch zu den seitlichen Grundstücksgrenzen differieren wie folgt:

(in der Folge werden bezüglich der sieben für die Beurteilung der Anordnung der Gebäude als maßgeblich angesehenen Grundstücke die seitlichen Abstände in einem Bereich von 0 bis 54 m und die straßenseitigen Abstände von 0 bis 46 m angegeben).

Höhe der Gebäude im Umgebungsbereich:

Die örtliche Erhebung hat, wie in der Beilage dokumentiert, vollkommen unterschiedliche maximale Gebäudehöhen ergeben. Diese reichen, ausgehend von einem durchschnittlichen Ausmaß der üblichen ein- bis zweigeschossigen Einfamilienhaus- und Villenbebauung (...) mit teilweise ausgebauten Dachgeschossen bzw. mit einem in den Dachraum eingebundenen dritten Hauptgeschoss, über Gebäudehöhen von drei- bis viergeschossigen Wohnhausanlagen (...), bis zu einem sehr großen aus dem Altbestand resultierenden Höhenausmaß mit vier Geschossen plus einem Sockelgeschoss (S C, Punktparzelle .296).

Lage der bestehenden Nachbargebäude zur Beurteilung des Lichteinfalls der projektierten Objekte unter 45 Grad auf

Hauptfenster zulässiger Gebäude auf Nachbargrundstücken:

Wie in der Beilage vermerkt, konnte Folgendes erhoben werden:

Auf dem Nachbargrundstück Nr. 29/22, welches südwestlich des gegenständlichen Grundstückes Nr. 29/54 liegt, befindet sich zum Zeitpunkt der Erhebung kein Gebäude im zu berücksichtigenden Bereich, welches durch das projektierte Objekt in seinem Lichteinfall unter 45 Grad auf Hauptfenster beeinflusst werden könnte.

Auf dem Nachbargrundstück Nr. 29/39, welches nordöstlich des gegenständlichen Grundstückes Nr. 33/2 liegt, befindet sich zum Zeitpunkt der Erhebung kein Gebäude im zu berücksichtigenden Bereich, welches durch das projektierte Objekt in seinem Lichteinfall unter 45 Grad auf Hauptfenster beeinflusst werden könnte.

Beschreibung der eingereichten Objekte:

Anordnung der eingereichten Gebäude auf dem Grundstück:

Wie aus den Einreichunterlagen ersichtlich, soll auf den Grundstücken Nr. 29/54 und 33/2 je ein Mehrfamilienwohnhaus errichtet werden. Beide Objekte werden so situiert, dass ein Abstand von 3 m zu den seitlichen Grundgrenzen und ein Abstand von 3 m bis 4,5 m zu den hinteren Grundgrenzen eingehalten wird.

Höhe der eingereichten Gebäude auf dem Grundstück:

Die zu beurteilenden Vorhaben weisen eine geplante Gebäudehöhe einer üblichen viergeschossigen Mehrfamilienwohnhausbebauung mit zurückgesetztem Dachgeschoss auf (EG + 3 OG 12,84 m + DG 3,19 m = Gebäude 16,03 m).

Gutachten

Gemäß den Bestimmungen des § 54 NÖ BO 1996 ist ein Bauvorhaben dann unzulässig, wenn es in seiner Anordnung und Höhe von den an allgemein zugänglichen Orten zugleich mit ihm sichtbaren Bauwerken auffallend abweicht.

Bezüglich der Anordnung der Gebäude (3 bis 4,50 m zu den Grundgrenzen) wird festgestellt, dass keine relevante Veränderung gegenüber dem Bestand (0 bis 54 m zu den Grundgrenzen) vorgenommen wird.

Wie oben dargestellt ist auch hinsichtlich der geplanten Gebäudehöhe (12,84 m bzw. 16,03 m) keine auffallende Abweichung feststellbar. Dies daher, da die Gebäude in ihrer Höhenentwicklung in einem Bereich einzuordnen sind, in dem die maximale Höhe der bestehenden Gebäude im Umgebungsbereich (bis 16 m) liegt.

Durch die Anordnung der Gebäude auf den Grundstücken werden bestehende, bewilligte Hauptfenster zulässiger Gebäude auf Nachbargrundstücken in ihrem Lichteinfall unter 45 Grad nicht beeinträchtigt, da im relevanten Bereich keine Gebäude auf Nachbargrundstücken vorhanden sind.

