VwGH 2006/03/0098

VwGH2006/03/009829.5.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Handstanger, Dr. Lehofer, Mag. Nedwed und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des RL in W, vertreten durch Dipl.Ing. Mag. Andreas O. Rippel, Rechtsanwalt in 1130 Wien, Maxingstraße 34, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion Oberösterreich vom 27. April 2006, Zl St 305/05, betreffend Ausstellung eines Waffenpasses, zu Recht erkannt:

Normen

WaffG 1996 §21 Abs2;
WaffG 1996 §22 Abs2;
WaffG 1996 §21 Abs2;
WaffG 1996 §22 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Ausstellung eines Waffenpasses für zwei genehmigungspflichtige Schusswaffen gemäß § 21 Abs 2 in Verbindung mit § 22 Abs 2 des Waffengesetzes 1996, BGBl Nr 12/1997 (WaffG), abgewiesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Antrag, ihn kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und nahm von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die im vorliegenden Fall maßgebenden Bestimmungen des Waffengesetzes 1996, BGBl I Nr 12/1997 (WaffG), lauten:

"Ausstellung von Waffenbesitzkarte und Waffenpaß

§ 21. ...

(2) Die Behörde hat verläßlichen EWR-Bürgern, die das 21. Lebensjahr vollendet haben und einen Bedarf zum Führen genehmigungspflichtiger Schußwaffen nachweisen, einen Waffenpaß auszustellen. Die Ausstellung eines Waffenpasses an andere verläßliche Menschen, die das 21. Lebensjahr vollendet haben, liegt im Ermessen der Behörde.

...

Rechtfertigung und Bedarf

§ 22. ...

(2) Ein Bedarf im Sinne des § 21 Abs. 2 ist jedenfalls als gegeben anzunehmen, wenn der Betroffene glaubhaft macht, daß er außerhalb von Wohn- oder Betriebsräumen oder seiner eingefriedeten Liegenschaften besonderen Gefahren ausgesetzt ist, denen am zweckmäßigsten mit Waffengewalt wirksam begegnet werden kann."

2. Ausgehend von dieser Rechtslage ist es allein Sache des Waffenpasswerbers, das Vorliegen eines Bedarfes zum Führen genehmigungspflichtiger Schusswaffen nachzuweisen und im Anwendungsbereich des § 22 Abs 2 WaffG die dort geforderte besondere Gefahrenlage, der am zweckmäßigsten mit Waffengewalt wirksam begegnet werden kann, glaubhaft zu machen. Der Waffenpasswerber hat daher im Verwaltungsverfahren konkret und in substanzieller Weise im Einzelnen darzutun, woraus er für seine Person die geforderte besondere Gefahrenlage ableite, dass diese Gefahr für ihn gleichsam zwangsläufig erwachse und dass es sich hiebei um eine solche qualifizierte Gefahr handle, der am zweckmäßigsten mit Waffengewalt wirksam begegnet werden könne. Bloße Vermutungen und Befürchtungen einer möglichen Bedrohung reichen zur Dartuung einer Gefährdung nicht aus, solange sich Verdachtsgründe nicht derart verdichten, dass sich schlüssig eine konkrete Gefährdung ergibt (vgl das hg Erkenntnis vom 18. Oktober 2005, Zl 2005/03/0066, mwN).

3. Die Beschwerde rügt zwar mit Recht, dass die belangte Behörde insofern keinen konkreten Sachverhalt festgestellt hat, als sie nicht ausdrücklich klar gestellt hat, ob ihrer Auffassung nach das Sachvorbringen des Beschwerdeführers, mit dem er eine besondere Gefahrenlage darzulegen versuchte, zutrifft oder nicht. Ein relevanter Verfahrensmangel wird im Beschwerdefall dadurch aber nicht begründet, weil die Beurteilung der belangten Behörde, auch ausgehend vom Vorbringen des Beschwerdeführers sei ein Bedarf am Führen von Faustfeuerwaffen nicht gegeben, nicht als rechtswidrig erkannt werden kann:

4. Der Beschwerdeführer hatte seinen Bedarf zum Führen einer Schusswaffe bei seiner Befragung durch die Erstbehörde am 6. Mai 2005 damit begründet, er sei "im Aktivdienst beim Jagdkommando - Sondereinsatz in Wiener Neustadt". Zur "näheren Erläuterung" verwies er auf ein Schreiben dieser Dienststelle vom 19. April 2005, in dem es heißt:

"Es wird bestätigt dass (der Beschwerdeführer) als Beamter beim Jagdkommando in seiner Funktion als Jagdkommandounteroffizier sowie als Angehöriger des Sondereinsatzverbandes Jagdkommando mit der Durchführung und Planung von Spezialeinsätzen im In- und Ausland beauftragt ist. Somit ist der oben Genannte als gefährdete Person einzustufen, mit besonderen Geheimhaltungsbestimmungen betraut und dadurch besonderer Geheimnisträger.

