Normen
ForstG 1975 §13 Abs1;
ForstG 1975 §16 Abs1;
ForstG 1975 §17 Abs1;
ForstG 1975 §172 Abs6;
ForstG 1975 §1a Abs1;
ForstG 1975 §1a Abs5;
ForstG 1975 §13 Abs1;
ForstG 1975 §16 Abs1;
ForstG 1975 §17 Abs1;
ForstG 1975 §172 Abs6;
ForstG 1975 §1a Abs1;
ForstG 1975 §1a Abs5;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft St. Pölten (BH) vom 11. Oktober 2007 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 172 Abs. 6 Forstgesetz 1975 aufgetragen, binnen festgesetzter Frist das auf der Waldparzelle Nr. 56/5, KG St., auf einer Fläche von rund 600 m2 gelagerte, im Einzelnen bezeichnete Material zu entfernen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Ansammlung verschiedenster Materialien auf Waldboden sei als Waldverwüstung anzusehen. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers handle es sich bei den gelagerten Materialien um Abfall; große Teile davon könnten "bestenfalls als Alteisen" verwertet werden.
Der Beschwerdeführer erhob Berufung, in der er vorbrachte, sein Anwesen bestehe aus mehreren Parzellen und werde von einem Mühlbach durchflossen. Seit 250 Jahren werde hier eine Schmiede betrieben. Der überwiegende Teil des "Baum- bzw. Buschbestandes" auf dem in Rede stehenden Grundstück bestehe aus dem Böschungsbewuchs entlang des Gewässers und nehme nur einen schmalen Geländestreifen ein. Beim Kauf der Schmiede durch den Beschwerdeführer im Jahre 1976 seien auf den Grundstücken bereits diverse Materialien gelagert gewesen; damals sei von einer Waldfläche noch keine Rede gewesen. Bei den gelagerten Materialien handle es sich jedenfalls nicht um Abfall, sondern um Materialien, die zur Wiederverwendung durch den Beschwerdeführer und seine Familie vorgesehen seien. Weder handle es sich bei den betroffenen Flächen daher um Wald, noch bei den gelagerten Materialien um Abfall. Es liege daher auch keine Waldverwüstung vor.
Die Berufungsbehörde holte ein forstfachliches Gutachten ein. Danach weise die Parzelle Nr. 56/5, KG St. für sich zwar nicht die Mindestgröße von 1.000 m2 und eine durchschnittliche Mindestbreite von 10 m auf, sie sei aber Teil einer bestockten Grundfläche, die die Kriterien der Waldeigenschaft erfülle. Dabei handle es sich um eine zu 100 % bestockte Grundfläche mit einer Größe von insgesamt
6.667 m2 und einer durchschnittlichen Breite von 16,7 m. Der ungleichaltrige, aus Schwarzerlen, Eschen, Hainbuchen, Aspen, Birken und Fichten bestehende Bewuchs weise ein Alter von 20 bis 80 Jahren auf, wobei die älteren Individuen überwögen. Die zum Teil sehr großkronigen Laubhölzer würden für eine vollständige Überschirmung sorgen. Die vom Beschwerdeführer gelagerten Materialien würden den Bereich zwischen den Baumstreifen, die den Bach begleiten, und der Böschungsunterkante nahezu vollständig bedecken; nur schmale Pfade zwischen den gelagerten Materialien seien freigeblieben. Es seien unterschiedlichste Materialien (Dachziegel, Holz, Metallteile etc.) "sortenrein" gelagert worden. Die Produktionskraft des Waldes werde dadurch "vielleicht graduell beeinträchtigt", weil durch die flächige Lagerung eine verminderte Bodenatmung auftrete, nicht aber wesentlich geschwächt. Auch eine flächenhafte Gefährdung des Bewuchses könne nicht festgestellt werden, ebenso wenig eine Rutsch- oder Abtragungsgefahr durch die Lagerungen. Die Bäume zwischen den Lagerungen wiesen weder Rindenschäden auf, noch seien Individuen mit Welkeerscheinungen entdeckt worden. Schließlich entstehe durch die Art der Anordnung der Materialien der Eindruck, dass nicht der Entsorgungszweck im Vordergrund stehe, sondern dass durch die Lagerung eine Wiederverwendung der Materialien bezweckt werde. Ob eine Waldverwüstung zufolge Ablagerung von Abfall vorliege, könne forstfachlich nicht beurteilt werden; dies bedürfe der rechtlichen Würdigung, ob es sich bei den Materialien um Abfall handle.
In seiner Stellungnahme zu diesem Gutachten bekräftigte der Beschwerdeführer, dass es sich bei den gelagerten Materialien nicht um Abfälle handle. Die Materialien dienten der Wiederverwertung. Die Lagerung erfolge nicht unter Entsorgungsgesichtspunkten, sondern im Interesse eines sorgsamen Umganges mit Natur, Energie und Rohstoffen. Im Übrigen handle es sich beim Bewuchs auf der in Rede stehenden Parzelle um ein Flurgehölz, das die Böschung entlang des Baches stütze, nicht aber um Wald.
Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 9. Mai 2008 wurde die Berufung des Beschwerdeführers mit der Maßgabe abgewiesen, dass die für die Entfernung der Materialien gesetzte Frist bis 30. Juni 2009 verlängert werde. Begründend wurde nach Darstellung des Verfahrensganges, insbesondere des forstfachlichen Gutachtens und der angewendeten Rechtsvorschriften im Wesentlichen ausgeführt, bei der verfahrensgegenständlichen Fläche handle es sich um Wald iSd Forstgesetzes. Dass die Liegenschaften des Beschwerdeführers seit 250 Jahren zum Betrieb einer Schmiede genützt worden seien, bzw. genützt würden, sei für die Beurteilung der Waldeigenschaft des Grundstücks nicht entscheidend. Betreffend die gelagerten Materialien folge die Berufungsbehörde aber der Auffassung des Beschwerdeführers, dass die Lagerung nicht in Entsorgungsabsicht erfolge. Es sei nachvollziehbar, dass der Beschwerdeführer die Materialien zur Wiederverwertung lagere. Eine Waldverwüstung iSd § 16 Abs. 2 lit. d Forstgesetz 1975 liege daher nicht vor. Allerdings werde für diese Lagerung Waldboden in Anspruch genommen, obwohl die Verwendung von Waldboden für andere Zwecke als solche der Waldkultur (Rodung) gemäß § 17 Abs. 1 Forstgesetz 1975 grundsätzlich verboten sei. In der bewilligungslosen Verwendung des Waldbodens zur Lagerung von Materialien liege ein Verstoß gegen das Rodungsverbot des § 17 Abs. 1 Forstgesetz 1975. Der Beschwerdeführer habe daher bei Behandlung des Waldes die forstrechtlichen Rodungsvorschriften außer Acht gelassen. Es sei ihm daher zur Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes die Entfernung der gelagerten Materialien vorzuschreiben gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 172 Abs. 6 Forstgesetz 1975 hat die Behörde, wenn Waldeigentümer, Einforstungsberechtigte oder andere Personen bei Behandlung des Waldes oder in seinem Gefährdungsbereich (§ 40 Abs. 1) die forstrechtlichen Vorschriften außer Acht lassen, unbeschadet der allfälligen Einleitung eines Strafverfahrens, die zur umgehenden Herstellung des den Vorschriften entsprechenden Zustandes möglichen Vorkehrungen einschließlich der erforderlichen Sicherungsmaßnahmen dem Verpflichteten durch Bescheid aufzutragen oder bei Gefahr in Verzug unmittelbar anzuordnen und nötigenfalls gegen Ersatz der Kosten durch den Verpflichteten durchführen zu lassen.
Voraussetzung der Erteilung eines forstbehördlichen Auftrages nach § 172 Abs. 6 Forstgesetz 1975 ist, wie der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen hat (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 2. Juli 2008, Zl. 2007/10/0012, und die dort zitierte Vorjudikatur), dass es sich bei der betreffenden Fläche im Zeitpunkt des Zuwiderhandelns gegen forstrechtliche Vorschriften und zum Zeitpunkt der Erlassung des forstpolizeilichen Auftrages um Wald iSd Forstgesetzes 1975 gehandelt hat. Tatbestandsvoraussetzung des § 172 Abs. 6 Forstgesetz 1975 ist weiters ein Verstoß gegen forstrechtliche Vorschriften, z.B. das Rodungsverbot (§ 17 Abs. 1 Forstgesetz 1975), das Verbot der Waldverwüstung (§ 16 Forstgesetz 1975) oder das Gebot der rechtzeitigen Wiederbewaldung (§ 13 Abs. 1 Forstgesetz 1975).
Dem angefochtenen Bescheid liegt die Auffassung zu Grunde, der Beschwerdeführer habe durch die Lagerung der erwähnten Materialien auf einer Grundfläche, bei der es sich um Wald iSd Forstgesetzes 1975 handle, Waldboden für andere Zwecke als solche der Waldkultur verwendet, ohne jedoch über eine Rodungsbewilligung zu verfügen. Zur Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes sei es erforderlich, dem Beschwerdeführer spruchgemäß die Entfernung der gelagerten Materialien vorzuschreiben.
Der Beschwerdeführer wendet sich zunächst gegen die Auffassung der belangten Behörde, die erwähnte Grundfläche sei Wald iSd Forstgesetzes 1975. Er bringt im Wesentlichen vor, es lägen keine ausreichenden Feststellungen betreffend die Waldeigenschaft der in Rede stehenden Grundfläche vor. Da nämlich "die Umtriebszeit jedenfalls unter 30 Jahren" liege, könne iSd § 1a Abs. 5 Forstgesetz 1975 gar kein Wald vorliegen. Aber selbst wenn die gesamte bewaldete Fläche als Wald anzusehen wäre, hätte die geringe Teilfläche, auf der die Materialien gelagert seien, nicht als Wald qualifiziert werden dürfen, weil sie kleiner als 1.000 m2 sei und "weil auf Grund des geringen Flächenausmaßes keine Waldkultur beeinträchtigt wird bzw. überhaupt gar nicht vorliegt".