Zusammenfassung

Abschließend kann daher festgestellt werden, dass im Sinn der Bestimmungen des § 54 NÖ BO 1996 keine auffallende Abweichung der Anordnung und Höhe des vorliegenden Bauvorhabens vom Umgebungsbestand erkannt werden kann und auch der Lichteinfall unter 45 Grad auf bestehende bewilligte Hauptfenster zulässiger Gebäude auf den Nachbargrundstücken nicht beeinträchtigt wird.

..."

Am 26. Jänner 2009 wurde das Gutachten wie folgt ergänzt:

"...

Das geplante Haus 3 auf Grundstück Nr. 33/2, ..., soll mit einer 10 m langen Seite in einem Abstand von 3 m zum Grundstück Nr. 29/39 und einer Höhe von 15,6 m errichtet werden. An dieser Stelle ist im mittleren Bereich der Wand ein Nebenfenster mit einer Größe von 1 m x 2,08 m geplant. Bei der Errichtung des gleichen Gebäudes auf dem Nebengrundstück, ebenso im Abstand von 3 m, ist bei einer seitlichen Abweichung des Lichteinfalles von 30 Grad (§ 107 NÖ Bautechnikverordnung 1997, ...) die Belichtung der Küche im Erdgeschoss des Hauses 3 (Hauptfenster mit einer Größe von 1 m x 2,08 m gesichert, das Nebenfenster für die Belichtung des Essplatzes ist für die Berechnung der Belichtung des Wohnbereiches nicht heranzuziehen (siehe beiliegende Skizze).

Bei der Errichtung eines Gebäudes auf dem Nebengrundstück Nr. 29/39 im Abstand von 3 m zur Grundgrenze und somit 6 m vom Haus 3 entfernt (was gemäß § 54 NÖ Bauordnung 1996, ..., möglich ist und in einem separaten Gutachten behandelt wird) sind auch bedingt durch den verschwenkten Lichteinfall von 30 Grad an der dem Haus 3 zugewandten Fassade Hauptfenster möglich, lediglich im Bereich von 3 m im Mittelteil der Grundrissfläche wäre wie bei Haus 3 nur die Anordnung von Nebenfenstern möglich.

...

Gutachten

Auf Grund der Abweichung des Lichteinfalles von 30 Grad gemäß § 107 Abs. 3 NÖ Bautechnikverordnung 1997, ..., ist bei einem zulässigen Gebäude auf dem Nebengrundstück 29/39 im Abstand von 3 m zur Grundgrenze 33/2 die ausreichende Belichtung der Hauptfenster des Hauses 3 gesichert.

...

Sollte am Nebengrundstück Nr. 29/39 im Abstand von 3 m zur Grundgrenze 33/2 das gleiche Gebäude mit den gleichen Abmessungen wie Haus 3 spiegelbildlich errichtet werden, wäre ebenso die ausreichende Belichtung der Hauptfenster gemäß § 107 Abs. 3 NÖ Bautechnikverordnung 1997, ..., des spiegelbildlich errichteten Nebengebäudes auf dem Nachbargrundstück gewährleistet, da auf Grund baurechtlicher Bestimmungen (§ 54 NÖ Bauordnung 1996 ...) auf dem Nebengrundstück ein Bauwerk in gleicher Anordnung und Höhe auf dem Grundstück errichtet werden darf.

..."

Der mitbeteiligte Nachbar erstattete unter Vorlage eines Privatgutachtens hiezu eine Stellungnahme.

Die Amtssachverständige bekräftigte in ihrer ergänzenden Stellungnahme vom 18. März 2009 hierauf ihre bisherigen Gutachten.

