Normen
B-VG Art130 Abs2;
GewO 1994 §13 Abs1;
GewO 1994 §361 Abs2;
GewO 1994 §87 Abs1 Z1;
GewO 1994 §87 Abs1;
GewO 1994 §87;
B-VG Art130 Abs2;
GewO 1994 §13 Abs1;
GewO 1994 §361 Abs2;
GewO 1994 §87 Abs1 Z1;
GewO 1994 §87 Abs1;
GewO 1994 §87;
Spruch:
Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von jeweils EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit den jeweils im Instanzenzug ergangenen Bescheiden wurden dem Beschwerdeführer die Berechtigungen zur Ausübung der Gewerbe "Handelsgewerbe und Handelsagentengewerbe mit Ausnahme der reglementierten Handelsgewerbe" und "Fleischer (§ 94 Z. 31 GewO 1994)" an einem näher bezeichneten Standort gemäß § 87 Abs. 1 Z. 1 iVm mit § 13 Abs. 1 GewO 1994 entzogen.
Zur Begründung führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer sei mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 26. September 2006 wegen des Finanzvergehens der gewerbsmäßigen Abgabenhehlerei nach § 34 Abs. 1 lit. a, § 38 Abs. 1 lit. a Finanzstrafgesetz, wegen des Finanzvergehens nach § 44 Abs. 1 lit. a Finanzstrafgesetz, auch als Beteiligter nach § 11 dritter Fall Finanzstrafgesetz, zu einer Geldstrafe in Höhe von EUR 195.000,--, im Nichteinbringungsfall zu einer Ersatzfreiheitsstrafe von 4 Monaten verurteilt worden. Darüber hinaus sei gemäß § 19 Finanzstrafgesetz auf einen anteiligen Wertersatz hinsichtlich der nicht sichergestellten geschmuggelten Zigaretten (2.000 Stangen) in Höhe von EUR 67.045,50, im Nichteinbringungsfall auf eine Ersatzfreiheitsstrafe von fünf Wochen, erkannt worden. Dieser Verurteilung sei zu Grunde gelegen, dass der Beschwerdeführer in der Zeit von Herbst 2004 bis 14. Jänner 2006 vorsätzlich in mehreren Tathandlungen in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahmequelle zu verschaffen, eingangsabgabenpflichtige Waren, nämlich 9.145,20 Stangen Zigaretten diverser näher angeführter Marken, welche Gegenstand eines Schmuggels gewesen seien, an sich gebracht und teilweise verhandelt habe (strafbestimmender Wertbetrag EUR 328.724,71); weiters habe er in mehreren Tathandlungen dadurch in Monopolrechte eingegriffen, dass er zu seinem Vorteil die in den Verfahrenvorschriften über das Tabakmonopol enthaltenen Verbote des Handels mit Monopolgegenständen verletzt habe, indem er 2.000 Stangen der oben genannten Zigaretten Gewinn bringend verkauft habe; er habe in mehreren Tathandlungen dadurch, dass er abgesondert verfolgten, nicht ausgeforschten unbekannten Tätern insgesamt 9.145,20 Stangen Zigaretten abgekauft habe, zur Ausführung der strafbaren Handlung der unbekannten Täter beigetragen, welche im oben genannten Zeitraum in mehreren Angriffen in Monopolrechte dadurch eingegriffen hätten, dass sie zu ihrem Vorteil die in den Vorschriften über das Tabakmonopol enthaltene Verbote des Handels mit Monopolgegenständen verletzt hätten, in dem sie 9.145,20 Stangen der näher genannten Zigaretten Gewinn bringend verkauft hätten (Bemessungsgrundlage EUR 315.072,60).
Der Beschwerdeführer habe dazu vorgebracht, bereits seit zwei Jahren auf Grund einer abgeschlossenen Ratenvereinbarung Zahlungen an das Gericht zu leisten. Er habe auch eine Übereinkunft mit dem Finanzamt getroffen, die ebenfalls bis dato ordnungsgemäß bedient werde. Er sei für ein Kind sorgepflichtig und von den Einnahmen seines Fleischerbetriebes abhängig. Die Behörde werde entsprechend der Empfehlung der Wirtschaftskammer dringend ersucht, von einem Entzug abzusehen, weil eine weitere Erfüllung der Ratenvereinbarung im Fall des Existenzverlustes und der Gewerbeentziehung wohl nicht mehr möglich sei.
