Normen
AVG §32;
AVG §33;
AVG §71 Abs1;
NAG 2005 §21 Abs1;
NAG 2005 §24 Abs2 idF 2005/I/157;
NAG 2005 §24 Abs2 idF 2009/I/029;
NAG 2005 §24 Abs2;
NAG 2005 §24;
VwRallg;
AVG §32;
AVG §33;
AVG §71 Abs1;
NAG 2005 §21 Abs1;
NAG 2005 §24 Abs2 idF 2005/I/157;
NAG 2005 §24 Abs2 idF 2009/I/029;
NAG 2005 §24 Abs2;
NAG 2005 §24;
VwRallg;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein mazedonischer Staatsangehöriger, brachte am 12. Oktober 2006 beim Landeshauptmann von Wien einen von ihm als Verlängerungsantrag bezeichneten Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels ein, den er mit der Aufrechterhaltung der Familiengemeinschaft mit seiner österreichischen Ehefrau begründete.
Dieser Antrag wurde in erster Instanz vom Landeshauptmann von Wien gemäß § 21 Abs. 1 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) abgewiesen. Diese Behörde ging davon aus, es liege kein Verlängerungsantrag, sondern ein entgegen der genannten Bestimmung im Inland gestellter Erstantrag vor.
Einer dagegen gerichteten Berufung gab die belangte Behörde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid insoweit keine Folge, als die Antragsabweisung nicht auf § 21 Abs. 1 NAG, sondern auf § 11 Abs. 1 Z 2 NAG gestützt wurde.
Begründend führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer habe zuletzt über eine vom 21. Jänner 2005 bis 21. Jänner 2006 gültige Niederlassungsbewilligung für den Aufenthaltszweck "begünstigter Drittsta. - Ö" verfügt. Über Befragung habe er angegeben, vom 25. Oktober 2005 bis 24. August 2006 in Italien inhaftiert gewesen zu sein. Rechtlich folgerte die belangte Behörde daraus, dass der gegenständliche Antrag infolge § 24 Abs. 2 NAG (in der hier maßgeblichen Fassung), wonach Anträge, die nach Ablauf des Aufenthaltstitels gestellt werden, nur dann als Verlängerungsanträge gelten, wenn der Antrag spätestens sechs Monate nach dem Ende der Gültigkeitsdauer des letzten Aufenthaltstitels gestellt wurde, im Hinblick auf das Datum der Antragstellung am 12. Oktober 2006 als Erstantrag zu werten sei.
Weiters führte die belangte Behörde aus, ihre Recherchen hätten ergeben, dass gegen den Beschwerdeführer in Italien ein Aufenthaltsverbot, welches bis 30. September 2009 gültig sei, erlassen worden sei. Somit stehe der Antragsbewilligung nach § 11 Abs. 1 Z 2 NAG ein zwingender Versagungsgrund entgegen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde, nach Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde, erwogen:
Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass sich die Beurteilung des gegenständlichen Falles im Hinblick auf den Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides nach den Bestimmungen des NAG in der Fassung des BGBl. I Nr. 99/2006 richtet.
Der Beschwerdeführer bringt vor, die erstinstanzliche Behörde hätte insofern eine Belehrungspflicht getroffen, als sie ihm die bereits damals bekannt gewordene Verspätung der Antragstellung vorhalten und anraten hätte müssen, einen Wiedereinsetzungsantrag zu stellen. Damit vermag der Beschwerdeführer aber nicht aufzuzeigen, inwiefern dies zu einem anderen Bescheid führen hätte können. Zum einen sah § 24 NAG in der hier anzuwendenden Fassung keine Regelung vor, dass bei Vorliegen von bestimmten Gründen der Antrag als rechtzeitig gestellt anzusehen wäre (vgl. demgegenüber die nunmehrige Bestimmung des § 24 Abs. 2 NAG). Zum anderen hat der Verwaltungsgerichtshof zur hier anzuwendenden Rechtslage im Erkenntnis vom 28. August 2008, 2008/22/0348, bereits festgehalten, dass es sich bei der in § 24 Abs. 2 NAG vorgesehenen Frist von sechs Monaten um eine materiell-rechtliche Frist handelt. § 71 AVG bezieht sich demgegenüber auf verfahrensrechtliche Fristen, sodass eine Wiedereinsetzung nach dieser Bestimmung in die gemäß § 24 NAG gesetzte Frist von vornherein nicht in Betracht kommt (vgl. auch dazu das bereits genannte hg. Erkenntnis vom 28. August 2008). Die Ansicht der belangten Behörde, es liege ein Erstantrag vor, ist somit nicht zu beanstanden; insofern liegt aber auch eine mit relevanten Mängeln behaftete Verfahrensführung nicht vor.