Mit Bescheid des Gemeindevorstandes der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 31. März 2009 wurde der Berufung des mitbeteiligten Nachbarn keine Folge gegeben. Die Berufungsbehörde stützte ihre Entscheidung auf die Gutachten der bautechnischen Amtssachverständigen.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde der Vorstellung des mitbeteiligten Nachbarn Folge gegeben, den bekämpften Berufungsbescheid aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Marktgemeinde B zurückverwiesen. Begründend führte die belangte Behörde aus, dass dem Nachbarn im Baubewilligungsverfahren ein Mitspracherecht bezüglich der Einhaltung einer ausreichenden Belichtung der Hauptfenster, der auf seinem Grundstück zulässigen (bestehende bewilligte und zukünftig bewilligungsfähige) Gebäude zukomme. Die Beeinträchtigung dieser ausreichenden Belichtung habe der Beschwerdeführer rechtzeitig geltend gemacht. Zu beachten sei, dass § 6 Abs. 2 Z. 3 NÖ Bauordnung nicht nur den Lichteinfall auf bestehende Hauptfenster, sondern auch auf Hauptfenster von späteren Neu- und Zubauten, und zwar auch in den Fällen, wenn die Bebaubarkeit des Grundstückes noch nicht zur Gänze ausgenützt sei und wenn ein bestehendes Gebäude abgetragen und durch einen Neubau ersetzt werden solle, gewährleiste. Lägen die Voraussetzungen des § 54 NÖ Bauordnung vor, dürfe der in § 50 Abs. 1 leg. cit. geregelte seitliche Bauwich auch unterschritten werden. Ob ein Bauwerk im ungeregelten Baulandbereich, wie im Beschwerdefall gegeben, zulässig sei, könne auf Grund des § 54 NÖ Bauordnung abschließend nur beurteilt werden, indem die Anordnung des zu bewilligenden Bauvorhabens auf dem Baugrundstück oder seine Höhe mit der Anordnung oder Höhe der von den an allgemein zugänglichen Orten zugleich mit ihm sichtbaren Bauwerken verglichen werde. Hiebei seien alle jene Liegenschaften einzubeziehen, die miteinander nach der überwiegend herrschenden faktischen Bebauung ein im Wesentlichen einheitliches zusammenhängendes Ganzes bildeten, damit ein einem Bebauungsplan ähnlicher Beurteilungsmaßstab geschaffen werden könne. Dazu sei es erforderlich, konkrete Feststellungen über die Grenze des Bezugsbereiches zu treffen. Die bautechnische Amtssachverständige habe in ihrem Gutachten vom 13. Jänner 2009, auf das sich die Berufungsentscheidung stütze, zwar einen Bezugsbereich angegeben, eine exakte Darlegung der Grenzen dieses Beurteilungsgebietes und eine Berücksichtigung für diese Auswahl sei dem Gutachten jedoch weder bezüglich der Anordnung der Gebäude noch bezüglich der Gebäudehöhe zu entnehmen. Weiters habe die Amtssachverständige zwar die Abstände einiger Gebäude im festgelegten Bezugsbereich aufgelistet und die Ansicht vertreten, dass durch diese Abstände festgestellt werden könne, dass das verfahrensgegenständliche Bauvorhaben hinsichtlich seiner Anordnung nicht auffallend von den anderen Bauten abweiche, hinsichtlich der im Bezugsbereich vorhandenen Gebäudehöhen fehlten jedoch genauere Angaben bzw. eine solche Auflistung. Lediglich aus dem Bild 2 der Fotodokumentation der Beilage dieses Gutachtens seien zwei Gebäudehöhenangaben ersichtlich. Andere Gebäudehöhenangaben fehlten hingegen gänzlich. Mit dem Hinweis auf die Baumasse nur eines einzigen von mehreren Gebäuden in der Umgebung könne die Frage, ob das Bauvorhaben von den sichtbaren Bauwerken auffallend abweiche, nicht beantwortet werden. Dies gelte auch für die Angabe von lediglich zwei Gebäudehöhen. Nach begründeter Festlegung des Bezugsbereiches wären daher auch die erhobenen Gebäudehöhen aufzulisten gewesen. Erst dann könne die Rechtsfrage geklärt werden, ob das Projekt dazu in einem auffallenden Widerspruch stehe. Im gegenständlichen Fall müsse daher geklärt werden, ob die Anordnung und Höhe des verfahrensgegenständlichen Bauvorhabens einen Einfluss auf den Lichteinfall zulässiger Gebäude auf dem Nachbargrundstück des Beschwerdeführers ausübe. Hiezu sei festzustellen, wie das Nachbargrundstück bebaut sei und wie es bebaut werden könnte. Hiezu habe die Sachverständige im