Nach Wiedergabe der maßgeblichen Gesetzesbestimmungen führte die belangte Behörde aus, in den Fällen von Gerichtsentscheidungen nach dem Finanzstrafgesetz sei § 13 Abs. 1 GewO 1994 heranzuziehen, weil für die Anwendung des § 13 Abs. 2 leg. cit. eine Bestrafung durch eine Finanzstrafbehörde (im Sinne von Verwaltungsbehörden) erforderlich sei. Gemäß § 13 Abs. 1 dritter Satz GewO 1994 sei bei Geldstrafen, die nicht in Tagessätzen bemessen seien, die Ersatzfreiheitsstrafe maßgebend. Nach dem angeführten Urteil sei der Beschwerdeführer zu einer Geldstrafe in Höhe von EUR 195.000,--, im Nichteinbringungsfall zu einer Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von vier Monaten, verurteilt worden. Zu der von der erstinstanzlichen Behörde im Sinne des § 361 Abs. 2 GewO 1994 eingeholten Stellungnahme der Wirtschaftskammer Wien sei festzuhalten, dass die genannte Bestimmung lediglich ein Anhörungsrecht der genannten Interessenvertretung normiere. Dieses Anhörungsrecht sei im Beschwerdefall zweifellos gewahrt worden, doch könne daraus keinesfalls auf eine Bindung der Behörden an die abgegebenen Stellungnahmen geschlossen werden. Die erstinstanzliche Behörde sei daher jedenfalls berechtigt gewesen, von der Auffassung der genannten Interessenvertretungen abzuweichen. Die Ausübung der gegenständlichen Gewerbe biete ohne Zweifel erneut Gelegenheit zur Begehung gleicher oder ähnlicher Verstöße gegen das Finanzstrafrecht, zumal der Beschwerdeführer (nach den Ausführungen im strafgerichtlichen Urteil) in seinem Fleischereigeschäft und in den Nebenräumen die geschmuggelten Zigaretten gelagert habe. Inwieweit das Geschäft auch zum Verkauf der geschmuggelten Zigaretten gedient habe, sei nicht näher ausgeführt, doch sei festzuhalten, dass die strafbaren Handlungen durch das Vorhandensein der gewerblich genutzten Räume erleichtert worden und eine Wiederholung daher durchaus möglich sei. Bei der Beurteilung der Persönlichkeit des Beschwerdeführers könne nicht unberücksichtigt bleiben, dass die strafbaren Handlungen in einem Alter von rund 34 bis 36 Jahren begangen worden seien, also in einem Alter, in dem die Persönlichkeit des Menschen in der Regel bereits weitgehend gereift sei. Auch könnten weder die bis zu dieser Verurteilung vorgelegene Unbescholtenheit des Beschwerdeführers noch seine im Strafverfahren offenbar gegebene Geständigkeit darüber hinweg täuschen, dass er den rechtlich geschützten Wert nicht die gehörige Bedeutung beimesse. Festzuhalten sei auch, dass der Beschwerdeführer die strafbaren Handlungen in einem Zeitraum von mehr als einem Jahr in zahlreichen Angriffen gesetzt habe. Vor diesem Hintergrund erscheine der seit der gegenständlichen Verurteilung verstrichene Zeitraum zu kurz, um bereits eine andere, positive Einstellung des Beschwerdeführers zu den rechtlich geschützten Werten erwarten zu lassen. Zum Vorbringen des Beschwerdeführers, er würde im Falle der Entziehung der Gewerbeberechtigung seiner Existenzgrundlage verlustig werden bzw. könne die getroffenen Ratenvereinbarungen nicht bedienen, sei auszuführen, dass Normzweck des § 13 Abs. 1 GewO 1994 der Schutz vor weiteren Verstößen gegen die strafrechtlich geschützten Werte im Zuge der Gewerbeausübung sei. Auf die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Beschwerdeführers habe wegen des zwingenden Gesetzesbefehls des § 87 Abs. 1 Z. 1 GewO 1994 keine Rücksicht genommen werden können.
