VwGH 2009/03/0144

VwGH2009/03/014427.5.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Handstanger, Dr. Lehofer, Mag Nedwed und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des W P in H, vertreten durch Prof.Dipl.Ing. Mag. Andreas O. Rippel, Rechtsanwalt in 1130 Wien, Maxingstraße 34, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion Salzburg vom 22. Juli 2009, Zl E1/3361/2009, betreffend Ausstellung eines Waffenpasses, zu Recht erkannt:

Normen

WaffG 1996 §21 Abs2;
WaffG 1996 §22 Abs2;
WaffG 1996 §21 Abs2;
WaffG 1996 §22 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführers, eines Angehörigen der Militärstreife und Militärpolizei, auf Ausstellung eines Waffenpasses für zwei genehmigungspflichtige Schusswaffen gemäß § 21 Abs 2 in Verbindung mit § 22 Abs 2 des Waffengesetzes 1996, BGBl I Nr 12/1997 (WaffG), abgewiesen.

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer habe seinen Bedarf zum Führen einer Waffe auch außerhalb der Dienstzeit (in der ihm eine Dienstwaffe zur Verfügung gestellt werde) damit begründet, dass er dienstlichen Kontakt zu teilweise kriminellen Personen habe und deshalb auch im Privaten eine Waffe führen wolle, um sich und seine Familie vor diversen Racheakten schützen zu können.

Damit sei es dem Beschwerdeführer nicht gelungen, "in concreto" den Beweis zu erbringen, dass er insbesondere auch privat tatsächlich bedroht werde. Auf Anfrage der Erstbehörde habe das Militärkommando Salzburg mitgeteilt, dass keine Drohungen gegen Militärpolizisten im privaten Bereich bekannt seien und es diesbezüglich auch keine Anzeigen gebe. Der dienstliche Kontakt des Beschwerdeführers in Österreich könne aufgrund des Aufgabengebiets nur überwiegend Militärangehörige betreffen. Dass es sich dabei nach den Angaben des Beschwerdeführers um einen teilweise kriminellen Personenkreis handle, könne die belangte Behörde nicht nachvollziehen; auch habe der Beschwerdeführer hiefür keinen Beweis erbringen können.

Im Rahmen der Ausbildung des Beschwerdeführers sei dieser auch in der waffenlosen Selbstverteidigung unterrichtet worden, die er zum eigenen Schutz einsetzen könne. Es lasse sich für die belangte Behörde keine Gefahrenlage erkennen, welche zwangsläufig erwachse und der am wirksamsten mit dem Führen einer genehmigungspflichten Schusswaffe begegnet werden könne. Die behauptete Gefahr von Racheakten hebe sich nicht vom Sicherheitsrisiko ab, welchem viele Berufsgruppen (etwa Geldtransporter) ausgesetzt seien, denen in der Rechtsprechung kein erhöhtes Risiko zuerkannt werde. Ein Vergleich mit Exekutivbeamten (im Außendienst) sei aufgrund des verschiedenen Aufgabengebiets nicht zulässig.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Antrag, ihn kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die im vorliegenden Fall maßgebenden Bestimmungen des WaffG

lauten:

"Ausstellung von Waffenbesitzkarte und Waffenpaß

§ 21. ...

(2) Die Behörde hat verläßlichen EWR-Bürgern, die das 21. Lebensjahr vollendet haben und einen Bedarf zum Führen genehmigungspflichtiger Schußwaffen nachweisen, einen Waffenpaß auszustellen. Die Ausstellung eines Waffenpasses an andere verläßliche Menschen, die das 21. Lebensjahr vollendet haben, liegt im Ermessen der Behörde.

...

Rechtfertigung und Bedarf

§ 22. ...

(2) Ein Bedarf im Sinne des § 21 Abs. 2 ist jedenfalls als gegeben anzunehmen, wenn der Betroffene glaubhaft macht, daß er außerhalb von Wohn- oder Betriebsräumen oder seiner eingefriedeten Liegenschaften besonderen Gefahren ausgesetzt ist, denen am zweckmäßigsten mit Waffengewalt wirksam begegnet werden kann."