Wesentlichen ausgeführt, dass das verfahrensgegenständliche Gebäude auf dem Grundstück Nr. 33/2, KG B, mit einer 10 m langen Seite in einem Abstand von 3 m und einer Höhe von 15,6 m zum Grundstück Nr. 29/39 des mitbeteiligten Nachbarn errichtet werden solle. § 54 NÖ Bauordnung erlaube dem Nachbarn die Errichtung eines spiegelbildgleichen Gebäudes auf seinem Grundstück, da auch dieses nicht auffallend abweichen könne. Bei der Errichtung eines Gebäudes auf dem Nachbargrundstück Nr. 29/39 im Abstand von 3 m zur Grundgrenze, und somit 6 m vom verfahrensgegenständlichen Bauvorhaben Haus 3 entfernt, seien auch bedingt durch den verschwenkten Lichteinfall von 30 Grad an der dem Haus 3 zugewandten Fassade Hauptfenster möglich, lediglich im Bereich von 3 m im Mittelteil der Grundrissfläche wäre wie bei Haus Nr. 3 nur die Anordnung von Nebenfenstern möglich. Die Berufungsbehörde habe ihrer Entscheidung diese Ausführungen der Amtssachverständigen zu Grunde gelegt und diesbezüglich darauf verwiesen, die bautechnische Amtssachverständige habe in seinem Gutachten festgehalten, dass der 30 Grad -ige Lichteinfallswinkel bei Errichtung eines spiegelbildlichen Gebäudes nicht verletzt werde. Zum Nachweis hiefür sei auf eine dem Ergänzungsgutachten vom 26. Jänner 2009 angeschlossene Skizze verwiesen worden, in welcher der 30 Grad -ige Einfallswinkel dargestellt sei. Aus dieser Skizze ergebe sich nach Ansicht der Berufungsbehörde, dass bei Errichtung eines Hauses auf dem Grundstück des Nachbarn in einem Abstand von nur 3 m lediglich der mittlere Bereich dieses Hauses keinen direkten Lichteinfall habe, was insoweit die Bestätigung der mit Berufung bekämpften Baubewilligung deshalb nicht verhindere, weil in diesem Bereich keine Hauptfenster vorhanden seien und der Nachbar außerhalb dieses nicht einmal ein Drittel der gesamten Hausfront ausmachenden Mitteilteils eines von ihm einzureichenden Bauprojektes ohnehin Hauptfenster vorsehen könnte. Die Auffassung der Amtssachverständigen und der Baubehörde würden jedoch nur dann zutreffen, wenn in einer einwandfreien Art und Weise festgestellt würde, dass das verfahrensgegenständliche Bauvorhaben weder in seiner Anordnung auf dem Baugrundstück noch in seiner Höhe von den an allgemein zugänglichen Orten zugleich mit ihm sichtbaren Bauwerken auffallend abweiche. Weiche das verfahrensgegenständliche Bauvorhaben jedoch von den sichtbaren Bauwerken auffallend ab, liege eine Beeinträchtigung des Lichteinfalles unter 45 Grad auf Hauptfenster zulässiger Gebäude auf dem Nachbargrundstück des Nachbarn schon dann vor, wenn, wie von der Amtssachverständigen und von der Berufungsbehörde festgestellt, die Anordnung von Hauptfenstern im Mittelteil eines zukünftig zulässigen Nachbargebäudes nicht möglich wäre, mag dieser Bereich auch nur eine Breite von 3 m aufweisen. Diesbezüglich hätten sowohl die bautechnische Amtssachverständige als auch der Gemeindevorstand die Rechtslage verkannt. Bereits aus diesem Grund habe die Berufungsbehörde ihren Bescheid mit einer Rechtswidrigkeit belastet, zumal nicht ausgeschlossen werden könne, dass bei Vermeidung dieser Rechtswidrigkeit ein anderes, für den Vorstellungswerber günstigeres Ergebnis möglich wäre.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der mitbeteiligte Nachbar erstattete ebenfalls eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 6 Abs. 1 Z. 3 NÖ Bauordnung 1996 (BO) haben in Baubewilligungsverfahren und baupolizeilichen Verfahren nach § 32, § 33 Abs. 2, § 34 Abs. 2 und § 35 die Eigentümer der Baugrundstücke, die an das Baugrundstück angrenzen oder von diesem durch dazwischen liegende Grundflächen mit einer Gesamtbreite bis zu 14 m (z.B. schmale Grundstücke, Verkehrsflächen, Gewässer, Grüngürtel) getrennt sind, Parteistellung (Nachbarn). Nachbarn sind nur dann Parteien, wenn sie durch das Bauwerk und dessen Benützung in den in Abs. 2 erschöpfend festgelegten subjektivöffentlichen Rechten berührt sind. Beteiligte sind alle sonstigen Personen, die in ihren Privatrechten oder in ihren Interessen betroffen werden.