Gegen diese Bescheide richten sich die vorliegenden Beschwerden wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantrage in ihren Gegenschriften die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat beschlossen, die beiden Beschwerden wegen ihres persönlichen und rechtlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung zu verbinden. Er hat sodann erwogen:
Gemäß § 13 Abs. 1 GewO 1994 sind natürliche Personen von der Ausübung eines Gewerbes ausgeschlossen, wenn sie (Z. 1) von einem Gericht (lit. b) wegen einer sonstigen strafbaren Handlung zu einer drei Monate übersteigenden Freiheitsstrafe oder zu einer Freiheitsstrafe von mehr als 180 Tagessätzen verurteilt worden sind und (Z. 2) die Verurteilung nicht getilgt ist, wobei bei Geldstrafen, die nicht in Tagessätzen bemessen sind, die Ersatzfreiheitsstrafe maßgebend ist.
Gemäß § 87 Abs. 1 Z. 1 GewO 1994 ist die Gewerbeberechtigung von der Behörde zu entziehen, wenn auf den Gewerbetreibenden die Ausschlussgründe gemäß § 13 Abs. 1 oder Abs. 2 leg. cit. zutreffen und nach der Eigenart der strafbaren Handlung und nach der Persönlichkeit des Verurteilten die Begehung der gleichen oder einer ähnlichen Straftat der Ausübung des Gewerbes zu befürchten ist.
Der Beschwerdeführer wurde vom Strafgericht unstrittig wegen gewerbsmäßiger Abgabenhehlerei nach § 34 Abs. 1 lit. a, § 38 Abs. 1 lit. a Finanzstrafgesetz und wegen vorsätzlichen Eingriffs in die Rechte des Tabaksmonopols nach § 44 Abs. 1 lit. a Finanzstrafgesetz, auch als Beteiligter nach § 11 dritter Fall Finanzstrafgesetz, zu einer Geldstrafe von EUR 195.000,--, im Nichteinbringungsfall zu einer Ersatzfreiheitsstrafe von vier Monaten, verurteilt. Damit ist der Ausschlussgrund gemäß § 13 Abs. 1 Z. 1 lit. b GewO 1994 erfüllt.
Soweit der Beschwerdeführer zunächst geltend macht, die Ermessensentscheidung der belangten Behörde sei in untragbarer Weise zu Stande gekommen bzw. unvertretbar, ist ihm zu entgegnen, dass die von der Behörde zu treffende Entscheidung, ob der Ausschluss von der Ausübung des Gewerbes auszusprechen ist, nach dem eindeutigen Wortlaut des § 13 Abs. 1 GewO 1994 keine Ermessensentscheidung, sondern eine gebundene Entscheidung ist (siehe dazu auch die bei Grabler/Stolzlechner/Wendl, GewO2 (2003) Rz 1 zu § 13 Seite 194 angeführte hg. Rechtsprechung).
Der Beschwerdeführer bekämpft weiters die Auffassung der belangten Behörde, auf Grund der genannten Verurteilung sei die Begehung der gleichen oder einer ähnlichen Straftat bei Ausübung des gegenständlichen Gewerbes zu befürchten. Dazu verweist er zum einen auf die von ihm geleistete Schadensgutmachung in Höhe einer nicht unerheblichen Summe und die Bezahlung der Geldstrafe in vom Strafgericht bewilligten Raten, zum anderen auf seine bisherige Unbescholtenheit, das reumütiges Geständnis, sein Wohlverhalten seit der Verurteilung sowie den Umstand, dass es sich um eine einfache, erstmalige Tatbegehung gehandelt hat. Es fehlten konkrete Feststellungen, inwieweit sein Geschäft, abgesehen davon, dass die Nebenräume offenbar als Zwischenlagerplatz benutzt worden seien, mit dem Tathergang zu tun gehabt hätten. Im Zweifel sei zu seinen Gunsten davon auszugehen, dass das Geschäft nicht für allfällige illegale Verkaufstätigkeiten benützt worden sei.