Ausgehend von dieser Rechtslage ist es allein Sache des Waffenpasswerbers, das Vorliegen eines Bedarfes zum Führen genehmigungspflichtiger Schusswaffen nachzuweisen und im Anwendungsbereich des § 22 Abs 2 WaffG die dort geforderte besondere Gefahrenlage, der am zweckmäßigsten mit Waffengewalt wirksam begegnet werden kann, glaubhaft zu machen. Der Waffenpasswerber hat daher im Verwaltungsverfahren konkret und in substanzieller Weise im Einzelnen darzutun, woraus er für seine Person die geforderte besondere Gefahrenlage ableite, dass diese Gefahr für ihn gleichsam zwangsläufig erwachse und dass es sich hiebei um eine solche qualifizierte Gefahr handle, der am zweckmäßigsten mit Waffengewalt wirksam begegnet werden könne. Bloße Vermutungen und Befürchtungen einer möglichen Bedrohung reichen zur Dartuung einer Gefährdung nicht aus, solange sich Verdachtsgründe nicht derart verdichten, dass sich schlüssig eine konkrete Gefährdung ergibt (vgl das hg Erkenntnis vom 18. Oktober 2005, Zl 2005/03/0066, mwN).

Es reicht also nicht aus, dass in bestimmten Situationen das Führen einer genehmigungspflichtigen Schusswaffe zweckmäßig sein kann. Vielmehr ist zum Einen glaubhaft zu machen, dass in derartigen Situationen eine genehmigungspflichtige Schusswaffe geradezu erforderlich ist und dass auf andere Weise der Bedarf nicht befriedigt, das bedarfsbegründende Ziel nicht erreicht werden kann; zum Anderen ist erforderlich, dass der Antragsteller selbst mit einer hohen Wahrscheinlichkeit in die bedarfsbegründende Situation kommt (vgl das hg Erkenntnis vom 23. April 2008, Zl 2006/03/0171, mwN).

Der Beschwerdeführer hat den Bedarf zum Führen einer Schusswaffe im erstinstanzlichen Verfahren damit begründet, dass er aufgrund seiner Tätigkeit bei der Militärstreife und Militärpolizei im Zuge diverser Amtshandlungen Kontakt zu "fragwürdigen Personen" habe, gegen deren Interessen er handeln müsse. Es seien "teilweise kriminelle Personenkreise, sei es im Rahmen von Suchtmittelkontrollen oder im Rahmen der Aufarbeitung diverser Gewaltdelikte, sowie Diebstahls und Sachbeschädigungsdelikte". Das "Problem als Militärstreifenangehöriger" beruhe darauf, dass man leicht herausfinde, wo die Militärstreifen stationiert seien und es auf diese Weise jedermann leicht möglich sei, dem Beschwerdeführer bei Verlassen der Kaserne zu folgen bzw diverse Racheakte aufgrund einer ordnungsgemäß durchgeführten Amtshandlung zu setzen.

In der Berufung hat er überdies auf die (in jüngerer Zeit neu hinzugekommenen) Polizeiaufgaben der Militärpolizei im Auslandseinsatz (etwa im Kosovo) verwiesen. Diese könnten von der routinemäßigen Verkehrskontrolle bis hin zur Festnahme gesuchter Krimineller reichen. Außerdem fielen "Einsätze bei Demonstrationen darunter wie Fahndungen, Erhebungen und Einvernahmen" und der Personenschutz von hohen österreichischen und ausländischen Militärangehörigen.