§ 6 Abs. 2 BO hat folgenden Wortlaut (auszugsweise):

"Subjektiv-öffentliche Rechte werden begründet durch jene Bestimmungen dieses Gesetzes, des NÖ Raumordnungsgesetzes 1976, LGBl. 8000, der NÖ Aufzugsordnung, LGBl. 8220, sowie der Durchführungsverordnungen zu diesen Gesetzen, die

...

3. die Bebauungsweise, die Bebauungshöhe, den Bauwich, die Abstände zwischen Bauwerken oder deren zulässige Höhe, soweit diese Bestimmungen der Erzielung einer ausreichenden Belichtung der Hauptfenster (§ 4 Z. 9) der zulässigen (bestehende bewilligte und zukünftig bewilligungsfähige) Gebäude der Nachbarn dienen."

Das gegenständliche Bauvorhaben ist im ungeregelten Baulandbereich gelegen. Für das zu bebauende Grundstück der Beschwerdeführerin gilt kein Bebauungsplan.

Ob das vom mitbeteiligten Nachbarn geltend gemachte subjektivöffentliche Recht durch das beantragte Bauvorhaben verletzt wird, ist daher anhand der Regelung des § 54 BO zu beurteilen, welche folgenden Wortlaut hat:

"§ 54

Bauwerke im ungeregelten Baulandbereich

Ein Neu- oder Zubau eines Bauwerks ist unzulässig, wenn für ein als Bauland gewidmetes Grundstück kein Bebauungsplan gilt oder dieser keine Festlegungen der Bebauungsweise oder -höhe enthält und das neue oder abgeänderte Bauwerk

in seiner Anordnung auf dem Grundstück oder Höhe von den an allgemein zugänglichen Orten zugleich mit ihm sichtbaren Bauwerken auffallend abweicht oder

den Lichteinfall unter 45 Grad auf Hauptfenster zulässiger Gebäude auf den Nachbargrundstücken beeinträchtigen würde.

Zur Wahrung des Charakters der Bebauung dürfen hievon Ausnahmen gewährt werden, wenn dagegen keine hygienischen oder brandschutztechnischen Bedenken bestehen."

§ 54 BO räumt den Nachbarn nicht weitergehende Mitspracherechte ein, als im § 6 Abs. 2 leg. cit. umschrieben ist. Im Rahmen des § 54 BO werden die subjektiv-öffentlichen Rechte des Nachbarn darauf beschränkt, dass ein Einfluss auf den Lichteinfall auf die Nachbarliegenschaft ausgeübt wird. Eine Verletzung von Nachbarrechten kann somit nur dann gegeben sein, wenn der Lichteinfall unter 45 Grad auf Hauptfenster zulässiger Gebäude auf den Nachbargrundstücken beeinträchtigt wird (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 11. Mai 2010, Zl. 2007/05/0178). Der im § 54 BO zweiter Fall verwendete Begriff "zulässige Gebäude" bezieht sich nicht nur auf die Hauptfenster bestehender (bewilligter oder als konsensgemäß zu beurteilender) Gebäude auf den Nachbargrundstücken, sondern auch auf zukünftig bewilligungsfähige Gebäude (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 25. März 2010, Zl. 2007/05/0207).

Die belangte Behörde erblickte eine Rechtswidrigkeit des Berufungsbescheides darin, dass die Berufungsbehörde unter Zugrundelegung des von ihr eingeholten bautechnischen Gutachtens davon ausgegangen ist, dass bei spiegelgleicher Errichtung eines Gebäudes, wie das von der Beschwerdeführerin eingereichte, auf dem Grundstück des mitbeteiligten Nachbarn der Lichteinfall im Sinne des § 6 Abs. 2 Z. 3 BO gewährleistet sei. Das Nebenfenster für die Belichtung des Essplatzes beim Bauvorhaben sei nämlich - so die Berufungsbehörde - für die Berechnung der Belichtung des Wohnbereiches nicht heranzuziehen; gleiches müsse auch für ein auf dem Grundstück des Nachbarn spiegelgleich errichtetes Gebäude zu gelten haben.