Was zunächst die Eigenart der strafbaren Handlung betrifft, so ist auf dem Boden des Beschwerdevorbringens nicht als unschlüssig zu erkennen, wenn die belangte Behörde sich diesbezüglich darauf stützte, die Ausübung des genannten Gewerbes biete Gelegenheit zur Begehung derartiger oder ähnlicher Delikte. Der belangten Behörde ist gleichfalls keine Rechtswidrigkeit anzulasten, wenn sie annahm, dass im Hinblick auf die Persönlichkeit des Beschwerdeführers die Befürchtung bestehe, er werde die gleiche oder eine ähnliche Straftat bei Ausübung des Gewerbes begehen.
Der Entziehungsgrund des § 87 Abs. 1 GewO ist nicht nur gegeben, wenn die zu Grunde liegende Straftat bei Ausübung des zu entziehenden Gewerbes begangen wurde, liegt doch § 13 Abs. 1 leg. cit. als Regelfall ein Sachverhalt zu Grunde, in dem die von dieser Bestimmung erfasste gerichtliche Verurteilung zu einem Zeitpunkt erfolgte, in dem der Verurteilte noch gar nicht im Besitz der Gewerbeberechtigung war (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 25. März 2010, Zl. 2009/04/0192). Mit den vom Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang geltend gemachten Verfahrensmängeln wird daher eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht aufgezeigt.
Der Zeitraum des Wohlverhaltens seit der letzten Tathandlung im Jänner 2006 erscheint zu kurz, um auf einem Wegfall der Gefahr der Begehung ähnlicher Straftaten schließen zu können.
Sofern der Beschwerdeführer vermeint, seitens der belangten Behörde wäre zumindest nur eine befristete Entziehung der Gewerbeberechtigung im Sinne des § 87 Abs. 3 GewO 1994 auszusprechen gewesen, so vermag der Verwaltungsgerichtshof auch in dieser Hinsicht eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht zu erkennen. Die Beschwerde legt nicht dar, dass abweichend von den Bescheidannahmen besondere Gründe gegeben wären, die erwarten ließen, eine bloß befristete Maßnahme reiche aus, um ein späteres einwandfreies Verhalten des Beschwerdeführers zu sichern. Die Behörde hat selbstständig nach den Umständen des Einzelfalles zu Beurteilen, ob eine befristete Entziehung ausreicht, um ein späteres einwandfreies Verhalten des Gewerbeinhabers zu sichern (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 24. Februar 2010, Zl. 2009/04/0288).
Die wirtschaftlichen Folgen der Entziehung der Gewerbeberechtigung für den Gewerbeinhaber sind für die Beurteilung ihrer Rechtmäßigkeit nach § 87 Abs. 1 in Verbindung mit § 13 Abs. 1 GewO 1994 nicht maßgeblich (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 24. Februar 2010, Zl. 2009/04/0303). Geltend gemachte Interessen der Nahversorgung stellen kein für das Unterbleiben der Entziehung der Gewerbeberechtigung relevantes Tatbestandsmerkmal dar (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 28. Jänner 1997, Zl. 96/04/0291).
Wie der Beschwerdeführer selbst einräumt, ist mit dem Anhörungsrecht gemäß § 361 GewO 1994 keine Bindung der Behörde an die abgegebene Stellungnahme der anzuhörenden Stelle verbunden (vgl. dazu auch das hg. Erkenntnis vom 17. November 2004, Zl. 2003/04/0123). Dass die belangte Behörde nicht weiter dargelegt hat, warum sie der Empfehlung der Wirtschaftskammer nicht gefolgt sei, vermag daher keine zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führende Rechtswidrigkeit zu begründen.
Die sich als unbegründend erweisenden Beschwerden waren daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am 17. September 2010
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