Zu Recht hat die belangte Behörde erkannt, dass dieses Vorbringen weder konkret noch substantiiert genug war, um den Bedarf zum Führen einer Schusswaffe im Sinne des § 22 Abs 2 WaffG zu begründen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erst jüngst im Fall eines Angehörigen des österreichischen Bundesheeres, der seinen Bedarf zum Führen einer Schusswaffe - ähnlich dem Beschwerdeführer im gegenständlichen Fall - damit begründet hatte, im Rahmen seiner Tätigkeit mit "besonderen Polizeiaufgaben" (wie etwa dem Auffinden und Festnehmen von gesuchten, besonders gefährlichen Personen bei extrem gefährdenden Spezialeinsätzen des österreichischen Bundesheeres) betraut zu sein, ausgeführt, dass diese dienstliche Tätigkeit nicht geeignet sei, die Ausstellung eines Waffenpasses zu rechtfertigen. Dem (dortigen) Beschwerdeführer werde nämlich vom Dienstgeber in der Dienstzeit eine Dienstwaffe zur Verfügung gestellt. Er behaupte zwar, dass auch außerhalb der Dienstzeit die Gefahrenlage gegeben sei und dieser ausschließlich mit Waffengewalt wirksam begegnet werden könne. Eine Konkretisierung dieses Vorbringens sei aber nicht erfolgt und es sei für den Verwaltungsgerichtshof nicht ersichtlich, warum eine aus der Durchführung der genannten Spezialeinsätze resultierende Gefährdung außerhalb der Dienstzeit weiter wirken solle (vgl das hg Erkenntnis vom 29. Mai 2009, Zl 2006/03/0098).

Diese Überlegungen lassen sich auch auf den vorliegenden Fall übertragen. Es ist dem Beschwerdeführer nicht gelungen, glaubhaft zu machen, dass das Führen einer genehmigungspflichtigen Schusswaffe geradezu erforderlich ist, ein Risiko aufgrund einer besonderen Gefahrenlage, in das er mit hoher Wahrscheinlichkeit kommen kann, zu vermeiden, welches auf keine andere Weise abgewehrt werden kann.

Die von ihm ins Treffen geführten Gefahrensituationen bleiben sehr allgemein, unkonkret und spekulativ. Weder er noch das von der belangten Behörde kontaktierte Militärkommando Salzburg konnten aus ihrer Erfahrung Fälle angeben, in denen es tatsächlich zu den vom Beschwerdeführer befürchteten Übergriffen auf Militärpolizisten im Privatbereich gekommen wäre.

Wenn die Beschwerde argumentiert, die belangte Behörde hätte (statt beim Militärkommando Salzburg) beim Kommando Militärstreife und Militärpolizei (oder dem Streitkräfteführungskommando) anfragen sollen, wodurch erkannt worden wäre, dass "ein entsprechendes Bedrohungsszenario gegen Angehörige des Kommandos Militärstreife & Militärpolizei besteht", ist ihr zweierlei zu erwidern:

Zum Einen hat der Beschwerdeführer, dem die Auskunft des Militärkommandos Salzburg schon im erstinstanzlichen Verfahren zur Kenntnis gebracht worden ist, weder in seiner darauf folgenden Stellungnahme vom 20. April 2009 noch in der Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid auf das Erfordernis einer weiteren Beweisaufnahme bei anderen Stellen des österreichischen Bundesheeres hingewiesen. Zum Anderen ist die Behauptung, eine derartige Beweisaufnahme hätte ein "entsprechendes Bedrohungsszenario" ergeben, ebenfalls zu unkonkret, um damit die Relevanz eines allfälligen Verfahrensmangels aufzuzeigen.

Ausgehend davon erübrigt sich eine nähere Auseinandersetzung mit der Beschwerde vertretenen Rechtsansicht, auch Militärpolizisten seien Exekutivbeamte, weshalb auf sie dieselben Grundsätze wie bei Polizeibeamten im Außendienst angewendet werden müssten, ist es doch in jedem Fall geboten, das Bedrohungsszenario auf seine (hohe) Wahrscheinlichkeit hin zu prüfen.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl II Nr 455.

Wien, am 27. Mai 2010

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