Mit diesem Vorbringen zeigt der Beschwerdeführer zunächst nicht auf, dass die auf das forstfachliche Gutachten gestützte Annahme der belangten Behörde, es handle sich bei der in Rede stehenden Fläche um Wald iSd § 1a Abs. 1 Forstgesetz 1975, rechtswidrig wäre. Dass das von den Lagerungen betroffene Grundstück nur einen kleinen Teil der Waldfläche darstellt, ist ohne Bedeutung; eine Waldfläche kann nämlich aus einem Grundstück, mehreren Grundstücken oder aus mehreren Grundstücksteilen bestehen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 19. Oktober 1987, Zl. 87/10/0063, vom 24. Oktober 1996, Zl. 91/10/0168, vom 22. März 1999, Zl. 96/10/0204, u.a.).
Soweit sich der Beschwerdeführer aber auf § 1a Abs. 5 Forstgesetz 1975 bezieht, verkennt er den normativen Gehalt dieser Bestimmung: Wenn hier nämlich angeordnet ist, dass Flächen, die im Kurzumtrieb mit einer Umtriebszeit bis zu 30 Jahren genutzt werden, nicht als Wald gelten, so steht dies unter der Voraussetzung, dass diese Nutzung erstens nicht auf Waldboden erfolgt und weiters, dass ihr Inhaber die beabsichtigte Betriebsform der Behörde binnen zehn Jahren nach Durchführung der Aufforstung gemeldet hat. Der Umstand, dass der Beschwerdeführer, wie er in seiner Beschwerde erstmals behauptet, die in Rede stehende Fläche im Kurzumtrieb mit einer Umtriebszeit bis zu 30 Jahren nützt, ist daher für sich allein nicht ausreichend, um der Fläche die Qualifikation als Wald zu nehmen.
Der Beschwerdeführer wendet gegen den angefochtenen Bescheid weiters ein, es sei die Vorgangsweise der belangten Behörde, ihm zunächst eine Waldverwüstung vorzuwerfen und diesen Vorwurf dann auf eine unzulässige Rodung zu ändern, "völlig unverständlich". Dadurch sei ihm die Möglichkeit genommen worden, Einwendungen zu erheben, insbesondere einen Rodungsantrag zu stellen. Die belangte Behörde hätte das Verfahren wegen Waldverwüstung einstellen und den Beschwerdeführer anleiten müssen, einen Rodungsantrag zu stellen. Schließlich seien sowohl die in erster als auch in zweiter Instanz beigezogenen Sachverständigen als befangen anzusehen, nicht zuletzt deshalb, weil es sich um Beschäftigte der Landesregierung handle, denen die Distanz zur Behörde fehle. Der von der Erstbehörde beigezogene Amtssachverständige habe überdies den erstinstanzlichen Bescheid erstellt.
Auch mit diesem Vorbringen wird keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufgezeigt:
Der Beschwerdeführer übersieht zunächst, dass Gegenstand des angefochtenen Bescheides bzw. des diesem zu Grunde liegenden Verwaltungsverfahrens nicht der Vorwurf einer Waldverwüstung bzw. einer verbotenen Rodung war, sondern ein auf § 172 Abs. 6 Forstgesetz 1975 gestützter Auftrag zur Entfernung der gelagerten Materialien. Schon deshalb kam eine Einstellung des "Verfahrens betreffend Waldverwüstung", wie dies dem Beschwerdeführer vorzuschweben scheint, nicht in Betracht.
Umstände, denen zufolge ein Verstoß gegen das Rodungsverbot gemäß § 17 Abs. 1 Forstgesetz 1975 nicht vorliege, hat der Beschwerdeführer nicht aufgezeigt. Weder hat er den Inhalt seiner "Einwendungen" dargelegt, noch hat er vorgebracht, dass ihm eine Rodungsbewilligung zur Lagerung der Materialien erteilt worden wäre. Die Stellung eines Rodungsantrages war und ist ihm unbenommen, steht aber der Erlassung eines Entfernungsauftrages nicht entgegen. Die Annahme der belangten Behörde, die Lagerungen stünden mit der Bestimmung des § 17 Abs. 1 Forstgesetz 1975 in Widerspruch, ist daher nicht rechtswidrig.
Soweit der Beschwerdeführer eine Befangenheit des von der belangten Behörde beigezogenen Amtssachverständigen rügt, behauptet er zwar, diesem fehle "die Distanz" zur Behörde. Konkrete Umstände, die auf eine Befangenheit des Amtssachverständigen schließen ließen, hat er aber nicht einmal ansatzweise dargetan. Im Übrigen stützt sich der angefochtene Bescheid nicht auf das von der Erstbehörde eingeholte Gutachten. Schon aus diesen Gründen zeigt die Beschwerde mit der Behauptung der Befangenheit der in erster Instanz beigezogenen Amtssachverständigen keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.
Die sich somit als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455, insbesondere deren § 3 Abs. 2.
Wien, am 26. April 2010
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