Normen
BUAG §3 Abs3;
VwGG §42 Abs2 Z1;
BUAG §3 Abs3;
VwGG §42 Abs2 Z1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Nach den Feststellungen der belangten Behörde übt die Beschwerdeführerin das Spenglerhandwerk, das Dachdeckerhandwerk und das Schwarzdeckerhandwerk aus; sie errichtet auch Blitzschutzanlagen. Eine organisatorische Trennung zwischen diesen Tätigkeitsbereichen besteht nicht. Sie beschäftigte die Lehrlinge S D, P E, A G, D K, L P, H P, C Sch und C S. Diese absolvierten eine Doppellehre in den Lehrberufen Spengler und Dachdecker, wobei in beiden Lehrberufen zu gleichen Teilen ausgebildet wurde. Die Ausbildung in beiden Lehrberufen war gleichwertig, es kam zu keinem Überwiegen des einen Lehrberufes über den anderen. A G und C S wurden nach Beendigung ihrer Lehrzeit am 22. Juli 2007 bzw. am 5. August 2007 (oder 3. August 2007) als Facharbeiter weiter beschäftigt. Auch nach dem Ende ihrer Lehrzeit wurden sie sowohl zu Spengler- als auch zu Dachdeckerarbeiten herangezogen.
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid stellte die belangte Behörde fest, die Lehrverhältnisse der genannten Lehrlinge sowie der genannten Facharbeiter (nach Beendigung ihrer Lehrzeit) unterlägen gemäß § 1 Abs. 1 und § 2 Abs. 1 lit. c und Abs. 2 lit. c Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz (BUAG) in Verbindung mit § 3 Abs. 4 BUAG den Vorschriften des BUAG. Die Beschwerdeführerin sei verpflichtet, Zuschläge zum Lohn samt Nebengebühren laut Zuschlagsverrechnungsliste vom 12. September 2007 für den Zuschlagszeitraum August 2007 in der Höhe von insgesamt EUR 30.885,59 zu leisten.
Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, Dachdeckerbetriebe seien im Gegensatz zu Spenglerbetrieben vom Geltungsbereich des BUAG umfasst. Da die Beschwerdeführerin beide Tätigkeiten ausübe, liege ein Mischbetrieb vor, der nach Maßgabe des § 3 Abs. 3 bis 5 BUAG den Bestimmungen des BUAG unterliege. Gemäß § 5 Abs. 6 Berufsausbildungsgesetz (BAG) sei die Ausbildung eines Lehrlings - mit hier nicht relevanten Ausnahmen - in zwei Lehrberufen zulässig. Bei einer Doppellehre, die auf einem einheitlichen Lehrvertrag beruhe, könne keinem Lehrberuf ein Überwiegen gegenüber dem anderen zukommen. Für die Zuordnung eines Arbeitnehmers in einem Mischbetrieb ohne organisatorische Trennung in Betriebsabteilungen sei primär der arbeitsvertraglich geschuldete Inhalt der Tätigkeit maßgebend, also der Umstand, für welche Tätigkeit ein Arbeitnehmer aufgenommen worden sei. Bei einem Lehrberuf sei das Tätigkeitsfeld genau umrissen. Ein Lehrling, der auch als Dachdecker ausgebildet werde, werde demnach für eine dem BUAG unterliegende Tätigkeit aufgenommen. Es komme daher die Abgrenzungsregel des § 3 Abs. 4 BUAG zur Anwendung. Nur wenn keine eindeutige und klare Zuordnung zu einer Tätigkeit möglich sei, komme der subsidiäre Grundsatz des faktischen Überwiegens der Tätigkeit im Sinne des § 3 Abs. 3 BUAG zur Anwendung. § 3 Abs. 3 BUAG diene der Ergänzung des § 3 Abs. 4 BUAG und greife nur, wenn der Arbeitnehmer für keine bestimmte Beschäftigung aufgenommen worden sei. Dies treffe hier aber nicht zu, die Lehrlinge seien auch als Dachdecker und damit für eine klar definierte bestimmte Tätigkeit aufgenommen worden. Die gleichwertige Ausbildung im zweite Lehrberuf vermöge die zwingende Bestimmung des § 3 Abs. 4 BUAG nicht auszuschließen. Auch die Arbeitsverhältnisse der nach Beendigung ihrer Lehrzeit weiter bei der Beschwerdeführerin als Facharbeiter beschäftigten Arbeitnehmer unterlägen weiterhin den Vorschriften des BUAG, da sie als Lehrlinge auch für eine dem BUAG unterliegende Tätigkeit aufgenommen worden seien. Gemäß § 3 Abs. 4 BUAG fänden die Bestimmungen des BUAG auf Arbeitnehmer eines Mischbetriebes für die Dauer des Arbeitsverhältnisses weiterhin Anwendung, auch wenn der Arbeitnehmer in weiterer Folge die dem BUAG unterliegende Tätigkeit nur mehr in untergeordnetem Ausmaß verrichte. Dies treffe im Fall der beiden Arbeitnehmer zu. Die Einwände der Beschwerdeführerin zur Höhe des Rückstandes seien - aus im angefochtenen Bescheid näher dargelegten Gründen - nicht berechtigt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes, Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt, ebenso wie die mitbeteiligte Kasse eine Gegenschrift erstattet und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Zur in der Beschwerde behaupteten Unzuständigkeit der belangten Behörde (insoweit, als sie über die Frage der Feststellung der Anwendbarkeit der Bestimmungen des BUAG auf die Lehr- und Arbeitsverhältnisse der genannten Lehrlinge und Facharbeiter hinausgehend auch über die Beitragspflicht entschieden hat) ist auf den Beschluss vom heutigen Tag zur hg. Zl. 2008/08/0104 zu verweisen. Aus den dort angeführten Gründen, auf die gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird, war die belangte Behörde zur Entscheidung auch über die Höhe des Rückstandes zuständig.
2. Der vorliegende Fall gleicht - soweit er Lehrlinge betrifft - im Sachverhalt und der Rechtsfrage dem mit Erkenntnis vom 26. Mai 2010, Zl. 2010/08/0030, entschiedenen Fall, auf dessen Begründung gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird.
Soweit die belangte Behörde die Zugehörigkeit zum Geltungsbereich des BUAG für Zeiträume nach dem Ende der Lehrzeit beurteilt hat, war folgendes zu erwägen:
Da mit dem Ende der Lehrzeit ein hinsichtlich der Tätigkeitsbereiche durch Gesetz und Verordnung geregeltes Dienstverhältnis nicht mehr vorlag und die belangte Behörde nicht festgestellt hat, dass diese Weiterbeschäftigung aufgrund einer vertraglichen Vereinbarung über die Beschäftigung in einer dem BUAG unterliegenden Tätigkeit beruht, kommt es für die Anwendbarkeit des BUAG in einem ungegliederten Mischbetrieb gemäß § 3 Abs. 3 BUAG auf das tatsächliche Überwiegen der Tätigkeit als Dachdecker oder als Spengler an. Soweit sich die belangte Behörde insoweit auch für die Zeit nach Beendigung des Lehrverhältnisses auf den Lehrvertrag stützt, übersieht sie, dass dieser Lehrvertrag nach Beendigung des Lehrverhältnisses nicht mehr die vertragliche Grundlage der Beschäftigung ist. Ausgehend von der irrigen Rechtsauffassung, dass es auf das Überwiegen der Verwendung im Sinne § 3 Abs. 3 BUAG nicht ankäme, hat die belangte Behörde dazu keine Feststellungen getroffen.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am 30. Juni 2010
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