Zutreffend hat die belangte Behörde in diesem Zusammenhang erkannt, dass bei Berücksichtigung des ausreichenden Lichteinfalles im Sinne des § 6 Abs. 2 Z. 3 BO iVm § 54 leg. cit. zu prüfen ist, ob das bewilligte Bauvorhaben den Lichteinfall unter 45 Grad zukünftiger bewilligungsfähiger Neu- und Zubauten auf dem Nachbargrundstück des Beschwerdeführers beeinträchtigen würde (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 25. März 2010, Zl. 2007/05/0207), wobei im ungeregelten Baulandbereich zumindest auf dem Nachbargrundstück diejenige Entfernung zur Grundstücksgrenze anzunehmen ist, die auch das zur Bewilligung eingereichte Bauvorhaben einhält (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. September 2010, Zl. 2008/05/0262).

Ausgehend davon ist daher zu prüfen, ob das gegenständliche zur Bewilligung eingereichte Bauvorhaben den gesetzlichen Lichteinfall auf (fiktive) Hauptfenster des Nachbarn beeinträchtigt. Hiezu bedarf es der Feststellung, in welcher Höhe die tiefstliegenden Hauptfenster des Nachbarn - unter Nichtbeachtung des gegenständlichen Bauvorhabens - zulässig wären (vgl. nochmals das hg. Erkenntnis vom 28. September 2010)

Es kommt entgegen der Rechtsansicht der Berufungsbehörde somit nicht darauf an, ob im zu bewilligenden Bauvorhaben (überhaupt und wo) Hauptfenster vorgesehen sind. Dass bei der gegebenen Rechtslage in einem (hier relevanten) 3 m von der Grundstücksgrenze zum Baugrundstück zukünftig bewilligungsfähigen Gebäude auf dem Nachbargrundstück des mitbeteiligten Nachbarn in dem Bereich, in dem der Lichteinfall gemäß § 6 Abs. 2 Z. 3 BO nicht gewährleistet ist, keine Hauptfenster zulässig wären, ist von der Berufungsbehörde nicht festgestellt worden.

Die Beschwerdeführerin trägt unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften vor, sie habe von der Vorstellung des mitbeteiligten Nachbarn erst durch den angefochtenen Bescheid Kenntnis erlangt; sie bezweifle die Rechtzeitigkeit dieses Rechtsmittels. Die Stellungnahme des mitbeteiligten Nachbarn vom 19. Februar 2009 sei ihr nicht zur Kenntnis gebracht worden. Die belangte Behörde habe daher ihr Recht auf Parteiengehör verletzt. Die belangte Behörde habe gegen das Überraschungsverbot verstoßen, da sie in ihre rechtliche Würdigung Sachverhaltselemente einbezogen habe, die der Beschwerdeführerin nicht zur Kenntnis gebracht worden seien.

Dem Vertreter der Beschwerdeführerin wurde die Vorstellung des mitbeteiligten Nachbarn am 12. August 2009 zur Kenntnis gebracht. Die Rechtzeitigkeit der gemäß § 61 Abs. 1 NÖ Gemeindeordnung 1973 binnen zwei Wochen einzubringenden Vorstellung ergibt sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt. Dem mitbeteiligten Nachbarn wurde der Berufungsbescheid am 3. April 2009 zugestellt; die Vorstellung wurde am 17. April 2009 zur Post gegeben.

Die belangte Behörde selbst hat keine Verfahrensergänzungen durchgeführt, vielmehr die Berufungsentscheidung aus rechtlichen Erwägungen für rechtswidrig erkannt. Sowohl die von der Beschwerdeführerin erwähnte Stellungnahme der mitbeteiligten Partei vom 19. Februar 2009 als auch die dieser Stellungnahme angeschlossene fachkundige Stellungnahme eines Privatgutachters wurden der Berufungsbehörde vor Erlassung ihrer Entscheidung übermittelt. Diesbezüglich hätte die Berufungsbehörde Parteiengehör gewähren müssen. Parteiengehör wurde der Beschwerdeführerin im Vorstellungsverfahren gewährt; der behauptete Verfahrensmangel liegt daher nicht vor.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 16. November 2010

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