Es wird ersucht, dem Beamten aus den oben genannten Gründen einen Waffenpass auszustellen."

In einem weiteren Schreiben des "Kommando Spezialeinsatzkräfte KdoSEK" vom 25. August 2005 heißt es:

"1. Die Bedarfsgründe, welche durch den (Beschwerdeführer) angeführt wurden, entsprechen im betreffenden Fall der Richtigkeit.

2. Gemäß den Bestimmungen des BMLV wird (dem Beschwerdeführer) während der Dienstzeit eine dienstliche Waffe zur Verfügung gestellt.

3. Eine dienstlich zugewiesene Waffe wird (dem Beschwerdeführer) nach Dienst nicht zur Verfügung gestellt, weil dies im BMLV nur für bestimmte Personengruppen (Nachrichtendienste, militärische Sicherheit) vorgesehen ist, und (der Beschwerdeführer) nicht der o.a. Personengruppe angehört."

In seiner Stellungnahme von 10. Oktober 2005 führte der Beschwerdeführer Folgendes aus:

"1. Wie bereits angeführt, bin ich Jagdkommandounteroffizier sowie Angehöriger des Sondereinsatzverbandes Jagdkommando des Österreichischen Bundesheeres. In dieser Funktion bin ich mit der Durchführung und Planung von Spezialeinsätzen im In- und Ausland beauftragt. Aufgrund dieser Aufgabe verfüge ich über geheime Informationen. Diese geheimen Informationen betreffen die Spezialeinsätze im In- und Ausland.

In der momentan politischen Situation sind natürlich die Informationen über Auslandsspezialeinsätze von strategischer Bedeutung. In diesem Zusammenhang ist beispielweise auf die extrem gefährdenden Spezialeinsätze des Österreichischen Bundesheeres im Gebiet des ehemaligen Jugoslawiens und im Gebiet von Afghanistan zu verweisen. Aufgrund der geänderten politischen Rahmenbedingungen handelt es sich dabei nicht mehr ausschließlich um 'friedenerhaltende Maßnahmen', sondern werden weit aktivere Aufgaben übernommen. So fallen beispielweise besondere 'Polizeiaufgaben', wie beispielweise das Auffinden und Festnehmen von gesuchten, besonders gefährlichen Personen in den Aufgabenbereich von Spezialverbänden.

Wie dem Schreiben Jagdkommando vom 19.04.2005 zu entnehmen ist, bin ich 'besonderer Geheimnisträger' und dadurch im und außerhalb des Dienstes als 'gefährdete Person' einzustufen.

Zur Abwehr der besonderen Gefahren während des Dienstes wird mir vom Österreichischen Bundesheer während der Dienstzeit eine dienstliche Waffe zur Verfügung gestellt.

Obzwar meine Gefährdung aufgrund meiner geheimen Informationen unvermindert auch außerhalb des Dienstes besteht, kann mir von meiner Dienststelle eine entsprechende Waffe außerhalb des Dienstes nicht zur Verfügung gestellt werden. Eine dienstlich zugewiesene Waffe ist nur für bestimmte Personengruppen (Nachrichtendienste, militärische Sicherheit) vorgesehen.

2. Gemäß § 22 Abs. 2 Waffengesetz 1996 (WaffG) ist ein Bedarf jedenfalls als gegeben anzunehmen, wenn der Betroffene glaubhaft macht, daß er außerhalb von Wohn- oder Betriebsräumen oder seiner eingefriedeten Liegenschaften besonderen Gefahren ausgesetzt ist, denen am zweckmäßigsten mit Waffengewalt wirksam begegnet werden kann.

Wie meinen obigen Ausführungen zu entnehmen ist, bin ich Geheimnisträger und verfüge ich über Informationen, die - sofern sie in falsche Hände kommen - meine Kameraden und die Durchführung eines Spezialeinsatzes gefährden könnten. Diese geheimen Informationen bewirken (jederzeit) eine besondere Gefahrenlage, die das Ausmaß der für jedermann bestehenden Gefahren erheblich übersteigt. Diesen besonderen Gefahren wird innerhalb der Dienstzeit durch die Zurverfügungstellung einer dienstlichen Waffe genüge getan.