Der Beschwerdeführer rügt allerdings zutreffend, dass ihm hinsichtlich des von der belangten Behörde - erstmals - herangezogenen Abweisungsgrundes kein Parteiengehör eingeräumt wurde. In diesem Zusammenhang bringt er vor, dass er keine Kenntnis von einem in Italien erlassenen Aufenthaltsverbot habe und das von Italien im Schengener Informationssystem gespeicherte Aufenthaltsverbot entweder durch eine Verwechslung "in den Computer eingegeben" worden sei oder die Zustellung der entsprechenden Entscheidung an ihn nicht erfolgt sei.
Gemäß § 45 Abs. 3 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz - AVG ist den Parteien im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Gelegenheit zu geben, vom Ergebnis der Beweisaufnahme Kenntnis und dazu Stellung zu nehmen. Die Behörde erster Instanz begründete die Antragsabweisung ausschließlich mit der Antragstellung im Inland. Demgegenüber führte die belangte Behörde erstmals im Berufungsbescheid, ohne auf den von der erstinstanzlichen Behörde herangezogenen Grund abzustellen, nur noch aus, dass der Antragsbewilligung infolge des in Italien bestehenden Aufenthaltsverbotes der Versagungsgrund des § 11 Abs. 1 Z 2 NAG - diese Bestimmung sieht vor, dass einem Fremden Aufenthaltstitel (u.a.) nicht erteilt werden dürfen, wenn gegen ihn ein Aufenthaltsverbot eines anderen EWR-Staates besteht - entgegenstehe.
Im Zusammenhang mit dem auch im Verwaltungsverfahren anerkannten "Überraschungsverbot" hat der Verwaltungsgerichtshof bereits ausgesprochen, dass die Behörde, wenn sie gegenüber dem Bescheid der Vorinstanz den Versagungsgrund ändert, verpflichtet ist, die diesem Versagungsgrund zugrunde liegenden Feststellungen der Partei vorzuhalten (vgl. Punkt 5.2. des hg. Erkenntnisses vom 3. April 2009, 2008/22/0711, mwH).
Dem vorgelegten Verwaltungsakt ist eine auf den Beschwerdeführer bezogene Abschiebungsanordnung einer italienischen Behörde zu entnehmen, in der auf eine von einer italienischen Behörde erlassene Ausweisung - nicht aber auf ein Aufenthaltsverbot - Bezug genommen wird. Ob und inwiefern allenfalls eine in Italien erlassene Ausweisung Rechtswirkungen entfaltet, die in Österreich einem Aufenthaltsverbot entsprechen, hat die belangte Behörde weder erhoben noch näher dargelegt.
Die belangte Behörde stützte ihre Annahme nun ausschließlich auf eine im Schengener Informationssystem vorhandene Eintragung, ohne den von ihr angenommenen Sachverhalt dem Beschwerdeführer vorzuhalten. Dadurch nahm sie ihm die Möglichkeit, die Richtigkeit dieser Eintragung zu widerlegen. Da im Fall des Zutreffens der Behauptungen des Beschwerdeführers, er habe von einem Aufenthaltsverbot in Italien nie Kenntnis erlangt und es dürfte sich dabei um eine irrtümliche Eintragung handeln, die belangte Behörde, weil dann der Versagungsgrund des § 11 Abs. 1 Z 2 NAG als nicht gegeben anzusehen wäre, zu einem anderen Bescheid hätte kommen können, erweist sich der vorliegende Verfahrensfehler als relevant.
Der angefochtene Bescheid war sohin wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.
Wien, am 18. Februar 2010
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