Außerhalb der Dienstzeit und sohin außerhalb von Wohn- oder Betriebsräumen oder eingefriedeten Liegenschaften ist aber die Gefahrenlage vollinhaltlich weiterhin gegeben und kann dieser Gefahrenlage ausschließlich mit Waffengewalt wirksam begegnet werden. Eine andere Abwehrmöglichkeit besteht nicht."

In der Berufung gegen den den Antrag abweisenden Bescheid der Bundespolizeidirektion Wels bemängelte der Beschwerdeführer das Fehlen einer ausreichenden Begründung, wiederholte sein Vorbringen in der eben genannten Stellungnahme und stellte Beweisanträge.

5. Der belangten Behörde kann im Ergebnis nicht entgegengetreten werden, wenn sie die Auffassung vertreten hat, dieses Vorbringen begründe keinen Bedarf und rechtfertige deshalb nicht die Ausstellung einer Waffenbesitzkarte:

5.1. Der Beschwerdeführer hebt hervor, er sei im Rahmen seiner Tätigkeit mit "besonderen Polizeiaufgaben", wie etwa dem Auffinden und Festnehmen von gesuchten, besonders gefährlichen Personen befasst. Dabei handle es sich nicht etwa bloß um "friedenerhaltende Maßnahmen", sondern um "weit aktivere Aufgaben" im Rahmen extrem gefährdender Spezialeinsätze des österreichischen Bundesheeres.

Diese dienstliche Tätigkeit des Beschwerdeführers ist deshalb nicht geeignet, einen Bedarf am Führen einer Schusswaffe im Sinne des § 22 Abs 2 WaffG zu begründen, weil dem Beschwerdeführer - wie er selbst einräumt - vom Dienstgeber während der Dienstzeit eine Dienstwaffe zur Verfügung gestellt wird. Der Beschwerdeführer behauptet zwar, dass auch außerhalb der Dienstzeit und somit außerhalb von Wohn- oder Betriebsräumen oder eingefriedeten Liegenschaften die "Gefahrenlage vollinhaltlich weiterhin gegeben" sei und dieser "ausschließlich mit Waffengewalt wirksam begegnet werden" könne. Eine Konkretisierung dieses Vorbringens erfolgt aber nicht und ist für den Verwaltungsgerichtshof schon mangels näherer Darlegung durch den Beschwerdeführer nicht ersichtlich, warum eine aus der Durchführung der genannten Spezialeinsätze (die doch während der Dienstzeit und damit unter möglicher Verwendung der Dienstwaffe erfolgen) resultierende Gefährdung außerhalb der Dienstzeit weiter wirken solle. Dies umso mehr, als die zitierte Bestätigung vom 25. August 2005 belegt, dass seitens des Bundesheeres bestimmten Personengruppen (hinsichtlich derer offenbar eine besondere Gefährdung angenommen wird) eine Dienstwaffe auch nach Dienst zur Verfügung gestellt wird, der Beschwerdeführer aber nicht dieser Personengruppe angehört.

5.2. Der Beschwerdeführer bringt hinsichtlich dieses "Weiterwirkens" ergänzend lediglich vor, er sei "Geheimnisträger" und verfüge über Informationen, die, kämen sie in falsche Hände, seine Kameraden und die Durchführung eines Spezialeinsatzes gefährdeten.

Der Verwaltungsgerichtshof erachtet es vorliegend als unbedenklich, dass die belangte Behörde die vom Beschwerdeführer hervorgehobene Geheimnisträgerschaft nicht als hinreichend angesehen hat, um daraus eine besondere, Gewaltanwendung befürchten lassende Gefahrenlage für ihn abzuleiten. Es reicht nämlich nicht aus, dass in bestimmten Situationen das Führen einer genehmigungspflichtigen Schusswaffe zweckmäßig sein könnte, vielmehr ist zum einen glaubhaft zu machen, dass in derartigen Situationen eine genehmigungspflichtige Schusswaffe geradezu erforderlich ist, das bedarfsbegründende Ziel also sonst nicht erreicht, eine Gefährdung auf andere Weise also nicht abgewehrt werden kann; zum anderen ist erforderlich, dass der Antragsteller selbst mit einer hohen Wahrscheinlichkeit in die bedarfsbegründende Situation kommt (vgl das hg Erkenntnis vom 19. Dezember 2006, Zl 2005/03/0035).Beides wurde vom Beschwerdeführer aber nicht näher dargetan (vgl in diesem Zusammenhang auch das hg Erkenntnis vom 29. Jänner 2007, Zl 2005/03/0021).

6. Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl II Nr 455.

Wien, am 29. Mai 2009

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